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Geliebt und vergessen
Kann man sich unsterblich verlieben und das dann wieder vergessen, obwohl man jahrelang mit der geliebten Person zusammengearbeitet hat?
Vor 20 langen Jahren hatte ich eben erst meinen Arbeitsplatz gewechselt und gleich am ersten Tag geschah es. Während ich mit meinem neuen Chef, in seinem kleinen dunkelgrün schwarzen Büro sprach, klopfte ein Mitarbeiter an die Tür.
»Herein!«
Die Tür öffnete sich und ich ließ vor Sprachlosigkeit beinahe die Zunge aus dem Mund hängen.
Man, sieht die toll aus.
Meine Güte, kam da eine bezaubernd schöne Frau ins Büro herein.
»Morgen Naja. Wie praktisch, dann kann ich euch beide gleich miteinander bekannt machen. Das hier ist Naja und das hier der Stephen, ich meinte Stiwen. Er ist der Nachfolger für deine Abteilung.«
Ich glaub´s nicht! Mit der arbeite ich also zwei Wochen gemeinsam in unserer Abteilung. War eine gute Idee, die Firma zu wechseln.
»Schön Sie kennenzulernen.«
»… Ja! Freut mich auch.«
Zu dem wunderschönen Aussehen von Naja kam auch noch ihre liebreizende, warmherzige Stimme hinzu. Die Frau war schlicht und einfach atemberaubend.
Diesen Umständen verdankte ich es, dass ich mir Najas Namen als einzigen sofort merken konnte.
Um die Aufgaben von Naja problemlos übernehmen zu können, leiteten wir ihre Abteilung in den kommenden zwei Wochen gemeinsam. Diese Zeit kostete mich viel Kraft, aber es war war trotz allem herrlich, mit Naja neun Stunden, oder manchmal noch länger, arbeiten zu dürfen. Oft bemerkte ich gar nicht, dass schon so viel Zeit verstrichen war. Gut, ich hätte es an den erledigten Unterlagen auf dem Schreibtisch sehen müssen. Doch die Zeit mit Naja verflog wie im Winde.
Der erste Tag ohne Naja. Mal schauen.
Schon waren die zwei Wochen vorbei und Naja ließ mich in ihrem alten, weiß grauen Büro alleine. Sie leitete ab sofort eine erst vor kurzem neu gegründete Abteilung unseres Unternehmens.
Als Dankeschön für die gute Einarbeitung in ihre alte Abteilung, ging ich im Vorfeld der Mittagspause zu Naja und überreichte ihr ein kleines Geschenk.
»Ein Parfüm, das nach Schmetterlingsflieder riecht.«
»Ich hoffe, du hast diesen Duft noch nicht?«
»Nein, der fehlt mir noch.«
Naja und ich hatten ab jetzt, zu meinem größten Bedauern, nicht mehr viel miteinander zu tun. Wir sahen uns zwar weiterhin jeden Tag auf dem Parkplatz, in der Mittagspause, beim allmorgendlichen Treffen aller Abteilungsleiter und lächelten uns jedes Mal an, aber das war es auch gewesen.
Was ist denn mit Naja? Sie ist doch nie krank.
Ein Jahr nach meinem Beginn in der Firma, wurde eine neue Frau für meine Abteilung eingestellt. Aus welch einem Grund auch immer, dass weiß ich beim besten Willen nicht mehr, mochte ich diese Julié.
Heute für mich unverständlich, vergaß ich Naja, obwohl wir uns weiterhin jeden Tag sahen. Die neue Julié stand ab jetzt in meinem Mittelpunkt. Sie war merkwürdigerweise ganz anders als Naja. Julié besaß weder ein Haustier oder trieb Sport, noch hatte sie ein besonderes Aussehen. Julié sah mit ihren schulterlangen schwarzen Haaren und den etwas kleinen Öhrchen echt süß aus, aber reichte eben nicht an Naja heran. Doch zu dieser Zeit damals, fiel mir das keineswegs auf. Die Verliebtheit in Julié, sowie ihre grün braunen Augen, schien wahrlich abzulenken. Höchstwahrscheinlich sah ich Naja zeitlich ebenfalls aus einem anderen Blickwinkel. Wie auch immer. Julié und ich verstanden uns wirklich sehr gut. Wir verbrachten fast jede Pause miteinander, hatten viel Spaß zusammen und waren zweimal beim Italiener essen. Weiter lief zwischen uns jedoch nichts. Zum Glück. Denn sie verließ unsere Firma kurze Zeit später.
