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Genesis

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30.07.2017
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Genesis

Dunkelheit. So beginnen alle Geschichten. Nein, mit Licht. Eigentlich beginnen alle Geschichten mit Licht, kühlem Neonröhren Licht, an weissen Wänden reflektiert. Diese Art von Licht, die einem wünschen lässt es wäre dunkel.

Sehnsüchtig starrte er aus dem Fenster in die Dunkelheit. Der schwarze Nachthimmel verschmolz mit den vorbeiziehenden Bäumen, Sträuchern, Büschen und dann Häuserdächern. Das Abteil war fast leer. "Nächster Halt Prince-Street."
Die Tür öffnete und ein alter Mann stieg bei. Das flackernde, harte Licht tat seinen Zügen keinen Gefallen. Er wirkte unheimlich müde, todmüde. Der Mann setzte sich neben ihn. Aus Gewohnheit steckte er sich seine Kopfhörer in die Ohren und sah wieder aus dem Fenster. Es lief keine Musik. Wie auch, sein Mobiltelefon lag immer noch auf dem Tisch in seinem Zimmer. Noch fünf Haltestellen. Unruhig klopfte er mit seinen Fingern aufs Glas. Er roch den Schweiss des Mannes neben ihm, hörte seinen Atem, war sich jeder seiner Bewegungen bewusst. Noch vier Haltestellen. Mücken zuckten um die Leuchtstoffröhren, verbrannten sich und flogen doch wieder zurück zum verheissungsvollen Licht. Noch drei... Er sprang auf. Während er sich zwischen dem Mann und dem vorderen Sitzplatz vorbei drängte, murmelte er irgendetwas in der Art von Entschuldigung. Das Licht an der Türe blinkte schon. Hastig verliess er die Bahn.
Draussen war es angenehm kühl. Einen Moment stand er bewegungslos da. Welchen Weg sollte er nehmen? Könnte er nicht einfach zurücklaufen, vielleicht sogar einen Zug nehmen zurück in die Stadt, weg von zu Hause? Er hatte die Wahl und doch fühlte er sich als ob es keine Rolle spielte, wie er sich entschied. Das Ende blieb das Gleiche. Schachmatt.

Er steckte seine Hände in die Taschen und lief los. Es war kalt. Seine Eltern dachten, er solle ins Militär gehen. Morgen. Wie weit war es noch? Seine Eltern würden sich sorgen machen, wenn er nicht bald zurückkehrte. Er zog sich seine Baseballmütze tiefer ins Gesicht. Texas Rangers. Das Lieblingsteam seines Vaters. Natürlich liebten sie ihn, aber ihre Heimat noch etwas mehr. Und für einmal ihren Nachbarn von ihrem Sohn erzählen zu können, der seinem Land dient, der auch etwas auf die Reihe gekriegt hatte. Er spuckte aus.
Ein kleiner Park lag zwischen dieser Strasse und seinem Zuhause. Es war stockdunkel. Oder, nein, dort brannte ein Licht. Es war eine kleine Kerze, die unter einer Holzbank in den weichen Untergrund gedrückt worden ist. Darüber schlief ein Mann. Das Licht der Kerze war zu schwach, als dass er ihn genauer hätte erkennen können. Wahrscheinlich war es irgend so ein Obdachloser, von denen es in der Stadt nur so wimmelte. Sein Blick fiel auf einige Bilder, die unter der Bank zusammengeschnürt auf einem blau-weiss-rot karierten Tuch lagen. Geschützt von der noch feuchten Erde. Er hatte selbst auch mal Künstler werden wollen. Er liebte es mit einem Pinsel das weisse Papier langsam farbig werden zu lassen. Ihm eine Geschichte zu schenken, die auch ihn selbst immer wieder überraschte und berührte und doch immer auch so vertraut war, stimmte. Es gab doch so viel mehr Farben als Rot. Wieso sollte er nur noch mit einer malen dürfen?Weil es seine Pflicht war und weil es schon genug junge Menschen wie ihn gab. Künstler. Ein unsicherer Beruf in noch unsichereren Zeiten und... und er war nicht gut genug. Das war die Wahrheit.

