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Geflüstert

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30.12.2020
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Anmerkungen zum Text

Eine Neuerzählung der Sage um Pyramus und Thisbe. Die wesentlichen Merkmale des Originals wurden beibehalten.

Geflüstert

Phelan stand da, den Kopf an die Wand gelehnt. Sie war angenehm kühl an seiner Haut. Das einzige Geräusch war sein Atem, dessen leises Echo von der Wand zurückgeworfen wurde. Wie jedes Mal hatte er lange gewartet, bis seine Eltern aus dem Haus gegangen waren und ihn in seine Hausaufgaben vertieft am Schreibtisch zurückließen. Sie waren besorgt, das wusste Phe. Er sprach nicht viel, zog sich immer weiter zurück, auch von seinen Freunden. Oft hörte er seine Eltern deswegen streiten und über die unmöglichsten Gründe für sein Verhalten diskutieren. Doch den wahren Grund erkannten sie nie, obwohl er direkt vor ihnen lag. Praktisch nur eine Wand entfernt.
Es war das Nachbarhaus. Das einzige Haus im Dorf, das von Graffiti verunstaltet worden war, mit Sprüchen voller Hass und Drohungen. Niemand sprach mehr den Namen der Familie aus, die dort wohnte. Der Mann wurde schon vor langer Zeit mitgenommen, in einer von Blaulicht und Schreien erfüllten Nacht. Doch als er weg war, der Mörder, verschwand die Wut nicht mit ihm. Die Leute brauchten ein neues Ziel für ihren Hass. Seine Frau verlor ihre Arbeit, kam wochenlang nicht aus dem Haus. Doch das war Phe egal. Denn sie war nicht die Person, mit der er litt.
Schlagartig riss er den Kopf hoch. Hatte er sich das Rascheln auf der anderen Seite nur eingebildet? Sorgsam suchte er den Raum hinter sich auf unerwünschte Beobachter ab und linste dann durch den schmalen Spalt in der Wand auf die andere Seite. Nichts. Phe sah nur einen Teil des alten Ledersessels und die übliche, grüne Tapete. Vor einem Jahr hatte er noch in dem Sessel einen Platz gefunden. Wie oft war er damals in diesem Haus gewesen, hatte sie vor dem schmalen Fenster zum ersten Mal geküsst. Er ließ ab und legte stattdessen sein Ohr horchend an die Wand. Direkt neben den tiefen Spalt, von dem seine Eltern nie erfahren durften.
Lange Zeit wusste er nicht, wohin er im Leben gehen sollte, hatte nie einen Weg oder ein Ziel. Fühlte sich nie richtig angekommen in dieser Welt. Bis er sie traf. Denn ab dem einen Augenblick wusste er ganz genau, wo sein Platz war.
Plötzlich wehte ihm ein sanfter Hauch über seine Wange und ein erleichtertes, aber trauriges Lächeln stahl sich über sein Gesicht. Phe‘s Körper kribbelte, als ihm eine Gänsehaut über den Rücken lief und er seine Lippen nahe an den schmalen Riss in der Wand legte.
„Ich habe Len`s Kellerschlüssel geklaut, als er wieder seine Spraydosen rausholen und deinem Haus einen Besuch abstatten wollte. Jetzt hat er mal ordentlich Zeit zum Nachdenken“, wisperte er ernst in den dunklen Schlund.
Len war ein alter Bekannter. Früher, als diese Welt noch nicht zusammengebrochen war, ein Freund. Doch als der Mörder gefasst war, ließ Len seinen Hass an dessen Familie aus.
Das leise Lachen auf der anderen Seite ließ ihn selbst unweigerlich lächeln. Und da war es wieder, dieses Gefühl, das seinen ganzen Körper zu elektrisieren schien.
„Das kannst du dir bei dem schenken“, kam es ebenso ernst zurück, doch Phe hörte ihr Kichern im Unterton.
Bei dem Gedanken, dass ihnen nur diese heimlichen Treffen blieben, wurde sein Lächeln wehmütig. Seine Eltern hatten es ihm ausdrücklich verboten, er sollte jeden Kontakt abbrechen. Wenn sie es herausfinden würden … Es herrschte Stille auf beiden Seiten. Sie wussten, dass beide dasselbe dachten.
Phe räusperte sich. „Thea?“

