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Gekaufte Nähe - Eine kurze Geschichte von Sehnsucht
Ich sehe Dir in die braunen Augen und kann meinen Blick nicht von Deinen langen, dichten Wimpern lösen. Du schaust nicht weg. Ich irritiere Dich gar nicht. Angst vor meiner eigenen Courage – bisher hatte ich wenig Mut, Initiative zu ergreifen. Wie kam ich bloß auf diese abgefahrene Idee, im Internet so ein Treffen zu arrangieren? Zwei Klicks und die Abrechnung erfolgt über PayPal. 100 km bin ich zu Dir gefahren – gut, dass mich hier keiner kennt.
Du lächelst – ja, Du lächelst und wirst offenbar etwas ungeduldig. Dein Blick ist offen, fast auffordernd, und Du kommst langsam auf mich zu - groß und muskulös – so schön. Kurz schrecke ich zurück, zögere und mein Herz scheint sich zu überschlagen. Hier ist es kühl und trotzdem klebt mein Shirt schweißnass unter meinen Achseln. Jetzt ist das egal. Ich will es versuchen. Spüren, wie es ist, sich fallen zu lassen, ohne das ganze Herantasten, Abwägen und Verstellen. Keine Verpflichtungen – quasi ein Geschäft ohne Worte.
Du gibst keinen Laut von Dir und kommst immer näher. Meine Hemmungen verfliegen – ich berühre Deine Stirn, streiche zärtlich entlang Deiner Augen. Du drückst Dich an mich und ich spüre Deinen kräftigen Herzschlag. Jetzt schlinge ich meine Arme um Deinen Hals und vergrabe meinen Kopf an Deiner warmen Schulter. Selbstbewusst erwiderst Du meine Nähe. Ich atme tief und warte, was geschieht.
„Ja mei, die Linda moag di. I lass uib ma zam.“
Ich zucke zusammen und sehe den Bauern aus den Augenwinkeln davon gehen. Er lacht, schüttelt den Kopf und nuschelt:
„Ja mei, die Städter. Komms zum schmauggeln mit d Küahl auf di Alm. Aa guad so.“
Ich streiche Dir über das glänzende Fell und schäme mich ein wenig - aber nur ein wenig.
„Gell Linda, heute ist ein guter Tag zum Kuhkuscheln!“