Sein Blick löste sich vom Bilderstapel und fiel auf einige Geldscheine und Münzen, die daneben auf dem Gras lagen. Es war nicht viel. Er packte alles in seine Hosentasche und ging weiter. Es war nicht mehr weit bis nach Hause. Er war sowieso schon spät, also machte es auch keinen Sinn mehr sich zu beeilen. Oder? Seine Eltern machten sich wahrscheinlich schon Sorgen. Vielleicht dachten sie, er käme gar nicht mehr zurück. Sie werden sicher erleichtert sein, wenn er seinen Schlüssel im Schloss dreht, die Türe öffnet. Er trat ein. Das Licht war unangenehm hell und flackerte. Es dauerte einen Moment bis sich seine Augen an die Helligkeit gewöhnt hatten. Tote Fliegen klebten an den Glühbirnen der Lampen. Die Kühlregale summten. Er lief durch eine Reihe von Regalen und nahm sich schliesslich ein Pack Bierdosen. An der Kasse sass eine ältere Frau mit gefärbten dunklen Haaren.
"Guten Abend oder Morgen, kann ich einen Ausweis sehen? Bitte." Er hielt ihn ihr entgegen, worauf sie nickte. "Das macht dann 8.49$." Er kramte neun Dollar aus einer Hosentasche.
"Behalten sie den Rest."
Sie lächelte müde.
" Vielen Dank."
Er lächelte hastig zurück. Die restlichen Scheine und Münzen stopfte er in ein Plastik Sparschwein auf dem ein vergilbter Zettel klebte. "Trinkgeld :)" stand dort. Die Spardose grunzte einige Male.
"Danke."
"Auf Wiedersehen!", war alles, was er erwiderte.

Er war froh den Laden verlassen zu können. Am Horizont liessen sich schon die ersten Sonnenstrahlen erahnen. Es war nicht mehr ganz so dunkel. Er öffnete seine erste Dose Bier und nahm ein paar Schlucke. Da hörte er eilige Schritte hinter sich. Ein Mann rief: "Halt!" und "Bleiben Sie stehen." Die Schritte kamen stetig näher. Schnell drückte er sich die Kopfhörer zurück in die Ohren. Bier schüttete auf den Boden. Nun konnte er den Mann schon hinter sich keuchen hören, seinen angestrengten Atem. Nicht mehr lange und er würde die warme Luft an seinem Nacken, vielleicht auch eine schwitzige Hand auf seinem Arm spüren. In plötzlicher Panik, beschleunigte er seine Schritte. Eine Hand auf seiner Schulter.
"T'schudigung, habe sie nicht gehört."
Er zeigte aufgeregt auf seine Kopfhörer.
"Ich kann es erklären... Ich wollte nicht wirklich..."
"Nein, Ich muss mich bei Ihnen entschuldigen. Ich wollte Sie nicht erschrecken, aber Sie haben Ihr Halstuch verloren."
Der Mann drückte ihm den rot-blauen, karierten Stoff in die Hand.
"Vielen Dank. Auf Wiedersehen!"
"Nicht der Rede wert. Auf Wiedersehen und noch einen schönen Morgen! Ein wundervoller Morgen, nicht wahr?"
Er nickte und ohne ein weiteres Wort zu sagen, setzte er seine Kopfhörer erneut ein. Nicht, dass irgendjemand eine Antwort von ihm erwartet hätte. Der Mann ging weiter und auch er ging weiter. Es war ein wundervoller Morgen und er öffnete die zweite Dose. Seine vom Bier klebrigen Hände wischte er am Halstuch ab, während die Sonne zögerlich über den Häusern auftauchte. Ein wundervoller Morgen. Es gehörte nicht ihm, das Halstuch. Nein, es war nicht seines. Rot, Blau, Weiss; Diese Farben standen ihm nicht einmal. Sollte er es einfach liegen lassen? Niemand würde es bemerken und vielleicht würde es der Besitzer so wiederfinden. Wahrscheinlich sollte er es liegen lassen. Dort, auf dem Briefkasten zum Beispiel.Für einen Moment blieb er stehen und stopfte es sich dann in seine Hosentasche.Wirklich ein wundervoller Morgen.

 

Hallo RiminyCricket

Willkommen im Forum. Ich habe deine Geschichte gelesen. Sie ist mir zu düster, aber das ist Geschmackssache. Deshalb nur Anmerkungen zum Stil.
Kann es sein, dass du aus Österreich kommst? Für mich klingt es in deinem Satzbau an.
Egal. Du schreibst teilweise recht umgangssprachlich, in wörtlicher Rede ist das kein Problem, wenn es zu den Protas passt. Ansonsten muss es zur Geschichte passen. Du beschreibst ja einen Looser, und da ist es wohl OK.

