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Geschwaderjungs
Die katalanische Hafenstadt Sant Feliu liegt mit seinen gerade einmal 22.000 Einwohnern 115 km nordöstlich von Barcelona in einer Bucht an der „wilden Küste“ Spaniens, der Costa Brava. Umgeben von Hügeln, felsigen Steilhängen, sowie Pinienwäldern ist diese iberische Kleinstadt über die kurvenreiche A-19 oder der C-253 zu erreichen.
Bereits nach fünf Autominuten, ausgehend vom kleinen Fischerhafen in Richtung Landesinnere, erreicht man durch die vorhandene Ausschilderung mühelos die seit 1984 bestehende Unterkunft. Parkplätze sind nur wenige Gehminuten vom Haupteingang entfernt, jedoch gibt es einen Fahrservice, welcher bei Notfällen oder unter besonderen Umständen genutzt werden kann. In der erfrischend klimatisierten Eingangshalle angekommen, muss man sich bei Anmeldung mit den Ausweispapieren registrieren und erst einmal zum Warten auf den unbequemen Stühlen Platz nehmen. Währenddessen ist es dem Besuchenden nicht gestattet, die Eingangshalle zu verlassen. Es bleibt das stumpfe Sitzen.
Nach einer Zeit fragt ein Angestellter nach elektronischen Geräten und bittet darum, diese abzugeben. Nach noch mehr Zeit begleitet der uniformierte Escort, welcher sich untereinander nur mit „Kollegin“ oder „Kollege“ anspricht, den Übernachtenden durch die Flure, die alle paar Meter mit verriegelten Schutztüren unterbrochen sind. In einem Vorraum, ausgestattet nur mit einem Tisch und zwei Stühlen, klärt der Hausherr über die Regeln auf. Ab und an spricht er in einer unverständlichen Sprache, woran man ihn erinnern muss. Bei etwas Glück kommt nach ein paar Stunden, wenn das Gröbste überstanden ist, jemand zum Übersetzen. Der letzte Anruf vor Unterkunftsbezug sollte gut ausgewählt sein: Ist der Angerufene nicht Zuhause, gibt es keine zweite Chance. Dann nur noch die Formalitäten- eine kleine Unterschrift auf einem unverständlichen Dokument. Wieso? Ok.
Das nun geschlechtsmäßig passende Personal begleitet in den nächsten Raum, wo Brille, Büstenhalter, Schmuck, Schnürsenkel, sowie das kleine Halstuch, was die zu kalt eingestellte Klimaanlage etwas zurückgehalten hat, bleiben müssen. Tasche und deren Inhalt ebenfalls. Ohne unnötigen Smalltalk überprüft das weibliche Personal leidenschaftlich und mit fanatischer Genauigkeit die Sicherheit der Hausgäste. Ein wichtiger Job. Gesicht zur Wand. Mit Verantwortung.
Die Location an sich ist jedoch wie aus einem Film: Der gleichmäßig grau betonierte Raum ist dunkel und es dringt Licht über den Flur hinein. Die marineblauen Matratzen kleben an der Haut: Latex. Ein stechender Ammoniakgeruch ummantelt die vorhandenen schweren Fließdecken und die sanitären Anlagen sind spartanisch. Wo ist das Toilettenpapier?
Sind die Kopfschmerzen durch Augenschließen kurzzeitig überwunden, kehren sie durch das Donnern der schweren Eisentüren zurück. Der einzige Farbtupfer in der tristen Unterkunft ist das regelmäßig rot-blinkende Licht oben an der Decke. Mit der Hand kann man nun, wie viele andere Übernachtende zuvor, etwas an die Wand malen. Ein Lamm. Wasser bekommt man schlückchenweise in kleinen Plastikbechern durch die Tür serviert; Fragen zum nächstmöglichen Check-Out werden jedoch nicht beantwortet. Es bleibt das stumpfe Sitzen. Die feuchte Kälte, angefeuert durch die übermächtig scheinende Klimaanlage, tritt in jede Pore des Körpers ein.
Wieviel Uhr ist es? Fotos, mehr schwarze Farbe an den Händen, Personalwechsel, ein Lachen, ich sehe nur verschwommen. Schwere, kalte Armreifen. „Die sind nicht nötig.“ – „es gehört zum Protokoll.“