„Ja, Phe?“, flüsterte Thea zurück und stellte sich auf die Zehenspitzen, um einen Blick auf die andere Seite der Wand zu werfen. Phe schien denselben Gedanken gehabt zu haben, denn sie blickte in seine dunkelblauen Augen. Eine wunderschöne Farbe, fand Thea. Schon als sie ihn zum ersten Mal sah, hatte sie sich jeden einzelnen Fleck in seiner Iris eingeprägt. Wie jetzt, als sie durch den Riss in der Wand miteinander sprachen, bildete sie sich jedes Mal ein, die Unregelmäßigkeiten der Farben im schwachen Licht erkennen zu können. Die Jahre vergingen, als Phe sich an seinem fünftzehnten Geburtstag das Bein brach, Thea sich mit sechzehn über eine schlechte Note ärgerte und als aus ihrer Freundschaft viel mehr wurde. Als sich dann vor einem Jahr die Ereignisse überschlugen, ihr Vater verhaftet wurde, ihre Mutter sie nicht mehr aus dem Haus ließ, weil die Leute sie auf der Straße bespuckten, obwohl sie sich selbst vor Schock kaum aufrecht halten konnte, wollte niemand mehr etwas mit ihr zu tun haben.
Nur Phe blieb.
Auge in Auge sahen sich nun entgegen. Wenige Zentimeter entfernt, doch wie immer unerreichbar. Wie oft hatten sie so dagestanden, Thea auf der einen Seite, Phe auf der anderen. Wenn sich ihr Atem traf, vermischte in dem schmalen Spalt, den niemand sonst kannte. Wie oft hatten sie sich gewünscht, dass sie sich nur einmal berühren könnten. Doch mit jedem Tag, an dem sie ihre Treffen verheimlichten mussten, geflüsterte Worte in einsamen Momenten, loderte das Feuer in ihnen umso mehr.
Als Phe sich erneut räusperte, beschlich Thea ein ungutes Gefühl. Seine Stimme klang brüchig, als er sprach. „Ich kann einfach nicht mehr, Thea“, flüsterte er.
Thea zog überrascht die Luft ein. Eine Welle aus Panik überrollte sie. „Was meinst du damit …?“, fragte sie heiser und betete, dass er ihr nicht die Antwort gab, die sie in ihren Albträumen verfolgte.
Doch es war genau diese.
„Das hier. Die Heimlichtuerei. Dass wir uns nicht treffen dürfen. Dass ich nicht jedem eine reinhauen kann, der schlecht über dich spricht. Das ALLES! Ich kann das nicht mehr aushalten!“, brach es aus Phe heraus.
Thea warf hastig einen Blick zur Tür hinter sich und hoffte inständig, dass ihre Mutter nichts mitbekommen hatte. Oder hoffte sie innerlich doch, dass nun ihre Mutter hineinkam und sie das Gespräch auf den nächsten Tag verschieben müssten? Aber als nur Stille den Raum erfüllte, ließ Thea sich auf ihre Füße sinken und versuchte, die Tränen zurückzuhalten. Sie wusste nicht, wie sie einen Tag ohne Phe einen einzigen Schritt vor den anderen setzen sollte.
„Lass uns abhauen“, sagte Phe plötzlich in die Stille.
Thea schnaubte halb lachend, halb frustriert. „Das kann nicht dein Ernst sein.“ Sie stellte sich blitzschnell wieder auf die Zehenspitzen und linste zur anderen Seite. Doch Phe’s Miene war ernst.