Der Mann setzte sich neben ihn. Aus Gewohnheit steckte er sich seine Kopfhörer in die Ohren
Bezug ist nicht ganz klar, wer steckt sich die Kopfhörer rein?

Noch drei... Er sprang auf.
Was war der Auslöser?

Seine Eltern dachten, er solle ins Militär gehen. Morgen. Wie weit war es noch?
Schlechter Stil und verwirrend.

Natürlich liebten sie ihn, aber ihre Heimat noch etwas mehr. Und für einmal ihren Nachbarn von ihrem Sohn erzählen zu können, der seinem Land dient, der auch etwas auf die Reihe gekriegt hatte.
Umgangssprache, schlechter Stil, besonders "Und für einmal..."

Sie werden sicher erleichtert sein, wenn er seinen Schlüssel im Schloss dreht, die Türe öffnet. Er trat ein.
Er denkt an die Eltern und steht im Schnapsladen. Verwirrend

Der letzte Abschnitt ist für mich nicht ganz nachvollziehbar. Er wird angerufen, hat Angst, dreht sich aber nicht um, steckt die Kopfhörer rein, hört trotzdem das Keuchen.

Die Geschichte drückt die Entscheidungsschwäche und Verwirrtheit des Protas mit detailliert beobachteten Szenen gut aus, bleibt aber im Unbestimmten und bringt den Prota mir nicht näher, er bleibt mir fremd und unangenehm (Dieb).

Am Schluss bleibe ich etwas ratlos zurück, aber das hast du möglicherweise beabsichtigt.

Gruß Werner

 

Hallo RiminyCricket,

vielen Dank für deine Geschichte.

Ich finde, du schaffst eine gute Atmosphäre und man kommt relativ flüssig durch den Text.

Vielleicht liegt es an mir, aber ich verstehe nicht worum es hier geht. Warum tut der Protagonist diese Dinge? Warum flieht er vor dem Mann in der Bahn? Warum beklaut er den Obdachlosen? Warum spendet er dann in dem Laden? Und warum wird der Morgen plötzlich wundervoll?

Ich versuche mal ein paar Fehler und Ungereimtheiten darzustellen um zu verdeutlichen, warum es mir schwerfällt die Handlung des Protas nachzuvollziehen:

Dunkelheit. So beginnen alle Geschichten. Nein, mit Licht. Eigentlich beginnen alle Geschichten mit Licht, kühlem Neonröhren Licht, an weissen Wänden reflektiert. Diese Art von Licht, die einem wünschen lässt es wäre dunkel.

Diesen ersten Abschnitt finde ich unnötig. Du schreibst etwas und widersprichst dir sofort. Kommt mir gekünstelt vor. Falls du ihn behalten willst:

kühlem Neonröhrenlicht, an weißen Wänden
die einen wünschen lässt, es

Wie auch, sein Mobiltelefon lag immer noch auf dem Tisch in seinem Zimmer.
Wer sagt denn Mobiltelefon?

Er roch den Schweiss des Mannes
Schweiß

verheissungsvollen Licht.
Ok, ich denke Werner hat Recht und du kommst aus der Schweiz. Ich verzichte auf weitere ß-Korrekturen.

Noch drei... Er sprang auf.
Hab ich auch nicht verstanden. Steigt er früher aus? Oder sind drei Stationen so schnell vorbei?

Draussen war es angenehm kühl.
….
Es war kalt.
Auf einmal ist es kalt und nicht mehr kühl?

Seine Eltern dachten, er solle ins Militär gehen. Morgen. Wie weit war es noch? Seine Eltern würden sich sorgen machen, wenn er nicht bald zurückkehrte. Er zog sich seine Baseballmütze tiefer ins Gesicht. Texas Rangers. Das Lieblingsteam seines Vaters. Natürlich liebten sie ihn, aber ihre Heimat noch etwas mehr. Und für einmal ihren Nachbarn von ihrem Sohn erzählen zu können, der seinem Land dient, der auch etwas auf die Reihe gekriegt hatte.
Diesen ganzen Abschnitt finde ich ziemlich ruckelig. Fehlt da im letzten Satz nicht etwas?

… würden sich Sorgen machen…

Es war eine kleine Kerze, die unter einer Holzbank in den weichen Untergrund gedrückt worden ist. Darüber schlief ein Mann.

