Gefangen in der Gesellschaft
Nina sieht sich im Klassenzimmer um und ihr Blick wird traurig. Sie ist beschämt teil dieser Gesellschaft zu sein, die sie mit einem Schlag klar vor Augen sieht.
Es ist Gruppenarbeit. Nina erkennt an einem Tisch die „ Streber “. Schlaue Schüler und Schülerinnen, die ihr Talent scheinbar nicht zu verbergen wissen.
An einem zweiten Tisch die „ Anderen“ Schüler um die sich keiner schert, warum auch immer, denn alle haben sie besondere Persönlichkeiten.
Ninas Blick schweift zum dritten Tisch an dem das pure Leben herrscht. Dort sitzen die
„ Beliebten und Schönen “. Jeder würde gerne zu ihnen gehören, ob er es sich nun eingesteht oder nicht.
Es ist eine Klassengesellschaft, stellt Nina erschrocken fest, wie vor der Französischen Revolution. Was doch so mühsam vertrieben wurde blüht nun in den Klassenzimmern wieder auf? Nina hat Angst davor.
Sie verabscheut die „ Beliebten und Schönen “. Wenn sie sie beobachtet, wie die Mädchen affektiert lachen und die Jungen lässig in ihren Stühlen lehnen und die Mädchen mit den tiefen Ausschnitten schon allein nur mit den Augen ausziehen, wird Nina ganz übel.
Am liebsten würde sie auf springen und weg rennen. Irgendwohin, wo man nicht ständig nach Aussehen und sexuellen Reizen beurteilt wird, sondern durch seine einzigartige Persönlichkeit. Doch Nina rührt sich nicht, ihr wird bewusst, dass auch sie gefangen ist in dieser Gesellschaft mit unglaubwürdigen Schönheitswahn und dieser versteckten Klassengesellschaft. Sie verabscheut zum einem diese Menschen am „ dritten Tisch “, ist zum anderen aber auch fasziniert. Fasziniert von der Art wie sie sich in Szene setzen, nie etwas falsch machen und, Nina muss es sich eingestehen, ihrer blendenden Schönheit.
Nina kann nicht ausbrechen aus dem Gefängniss der heutigen Gesellschaft, kann nur versuchen unter all den uniformierten Sträflingen eine eigene Uniform zu entwerfen. Eine individuelle, eine unverwechselbare. Aber keine die mit den Werten der Gesellschaft übereinstimmt.
Nina weiss, sie muss einen Weg finden gegen den Strom zu schwimmen, aber ohne dabei allein auf einer Insel zu stranden.