Mein Chef teilte mir in der Woche darauf mit, dass ich in circa einem Jahr eine neue Position in der Firma einnehmen sollte, sobald das Unternehmen nach Hamburg umgezogen war. Um für die neuen Aufgaben bestens gerüstet zu sein, musste ich einige Schulungen durchlaufen. Dank dieser ganzen Fortbildungen hatte ich dann so viel um die Ohren, dass mir gar nicht in den Sinn kam, dass ich Naja noch immer sehr mochte. Mir war es allen Ernstes völlig entgangen, dass ich sie liebte. Naja und ich sahen uns weiterhin beim morgendlichen Treffen der Abteilungsleiter und auf einem der vielen Flure, aber nichts von all dem, brachte meine Gefühle für sie wieder zum Vorschein.
So verstrichen schließlich zehn Monate bis zum Firmenumzug nach Hamburg und ich bekam die versprochene neue Position.
Naja und ich sahen uns nun fast gar nicht mehr, da sich der neue Firmensitz in zwei Hälften teilte. Beide befanden sich innerhalb eines großen, hell gehaltenen Gebäudes mit gold schwarzen Verzierungen. Doch der neue Teil des Unternehmens war samt Naja im rechten Flügel untergebracht und ich hingegen im linken.
Weil Hamburg für mich sogar nach sechs Monaten fremdartig erschien und um es endlich besser kennenzulernen, war ich dann an einem Wochenende mit zwei Kollegen in der Stadt unterwegs. Nachdem ich Abends erschöpft sowie müde, heimkehrte und duschte, legte ich mich ins Bett.
Nachts im Schlaf träumte ich, dass Naja und ich an einer Firmenreise teilnahmen. Inmitten eines dichten, naturbelassenen Laubwaldes, wohnten wir mit mehreren Kollegen in einem massiven Holzhaus. Abends nach einer Besprechung, gingen unsere Kollegen zurück ins Haus. Doch Naja und ich blieben draußen am Ufer des Sees sitzen. Wir saßen eng beieinander, die Sonne ging hinter den Bäumen langsam unter und ließ alles im Wald in einem orangen Farbton erstrahlen. Es sah traumhaft aus, wir schauten uns an, und ...
Ich wachte auf.
»Naja! Naja, wie konnte ich dich nur vergessen? So lange.«
Auf einmal traf es mich wie ein Blitz bei strahlendem Sonnenschein. Warum war mir meine geliebte Naja dermaßen lange Zeit nicht eingefallen?
Ich stand auf und suchte die Telefonnummer von Naja.
»Ich hatte sie doch abgespeichert.«
Leider fand ich Najas Nummer nirgends und weil Sonntag war, musste ich bis zum nächsten Tag auszuharren, um sie endlich wiederzutreffen.
Weil ich es aber nicht abwarten konnte, sie wiederzusehen, probierte ich, Naja bei Facebook und Co. zu finden. Doch leider vergebens. Alles was ich von Naja im Internet fand, war ein Zeitungsartikel, der sie einmal namentlich erwähnte.
Noch fünfzehn Stunden bis zur Arbeit. Kann das nicht schneller gehen.
Über Wochenenden freute normalerweise sogar ich mich, aber diesmal sehnte ich das Ende des gleichen herbei, wollte ich doch endlich zu Naja.
In der Nacht schlief ich erst nach 40 Minuten ein und wachte jede Stunde wieder auf.
Vier Stunden. Meine Güte, dauert das.
Die Zeit verging so langsam, wie nie zuvor in meinem Leben.
Jetzt aber los! Duschen, anziehen, essen und ab zur Firma.
Duschen und Anziehen hatte ich erledigt, doch auf Essen hatte ich absolut keinen Appetit.
Noch bevor das morgendliche Treffen der Abteilungsleiter meines Seitenflügels stattfand, wollte ich Naja in ihrem Büro aufsuchen.