Würde ein Obdachloser eine Kerze anzünden und dann schlafen? Oder lässt er sich von der Kerze wärmen? Rösten sozusagen. ;)

Geschützt von der noch feuchten Erde.
„Geschützt vor...“ oder?

..., stimmte.
Kann weg, oder?
Es gab doch so viel mehr Farben als Rot. Wieso sollte er nur noch mit einer malen dürfen?Weil es seine Pflicht war und weil es schon genug junge Menschen wie ihn gab.
Wieso nur Rot? Wegen dem Militär? Verstehe ich nicht…

...dürfen? Weil…

Kann weg.

Seine Eltern machten sich wahrscheinlich schon Sorgen.
Den Satz hattest du oben schon, kann man auch weglassen, meiner Meinung nach.


Sie werden sicher erleichtert sein, wenn er seinen Schlüssel im Schloss dreht, die Türe öffnet.
Stimmt hier die Zeit? Müsste es nicht „Sie würden sicher erleichtert sein, wenn er seinen Schlüssel im Schloss drehte, die Tür öffnete.“ heißen?

Er trat ein.
Man denkt, er steht bei seinen Eltern im Haus. Soll das so sein?

Das Licht war unangenehm hell und flackerte. Es dauerte einen Moment bis sich seine Augen an die Helligkeit gewöhnt hatten. Tote Fliegen klebten an den Glühbirnen der Lampen.
Hell und flackernd spricht für Neonröhren. Dann kleben aber Fliegen an den Glühbirnen? Wie kann er die im Licht sehen, wenn seine Augen noch so empfindlich sind. Passt für mich nicht ganz zusammen.


"Guten Abend oder Morgen, kann ich einen Ausweis sehen? Bitte." Er hielt ihn ihr entgegen, worauf sie nickte.
In den USA gibt es Bier erst ab 21. Der Protagonist erscheint mir aber etwas jünger – auf der Suche nach seiner Berufung, wohnt zu Hause und lässt sich die Wünsche der Eltern aufdrücken. Naja, vllt ist der Ausweis ja gefälscht...

Plastik Sparschwein
Plastiksparschwein

Er war froh den Laden verlassen zu können.
Warum?

Am Horizont liessen sich schon die ersten Sonnenstrahlen erahnen.
Schon? War er so lange im Laden? Oder hätte er erst so spät zu Hause sein müssen?

Bier schüttete auf den Boden.
Bier schüttet nicht, Bier tropft oder schwappt auf den Boden.


T'schudigung,
T‘schuldigung,


"Nein, Ich…
„Nein, ich…

Der Mann ging weiter und auch er ging weiter.
Doppelung

Nein, es war nicht seines. Rot, Blau, Weiss;
Wieso sind es die gleichen Farben, wie die auf dem Tuch von dem Obdachlosen?

Auch am Ende, bleibt mir der Zusammenhang zum Titel unklar. Aber das liegt wahrscheinlich an meiner grundsätzlichen Verwirrung bei dieser Geschichte.

Mhh, das war jetzt ganz schön viel. Ich hoffe, du nimmst es mir nicht übel und kannst etwas Licht ins Dunkel bringen. :confused:

Ich bin gespannt, was dahinter steckt. :)

Viele liebe Grüße,
Nichtgeburtstagskind

 
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Und da ist sie schon, die Frau Novak ...

Mir gefällt die Idee deiner Geschichte. Ein junger Mann, eigentlich Künstler, aber er ist nicht gut genug, um sich mit seiner Begabung seine Groschen zu verdienen, lässt sich in dieser Verunsicherung von seinen Eltern dazu "anstiften" zum Militär zu gehen.
In dieser Nacht, die du in deiner Geschichte erzählst, kommt er letztendlich zu dem Entschluss, dass er und die Armee doch nicht füreinander bestimmt sind. Weiser Entschluss, sage ich da mal.
Wobei ich nicht genau weiß, dazu kenne ich mich viel zu wenig aus mit den rechtlichen Bestimmungen, die in Amerika gelten, ob der so einfach wieder aussteigen kann, wenn er sich mal gemeldet hat. Und das ist ja offensichtlich schon passiert, wenn er am nächsten Tag zur Armee gehen soll.

