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Geschichten vom Rande des Wahnsinns - Der Mann ohne Gedächtnis
Er war alt geworden. Immer, wenn er in den Spiegel schaute, sah er einen Mann, der ihm fremd geworden war. Im Geiste fühlte er sich noch so jung und agil, aber wenn er seinen Körper so ansah, dann war es, als würde ihn das Leben veralbern, ja fast schon bestrafen.
Dieses faltige Gesicht, die wenigen Haare auf dem Kopf und der weiße Bart. Wenn das das Ende war, dann war es weder heroisch noch schön. Das meiste fiel ihm schwer. Er hatte häufig Schmerzen in den Knochen und manchmal schienen ihm die Rückenschmerzen in der Nacht fast in den Wahnsinn zu treiben. Der Herzinfarkt letztes Jahr, den er nur knapp überlebt hatte, machte ihm selbst heute noch das Atmen schwer. Aber all das Jammern und Zaudern half nichts: Er war alt und grau geworden.
Er saß in seinem Wohnzimmer in seinem Sessel und schaute auf dem dunklen Bildschirm seines Fernsehers. Warum sollte er ihn auch anmachen? Um sich in der Werbung die ganzen jungen Leute anzuschauen, die lächelnd dass gerade beste Waschmittel der Welt ausprobiert hatten und dessen Wäsche genauso strahlte wie ihr künstliches Lächeln und ihre Zähne?!
Vor ihm auf dem Tisch lagen die ganzen Pillen und Tabletten, die er immer nehmen musste, um den Tag einigermaßen schmerzfrei zu überstehen. Er schaute auf die bunte Ansammlung von Pillen, Heilmitteln und vermeintlichen Glücksbringern und fegte sie dann wütend von der Tischplatte. Nein, er hatte genug davon! Genug von den Schmerzen, genug von den einsamen Tagen und Nächten. Genug von diesem Ganzen ewigen einerlei. Jeder Tag war wie der andere und ob es Sommer oder Winter war, das war egal. Die Sonne schien nicht mehr für ihn!
Was konnte er machen? Warten, bis der Tod an seine Tür klopfte?! Einfach nur noch im Sessel sitzen bleiben, bis er es endlich hinter sich hatte. Bis dieser ganze Wahnsinn und diese Sinnlosigkeit endlich vorbei und er erlöst war. So schlief er ein.
Er träumte und war plötzlich in einer anderen Welt, die ihm aber irgendwie vertraut vorkam. Als ob er schon einmal hier gewesen war! Es war zwar zuerst alles nur in schwarzweiß und verschwommen, aber mit der Zeit gesellten sich Farben dazu und die Sicht und Konturen wurden klarer.
Er sah sich in einer kleinen Straße vor einer riesigen Kathedrale stehen, wie er sie noch nie zuvor gesehen hatte. Nein, Kathedrale wurde dem Bau nicht gerecht. Es war ein Bauwerk mit einem gotischen Turm, der sich schwarz und dunkel in den Himmel erhob und dahinter zog sich das Gebäude mehrere Stockwerke entlang. Er schaute um die Ecke und weit in die Ferne. Das Gebäude schien gar nicht aufzuhören. Irgendwie erinnerte es ihn an ein riesiges Einkaufszentrum. Das ganze Gebäude und der Turm schimmerten in einem matten schwarz und die verdunkelten Fenster spiegelten sich im Sonnenlicht wider.
Er schaute nach oben in den Himmel und konnte dort nur eine matte Scheibe erkennen, was wohl die Sonne sein sollte. Was ihn aber verwirrte, war, dass der Himmel eher so aussah, als wäre es gerade Nacht. Aber in der Nacht schien doch nicht die Sonne?! „Seltsam, seltsam“, dachte er nur.
Dann schaute er, wo er sich gerade befand. Er stand in einer kleinen Straße mit Fachwerkhäusern und lugte wieder um die Ecke zu dem riesigen schwarzen Gebäude. Teile davon wirkten futuristisch und modern. Das passte doch alles hier nicht zusammen?