„Ich meine es so“, wisperte Phe beinahe unhörbar. Er starrte durch den dunklen Riss und wartete auf eine Reaktion. Die Brust explodierte ihm fast vor Spannung. Als er dachte, dass er es nicht mehr aushalten würde, blinzelte Thea.
„Okay“, flüsterte sie zurück.
Fast glaubte er, sich verhört zu haben. „Wirklich?“, fragte er.
Ein Lächeln breitete sich langsam auf ihrem Gesicht aus. „Ja.“
Es war, als fiele die Last der ganzen Welt von seinen Schultern. Erleichtert atmete Phe aus und sein Blick wurde sanft. „Heute Nacht. Am Maulbeerbaum.“ Er wollte sich abwenden.
„Warte“, sagte Thea hektisch und Phe blickte sich erschrocken um, obwohl er der Einzige im Haus war.
„Bist du dir wirklich sicher, dass du es willst?“, fragte sie.
Phe wurde ernst. „Jeder hier ist mir egal. Ich dachte immer, dass ich nie etwas an meinem Leben ändern könnte. Dass alles ist, wie es ist. Aber du bringst mich dazu, es - nein ALLES infrage zu stellen. Ich gehöre nur zu dir, Thea.“
Thea’s Stimme klang entschlossen, als sie sprach. „Und ich zu dir.“
Dann war Phe allein. Er stand noch ein paar Minuten da, die Hand an der Wand abgestützt und kämpfte darum, seinen bebenden Atem wieder unter Kontrolle zu bekommen.

~

Die Kälte der Nacht ließ Thea ihre weiße Strickjacke fester um den Körper wickeln. Im Schutz des Gebüsches, hinter das sie geflüchtet war, blickte sie auf ihren Arm. Er war blutverschmiert und ein großer Stofffetzen war herausgerissen. Als Phe und sie das Gespräch beendet hatten, hatte sie umgehend ihre Sachen gepackt. Doch als die Nacht endlich angebrochen war, war es trotzdem nicht leicht für sie gewesen, ihre Mutter schlafend und unwissend in ihrem Bett zurückzulassen. Monatelang hatte Thea ihrer Mutter gehorcht, sie war nie aus dem Haus gegangen, hatte sich abgeschottet. Der einzige Lichtblick waren die Gespräche mit Phe gewesen. Es war die richtige Entscheidung, hatte sie sich noch ermutigt und war hastiger vorwärtsgegangen. Zu dieser Tageszeit schliefen die meisten Leute bereits. Sonst wäre es wegen der Menschen gefährlich gewesen, die Thea Böses antun wollten. Doch als Thea ihre Tasche abgestellt hatte und aufgeregt unter den dicken Ästen des Maulbeerbaumes gewartet hatte, merkte sie, dass es hier am Rand des Dorfes ebenfalls nicht sicher war. Das tiefe Knurren dicht neben ihr, gepaart mit den drohend reflektierenden Augen zwischen den Blättern der Büsche, hatte sie in die Realität zurückgerissen und schlagartig zusammenfahren lassen. Thea hatte sich suchend umgesehen, doch da Phe noch nicht da war, blieb ihr nur die Flucht. Der dünne Stoff ihrer Jacke hatte sich in den Dornen des Gebüsches verfangen und war hängengeblieben. Sie hatte ihren Arm losgerissen und leise geflucht, als dabei ihre Haut aufgerissen wurde und ein blutverschmiertes Stoffstück hängengeblieben war.
Thea wusste nicht, wie viel Zeit mittlerweile vergangen war, bis sich ihr Atem endlich beruhigt hatte. Da der Mond nun hoch am Himmel stand, wagte sie sich wieder aus ihrem Versteck und ging vorsichtig zurück in Richtung ihres Treffpunkts. Phe wartete bestimmt schon ungeduldig. Selbst aus der Ferne glitzerten die weißen Früchte des Maulbeerbaumes im Mondlicht. Er stand auf einer Lichtung, nur ein paar Gebüsche links und rechts, die jedoch genug Versteck bieten konnten, das wusste Thea nun. Sie hörte keine Schritte weit und breit, doch atmete erleichtert aus, als sie Phe’s Tasche neben ihrer stehen sah. Gepackt, fertig für den Aufbruch. Er saß hinter dem Baum, sodass Thea nur einen seiner Schuhe ausmachen konnte. Glücklich schlich sie um den dicken Stamm.
Als sie ihn erreichte, verstand sie nicht, was sie dort sah. Doch die Erkenntnis sickerte in ihren Verstand, langsam und bitter. Und mit einem Mal war Thea wie unter Wasser. Sie hörte nichts, fühlte sich wie schwerelos, ihr Verstand war vollkommen leer, ausgelöscht. Wie in Trance setze sie sich neben Phe. Seine Haut sah bleich aus, wie er da so saß im Gras. Thea nahm seine Hand und strich geistesabwesend über die zarte Haut. Sie hatte ihn so lange nicht berührt. Selbst im weißen Licht des Mondes konnte sie die Farbtupfer ausmachen, die das dunkle Blau seiner Iris durchbrachen. Thea beugte sich vor und küsste ganz sachte seine Lippen. Sein Gesicht glitzerte, war vor Tränen nass. In der Hand hielt er noch den blutigen Fetzen von Thea‘s Jacke. Ihr eigenes Blut an seinen Lippen.
Sie konnte ihn vor sich sehen. Wie er an dem Maulbeerbaum ankam, glücklich, erwartungsvoll. Doch nur ihre Tasche dort liegen sah neben den Tierspuren, das Blut an seinen Händen, als er den Überrest ihrer Jacke an sein tränenüberströmtes Gesicht hielt. Dass auch er es keinen Tag ohne sie aushalten würde, keine Sekunde länger in einer Welt ohne Thea. Wie er ihren Namen wimmerte, immer wieder fluchte, weil er sie allein hatte gehen lassen, doch es jetzt zu spät war, sie zu wenig Zeit zusammen gehabt hatten. Er mit leerem Blick zu seiner Tasche sah und sich kraftlos sinken ließ.
Aber Thea weinte bei dem Anblick nicht. Vielmehr fühlte sie rein gar nichts, sie war betäubt, innerlich bereits tot. Thea zog Phe sein eigenes Messer aus der Brust. Das Blut darauf war noch warm. Das Metall spiegelte sich im Mondlicht und sie blickte zusammen mit Phe in den Himmel. Es war eine wunderschöne Nacht, bemerkte sie wie in weiter Ferne. Die Sterne glitzerten selig auf Thea hinab, während sie die Klinge gegen sich selbst richtete. Und ihr Blut vermischte sich mit dem von Phe, als sie ihren Kopf an seine Schulter legte, seinen Duft einatmete. Es schimmerte im sanften Schein, verschmolz langsam mit den Kontouren um sie herum und färbte die hellen Früchte des Maulbeerbaumes in ein tiefes Rot.