Interessant finde ich es, wie du das erzählst, also über welche Etappen. Das gefällt mir, das hat Potenzial.
Klar natürlich - die Ruhelosigkeit in der Bahn, logisch bei dem Entschluss. Die hast du gut aufgebaut, man merkt, er befindet sich in einer Ausnahmesituation. Die Aufklärung, also die Nennung des Militätentschlusses erfolgt aus meiner Sicht auch nicht zu spät. Dann das Klauen ausgerechnet bei einem weiteren Verlierer, was ihn nicht unbedingt sympathisch macht. Aber Nur-Sympathlinge sind eh langweilig. Und Vielschichtigkeit klegst du durchaus an, wenn er z. B. später die Trinkgelddose bestückt.
Er klaut ihm nicht nur das Bettelgeld, sondern auch ein Halstuch mit den symbolträchtigen Farben blauweißrot. Von dem geklauten Geld kauft er sich Bier. Er schämt sich für seinen Diebstahl, weshalb er der alten Lady den Rest des Klaugeldes als Trinkgeld gibt. Durch eine Zufälligkeit, er glaubt, bei dem Diebstahl ertappt worden zu sein, aber der Verfolger bringt ihm nur das verlorene Halstuch hinterher. Diese glückliche Wendung lässt ihn an seinem Armeebeschluss zweifeln. Die Farben passen nicht zu ihm. Fand ich eine gute Idee, dieses "Spiel" mit den Farben, auch, als er sich überlegt, dass er beim Militär ja nur noch die Farbe rot malen würde. Hoffentlich nicht, aber klar, passiert vielleicht.

Was nicht zu meiner Interpretation passt, ist, dass er dem Obdachlosen das Tuch gar nicht klaut, jedenfalls steht nichts davon da. Nur vom Geld ist die Rede. Aber vielleicht hast du es ja nur vergessen?

Der Wendepunkt deiner Geschichte ist recht klar. Die glückliche Fügung, nicht erwischt worden zu sein, da wird ein Morgen angesichts der Erkenntnis einfach schön. Nur hatte ich vorher eigentlich auch schon immer das gefühl, er will eigentlich eh nicht zum Militär. Eigentlich kommen da nur alle negativen Gründe vor. Man fragt sich also, was hat ihn denn in diese Zwickmühle gebracht. Das muss nicht viel sein, aber im Vergleich zu dem Wendepunkt ist mir sein innerlicher Konflikt recht einseitig.
Irgendwie will er doch von vorneherein nicht zum Militär. Irgendwas muss er doch aber an dieser Idee gut gefunden haben?


Was ich auch auszusetzen habe, das sehe ich ähnlich wie die Vorkommentatoren: Da sind noch fürchterlich viele Unlogeleien drin. Auch sprachliche Holperer. ich störe mich nicht am Tonfall, der passt finde ich. Aber über den hinaus gibt es manchmal sprachliche Ausreißer. Viel ist ja schon benannt. Das würde ich mir nochmal genau anschauen.

Zu dem Beginn wollte ich noch was sagen:
Ich versteh schon, wie du darauf kommst. Auf diesen Vorspann. Es ist eine Anlehnung an die Genesis, und der junge Mann erlebt ja auch eine Art Genesis. Aber trotzdem erschien mir der Vorspann recht künstlich. Nicht organisch zu der Geschichte passend. Oder ihr ein erzählerisches Motto geben, sondern eher wie eine Kurzzusammenfassung. ich würde den Prolog auch eher kippen. Zumal du von der Dunkelheit sofort wegdriftest ins Neonlicht. Und dann zurück zur Dunkelheit.
Aber das entscheidest eh du und vielleicht ist mir was entgangen.

Anbei, musst du zwischendrin mal ein bisschen auf die Kommas aufpassen.

Die Tür öffnete und ein alter Mann stieg bei.
Die Tür öffnete sich ...
Ich kann mir nicht vorstellen, dass das in der Schweiz anders verwendet wird.
Hier sagen wir ein statt bei. Aber das mag regional bedingt sein. Trotzdem habs noch nie bei einem anderen Schweizer gelesen.

