Geld oder Faust (2)
Die neun-jährige Katrin saß neben dem Telefon. Sollte sie jetzt anrufen? Viel Zeit blieb nicht mehr. Das Geld konnte sie nicht besorgen und die Todesdrohungen der Jungs nahm sie ernst. Sollte sie es vielleicht nicht? Egal, es war noch nicht einmal so viel Zeit da, darüber nach zu grübeln.
Vorsichtig, mit zittrigen Händen, nahm sie den Hörer und wählte die Nummer der Polizei.
„Polizei München“, meldete sich eine tonlose Männerstimme.
„H-hallo?“, antwortete Katrin unsicher.
„Wie heißt du denn?“
„Katrin Weber.“
Sie legte auf. Nein, einen Jungen hatten sie schon gefährlich verletzt, weil die Sache mit den Drohungen aufgeflogen ist, das wusste sie. Sie wusste auch, dass es schon einige Jahre her war und dass der Junge im Krankenhaus gelegen hatte. Davor grauste es ihr.
Katrin vergrub ihr Gesicht in den Händen und dachte nach. Ihren Eltern hatte sie schon alles erzählt und ihr Vater war darauf zu den Jungs gegangen und hat sie zur Rede gestellt. Am Tage darauf hatten die Jungs die doppelte Summe des Geldes verlangt und Katrin heftig auf die Lippe geschlagen. Katrin hatte auch Angst, zur Polizei zu gehen. Würden sich die Jungs auch hierfür rächen oder wird sie die Polizei wegsperren?
Unentschlossen griff Katrin ein zweites Mal nach dem Telefon und wählte wieder die Nummer der Polizei.
„Polizei München.“
Katrin legte auf und lies das Telefon fallen als stände es unter Strom. So konnte es nicht weiter gehen. Sie musste etwas tun, oder sie läge morgen im Krankenhaus wie damals dieser Junge.
Zum dritten Mal am diesen Tag wählte Katrin die Nummer der Polizei und drückte den Hörer fest an ihr Ohr, damit sie das Telefon nicht wieder fallen lies.
„Polizei München“, meldete es sich zum dritten Mal.
„Hallo. Hier ist Katrin Weber.“
„Du rufst jetzt zum dritten Mal hier an, Mädchen! Wenn das jetzt ein dummer Scherz…“
Der Mann am anderen Ende der Leitung schien verärgert. Hastig fuhr Katrin dazwischen: „Nein, nein, nein!“, rief Katrin verzweifelt und schüttelte den Kopf, „Herr Polizist, ich hatte einfach Angst.“
„Wovor, Mädchen?“
„Da sind ein paar Jungs aus der zehnten Klasse, die mir täglich Geld wegnehmen. Wenn ich das Geld nicht habe, verprügeln sie mich. Morgen wollen sie mich umbringen, weil ich nichts mehr habe!“
Einen Moment lang herrschte Stille. Katrin dachte schon wieder daran, auf zu legen.
„Wie lauten die Namen der Jungs?“
Katrin nannte ihm die Namen.
„Ach ja! Vor zwei Jahren haben sie genau das selbe mit einem Jungen deines Alters gemacht. Keine Angst Katrin, die werden dich nicht umbringen. Wir kümmern uns darum.“
Katrin legte auf, ihr Herz raste. Sie rannte in den Flur, schnappte sich ihre Jacke und lief hinaus auf die Straße. Die Jungs durften sie nicht finden.