Wenn er länger auf das Gebäude starrte, dann war ihm so, als ob es sich in seiner Form veränderte, sich ausdehnte, um sich dann wieder zusammen zu ziehen. Er wollte gerade einen Schritt tun, um aus der kleinen Straße auf das Gebäude zu zu gehen, da sah er plötzlich die Wesen, die aus dem Gebäude kamen und gingen. Er hielt in seiner Bewegung inne und schaue wie gebannt auf die Wesen, die sich da vor ihm materialisiert hatten.
Auf einmal stand er vor einer großen Kreuzung und der gotische Turm von dem Gebäude ragte bedrohlich vor ihm auf. Wie war er da den jetzt hingekommen? Eben war die Kreuzung doch noch nicht dagewesen? Was passierte hier? „Es ist ja nur ein Traum“, sagte ihm sein Verstand und wollte ihn damit beruhigen, aber beruhigen konnte ihn das auch irgendwie nicht. Seine Gedanken rasten wild hin und her.
Er stand an einer Ampel und neben, vor und hinter ihm waren auf einmal all diese Wesen. Er schaute ängstlich nur mit seinen Augen zur Seite. Um den Kopf zu bewegen, fehlte ihm der Mut.
Was er sah, machte es für ihn auch nicht gerade leichter und seine Angst wurde auch nicht weniger. Diese Wesen neben und vor ihm sahen aus wie zu große Heuschrecken mit dem Köpfen von Menschen. Sie gingen aufrecht und hatten, soweit er das aus den Augenwinkeln sehen konnte keine Flügel. Sie standen auf ihren langen und staksigen Beinen und die Arme waren unnatürlich lang und dünn. Sie trugen Kleidung wie Menschen und daran konnte er ihr Geschlecht erkennen, ob es ein Männlein oder ein Weiblein war. Er musste schwer schlucken.
Was ihn aber meisten irritierte, war, das zwei große Hauer aus ihrem Mundwinkeln herausragten. Irgendwie sahen sie dadurch wie menschliche Säbelzahntiger aus. Und wenn sie miteinander sprachen, dann war immer so ein Klacken zu hören.
Ohne, dass er es gemerkt hatte, war es grün an der Ampel geworden und die Wesen staksten mit ihren langen und dünnen Beinen über die Kreuzung. Er schaute ihnen nur starr und fasziniert zugleich hinterher und konnte sich nicht bewegen. Da sprach ihn eines dieser Wesen von der Seite an: „Ist alles, Klack, in Ordnung mit Ihnen, Klack?“ Er schaute sich zu dem Wesen um, dass ihn angesprochen hatte und konnte nichts antworten. Er starrte es nur stumm an. Sein Hals war völlig trocken und seine Stimme versagte. Er wollte was erwidern, aber er konnte nicht. So nickte er nur mechanisch mit seinem Kopf.
„Sehen Sie, Klack, jetzt ist es wieder, Klack, rot geworden, Klack. Da müssen wir, Klack, wohl auf, Klack, die nächste Ampel warten, Klack!“ Dann fing das Wesen an zu lachen und bei ihm zog sich alles zusammen. „Was für ein Lachen!“, schrie sein Verstand und fast hätte er sich in die Hose gemacht.
Wie gebannt starrte er auf die Ampel. „Lass es endlich grün werden! Lass es bitte endlich grün werden! Oder soll ich einfach über die Kreuzung rennen, dann würde dieser Alptraum hier vielleicht endlich enden?!“
Was er dann sah, ließ ihn noch mehr zusammenzucken. Es befanden sich keine Autos, geschweige denn andere Fahrzeuge auf der Kreuzung vor ihm. Die Straßen der Kreuzung waren leer. Auf was warteten die hier eigentlich? Man hätte doch auch so über die Straße gehen können und nichts wäre passiert. Wozu brauchte man überhaupt diese Ampel? Oder ist das alles nur ein Spiel? „Es ist dein Traum“, sagte ihm sein Verstand.