Das flackernde, harte Licht tat seinen Zügen keinen Gefallen. Er wirkte unheimlich müde, todmüde. Der Mann setzte sich neben ihn. Aus Gewohnheit steckte er sich seine Kopfhörer in die Ohren und sah wieder aus dem Fenster
.
Warum es sich so einfach machen, und nicht mal zeigen, wie der Mann sich verhält. Woraus ist zu schließen, dass er so müde ist? Muss man ja nicht überall machen, aber ab und an szenischer sein, schadet nicht.
Und dann hast du ein Problem, das unheimlich oft auftaucht, wenn man seinem Protagonisten keinen Namen gibt. Es ist eine klassische Erzählweise, okay, die Alten haben das so gemacht, aber man handelt sich dann genau solche Bezugsprobleme ein wie hier: Man denkt, der Alte setzt sich die Kopfhörer auf, dabei ist es der Protagonist. Hätte dieser einen Namen, hättest du ihn jetzt statt des Personalprobnomen schreiben können und der Bezug wäre klar.

Also überleg dir einfach mal, warum du ihm keinen Namen gibst. Und die "Ausrede", er solle für viele seiner Generation stehen, wie es die Kurzgeschichtenklassiker hatten, lass ich nicht gelten. :)


Mücken zuckten um die Leuchtstoffröhren, verbrannten sich und flogen doch wieder zurück zum verheissungsvollen Licht.
Das klingt, wie wenn das immer dieselben Mücken wären. :D

Noch drei...
Nur mal als Beispiel: Wenn die Auslassungspunkte ein ganzes oder mehrere Wörter ersetzen, muss man eine Leerstelle hinter dem Wort machen. Also so: Noch drei ...

Er sprang auf. Während er sich zwischen dem Mann und dem vorderen Sitzplatz vorbei drängte, murmelte er irgendetwas in der Art von Entschuldigung.
Warum so kompliziert, das klingt nicht so dolle. Warum nicht einfach: murmelte er (irgend)eine Entschuldigung. Ich find das gut, so knapp.

Das Licht an der Türe blinkte schon. Hastig verliess er die Bahn.
Wenn das "schon" wegbliebe, hättest du einen viel härteren Rhythmus. Und der würde zu deinem Stil verdammt gut passen. Zumal, das "schon" eigentlich eh redundant ist. Diese Lichter blinken eh recht spät.

Und hier höre ich mal auf. Hab keine Zeit mehr.
Aber ich würde jedenfalls sprachlich nochmal durchgehen.
Habs mit großem Interesse und Freude gelesen. Bin gespannt auf die nächsten Geschichten.

 

Hallo Werner

Vielen Dank für deinen Kommentar und deine Verbesserungsvorschläge. Ich komme aus der Schweiz, deshalb wahrscheinlich der etwas andere Satzbau.
Das mit den Bezugsschwierigkeiten ist wirklich ein Problem. Ich habe den Vorschlag bekommen, dem Protagonisten einen Namen zu geben und vielleicht werde ich das auch tun.

Was war der Auslöser?/QUOTE]
Es ist eher eine impulsive Entscheidung. Der Protagonist ist nicht wirklich ein Menschenfreund und im ganzen Text fällt ihm der Kontakt mit anderen Menschen schwierig. Die Nähe des Mannes und die Anspannung in der sich der Protagonist befindet, machen es ihm unmöglich noch länger in der Bahn zu bleiben. Deshalb verlässt er sie schon vor der richtigen Haltestelle und läuft nach Hause. Das war zumindest die Idee :)

Ja, am Stil muss ich wirklich noch arbeiten. Danke für deine Vorschläge in diesem Bereich. Es war das Ziel es umgangssprachlich zu halten, wegen der Sicht des Protas, aber trotzdem gibt es noch einiges zu feilen.

Er wird angerufen, hat Angst, dreht sich aber nicht um, steckt die Kopfhörer rein, hört trotzdem das Keuchen.

Er denkt, es geht um den Diebstahl und will nicht reagieren, deshalb steckt er die Kopfhörer ein, damit er so tun kann, als höre er nichts. Er hat sein Handy aber nicht dabei und so kann er den Mann trotzdem keuchen hören.

Fürs erste Gruss

Cricket

 
Zuletzt bearbeitet:

Wer sagt denn Mobiltelefon?
fragt Nichtgeburtstagskind, alle - außer der wortschöpferische und verniedlichende Deutsche in seinem Denglishwahn!

Dunkelheit. So beginnen alle Geschichten. Nein, mit Licht.