 

Hallo Waldläufer,
eine typische Romeo und Julia Geschichte, mit verbotener Liebe, Verzweiflung und den Wunsch davon zu laufen, um all dem zu entgehen. Deine Geschichte folgt einem alten Muster, was ihr jedoch nicht schadet. Du schreibst wirklich gut und konntest mich, mit deiner Geschichte fesseln und das, obwohl ich kein großer Fan von Tragödien bin.

konnte ihn vor sich sehen. Wie er an dem Maulbeerbaum ankam, glücklich, erwartungsvoll. Doch nur ihre Tasche dort liegen sah neben den Tierspuren, das Blut an seinen Händen, als er den Überrest ihrer Jacke an sein tränenüberströmtes Gesicht hielt. Dass auch er es keinen Tag ohne sie aushalten würde, keine Sekunde länger in einer Welt ohne Thea. Wie er ihren Namen wimmerte, immer wieder fluchte, weil er sie allein hatte gehen lassen, doch es jetzt zu spät war, sie zu wenig Zeit zusammen gehabt hatten. Er mit leerem Blick zu seiner Tasche sah und sich kraftlos sinken ließ
Der Einschub am Ende hätte nicht sein müssen. Ich konnte mir auch so vorstellen, was passiert ist.
Kopf an seine Schulter legte, sie seinen Duft einatmete. Es schimmerte im sanften Schein und verschmolz langsam mit den Kontouren um sie herum und färbte die hellen Früchte des Maulbeerbaumes in ein tiefes Rot.
Schön geschriebener Abschluss, der mir eine Gänsehaut beschert hat. Allerdings hast du meines Erachtens einmal zu viel 'und' benutzt. Mach vielleicht zwei Sätze draus.
Gern gelesen.
Gruß
Schwinge

 

Hi @Silberschwinge,
vielen Dank für deinen Kommentar! :)

typische Romeo und Julia Geschichte
Da hast du auf jeden Fall recht :D Dass besonders das Ende Romeo und Julia ähnelt, ist mir auch nicht entgangen, ich wollte die Sage von Pyramus und Thisbe neu verfassen und habe mich an dieser orientiert (das steht in der Anmerkung zum Text), aber dass es dir trotzdem gefallen hat, freut mich umso mehr.
Du schreibst wirklich gut und konntest mich, mit deiner Geschichte fesseln
Danke dir! :)

Liebe Grüße,
Waldläufer

 

Lieber @Waldläufer

sehr tragisch, Deine Geschichte, erinnert ein wenig an Romeo und Julia. Der Text ist flüssig geschrieben, ich hab Kopfkino, fühle mit den Protagonisten mit. Das Tempo ist stimmig, sprachlich hakt es nicht, das finde ich toll.

