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Gemeinsam einsam
"Ich hätt’ ja nie gedacht, dass mir das einmal passiert, dass ich einmal alt werden würd’. Weißt Vitus, früher, da war ich ja noch jünger. Aber die ersten siebzig Jahre, die gehen dann sakrisch schnell vorbei. Aber das weiß man erst später, weil am Anfang merkt man's ja nicht gleich. So mit siebzig merkt man das dann. Und da denkt man sich auf einmal: "Jessas, so spät ist's schon g'worden."
„Hast schon recht, Xaver. Und hinten raus, da dauerts dann länger. Die nächsten fünfzig, sechzig Jahr', die dauern dann viel länger. Weil man hat ja dann nicht mehr recht was zu tun. Da wart’st dann den ganzen Tag, dass was passiert. Und wenn nix passiert, dann gehst halt wieder ins Bett, ohne dass was passiert ist. Und in der Früh, wennst aufg’standen bist, dann wart’st halt wieder, dass was passiert. Das Warten, das dauert ja immer so lang, viel länger, als wennst auf nix warten würd’st.”
„Geh Fritz, bring mir noch eine Halbe ... und dem Xaver auch!”
„Jetz’ wart’ einmal, Vitus! Hast dich verrechnet oder meinst wirklich, dass wir zwei einmal hundertzwanzig, -dreißig Jahr alt werden könnten? ... Ja, da müssten wir ja noch fünfzig, sechzig Jahr’ warten!”
„Ja mei, es könnt’ vielleicht schon sein. Die Leut' werd’n halt immer älter, heißt’s ja. Einer der früher mit, sagen wir einmal siebzig, g’storben ist, der wird heut’ leicht einmal achtzig oder neunzig. Weißt, wie ich mein?”
„Ja, ja, Vitus, hast schon Recht, nix G’wiss’ weiß man ja nicht!”
„Glaubst es, Xaver, pfundig wär’s ja schon, wenn wir unseren Hundertzwanziger miteinander feiern würden. Also ich den meinen ein paar Jahr’ früher, als wie du den deinen, gell? Was meinst, wie da die Leut’ schau’n täten?”
„Am End gibt’s ja schon eine Medizin dafür, dass wir zwei einmal so alt werden könnten!”
„Da braucht’s keine Medizin, Xaver, wir haben ja eh unser Bier. Weißt, unser Bier ist ja nicht bloß ein Alkohol!”
„Aber weißt, Vitus, wenn wir zwei jetzt wirklich so alt werden würden, da würd’st mich dann manchmal schon ein bisserl aufregen.”
„Was meinst jetzt da?”
„Ja, so oft, wie wir dann noch miteinander reden müssten, da wär’s ja praktisch unumgänglich, dass wir uns hie und da auch mal streiten müssten. ... Weißt es noch, 1978, da hab ich dir mal eine saubere Watsch’n gegeben.”
„Geh, du hast ja nur getroffen, weil ich grad’ nicht auf’passt hab’!”
„Ja mei, Bürscherl, das wennst g’sehn hättst, wie du da g’schaut hast, da hättst g’schaut, mein Lieber.”
„Du brauchst gar nicht meinen, Xaver, dass ich Wert drauf legen würd’, nochmal fünfzig Jahr’ mit dir aushalten zu müssen. Bloß dass du’s weißt, du alter Depp!”
„He Fritz, hör einmal! Darf der alte Ochs’ mich da herinnen einen alten Deppen heißen? Was ist denn das für ein Wirtshaus, wo einer den anderen eine alten Deppen heißen darf?”
„Ich geb’ dir gleich einen Ochsen! Dann kriegst deine Watsch’n mit Zinsen wieder zurück, du grantiger Greis!”
„Greis! Hast es g’hört, Fritz, Greis sagt der zu mir, wo er doch immer schon der Ältere von uns zwei ist, der b’soffene Bauernschädel!”
„Herrschaftszeiten, hörts jetzt auf der Stell auf! Seit Jahren hör’ ich mir das jetzt an, mit euch zwei. Jede Woche dasselbe, erst redet’s über’s gemeinsame Altwerden und dann streitets euch wieder bis einer vor Aufregung umfällt. Und ich hab dann’s G’schiss wieder und darf den Notarzt antelefonieren! ICH halt das keine fünfzig Jahr mehr aus mit euch!”
„Den Vitus hat’s schon viel öfter umg’haut als wie mich, bloß dass du’s weißt!”
„Eine Ruh ist jetzt, sag’ ich! Ihr geht’s jetzt heim und von mir aus kommt’s dann nächste Woche wieder, dann könnt’s wieder weiterstreiten! ... Ist eh gleich Sperrstund'!”
„Also gut, dann geh’n wir halt. Komm Xaver, der Fritz, der möcht’ uns nicht mehr da haben, geh’n wir halt heim. Da, zieh deinen Janker an, ist bestimmt schon recht frisch draußen!”
„Und du vergiss deinen Hackelstecken nicht, sonst haut’s dich wieder hin!”
„Pass lieber auf, dass dich selber nicht hinhaut, Depp!”
„Und so was heißt sich GASThaus! HAUABhaus müsst’ sich so was nennen, wo die Gäste einfach rausg’worfen werden!”
„Ja, weißt, Xaver, das ist so wie mit dem Schmetterling. Der heißt ja auch nicht Flatterling, obwohl er mehr flattert, als dass er schmettern würd’!”