Nee,

eben nicht. "Dunkelheit" wäre schon richtig. Selbst die Genesis - wie wir sie kennen - beginnt "Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und die Erde war wüst und leer, und Finsternis lag auf der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte über dem Wasser. Und Gott sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht. / Und Gott sah, dass das Licht gut war. Da schied Gott das Licht von der Finsternis und nannte das Licht Tag und die Finsternis Nacht. Da ward aus Abend und Morgen der erste Tag." (1. Mose, 1, 1 - 5), da wurde Luther ans neuere Hochdeutsch angepasst, poetischer dagegen in unserem Jh. durch Buber/Rosenzweig "Im Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde. // Die Erde aber war Irrsal und Wirrsal. // Finsternis über Urwirbels Antlitz. / Braus Gottes schwingend über dem Antlitz der Wasser. / Gott sprach: Licht werde! Licht ward.Gott sah das Licht: daß es gut ist. / Gott schied zwischen dem Licht und der Finsternis. // Gott rief dem Licht: Tag! und der Finsternis rief er: Nacht! / Abend ward und Morgen ward: Ein Tag." (Die priesterschriftliche Schöpfungsgeschichte).

Aber recht hastu dennoch,

RiminyCricket -
und damit erst einmal herzlich willkommen hierorts,euch beiden, Cricket und Nichtgeburtstagskind, begegnen wir uns doch das erste Mal -

denn erst musste mal das Licht angeknippst werden, was uns selbst beim Wunsch, es wieder abzustellen, nicht entbindet, Kommas auch schon - so weit als nötig - an einen der ersten Sätze zu setzen

Diese Art von Licht, die einem wünschen lässt[,] es wäre dunkel.
(Relativsatz ("die ...") zu Ende.


Hier nun

Die Tür öffnete und ein alter Mann stieg bei.
fehlt was bei der Tür. Nicht unbedingt, dass sie von sich aus sich eben nicht öffnet, sondern geöffnet werden muss (passiv) und selbst, wenn das Wunder geschähe, dass sie "sich" selbst öffnete, es fehlte das Reflexivpronomonen wie es wenig später hier gelingt
Der Mann setzte sich neben ihn.
und hier wieder nicht
Er roch den Schweiss des Mannes neben ihm, ...
Und es wurd schon drauf hingewiesen, besser mit Reflexivpronomen - aber, wenn man ein bisschen nachdenkt, geschieht tatsächlich folgendes, denn die Reflexion übernimmt der Genitiv bereits (i. S. seiner besitzanzeigenden Funktion) - es ist der Schweiß des Mannes, und nicht unseres "Helden", neben dem der Mann sitzt.

Unruhig klopfte er mit seinen Fingern aufs Glas.
Auf welches Glas? Wär's das Fenster, wäre statt der Präp. "auf" ein "gegen" angebracht.

Noch drei...
Die nahtlos ans vorherige Wort gesetzten Auslassungszeichen behaupten, dass an dem Wort wenigstens ein Buchstabe fehle. Versuchsweise könnte es ein verschwiegenes e ("dreie") sein, was aber sicherlich nicht in Deiner Absicht lag. Da wäre dann ja auch die Ästhetik des Apostrophes viel spar- und wirksamer, weil deutlicher. Besser also für diesen Pausenfüller eine Leertaste zwischen letztem Buchstaben und erstem Punkt ...

Er sprang auf. Während er sich zwischen dem Mann und dem vorderen Sitzplatz vorbei drängte, ...
"vorbeidrängen", ein Wort;
hier nun wieder ein Komma - weil der vergleichenden Konjunktion "als" ein vollständiger Satz folgt
... und doch fühlte er sich[,] als ob es keine Rolle spielte, wie er sich entschied.
Und in diesem kleinen Satz findestu die Erklärung, warum ich bei der Stange bleib: Das ist seit langem der erste "Erstling", in dem der Konjunktiv korrekt angewendet wird!, ein Zeichen, dass sich die Mühe lohnt. Dagegen sind Komma- und sonstige Schreibregeln pi-pa-po, die man . wenn man sie halt nicht kennt - in einer Arbeitswoche drin hat. Hilfen gibt's hierort, in den hundert ersten Seiten des Rechtschreibdudens (wobei das gleichzeitig eine - wenn auch unvollständige - Grammatik ist. Aber wer nimmt sich schon die 1.300 Seiten Grammatik mit ins Bett. Gäbe doch nur blaue Flecken!
Hier aber hastu dann doch einen kleinen Schwächeanfall, wenn es heißt
... für einmal ihren Nachbarn von ihrem Sohn erzählen zu können, der seinem Land dient, der auch etwas auf die Reihe gekriegt hatte. Er spuckte aus.
Nun gut, "können" drückt ja in seiner binären Wertigkeit - man kann etwas oder eben nicht) auf dem Weg zum sowohl-als-auch, aber die Relativsätze sind trotzdem eindeutig Konjunktiv und zwar irrealis, Kon.II, diente, hätte.

