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Gedankenlos

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03.10.2001
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Gedankenlos

Ich bin traurig. Manchmal weine ich. Aber nicht oft. Manchmal sehe ich schlimme Sachen. In meinen Träumen. Aber Träume gehen vorbei, oder?
Vor zwei Tagen ist mein Vater gestorben. Einfach so. Darf er das? Ich hätte gerne "Tschüss" gesagt. Aber man hat mich nicht gelassen. Schade.
Mein Aschenbecher hustet. Ich glaub, ich brauch 'ne neue Wohnung. Naja, nächstes Jahr vielleicht. Erstmal aufräumen. Anlage voll aufdrehen. Einen Joint bauen. Warum hat man nie Blättchen, wenn man welche braucht?
Ich brösle langsam den Tabak aus meiner letzten Zigarette. Die letzte Zigarette ist heilig. Die muß man sich für einen guten Zweck aufheben. Die Hälfte geht daneben, wie immer. Das Gras ist nicht mehr frisch. Es riecht kaum. Aber was soll's? Warum zittern Hände immer dann total stark, wenn sie es nicht sollen? Ich versuche, mit einem Stück Alufolie, in das der Döner von letzter Woche eingewickelt war, das Gras vom Teppich zu schaufeln.
Eigentlich mag ich gar keine Döner. Weiß auch nicht, warum ich die immer fresse. Jetzt beginnt der schwierige Teil. Die Tabakmischung wieder in die Zigarettenhülle zu fummeln. Sowas dauert. Das mit dem Aufräumen wird wohl heute nix mehr. Naja, morgen ist auch noch ein Tag. Vielleicht hätte ich doch einfach zur Tanke latschen sollen, um Blättchen zu kaufen.
Heute nacht hab ich von Wölfen geträumt. Schöne Tiere eigentlich. Aber warum träumt man so was? Das Feuerzeug ist auch nicht mehr das, was es mal war. Es röchelt. Komisches Ding. Ob ich ein anderes suchen soll? Ah, manchmal muß man nur geduldig sein. Sieht witzig aus, wenn die obere Hälfte der Zigarette beim kleinsten Funken verkohlt. Es zischt. Der erste Zug schmeckt dann immer scheiße. Nach verbranntem Papier halt. Aber der zweite geht ab wie ein Zäpfchen. Zurücklehnen. Den Rauch solange wie möglich in den Lungen lassen. Nur nicht zu lange. Sonst muß man husten.
Bob Dylan klingt komisch, wenn man bekifft ist. Als ob immer einzelne Noten und Silben einfach vergessen werden. Naja, vielleicht ist auch nur die CD dreckig. Wer weiß das schon? Aber das mit meinem Vater ist schon 'ne traurige Sache. Ich meine, so was möchte man ja nicht einfach in einem förmlichen Brief mitgeteilt bekommen. Ich hab ja keine Heularie erwartet. Aber daß meine Schwester mich mit "Sehr geehrter Herr" anspricht, ist etwas zynisch. Oder? Naja, die war schon immer ein kaltherziges Miststück. Hat mich früher in unserer Speisekammer eingesperrt, wenn ihre Freundinnen kamen. Abends hat sie unserer Mutter erzählt, was wir heute alles gespielt haben. Meine Mutter war beeindruckt. Ich auch.
Hab letzte Woche meinen Job verloren. Das war auch traurig. Ich meine, wovon soll ich jetzt leben? Gibt es nur noch kaltherzige Menschen auf der Welt? Irgendwie fühl ich mich krank. Vielleicht sollte ich mal spazieren gehen. Mach ich morgen, wenn ich fertig bin mit Aufräumen.
Oh man. Ich bin müde. Naja, ist ja auch schon spät. Ich glaub, ich sollte schlafen gehn. War ein harter Tag.


© Pandora (K.B.), 2003

 

Hallo Pan!

Irgendwie hat mir Deine Geschichte schon gefallen, allerdings ist sie mir ein bisschen zu wenig. Es fehlt irgendwie eine Verknüpfung der Gedanken, eine Aussage, etwas mehr Handlung oder sowas. Für ein Stimmungsbild des Protagonisten ist sie ganz gut, aber es fehlt etwas, das sie zu einer richtigen Geschichte macht.

Man erfährt auch nichts, wie der Protagonist zu seinem Vater stand, ob ihn sein Tod traurig macht oder ob er es so einfach hinnimmt, daß er sich nicht verabschieden konnte. Er erwähnt es zwar, aber wie er dabei fühlt, steht nicht da.

Allgemein ist es das Bild eines antriebslosen Menschen, der sich selbst nicht sehr viel wert ist, in den Tag hineinlebt.

Der Hund ist auch erst am Schluß plötzlich da, bzw. ein Problem, denn eigentlich ist er ja gar nicht da.
- Er könnte den Protagonisten etwa schon beim Jointbauen stören... ;)

Deine Geschichte kommt mir im Grunde vor, als würde die Einleitung in den Schluß übergehen. Ich hätte gern mehr gelesen.