»Herein!«
»Entschuldigen Sie. Ich dachte, dass wäre Najas Büro.«
»Tut mir leid, aber Naja hat bereits vor drei Monaten unsere Firma verlassen.«
Auf einmal stand ich völlig neben mir, sah förmlich, wie blass meine Haut wurde und bekam noch gerade ein »Danke« heraus.
Draußen im Flur musste ich mich zunächst sammeln. Das Naja nicht mehr in unserem Unternehmen arbeitete, war ein Schock.
Ich begab mich zum Treffen aller Abteilungsleiter und wartete mit einem zappelnden rechten Fuß auf das Ende dieser Besprechung. Als es endlich so weit war, suchte ich meinem Chef auf und fragte ihn, ob er wüsste wo Naja nun arbeitet. Doch weder er, noch seine Sekretärin oder unsere Buchhalterin wussten, wo Naja nun angestellt war.
Das kann nicht wahr sein.
Mir wurde eisig und am liebsten wäre ich nach Hause gegangen. Letztlich begab ich mich aber in mein hellgraues Büro, erledigte dort das nötigste und unternahm anschließend einen Marathon durch die Firma. Jeden den ich auf unseren blaugen Fluren traf, fragte ich nach Naja.
»Kann ich dir auch nicht sagen.«
»Weiß vielleicht jemand anderes.«
»Keine Ahnung.«
»Weiß ich leider nicht.«
Arme Naja. Hat jahrelang hier gearbeitet, aber niemand interessierte sich für sie. Ob Naja überhaupt einen einzigen Freund hier hatte?
Nach Stunden und Kilometern im Gebäude, schien es für mich klar, wieso Naja die Firma verlassen hatte.
Oh man.
Ein flaues Gefühl breitete sich in mir aus und von einem Augenblick auf den anderen, war mir alles total egal, besaß keine Lust, noch irgendetwas zu erledigen.
Ich zog mich in mein dunkles Büro zurück, zumindest sah es für mich zeitlich düster aus.
»Was jetzt? War's das etwa?«
Völlig ratlos saß ich in meinem Bürostuhl. Das ich Naja nicht übers Internet finden würde, war mir aufgrund der gestrigen Erfahrungen recht klar.
Die folgenden Wochen dachte ich ununterbrochen nur noch an Naja. Egal was ich mir auch überlegte, um Naja ausfindig zu machen, das alles hatte keine Erfolgsaussichten. Ich konnte ja schlecht Deutschlandweit in jeder Zeitung eine Annonce aufgeben. Selbst wenn ich dies getan hätte, standen die Chancen keineswegs sonderlich hoch, dass Naja die Zeitung lesen würde.
Für gewöhnlich war ich kein großer Freund von Auslandsbesuchen unserer Firma, obwohl sie uns oftmals neue Kunden einbrachten. Sie waren schlussendlich einfach bloß stressig. Der jetzige im Juni, bewahrte mich aber davor, weiterhin ununterbrochen an Naja zu denken. Diese Ablenkung funktionierte jedoch nur bis zum Rückflug. Nach der Landung befand ich mich nicht einmal eine Minute in meiner Wohnung und gab abermals Najas Namen bei Google ein.
»Werde ich sie jemals wiedersehen?«
Einen Tag zuvor war ich noch bester Laune und nun versank ich erneut vor lauter Verzweiflung im Boden. In den kommenden Tagen fragte ich mich langsam, ob die Suche nach Naja überhaupt noch einen Sinn machte. Ich konnte nichts weiter unternehmen um sie zu finden. Und selbst wenn ich Naja gefunden hätte, vielleicht wäre sie dann schon mit jemanden zusammen. Auch die Möglichkeit gab es, dass Naja so weit weg wohnte, das eine Beziehung nicht funktionieren würde oder das Naja schlicht nichts von mir wollte. Letztlich aber, glaubte ich dennoch, dass es eine Möglichkeit für eine gemeinsame Zukunft mit Naja gab. Ich konnte einfach nicht anders und folglich gab ihren Namen erneut bei Google ein.