Seine Eltern dachten, er solle ins Militär gehen.
Statt "ins" besser "zum" Militär gehen, um dann "im" bzw. "beim" M. zu sein ...

Er liebte es[,] mit einem Pinsel das weisse Papier langsam farbig werden zu lassen.
(Komma, weil die Infinitivgruppe von wenigstens einem Substantiv abhängt -

Hier nun ist das Substantiv schwer zu erkennen, es wird aber hervorragend durchs (Reflexiv)Pronomen ersetzt

... also machte es auch keinen Sinn mehr[,] sich zu beeilen.

Es dauerte einen Moment[,] bis sich seine Augen an die Helligkeit gewöhnt hatten.
(Die nebenornende Konjunktion "bis" ersetzt eben nicht, wie "und", "oder" und diverse andere Konjunktionen das Komma)

Er war froh[,] den Laden verlassen zu können.

Hier nun fällt die extrem schwache Klammer auf
Ihm eine Geschichte zu schenken, die auch ihn selbst immer wieder überraschte und berührte und doch immer auch so vertraut war, stimmte.
Mit nem bissken Möbelrücken und wirds "Es stimmte, ihm eine Geschichte ...", ohne Klammer.

Flüchtigkeiten:

Wieso sollte er nur noch mit einer malen dürfen?[...]Weil es seine Pflicht war ...

8.49[...]$."

"T'schudigung, habe ie nicht gehört."

Alles andere ist bereits gesagt.

Gruß aus'm flachen Land vom

Friedel

 
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Hi Friedel,

Danke für deine vielen Korrekturen, das war sehr gründlich. Ja, ich muss mir die Kommaregeln wirklich nochmals anschauen und mich dann beim Schreiben mehr darauf achten. Kommas waren noch nie meine Stärke, aber es wird langsam Zeit dieses Problem anzupacken.

Gruss

Cricket


Na Hallo Frau Novak,

Mit dem Vorspann hadere ich selbst auch. Es sollte noch einen Bezug zur Genesis und zur Geburt darstellen, aber es passt nicht wirklich zum Rest vom Text. Deshalb werde ich es streichen.

Mit dem Namen hast du recht. Es würde wahrscheinlich wirklich einige Bezugsprobleme lösen und kann auch beim Charakterisieren helfen. Ich habe einfach immer meine Mühe damit, einen passenden Namen zu finden. Oft wirken sie für mich nicht natürlich. Aber das ist auch nicht gleich die Ausrede.

Danke für die vielen Vorschläge! Vor allem auf der Logikebene habe ich mir manche Dinge so gar nicht überlegt. Auch das mit dem Mann in der Bahn werde ich mir noch überlegen. Tut mir leid, antworte ich erst jetzt. Hatte die ganze Woche viel zu tun.

Meine Absicht sit eigentlich gewesen, dass der Prota am Ende eben doch zum Militär geht und sich entscheidet nach Hause zu gehen. Das wundervoller Morgen, sollte eher ironisch sein und auch die Resignation des Protas zeigen. Für den Mann ist es ein schöner Morgen und ein Sonnenaufgang ist ja wirklich hübsch, aber die Hauptperson fühlt sich nicht wirklich gut. So bedeutet der wundervolle Morgen eigentlich, wie wenig er mitreden kann und seine Meinung, seine Gefühle einen Einfluss auf die Welt haben. Das gleiche auch mit dem Halstuch in den Farben der US-Flagge. Er weiss nicht genau, was er davon halten soll, eigentlich ist es nichts für ihn, doch dann stopft er es sich doch in die Tasche. Übernimmt also zu einem gewissen Grad die nationale Identität. Das waren so meine Überlegungen. Ich weiss nicht gerade optimistisch

Dann mache ich mich nächstens and die Überarbeitung des Textes, du bist wirklich eine grosse Hilfe. Das dauert wahrscheinlich, vor allem will ich noch recherchieren, wie genau das mit dem Militär dort läuft.

liebe Grüsse

Cricket

 

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