Mitglied
- Beitritt
- 25.09.2008
- Beiträge
- 18
- Zuletzt bearbeitet:
- Kommentare: 9
Gefühltes Köln
Pünktlich zur Session bin ich zurück, im Januar 2008, und ich darf direkt mitfeiern: In der Flora, mit den alten Weibern, an Weiberfastnacht. Verwandelt in ein Was-Weiss-ich-denn für ein Tier, geht es ab mit mir in den kölschen Fasteleer.
Und da höre ich es nach Jahren zum ersten Mal wieder. Tausendstimmig gesungen aus biergeschwängerten Kehlen, in rauchnebliger Luft, von Teufeln, Hexen, Krankenschwestern und LA-Cops:
„KÖLLE, do bist en Geföhl!“
Das ist eine Gänsehaut erzeugende und überzeugende Kundgebung Köln liebender Menschen. Mein patriotischer Herzbeutel füllt sich sofort mit diesem undefinierbaren Kölle-Geföhl.
Ich bin wieder zu Hause. Wie schön! Es lebe der Lokalpatriotismus!
Wenige Tage später, mein Aschekreuz auf der Stirn verblasst schon langsam, sitze ich in einem der vielen schönen Kölner Cafés. Die flotte schwarzhaarige Bedienung trägt ein leuchtend rotes Shirt:
“Ich bin stolz, ein Kölner zu sein!“
rufen ihre Brüste mir zu. „Nette Idee. Flottes Marketing.“ Denke ich. Mein Cappuccino wird in einer Tasse mit rotem Herz und dem originellen Spruch
„I love Cologne“
serviert. Auch an ausländisch sprechende Menschen denkt das PR- Management. Klasse!
Erst als ich meine Rühreier gegessen habe, sehe ich, dass mein Teller eine weitere Überraschung bereit hält:
„Kölle ist lecker.“
Stimmt, die Eier hatten für mich genau die richtige fluffige Konsistenz.
Jetzt bin ich wach, schalte meine Augen und Ohren auf selektive Wahrnehmung und suche nach weiteren Liebesbeweisen meiner Mitmenschen für meine Stadt. Ich brauche nicht lange zu suchen, denn auf den froschgrünen Gummistiefeln meiner Tischnachbarin lacht mir auf dem Linken in großen roten Lettern entgegen:
"Kölle im Rähn?"
Und auf dem rechten Stiefelchen steht, ebenfalls rot und fett:
„Auch jot!“
Ein knackiger junger Typ lehnt lässig an der Theke. Schwarz auf schneeweiß verkündet sein Rücken mir:
„Kölle, mih bruche ich nit.“
Schade eigentlich. Wieder ein attraktiver Mann an die schöne, uralte und vor allem mausetote Frau Colonia verloren. Und dann?
Dann kommt der dicke Hund. Er spaziert herein an seiner schicken Lederleine und er trägt einen süßen blauen Wintermantel. Auf diesem steht in weißen Buchstaben gestickt:
“Stolz, en kölsche Hond ze sin!“
„Zahlen, bitte!“ rufe ich den roten Brüsten samt ihrer Trägerin zu. Ich will nur noch weg, ab nach Hause. Denn einmal im Leben -das hat mir eine Wahrsagerin vor zwanzig Jahren aus meiner Hand versprochen- werde ich eine Idee haben, die mir eine Million einbringen wird. Und genau so eine Idee, die habe ich in diesem Moment.
Nun sitze ich hier an meinem Küchentisch:
Es ist eine knifflige Arbeit, diese kleinen Papierfähnchen herzustellen. So kleine Stöckchen, mit einem bunten dreieckigen Wimpel daran. Und in güldenen Buchstaben steht auf diesen Dreiecken:
„Ich bin fruh, en kölsche Honde-Kack ze sin.“