Geschichte ohne Namen
Jedes Mal, wenn wir uns begegnen, begrüßen wir uns wie alte Freunde. Die Umarmung ist nur flüchtig und doch tut sie gut. Für einen Moment, nur einen kleinen Moment kann ich dich halten, kann deine Nähe spüren.
Ich rieche den Duft von Patchouli, dann siehst du mich an. Liebevoll liegen deine dunklen Augen auf mir, doch ich kann den Blick nicht erwidern. Ich wende ihn ab und mit langsamen Schritten entferne ich mich von dir. Nicht einmal drehe ich mich um und doch kann ich spüren, wie du mir hinterher schaust.
Sehnsucht?
Später dann reden wir einige schüchterne Worte miteinander. Wir sehen uns nicht an. Nie. Und dennoch sehe ich dein Gesicht vor mir. Dein langes, schwarzes Haar, deine dunklen Augen im bleichen Gesicht, dein Mund dunkelrot. Du bist wunderschön und nur für einen kurzen Moment vergessen wir, dass wir nicht mehr zusammen gehören. Plötzlich bist du so nah- mein Gott so nah. Ich schließe die Augen, spüre, wie deine Finger über meine Wangen streicheln, so sanft, wie die letzten Sonnenstrahlen, die die Nacht ankündigen. Unsere Lippen berühren sich fast...
Doch dann schreckst du zurück. Die Wirklichkeit überschwämmt dich wie eine Flutwelle. Beschämt blickst du zu Boden. „Ich muss jetzt gehen“, sagst du. Ja, du kannst nicht mehr länger bleiben. Du musst gehen. Zu ihr. Sie wartet auf dich. Ein letztes mal lächelst du mich an. „Auf Wiedersehen“ flüsterst du, so leise, dass nur ich es hören kann. Du stehst auf und entfernst dich. Diesmal bin ich es, die dir hinterher schaut, bis du in der Menge verschwunden bist.
Sehnsüchtig.
Dann warte ich, warte darauf, dich wieder zu sehen. Nur für einen einzigen Augenblick deine Nähe zu spüren, deine Stimme zu hören. Manchmal warte ich lange, so schrecklich lange und wenn du dann kommst, geht die Zeit so schnell vorbei. Zu schnell um es dir sagen zu können- dass ich dir all das vergebe, was du mir angetan hast, du zu mir zurückkehren kannst und wir noch einmal von vorne beginnen können. Ich würde dich mitnehmen- wenn ich nur könnte. Sofort.
Aber du musst ja zu ihr.
Nicht einmal weinen kann ich, wenn du dich von mir wendest.
Wohin mit all dem Schmerz? Wer kann mich bergen aus der unendlichen Leere, die mich umgibt? Ich sollte dich vergessen, die Vergangenheit. all den Schmerz. Und auch du solltest es.
Doch ich kann nicht. Kann dein Lächeln nicht vergessen, nicht all das vergessen, was wir zusammen erlebt haben. Zu tief hast du das Mal der Liebe in mir hineingebrannt und nur der Schmerz ist das Einzigste, was mich ewig an dich erinnern wird. Genau wie du wird er immer in mir sein- wie gemeißelt in Marmor.
Auch wenn du jetzt nicht zu mir zurückkommen kannst, ich werde warten, denn die Wurzeln, die ewigen Wurzeln der Hoffnung sind unzerstörbar- wie du in mir.