Er wollte schon wagemutig die Straße bei rot überqueren, da wurde es grün und alle gingen beziehungsweise staksten mit ihn über die Kreuzung. Er war in einem Pulk, der genau auf den schwarzen und gotischen Turm zusteuerte; und er war mittendrin.
Immer näher kamen sie diesem unheimlichen Turm und er konnte auf einmal einen großen Eingang erkennen. Zwei große Flügeltüren waren geöffnet worden. Über dem Eingang sah er eine Leuchtschrift, die er zuerst nicht entziffern konnte, je länger er aber darauf schaute, desto mehr verschmolzen die einzelnen Zeichen zu Buchstaben und Wörtern, die er lesen konnte. Dort stand: Willkommen in der Hölle, wo nur der Himmel altert. Er war völlig verwirrt, aber der Pulk und die Meute schoben ihn unaufhaltsam zu dem Eingang hin. Und so betrat er das Gebäude.
Als er sich im Gebäude befand, war er von der Größe erneut fasziniert und schockiert zugleich. Vor ihm konnte er mehrere Stockwerke erkennen, die sich unendlich in die Ferne erstreckten. Alles wirkte weit und riesig zugleich. Überall waren diese Wesen, die wie eine mutierte menschliche Version von Heuschrecken aussahen. Das laute Stimmengewirr, das Staksen der langen Beine auf dem Boden und dieses Klacken machte ihn fast verrückt. Das war ihm vorher gar nicht so aufgefallen. Auf einmal machte sich seine Blase wieder bemerkbar. Er musste dringend Wasser lassen, sonst würde seine Blase platzen. Wo waren hier wohl die Toiletten? Er schaute sich um. Nirgends war ein Hinweisschild zu sehen. Er konnte natürlich eines dieser Wesen fragen, aber die Option wollte er als Letztes ziehen. Außerdem fehlte ihm der Mut dazu.
So ging er tiefer in das Gebäude hinein. Er entschied sich erst einmal in diesem Stockwerk zu bleiben, in dem er sich gerade befand. Bloß keine Experimente!
Er schaute in die Schaufenster und Auslagen. Einiges kannte und war so gewöhnlich wie auf der Erde (Wie kam er eigentlich dazu, dass er nicht auf der Erde war? Er wusste es nicht.) und anderes hatte er noch nie zuvor gesehen. Es zu beschreiben fiel ihm schwer.
Vor einen Geschäft mit Filmen blieb er stehen und starrte neugierig in das Schaufenster. Da waren einmal Klassiker zu entdecken und dann wieder Filme, die es doch eigentlich noch gar nicht geben konnte. Da war der neueste Film einer bekannten Sciene Fiction Serie, die er von zuhause von der Erde her kannte. Nur lag hier schon Teil 26 und daneben die Jubiläums-Edition von Teil 25. So weit ihm bekannt war, gab es bis jetzt nur Teil 13. Außerdem war ihm das Format unbekannt. Dreieckige goldene Scheiben?!
„Na, junger Mann, Klack, gefällt Ihnen, Klack, was sie da sehen, Klack?“ Er schrak auf. Ohne es zu bemerken war der Verkäufer des Geschäftes zu ihm nach draußen gekommen.“Ja... ja.. ganz nett.“, stammelte er nur. „Wenn Sie, Klack, die beiden Teile nehmen, Klack, mache ich Ihnen einen Vorzugspreis, Klack.“ Der Verkäufer lächelte ihn an und die die beiden Hauer in seinem Mund kamen noch mehr zum Vorschein. „Ich... überlege noch. Danke.“ Und dann machte er sich ohne ein weiteres Wort zu sagen davon; wieder in den Strom. „Aber, Klack, überlegen sie nicht zu lange, Klack“, rief ihm der Verkäufer hinterher und lachte dieses schreckliche Lachen, das in den Eingeweiden und den Ohren schmerzte. So wurde ihm wieder bewusst, wie dringend er auf Toilette musste.
