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Serie Geld: Noch ein Geld-Vorurteil

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07.08.2002
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Geld: Noch ein Geld-Vorurteil

Woher mein Geld kommt, ist egal.

Maria schaltete die Kasse aus und nahm die Geldkassette unter den Arm.

Ihre Kollegin Martha zwinkerte ihr zu: «Na, komm, wir nehmen die Kassetten und verschwinden damit irgendwohin – am besten mit dem Flugzeug. Wir nehmen direkt die S-Bahn zum Flughafen.»

Maria schmunzelte: «Das ist ein verlockender Gedanke, aber ich ändere mein Leben nicht für drei Monatgehälter – auch nicht für zehn oder hundert.»

Marta war erstaunt: «Für hundert? Nicht? Du spinnst. Dafür würde ich alles machen ...»

Beide legten ihre Kassetten auf den Tisch des Filialleiters. «Bis morgen!» «Ja, ciao, bis morgen!»

«Warten Sie noch einen Augenblick» bat sie der Filialleiter wieder in sein Zimmer. «Ich habe noch etwas für Sie. Ihre Arbeit in den letzten Wochen war wirklich großartig. Wir hatten einen echten Engpass und Sie haben trotz der Überstunden auch unsere Auszubildenden nicht vernachlässigt. Sie sind alle ganz glücklich hier.» Er gab beiden einen Umschlag. «Es sind zwei Dankespapiere darin.»

Draußen öffneten beide hastig ihre Umschläge.
«Mensch! € 500, das ist ja ein echtes Dankespapier», meinte Martha und grinste Maria an. «Und du kannst mir deine ja gleich geben. Sie könnten ja eventuell dein Leben ändern.» Sie kicherte.

Maria erwiderte: «Nein, mit dem Geld kann ich mein Leben so weiterführen, wie ich das will. Das ist anderes Geld als das in der Kasse.»

«Und wenn du so hundert Monatsgehälter bekommen wür-dest?»

«Wenn jemandem eine Arbeit von mir das wert wäre – aber dafür würde ich ganz schön was tun müssen, oder?»

Martha zuckt mit den Schultern: «Oder einen reichen Macker kennen lernen, dem Geld egal ist.»

«Nein. Das wäre wieder anderes Geld. Ich müsste schon etwas Sinnvolles dafür tun, etwas das das Geld wert wäre.»

«Du siehst die Welt zu kompliziert. Geld ist Geld, und gut.»

«Es ist gar nicht kompliziert. Schau, Geld gibt mir die Möglichkeit andere Menschen für mich arbeiten zu lassen, richtig?»

«Richtig.»

«Viel Geld gibt mir die Möglichkeit, viele Menschen für mich arbeiten zu lassen.»

«Ja, und?»

«Wenn ich wenig arbeite und andere viel für mich arbeiten lasse, dann arbeiten andere für mich mit, ohne dass sie von mir etwas dafür bekommen, richtig?»

«Solange sie das nicht merken ...»

«Wenn du malochst und dir bleibt nichts in der Tasche, merkst du das mit der Zeit, oder?»

«Ja, so ist das bei mir!»

«Also, ich will das für mich nicht, dass andere für mich arbeiten und ich das ausnütze. Also muss ich aufpassen, woher und für was ich mein Geld bekomme, klar?»

«Nein, das ist mir zu kompliziert. Mir ist egal, wer mir mein Geld gibt. Hauptsache ich bekomme genug davon.»

 

Hallo Michael,

ein interessantes Thema hast du dir da ausgesucht. Deine Geschichte ist nicht schlecht, der Dialog besitzt eine gewisse Leichtigkeit und die Botschaft kommt klar rüber. Allerdings vermisse ich stellenweise etwas Schärfe. Im einen Moment geht es noch darum, dass sie Geld bekäme, für das sie nicht selbst gearbeitet hat, im nächsten darum, dass die Arbeitenden generell ausgenützt würden. Das sind zwei unterschiedliche Aspekte, die Du mE durchmischst.
Übrigens: Ich persönlich stimme mit der Aussage deiner Protagonistin nur sehr eingeschränkt überein.

Grüße,
Batch

 

Hallo Michael,

ein sehr interessante Geschichte. Zunächst wirkt der Dialog relativ Konfliktlos. Deshalb vermisse ich ein bißchen Spannung. Hier könnte die Freundin vielleicht energischer fordern "Geld ist Geld".
Die Idee finde ich aber Klasse. Und auch die Sichtweise, die dem Leser eröffnet wird. Es heißt ja nicht, dass jeder Geld betrachtet wie unsere vorbildliche Protagonisten, aber zumindest bekommt man die Chance sich auf diese edelmütige Art und Weise mit dem Thema auseinanderzusetzen. Wenn alle es umsetzen würde, wäre das "des Kapitalismus" Tod ;-). Leider für die meißten zu Anstrengend, aber wie gesagt - ein schöner Gedanke!

 

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