»Ja!«
Rieb mir meine Augen und schaute wieder auf den Bildschirm meines schwarzen Notebooks.
Wirklich Naja!
Ich konnte es nicht fassen. Damit hatte ich kein Stückchen gerechnet und dennoch brachte es mich zunächst auch nicht weiter, da auf der Website alles in Französisch stand. Mit der Hilfe eines Übersetzungsprogramms konnte ich die Seite aber weitgehendst verstehen. Es handelte sich um eine Naja Funke, die in Frankreich eine elfmonatige Schulung durchlief.
Endlich ein Stein in der Wüste gefunden.
Ich war unfassbar begeistert, Naja vermutlich endlich wiedergefunden zu haben. Hundert prozentige Sicherheit gab es natürlich nicht, weil kein Bild von ihr gezeigt wurde, aber ihr Name war in Verbindung mit ihrem Nachnamen selten anzutreffen. Zumindest meinen Erfahrungen nach. Doch ob sie´s war oder nicht. Es gab ein Problem. Diese Internetseite berichtete lediglich über die Schulungsangebote in Lyon, nannte allerdings keine Anschrift oder ähnliches.
Es gibt immer ein Problem.
Jetzt hatte ich Naja höchstwahrscheinlich gefunden, aber konnte sie unmöglich kontaktieren.
Obwohl ich zweifelte, dass es klappen würde, suchte ich nach dem Schulungsanbieter und setzte mich mit ihm in Verbindung.
Das kann doch nicht wahr sein.
Das mir der Schulungsanbieter die Kontaktdaten von Naja nicht würde geben können, hatte ich ja befürchtet. Jedoch kam es noch schlimmer. Die Interviews für diese Website waren vor vier Wochen durchgeführt worden und eine Woche später, war die Fortbildung für Naja beendet. Zumindest konnte mir Herr Friedrich bestätigen, dass es sich um meine Naja handelte, nachdem ich sie ihm beschrieben hatte. Einen Hoffnungsschimmer gab er mir gleich mit. So weit er wusste, wollte sie nach Deutschland zurückkehren.
Einerseits war ich nun bei meiner Suche vorangekommen, andererseits auch nicht. Ich wusste jetzt, dass Naja wahrscheinlich wieder in Deutschland lebte, aber wo?
Dieser Frage ging ich einige Wochen nach, indem ich eine Menge Firmen kontaktierte und nach einer Naja Funke fragte. Es bestand zwar keine große Wahrscheinlichkeit, sie auf diese Weise zu finden, aber ich wollte es wenigstens versucht haben. Leider jedoch mit negativem Ausgang.
Im August erfuhr ich, dass eine geliebte Person verstorben war, was mich zutiefst erschütterte.
Mein Vater war nach Jahren an seinem Herzleiden gestorben und ich war seit über 20 Jahren der einzige aus unserer Familie, mit dem er noch etwas zu tun hatte. Folglich musste ich von der Beerdigung bis zur Wohnungsauflösung alles allein machen. Aus diesem Grund zog sich das ganze auch sehr in die Länge. Hinzu kam, dass mein Vater viele, viele Flugzeugmodelle gesammelt und einige sogar selber gebaut hatte. Zwei schöne, grüne, alte Doppeldecker behielt ich und der Rest musste leider verkauft werden. Alles in allem war ich erst fünf Monate nach dem Tod meines Vaters fertig.
»Die schönen Flugzeuge meines Vaters.«
Nur eine Woche später durfte ich wegen einer Rauchvergiftung die Nacht im Krankenhaus verbringen.
Bei meinem rechten Nachbarn war ein Feuer ausgebrochen und hatte über den Balkon letztlich auf meine Wohnung übergegriffen. Da die Feuerwehr wegen Falschparkern bei der Anfahrt behindert wurde, brannte auch mein Zuhause komplett aus.
Eben erst hatte ich dann die Wohnung durchs Feuer verloren, tauchte wie aus heiterem Himmel meine mir bisher unbekannte Schwester Nicole Rettlich auf. Was die kurz nach ihrem plötzlichen Erscheinen behauptete, war eine Frechheit. Angeblich sollte mein Vater über jede Menge Geld verfügt haben. Logisch das die Rettlich ihren Teil davon abhaben wollte. Aber weder auf der Bank, noch in seiner Wohnung versteckt, hatte mein Vater Geld gehabt. Das glaubte mir die Rettlich allerdings nicht und so ging´s vor ein Gericht.