Er hetzte durch die Gänge auf der Suche nach einer Toilette. Überall dieses Klicken und Lachen, das ihn fast verrückt machte. Lange konnte er das alles nicht mehr ertragen und durchhalten.
Da endlich sah er ein Schild mit einem Symbol, das wie eine Toilette aussah. Er stolperte darauf zu, folgte dem Pfeil des Schildes, ging durch einen dunklen Gang und am Ende befanden sich zwei Türen, links und rechts, aus denen Licht schimmerte. Er besah sich die Symbole und entschied sich für die rechte Tür und ging einfach hinein.
Zuerst blendete ihn das Licht und er brauchte einen Moment, um sich an die neuen Lichtverhältnisse zu gewöhnen. Da erkannte er so was ähnliches wie Waschbecken und mehrere Türen, die wohl zu den Toiletten führten. Er ging zu eines dieser Türen, riss sie auf und schaute hinein. Ja, hier war er richtig. Er ging hinein, schloss die Tür hinter sich und erleichterte sich. Als er damit fertig war, hörte wie zwei dieser Wesen den Raum betraten. Irgendetwas sagte ihm sich ruhig zu verhalten.
Da sprach das eine Wesen zu dem anderen: „Hast du gesehen, Klack. Es hat sich,Klack, mal wieder ein Mensch, Klack, zu uns verirrt, Klack.“ „Ja, Klack!“ „Wenn die nur, Klack, wüssten! Die denken, Klack, sie träumen, Klack, dabei ist das alles real, Klack.“ „Ja, Klack, das ist auch gut so, Klack, sonst würden die, Klack, ja gleich wieder abhauen, Klack, und wir müssten sie wieder jagen, Klack. Wie ich, Klack, diese Jagd hasse, Klack!“ „Ja, Klack, wie damals, Klack, als dieser Magier zu uns kam, Klack, und erkannt hatte, Klack, dass das alles hier real ist, Klack.“ „Na ja, gut so, Klack, dass es nur wenige Menschen, Klack, gibt mit solchen Begabungen, Klack.“
Plötzlich klopfte eines der Wesen an seiner Tür und vor Schreck hätte er fast laut aufgeschrien. Ihm fiel das Herz im wahrsten Sinne des Wortes in die Hose und es pochte wie wild.
„Na, Kumpel, Klack, hast 'ne lange Sitzung, Klack?“ Wieder dieses Lachen. Was sollte er jetzt tun? Er fing an zu schwitzen. „Angriff ist die beste Verteidigung“, sagte ihm sein Verstand und so nahm er seinen ganzen Mut zusammen und antwortete: „Ja, Klack!“ Er hatte versucht dieses Klacken so gut wie möglich nachzuahmen.
„Hey Kumpel, Klack, du klingst ja fast wie ein Mensch, Klack!“ „Ich, Klack..., bin nur etwas erkältet, Klack.“ „Na, Klack, dann gute Besserung, Klack.“ und das Wesen klopfte wieder gegen die Tür „Danke, Klack!“ Dann hörte er wie sich die beiden Wesen wieder entfernten.
Als sie den Raum verlassen hatten, atmete er tief durch. Er war ganz nass vom Schweiß geworden, der jetzt sein erhitztes Gemüt kühlte. Er zitterte am ganzen Körper und spürte wieder einen Druck in seiner Blase und musste sich erneut erleichtern.
Was sollte er jetzt tun? Er konnte sich ja nicht ewig hier in der Toilette verstecken. Er musste nachdenken. Wenn dies hier alles kein Traum war, wo sollte er dann hin? Wenn dies ein wirklich kein Traum war, dann würde er auch nicht erwachen!