Hier ein paar Anmerkungen:

Wie jedes Mal hatte er lange gewartet, bis seine Eltern aus dem Haus gegangen waren und ihn in seine Hausaufgaben vertieft am Schreibtisch zurückließen.

Komma nach gewartet

Doch als er weg war, der Mörder, verschwand die Wut nicht mit ihm.

Hier fehlen mir Details. Könnten mehr Emotionen rein. Hat er einmal gemordet? Mehrmals? Wen hat er ermordet und warum?

Seine Frau verlor ihre Arbeit, kam wochenlang nicht aus dem Haus.

die

Direkt neben den tiefen Spalt, von dem seine Eltern nie etwas wissen durften.

Vorschlag: ... von dem seine Eltern nie erfahren durften

Plötzlich wehte ihm ein sanfter Hauch über seine Wange und ein erleichtertes, aber trauriges Lächeln stahl sich über sein Gesicht.

die

Ich finde es schön, dass die beiden den Kontakt aufrechterhalten und sich ihre Momente stehlen. Traurig ist es, dass beide nicht mit ihren Eltern / bzw. mit der Mutter reden können.

„Ich habe Len`s Kellerschlüssel geklaut, als er mal wieder seine Spraydosen rausholen und deinem Haus einen Besuch abstatten wollte. Jetzt hat er mal ordentlich Zeit zum Nachdenken“, wisperte er ernst in den dunklen Schlund.

Wortwiederholung
das 2. könnte man streichen

Es herrschte Stille auf beiden Seiten. Sie wussten, dass beide dasselbe dachten.
Phe räusperte sich. „Thea?“

Wortwiederholung

Wenige Zentimeter entfernt, doch wie immer unerreichbar. Wie oft hatten sie so dagestanden, Thea auf der einen Seite, Phe auf der anderen. Sich ihr Atem traf, vermischte in dem schmalen Spalt, den niemand sonst kannte.

Das klingt holprig.
Vorschlag: Wie oft hatten sie so dagestanden, Thea auf der einen Seite, Phe auf der anderen. Ihr Atem traf sich, vermischte sich in dem schmalen Spalt, den niemand sonst kannte.

Doch mit jedem Tag, an dem sie ihre Treffen verheimlichten mussten, geflüsterte Worte in einsamen Momenten, loderte das Feuer in ihnen umso mehr.
Doch als Phe sich erneut räusperte, beschlich Thea ein ungutes Gefühl. Seine Stimme klang brüchig, als er sprach. „Ich kann einfach nicht mehr, Thea“, flüsterte er.

Wortwiederholung
Könnte man streichen

Doch es war genau diese.

Hier schon wieder "doch"

„Das hier. Die Heimlichtuerei. Dass wir uns nicht treffen dürfen. Dass ich nicht jedem eine reinhauen kann, der schlecht über dich spricht. Das ALLES! Ich kann das nicht mehr aushalten!“, brach es aus Phe heraus.

Sehr glaubwürdig. Ich kann ihn gut verstehen.

Aber als nur Stille den Raum erfüllte, ließ Thea sich auf ihre Füße sinken und versuchte still, die Tränen zurückzuhalten.

Wortwiederholung

Aber Thea weinte bei dem Anblick nicht. Vielmehr fühlte sie rein gar nichts, sie war betäubt, innerlich bereits tot.

Auch das ist sehr glaubwürdig.
Einfach tragisch. Sooo jung sind die beiden ja nicht mehr. Schade, dass sie nicht mit Eltern/ Mutter reden konnten. Schade, dass die Flucht so tragisch verläuft. Schade, dass bittere Ende.

Und ihr Blut vermischte sich mit dem von Phe, als sie ihren Kopf an seine Schulter legte, sie seinen Duft einatmete.

Liebe Grüße,
Silvita

 

Hi @Silvita,
ich danke dir für deinen Kommentar - das klingt doch recht positiv! :)
Deine Anmerkungen werde ich nochmal überdenken und ändern, vielen Dank nochmal.