Seit dem Tod meines Vaters war jetzt beinahe ein Jahr vergangen. Das ich während dieser ganzen Zeit kein einziges Mal nach Naja gesucht hatte, war einfach Mist und es ärgerte mich dermaßen. Oftmals kam ich jedoch völlig fertig zuhause an und war froh, wenn ich mir noch etwas zu essen machen konnte und nicht schon beim Duschen einschlief. Um mich von den letzten Monaten zu erholen, verbrachte ich zunächst einen einwöchigen Urlaub in Portugal.
Das kann nicht sein. Wie...
Ob ich´s glauben wollte oder nicht. Doch in Portugal geschah es. Ich war eben aus meinem Zimmer runter zum Pool gelaufen, der von unsagbar vielen Palmen umgeben war und sah sie. Naja stand mit ihrem bezaubernden Rücken zu mir und legte sich gerade ein schwarz blaues Handtuch auf eine Liege, keine zehn Meter vor meinen Füßen.
Von hinten lief ich auf Naja zu und dann drehte sie sich in meine Richtung herum.
Ich machte auf den braunen Fliesen kehrt und sprang in das klare Wasser vom blauen Pool.
»Wäre ja auch zu schön gewesen.«
Leider handelte es sich nicht um Naja. Die Frau sah ihr zwar sehr ähnlich, aber war einige Jahre älter.
Ursprünglich wollte ich erst nach diesem Urlaub wieder versuchen die Adresse von Naja herauszufinden, doch dank dieser Frau begann ich sofort damit.
Einmal mehr versuchte ich, Naja im Internet zu finden. In diversen sozialen Netzwerken meldete ich mich an und suchte nach ihr. Diese Arbeit brachte aber wieder nicht den ersehnten Erfolg. Einmal mehr verzweifelte ich bei der Suche nach Naja.
»Wer ist Hoolas?«
»Ich habe meinen Namen in die Heimatsprache meiner Mutter übersetzt. Hoolas bedeutet „die Fleißige“.«
Nach Hause zurückgekehrt, brachte mich meine Kollegin Katja auf eine Idee. Was wäre, wenn auch Naja ihren Namen in irgendeine Sprache übersetzt hatte, um nicht von jedem im Internet gefunden zu werden. Doch falls, in welche? Die ihrer Mutter, ihres Vaters oder eine die ihr schlicht gefiel?
Allerdings, wie hoch standen überhaupt die Chancen, dass ich Naja auf diese Weise finden würde?
Obwohl die Antwort darauf klar zu sein schien, versuchte ich mein Glück dennoch.
»Komm rein!«
»Stör ich?«
»Ich bin gerade dabei den Namen von Naja in eine andere Sprachen zu übersetzen.«
»Du versuchst sie noch immer zu finden. Dann probiere mal Italienisch aus.«
»Wieso?«
»Ich habe eben mit Matthias gesprochen und beiläufig sagte er, dass er nach seinem ersten Italienurlaub verstehe, wieso Naja jedes Jahr dort hinreist.«
Wenige Minuten später fand ich heraus, dass Naja, was soviel wie kleine Schwester bedeutete, in Italienisch wohl „piccola sorella“ hieß.
Die Suche in den sozialen Netzwerken des Internets ging wiederholt von vorne los. Langsam konnte ich diese Seiten nicht mehr sehen. Schon zu oft hatte ich sie durchforstet.
Ob die Suche diesmal erfolgreich war, konnte ich ausnahmsweise noch nicht abschließend sagen. Ich fand einige piccola sorella, wovon aber nur eine einzige kein Profilbild von sich hochgeladen hatte und der Rest kam vom Aussehen her, nicht einmal annähernd an Naja heran. Die piccola sorella ohne Bild, hatte zum Glück einige ihrer Hobbys und Interessen angegeben. Neben Lesen und Golfen, stand dort Altfranzösisch.