Er wartete noch eine Weile und lauschte. Da er weiter nichts mehr hörte, öffnete er die Tür und ging zu den Dingern die wie Waschbecken aussahen. Er wusch sich die Hände und schaute in den Spiegel, der sich über die ganze Wand hinzog. Er sah wieder jung aus. Sein dunkelbraunes und volles Haar fiel ihm leicht auf die Schultern und seine Augen hatten wieder das Feuer der Jugend. Er starrte sich ihm Spiegel fasziniert an, berührte mit einer Hand sein Gesicht, tastete es ungläubig ab und vergaß dabei fast seine Umstände, da hörte wie jemand die Toilette betrat. Schnell nahm er sich mehrere Papiertücher und trocknete seine Hände damit ab. Das Wesen beachtete ihn kaum und ging schnurstracks zu einer der Toiletten und verschwand darin. Das war seine Chance. Er musste hier schnell weg. Wohin wusste er noch nicht, aber weg.
Er verließ die Toilette, ging den dunklen Gang zurück und blieb dann kurz stehen, um sich das Treiben im Einkaufszentrum näher anzuschauen. Wie es aussah, nahm keines dieser Wesen Notiz von ihm. So nahm er seine Chance war und huschte nach links Richtung Ausgang des Einkaufszentrums.
Er war gerade ein paar Schritte gegangen, da hörte er einer der Stimmen, die er vorhin in der Toilette hinter sich gehört hatte. „Na, mein Freund, Klack, wo soll es den hingehen, Klack?“
Er war darüber so erschrocken und schockiert zugleich, dass er auf einmal wie gelähmt war und in seiner Bewegung erstarrte. Er konnte in diesem Moment nichts erwidern. Sein Verstand schrie nur: „Lauf, lauf!“, aber seine Füße und Beine wollten nicht und blieben wie angewurzelt stehen.
Da hörte er auch die andere Stimme: „Der macht es uns, Klack, aber leicht, Klack.“ Plötzlich spürte er zwei dieser langen und dünnen Arme der Wesen unter seinen Achseln, die ihn hochhoben und vom Ausgang des Einkaufszentrums hin wegzogen. Da erwachte er aus seiner Starre. Er fing an zu strampeln und zu schreien, aber niemand nahm von ihm Notiz oder beachtete ihn. Es war, als wäre er für die anderen Wesen unsichtbar. Je mehr er strampelte, desto fester griffen die beiden Wesen zu, so dass es weh tat. Es schien ihnen kräftemäßig überhaupt nichts auszumachen ihn zu tragen und sie trugen ihn immer weiter fort, weg vom Ausgang, weg von seiner Rettung.
Als die Schmerzen unter seiner Achseln so schlimm wurden, hörte er auf zu strampeln und die beiden Wesen lockerten ihren Griff etwas. Er war erschöpft, schwitzte am ganzen Körper und fühlte sich wie ausgelaugt. Von seiner Umwelt nahm er nur noch alles verschwommen wahr. „Wohin bringt ihr mich?“, fragte er dann die beiden Wesen. „Das wirst du, Klack, schon sehen, Klack.“, war nur die lapidare Antwort eines der Wesen und das andere fügte noch hinzu: „Es wird dir, Klack, bestimmt viel Freude bereiten, Klack!“ Und beide lachten wieder dieses widerliche Lachen. Sein Magen zog sich zusammen.
Er wusste nicht wie viel Zeit vergangen war, aber auf einmal ließen sie ihn los und schubsten ihn zu einer Tür mit vielen und verschnörkelten Zeichen. Er hatte noch nie eines dieser Zeichen je zuvor gesehen und konnte es auch nirgends zuordnen. „Der Meister, Klack, erwartet dich, Klack!“ Dann waren die beiden Wesen verschwunden und er stand in einem riesigen Raum. Er konnte zuerst nur erkennen, dass der Raum oval war und von einem Licht schwach und matt erhellt wurde. Er konnte aber nirgends eine Quelle dieses Lichtes ausmachen. Es war totenstill dort und er schaute nach oben zur Decke, konnte dort aber nichts erkennen. Es erschien ihm so, als ob der Raum nach oben hin offen war. Ja, wenn er genau hinsah, konnte er dort oben nicht die Sterne am Firmament sehen?! Wo war er hier bloß?