Liebe Grüße,
Waldläufer

 

Hi @Morphin,
dieses Wörtchen ist mir selbst nie aufgestoßen, aber andere Sichtweisen sind immer interessant. Ich nehme deine Kritik dankbar an und werde mich bemühen, in Zukunft auf (du weißt schon) zu verzichten.
Dass du die Geschichte gut fandest (obwohl da dieser fiese Dorn im Auge war), freut mich sehr.

Lieben Dank!

Waldläufer

 

… ich muss mich als einen persönlichen Feind des Wortes "hatte" und all seiner Derivate outen.

Da geht’s mir so ähnlich wie Morphin,

lieber Waldläufer,

(hastu Deinen nickname von Natty Bumppo, dem „Waldläufer“ der Lederstrumpfgeschichten?),

und da werden wir gleich was ein bissken dran tun mittels der Unterscheidung von „haben“ als Vollverb und Hilfsverb. Aber zuvor zu den Vorlagen und -bildern, denn die Mythen der Alten liefern genug Material, dass sich heute noch verwenden lässt. Beschränken wir den Blick auf den Olymp so sehen wir eine kleinbürgerliche Gesellschaft, die vom Hausdrachen Hera beherrscht wird, vor der immerhin und vor allem der ihr anvertraute Gatte Zeus bei seinen vielen Seitensprüngen Respekt hat. So speiste sich schon Shakespears (das Genitiv -s werden wir auch gleich behandeln) Romeo und Julia aus „Pyramus und Thisbe“ und Gottfried Keller verlegte „Romeo und Julia“ nach einer den alten Stoff bereichernden realen Begebenheit aufs Dorf des 19. Jh.
Wir sind halt immer noch nach einem Wort von Karl Kraus die alten Troglodyten, wenn auch auf technologisch höherem Niveau -

und damit erst einmal herzlich willkommen hierorts!

Begeben wir uns zuerst in die Flusenlese und zwar mit dem Apostroph, wie hier

Doch Phe’s Miene war ernst.
oder hier
Thea’s Stimme …
da bistu einem Denglizismus aufgesessen, denn im Deutschen braucht’s keines Auslassungszeichens, das Gentiv-s wird direkt am Wort angehängt. Die angloamerikanische Sprachfamilie braucht den Apostroph, weil die Pluralbildung i. d. R. auf -s ausläuft the words, die Worte/Wörter. Solltestu insgesamt noch mal abklopfen ... the word's, des Wort(e)s the words, die Worte/Wörter

Hier schnappt einmal die Fälle-Falle zu

Direkt neben de[m] tiefen Spalt, von dem seine Eltern nie erfahren durften.

Hier
Seine Eltern hatten es ihm ausdrücklich verboten, er sollte jeden Kontakt abbrechen. Wenn sie es herausfinden würden
erspart an sich das konditionierende „wenn“ das Hilfsverb, in unserem Fall sogar den Konjunktiv, weil immer ungeschrieben ein „wenn – dann“ mitgedacht werden sollte ...

Flüchtigkeit

Die Jahre vergingen, als Phe sich an seinem fünftzehnten Geburtstag das Bein brach, …
„fünfzehnten“

Plötzlich wehte ihm ein sanfter Hauch über seine Wange und ein erleichtertes, aber trauriges Lächeln stahl sich über sein Gesicht.
Ein Possessivpronomen reicht – über wessen Gesicht und Wange denn sonst?

Denn ab dem einen Augenblick wusste er ganz genau, wo sein Platz war.

Auge in Auge sahen sich nun entgegen.
Das Reflexivpronomen müsstestu durch ein Personalpronomen – „sie“ z.B. - ergänzen

Er stand noch ein paar Minuten da, die Hand an der Wand abgestütztKOMMA und kämpfte darum, seinen bebenden Atem wieder unter Kontrolle zu bekommen.
Das und setzt den Hauptsatz „Er stand …“ fort, der Nebensatz wird durchs Komma beendet

Kommen wir zu „haben“ als Voll- und/oder Hilfsverb

Zunächst zeigt „haben“ – wie in den Fällen der Genitiv – Besitz, Eigentum an, sowohl indivudelle Eigenschaften (ich hab eine krumme Nase) als auch realen Besitz (er hat Geld wie Heu). Die Synonyme würden jetzt hier Seiten füllen, dass ich Dir schlicht die Seite ᐅ haben Synonym | Alle Synonyme - Bedeutungen - Ähnliche Wörter empfehle (aber auch bei Duden.de findestu Synomyme genug ...)

