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Geisterdorf

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30.11.2013
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Geisterdorf

Er war der Letzte gewesen. Der alte Mann schaute sich noch ein Mal um. Viele Hütten standen inzwischen in verwilderten Gärten, kleine Wege waren von Kakteen überwachsen. Die Stalltüren waren geöffnet und weder Tiergeruch noch Tiergeräusche wahrnehmbar. Nur der kleine Friedhof hatte seinen sauberen Zustand beibehalten, die weißen Mauern strahlten unter dem blauen Himmel. Langsam begann der alte Mann den Abstieg. Vor ihm liefen die junge Menschen, trugen einige Körbe und Rucksäcke.
Der schmale Pfad wandte sich um eine Kurve und folgte einem dünnen Wasserfall ins Tal. Der steile Weg und die warmen Sonne hinderten den Alten am schnellen Wandern; immer wieder blieb er stehen, schaute auf das Meer, drehte sich um, und versuchte einen letzten Blick auf sein geliebtes Dorf zu erhaschen.
Im Licht der Abendsonne kamen sie an. Sein Sohn hatte ihm in dem geräumigen Haus ein Zimmer eingerichtet, in das fast seine ganze Hütte gepasst hätte. Die Schwiegertochter hatte ein kleines Festessen vorbereitet und die Enkelkinder sprangen freudig um ihn herum. Er war lange nicht hier unten gewesen und genoss die ersten Tage, so als befände er sich in den Ferien. Langsam freundete er sich mit elektrischen Geräten an, die er nie zu vor gesehen hatte, doch auch die Bibliothek der kleinen Stadt begann er zu schätzen.

Doch nach einigen Wochen konnte er nachts nicht mehr schlafen, sah trübsinnig auf das Meer und konnte selbst an der wärmenden Sonne keinen Gefallen finden. Er hatte sich nie für sensibel oder anhänglich gehalten, aber er dachte nun fast stündlich an den Brunnen auf dem kleinen Platz, die Bank unter der Palme, die Gespräche mit den Nachbarn, seine Gemüsebeete und seine Pfeife. Er wusste, dass er der Letzte war. Dennoch fasste er einen Entschluss: Dort oben war seine Heimat, dort hatte er sein Leben verbracht. Und dort würde er auch weiterhin leben.

Ihm schwante, auf das Unverständnis seines Sohnes zu stoßen, deshalb packte er leise. Eines Morgens verließ er die Stadt und begab sich freudvoll auf den Weg, der ihn zu seiner Hütte führen sollte.
Doch der Anstieg war schwer, und schon bald blendete ihn die unerträgliche Mittagssonne. Mühsam setzte er Fuß vor Fuß und merkte, wie viel anstrengender das Laufen geworden war. Erst am Abend erreichte er den Berg, hinter dessen Biegung sein Dorf lag. Der alte Mann schloss die Augen und erinnerte sich an die vielen Geräusche am Morgen und Düfte zur Mittagszeit. Er dachte an die Tiere, die er über schmale Pfade getrieben hatte und an die Arbeit auf den kleinen Terassenfeldern. Er entsann sich des mühevollen Hochziehens eines Eimers am alten Brunnen und wie gut solches Wasser geschmeckt hatte. Er rief sich die vielen Gespräche in Erinnerung, Gespräche über belanglose Themen am Nachmittag, Gespräche am Abend, Gespräche auf dem kleinen Marktplatz. Ein buntes Treiben erschien vor seinen Augen: ältere Menschen die diskutierten, ein paar jüngere, die arbeiteten und dazwischen spielende Kinder. Lärm, und erst nach Mitternacht, wenn der Mond hinter den Gipfeln zu sehen war, zog Ruhe ein. Er lächelte und öffnete die Augen.
Der Mann sah einen verstaubten, leeren Platz, der schon lange nicht mehr von vielen Leuten betreten worden war. Die Fensterläden umstehender Häuser klapperten im Wind. Niemand erschien. Stille.
Und während er sich umdrehte, dachte er, dass seine Heimat doch nicht orts- , sondern menschenabhängig gewesen war.

 

Hallo mmarmotte,

herzlich Willkommen hier bei den Wortkriegern.

Deine erste Geschichte gefällt mir ganz gut. Ich bin kein Profi, kann Dir wahrscheinlich keine wirklich weiterbringenden Tipps geben, aber ein paar Rechtschreibfehler habe ich entdeckt:

Vor ihm liefen die jungen Menschen, trugen einige Körbe und Rucksäcke.

Der steile Weg und die warme Sonne hinderten den Alten am schnellen Wandern;

Langsam freundete er sich mit elektrischen Geräten an, die er nie zu vor gesehen hatte, doch auch die Bibliothek der kleinen Stadt begann er zu schätzen.

Doch nach einigen Wochen konnte er nachts nicht mehr schlafen, sah trübsinnig auf das Meer und konnte selbst an der wärmenden Sonne keinen Gefallen finden.

Hier ist ein kurz aufeinander folgendes "doch". Das stört den Lesefluss ein wenig. Vielleicht ein "aber"!?

Er dachte an die Tiere, die er über schmale Pfade getrieben hatte und an die Arbeit auf den kleinen Terrassenfeldern.

ältere Menschen die diskutierten, ein paar jüngere, die arbeiteten, und dazwischen spielende Kinder.

Die Pointe ist angekommen, das konntest Du in Deiner kleinen Kurzgeschichte gut transportieren. Dein Text lässt sich flüssig lesen und weitesgehend konnte ich mir das kleine verlassene Dorf vorstellen.

Ein bisschen schade finde ich, in Anbetracht der Kürze, dass Du zweimal Ähnliches beschreibst: den Brunnen, die Gespräche, den kleinen Platz, ...

Und das ein offen gelegener Platz "verstaubt" sein soll, kann ich mir auch nicht recht vorstellen. ;) Aber vielleicht ist nur MIR das suspekt, vielleicht sagt man das so!?

Aber insgesamt wirklich gar nicht ungern gelesen.

Ich wünsche Dir viel Spaß in diesem Forum beim Schreiben, Lesen & Kommentieren!

Ganz lieber Gruß von
Meraviglia

 

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