Ein paar Anmerkungen:

"Aber was soll's?"
- solls (ohne ')

"Das mit dem Aufräumen wird woll heute nix mehr."
- wohl

"Heute nacht hab ich von Wölfen geträumt."
- Nacht

"Den Rauch solange wie möglich im Mund lassen."
- Ähm, in der Lunge. ;)

"Ich meine, so was möchte man"
- sowas (zusammen)

Das hat mir sehr gut gefallen:

Naja, die war schon immer ein kaltherziges Miststück. Hat mich früher in unserer Speisekammer eingesperrt, wenn ihre Freundinnen kamen. Abends hat sie unserer Mutter erzählt, was wir heute alles gespielt haben. Meine Mutter war beeindruckt. Ich auch.

"wenn ich fertig bin, mit aufräumen"
- wenn es nicht so umgangsprachlich wäre, müßte es "mit dem Aufräumen" heißen, daher "mit Aufräumen"

Alles liebe,
Susi

 

Hi Susi,
danke für deine Kritik. Fehler hab ich editiert.
Naja, was soll ich groß sagen? Ich weiß, daß die Story kaum Handlung hat. Muß sie aber auch nicht in meinen Augen. Ich wollte einfach nur eine bestimmte Stimmung vermitteln. Naja, ist mir wohl nicht so ganz gelungen. Sollte nicht mitten in der Nacht Geschichten schreiben ;)

Gruß, Pan

P.S. Was hat dir an der zitierten Stelle gefallen?

 

hehe cool. Die Ironie läßt mich halt selbst beim Schreiben nie los ;)

Gruß, Pan

 

Oh mein Gott. Is echt ne geile Geschichte. Ich musste teilweise denken, du schreibst über mich. Hab mich schon des öfteren hingesetzt und "Hurricane" von Bob Dylan laufen lassen und... du weist schon ;-)
Die Gedankengänge die man in so Momenten hat, hast du echt passend wiedergegeben. Der Nachteil bei so einer Geschichte ist, dass Nicht-Kiffer sie zu banal finden.
Ich fand sie geil.

Gruß,
FLOBO

 

Eigentlich gibt es den bisherigen Kritiken nichts hinzuzufügen, deshalb wollte ich mich eigentlich geschlossen halten. Aber der letzten Anmerkung von Flobo möchte ich doch energisch widersprechen: Auch ich als "Nicht-Kiffer" finde die Geschichte alles andere als banal. Ich finde sie besonders im Detail treffend: Gedankenlosigkeit, Realitätsverlust und vor allem Gleichgültigkeit werden als Folgen der Einnahme der Droge konkret und genau dargestellt. Das ist nicht banal, das ist wichtig. Vor allen heutzutage. Es ist einfach zu wichtig, sich mit der Realität auseinanderzusetzen. Gerade dann, wenn es nicht (mehr) viele Menschen tun. Die Geschichte tut das, der Protagonist nicht.

Uwe

 

Hallo Flobo, eigentlich freut es mich ja, wenn irgendwem meine Geschichte gefällt. Bei dir bin ich da eher gespalten. Ich wollte hier keine Kiffergeschichte schreiben od. den rauschähnlichen Zustand umschreiben. Naja, ist halt net rübergekommen, was die Geschichte vermitteln soll.
Ich geh dann mal weiterüben ;)

Uwe, auch dir danke fürs Lesen.

 

Meine Freunde und ich bezeichnen solche Geschichten als Kiffergeschichten, weil sie kurz und schnell zu lesen sind, aber einen dennoch zum Schmunzeln bringen. Wenn das nicht deine Absicht war, was dann?

 

Ist schwer in Worte zu fassen. Ich wollte, wie ich oben schon schrieb, eine bestimmte Stimmung vermitteln.

 

Seltsame Geschichte, Pandora.
Sie macht ganz schön nachdenklich, und die Gedanken, die du formulierst, sorgen nicht gerade dafür, dass man sich nach dem Lesen wohler fühlt.

Aber das sollen sie sicher auch nicht; es geht nicht um's Wohlfühlen und entspannt zurücklehnen.

Solche Zeiten gibt es, die du schilderst. Seltsame Zeiten; Zeiten, in denen man irgendwie in der Schwebe ist.
Etwas Neues wartet darauf, geboren zu werden, doch das Alte hält einen fest.
Ein beinahe unerträgliches Gefühl, dem man entrinnen will und das man oft nur betäuben kann.

Gruß,
Bo

 

Hi Bo,

danke für's Lesen. Ich seh schon, bei dir scheint das mit der Stimmung gewirkt zu haben. Das freut mich :)

liebe Grüße, Katja

 

Hi Katja!

Es kam einfach gut rüber, und deine Worte hatten diese Wirkung auf mich, weil sie sicher sehr aus dem Bauch heraus geschrieben waren.
Das sind für mich immer die lebendigsten und bewegendsten Sachen: die, die ohne langes Überlegen geschrieben worden sind und das Innere der Seele offenlegen.
Klingt vielleicht kitschig, aber ich kann es nicht anders ausdrücken :).

Gruß,
Bo

 

Hi Bo,

nee, klingt nicht kitschig. Verstehe schon was du meinst. Du hast Recht. War einfach aus dem Bauch geschrieben. Einfach eine banale kleine Geschichte, die einen nachdenklich zurücklassen soll.

Gruß, Pan

 

Ist dir definitiv gelungen! Jetzt muß ich nur etwas suchen, das mich aus der melancholischen Stimmung wieder herauskatapultiert ;).

Lieber Gruß!
Bo

 

*pfeif* :D

(P.S. Wenn du weiterreden willst, laß uns das per PM machen ;))

 

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