Wie aus dem Nichts hörte er auf einmal eine tiefe, dunkle und rauhe Stimme: „Du bist hier, weil es die Götter so wollen!“ Und aus der Dunkelheit schälte sich ein Wesen heraus und kam langsam auf ihn zu. Es war doppelt so groß wie die anderen Wesen, die er zuvor gesehen hatte, trug einen langen Mantel und auf seinem Kopf eine Kopfbedeckung, die so ähnlich wie eine Mitra aussah; mit diesen Zeichen, die er vorhin auch an der Tür gesehen hatte. Diese schienen von innen heraus, in einem goldgrün, zu leuchten. Aus seinem Mantel ragten mehrere dünne und pelzige Arme heraus, die in Klauen mit je zwei großen Greifern endeten. Auch auf dem Mantel konnte er diese Zeichen leuchten sehen, sonst war der Mantel pechschwarz. Der Kopf war zwar menschlich mit einem dunklen und langen Bart, aber dort wo die Nase sein sollte, befanden sich nur zwei Öffnungen zum Atmen und die Augen leuchteten in denselben goldgrün wie die Zeichen auf dem Mantel und der seltsamen Kopfbedeckung. Das Wesen sah aus wie eine mutierte Spinne und war sonst so schwarz wie die Nacht.
„Welche... Götter?“, stammelte er fragend. „Na die, die uns wieder zu den Herrschern des Universums machen!“ Und das Wesen klackte mit einen seiner Greifern. Dies hallte unheimlich im Raum wider. „Ich verstehe nicht?“ „Musst du auch nicht. Wir bereiten dich gleich vor.“ „Wofür?“ „Für eine Opferung unserer Götter!“ „Opferung, Opferung“, hallte es durch seinem Kopf. „Nein, nein!“, fing er dann laut an zu schreien. „Das könnt ihr nicht mit mir machen.“ Sein Herz pumpte wie wild und die Angst schien ihm langsam aber sicher die Kehle zu zu schnüren. „Nein, nein!“, krächzte er nur noch. Er schaute sich wild um. Wohin konnte er rennen? Wo konnte er sich in Sicherheit bringen? Aber nirgends war eine Tür oder Ausgang zu sehen.
„Es ist so wie es ist. Wir brauchen dein Blut für unsere Götter, damit sie wieder erstarken und mächtiger werden und uns so wieder den Platz zuweisen, der uns gebührt!“ Damit verschwand das Wesen wieder in der Dunkelheit, es wurde still und er war wieder allein.
Auf einmal war ein leises Summen zu hören und eine Art Röhre senkte vom Firmament nieder. Er wollte nur weg von dieser Röhre, denn er wusste instinktiv, dass etwas Böses mit ihm in der Röhre geschehen würde. Je näher die Röhre aber dem Boden kam, desto mehr wurde er zu ihr hingezogen. Es war als ob er von einem Magneten angezogen wurde. Die Kraft wurde immer stärker und stärker, zog an seiner Kleidung, seinen Haaren und seinem Körper und Zentimeter für Zentimeter rutsche er näher und unter die Röhre.
Als die Röhre langsam und lautlos auf dem Boden aufgesetzt hatte, befand er sich genau in der Mitte dort drin. Er versuchte sich noch einmal mit aller Kraft daraus zu befreien, aber es war zwecklos. Seine Hände und Füße stießen gegen die Hülle der Röhre, die wie Glas aussah, sich aber wie Stahl anfühlte. Sie rutschten und glitten dort einfach ab, ohne ein Kratzer an der Hülle der Röhre zu hinterlassen ab. Panik stieg in ihm auf und gesellte sich zu seiner Angst. „Wann ist dieser Traum endlich zu Ende? Es ist kein Traum! Doch, es ist nur ein Traum! Oh, lieber Gott, es kann doch nur ein Traum sein!“
Da hörte er erneut ein leises Summen und Rauschen und aus der Röhre wuchsen plötzlich kleine Schläuche mit scharfen Spitzen am Ende. Diese Schläuche bewegten sich unaufhaltsam auf ihn zu. War es nicht so, dass die Röhre plötzlich geschrumpft war?! Auf einmal war alles so eng in der Röhre und er konnte sich kaum noch bewegen. Schweiß floss ihn in Strömen den Körper hinab. „Das ist und nur ein Alptraum, das ist nur ein Alptraum...“, rezitierte er immer wieder und wieder. Wenn er gekonnt hätte, hätte er auch noch gebetet, aber dazu fehlte ihm der Platz und der Mut in der Röhre.