Als Hilfsverb wird es für zusammengesetzte Zeiten (ich habe/hatte gehofft …) verwendet und teilt damit das Schicksal des „sein“ als Hilfsverb, das direkt am Anfang

Sie war angenehm kühl an seiner Haut. Das einzige Geräusch war sein Atem, dessen leises Echo von der Wand zurückgeworfen wurde.
als Vollverb genutzt wird und dann in dieser Eigenschaft hat es – wie „haben“ - einige Synonyme

++++

Wie jedes Mal hatte er lange gewartet, bis seine Eltern aus dem Haus gegangen waren und ihn in seine Hausaufgaben vertieft am Schreibtisch zurückließen.
An dem Satz ist grundsätzlich nix falsch, aber er zeigt durch die zusammengesetzte Zeit auch den Effekt der „Partizipienreiterei“, die man in diesem Falle unterlaufen kann. Dazu ol ich aus Gründen der Verständigung weit aus, denn ich weiß nun nicht, ob und was Du hinsichtlich des „historischen“ Futurs weißt.

Das meint, dass man den Satz „ich werde morgen kommen“ auch ohne Hilfsverb (werden) hinkriegt – nämlich jeder weiß, was „ich komme morgen“ meint. Was fürs Futur gilt, kann eigentlich nicht den anderen Zeitformen vorenthalten werden, die ja in Wirklichkeit viel "historischer" sind als eine relativ offene Zukunft.

.Und wie „morgen“ im Futur das Problem, zusammengesetzter Zeiten löst, so gibt es temporale Adverbien neben morgen und gestern wie abends, bald, danach, dann, demnächst, dienstags, gerade (eben), gestern, heute, immer, morgen usw. usf. Lass uns zu Deinem Satz zurückkommen

Wie jedes Mal hatte er lange gewartet, bis seine Eltern aus dem Haus gegangen waren und ihn in seine Hausaufgaben vertieft am Schreibtisch zurückließen.
der nun den Schlüssel zur Vereinfachung im „bis“ trägt, das eine Bedingung definiert – dass die Eltern eben nicht im Hause sind – und wer verstünde nicht den Satz

"Wie jedes Mal hatte er lange gewartet, bis seine Eltern aus dem Haus gingen* und ihn in seine Hausaufgaben vertieft am Schreibtisch zurückließen."
(* alternativ statt gingen "waren", sein als Vollverb!)

Nicht immer wird sich die zusammengesetzte Partizipienreiterei vermeiden lassen – aber reduzieren lässt sie sich auf jeden Fall.

Versuch einfach mal,

meint der Friedel,
der ist ja ggfs. nicht aus der Welt wenn auch auf durchschnittlich eine Stunde/Tag im Internet

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi @Friedrichard,
lieben Dank für deinen ausführlichen Kommentar - das weiß ich wirklich zu schätzen. :)

astu Deinen nickname von Natty Bumppo, dem „Waldläufer“ der Lederstrumpfgeschichten?
Ich musste erstmal recherchieren, wen du überhaupt meinst. :D
Daher: Nein, der Nickname entstand nicht direkt aus diesem Zusammenhang, aber gründet sich wohl ursprünglich darauf. In der "realen Welt" habe ich zumindest mit der Natur zu tun.
da bistu einem Denglizismus aufgesessen, denn im Deutschen braucht’s keines Auslassungszeichens
Ach, das wusste ich nicht.
Partizipienreiterei
Diese Tipps (zu Zeitformen, Partizipienreiterei, Hilfsverben usw.) sind für mich besonders hilfreich. Damit werde ich mich intensiver beschäftigen, meinen Text nochmal Stück für Stück auseinander nehmen und mithilfe deines Kommentars verbessern (leider erst, wenn ich mehr Zeit dazu habe, aber ich werde es auf jeden Fall machen). :)


Danke für deine Zeit und liebe Grüße,
Waldläufer

 

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