»Ist das etwa...? Könnte das sein?«
Im Titelbild dieser Frau standen zwei für mich unverständliche Wörter. Waren die eventuell in Altfranzösisch geschrieben?
Ich versuchte jetzt also die Schriftzeichen zu entziffern und kaum waren sie bei Google eingegeben, erschien dort das Profil einer Frau, welche in Hamburg arbeitete.
»Mhhh! Ich weiß nicht.«
In diesem sozialem Netzwerk hatte Sie auch ein Bild von sich hochgeladen. Da ich Naja aber einige Jahre nicht gesehen hatte und das Bild hinzu keine gute Qualität besaß, war ich äußerst skeptisch, dass es sich um Naja handelte.
Wirklich dumm an der ganzen Geschichte war besonders, dass ich ihr keine Nachricht zukommen lassen konnte, da dies nur ganz bestimmten Mitgliedern ermöglicht wurde, die dafür einiges zahlten. Wäre ich überzeugt gewesen, dass es sich um Naja handelte, hätte ich´s sofort gemacht. Doch das Bild dieser Frau sah mir einfach zu weit von Naja entfernt aus.
Ich schaue es mir morgen noch einmal an und entscheide dann.
Was ich tun würde, sollte ich am nächsten Tag zu der endgültigen Überzeugung gelangen, dass es sich keinesfalls um Naja auf dem Bild handelte, wusste ich nicht.
Großartig Gedanken konnte ich mir darüber jetzt auch nicht mehr machen, da ich einen Termin bei meiner Krankenkasse hatte. Bereits seit drei Monaten ließ ich ihn immer wieder verlegen. Ich stieg also in mein Auto und fuhr zur Versicherung.
Sich meiner Stimmung anpassend, fing es direkt vor der Krankenkasse kräftig an zu regnen. Ich wartete einige Zeit bis der Regen etwas nachließ, stieg schnell aus und rannte zügig ins Gebäude. Einigermaßen trocken im Haus angekommen, meldete ich mich im Foyer an. Kurze Zeit später wurde ein Platz frei und somit setzte ich mich in einem großen, hellen Raum mit dutzenden Schreibtischen, an einen dergleichen.
Wartend schaute ich auf der rechten Seite aus einer Reihe von Fenstern, bis ein „Guten Tag“ mich dazu brachte, meinen Kopf zum Schreibtisch zurückzudrehen.
Wieder eine Blonde! Kann das nicht einma...
»Naja!«
»Stephen!«
»...«
Ich war sprachlos. Ich konnte es nicht glauben. Diese Frau war Naja.
Nach allem, was ich versucht hatte, um sie wiederzufinden, stand Naja plötzlich einfach vor mir.
Naja und ich umarmten uns innig und vergaßen völlig, wo wir waren. Auf gewisse Weise erschien das auch vollkommen irrelevant. Mir war nicht einmal aufgefallen, dass ich um den Schreibtisch herumgegangen war.
Naja umarmend, sprach ich es leise aus. » Ich glaub es nicht. «
Und dachte: Du hast mir so gefehlt.
Am allerliebsten hätte ich Naja nie mehr losgelassen. Leider musste sie aber weiterarbeiten und gab nun meine Unterlagen in den Computer ein.
»Du nutzt noch immer dieses Schmetterlings Parfüm!«
»Seitdem du es mir geschenkt hast, gehört es zu meinen allerliebsten.«
»Wie lange bist du schon hier?«
»Seit vier Monaten. Doch hier unten, bin ich heute nur als Vertretung. Falls du Zeit hättest. In einer Stunde habe ich Feierabend.«
So glücklich, erleichtert und voller Zuversicht, wartete ich 60 Minuten auf Naja. Den Raum, in dem sie ausschließlich am heutigen Tag arbeitete, verließ ich aber nicht für eine einzige Minute.
Schließlich war es so weit. Naja hatte Feierabend, kam zu mir und wir verließen die Versicherung. Es war einfach toll, sie wieder in meinem Leben zu haben. Die Sonne kämpfte sich durch die Wolken und jetzt gingen wir beide um die Ecke etwas essen.
Im Gegensatz zu meinem Traum mit Naja am See, verbrachten wir schlussendlich nicht nur die kommende Nacht miteinander.