Die Schläuche hatten nun seine Kleidung erreicht, kratzten und schabten an ihr, durchdrangen dann diese und ritzten und stachen in seiner Haut ein. Weiter und weiter drangen sie in seine Haut ein und er konnte überall an seinem Körper den Schmerz spüren wenn sie seine Haut, sein Gewebe und seine Muskeln durchdrungen hatten.
Er wusste nicht wie viele Schläuche es waren, aber er fühlte sich an, als würde er brennen; von innen heraus verbrennen. Da hörte er ein schmatzendes Geräusch und die Schläuche fingen an zu saugen. Sie zogen ihm des Blut und sein Gewebe aus dem Körper. Sein ganzer Lebenssaft wurde ihm entzogen und mit letzter Kraft wollte er noch schreien, aber mehr als ein Krächzen brachte er nicht mehr zustande. Das Letzte, bevor er und sein Geist in ewiger Dunkelheit versanken, war wie sein Verstand flüsterte: „Blut ist ein ganz besonderer Saft!“
Mit einem lautlosen Schrei auf den Lippen erwachte er in seinem Sessel. Er war wieder in seinem Wohnzimmer, schweißgebadet und fühlte sich, als hätte er einen Marathonlauf hinter sich. Sein Herz raste wie wild und Adrenalin pumpte in großen Schüben durch seinen Körper.
Er musste erst einmal wieder zur Ruhe und runter kommen kommen und schloss kurz seine Augen, um wieder durchzuatmen. Dabei sah er wieder die Bilder seines Traumes vor sich. Sofort riss er seine Augen wieder auf, hob seinen Kopf und starrte zur Decke. Er atmete schwer und musste seine Gedanken ordnen, die ungeordnet und rasend schnell durch seinen Kopf rasten. Es war ihm , als ob er schweben würde.
Mit der Zeit kam er wieder zur Ruhe, sein Herzschlag normalisierte sich und die Gedanken kamen langsam wieder in geordnete Bahnen. Da fiel ihm wieder die Röhre und die Schläuche ein und er schaute sofort zu seinen Armen. Er schob die Ärmel seines Hemdes hoch, ob da irgendwelche Einstichspuren zu erkennen waren, aber da war nichts. Seine Haut war wieder so schrumpelig, schlaff und leicht bräunlich wie er es kannte. Er atmete erleichtert auf und durch. „Es war alles nur ein Traum gewesen. Ein blöder und schwachsinniger Traum!“, sprach er zu sich selbst und musste lächeln. Aber es hatte wie echt gewirkt!
Er hatte Durst. Seine Kehle fühlte sich wie ausgetrocknet an. Langsam und ächzend erhob er sich aus dem Sessel und schlurfte ins Badezimmer.
Als er dort war, nahm er sich seinen Zahnputzbecher und füllte ihn mit kaltem Wasser aus dem Wasserhahn. Er nahm einen großen Schluck. Ah, tat das gut! Dann stellte er den Wasserhahn erneut an und spritzte sich Wasser in sein erhitztes Gesicht. Dabei schaute er in den Spiegel und sah plötzlich wieder eines dieser Wesen hinter sich im Spiegelbild. „Na, Kumpel, Klack, wo willst du denn hin, Klack? Du hast doch, Klack, noch eine Verabredung, Klack!“ Und das Wesen lachte dieses schreckliche Lachen, er aber schrie und schrie...