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Gedächtnislücken

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01.10.2011
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Gedächtnislücken

Gedächtnislücken

Als ich die Tür aufschliesse, sehe ich sie. Tom, der hinter mir steht, sieht sie auch. »Was grinst du so blöd?« frage ich ihn etwas pikiert, »nur zu deiner Erinnerung - du wolltest sie sogar tragen.«
»Typisch Frau, regt sich so über ein altes Kleidungsstück auf, spöttelt Tom schadenfreudig.
»Oh nein, mein Lieber, nur keine Ausflucht jetzt. Es geht nicht um ein altes Kleidungsstück, sondern dass wir beide uns geirrt haben. Du sitzt also im gleichen Boot, wie ich!« Die Schadenfreude meinerseits kann ich mir schlecht verkneifen.

Auch wenn wir beide schon im vorgerückten Alter sind, Gedächtnislücken kennen wir eigentlich noch nicht. Im Gegenteil, wir sehen uns immer noch als flexibel und rüstig. Aber die Geschichte der Reihe nach erzählt:

Wir wollen nach einem kurzen Wochenende im Ferienhaus nach Hause fahren. Als ich mich ins Auto setze, stelle ich fest: »Ich habe meine Jacke im Haus vergessen.« Tom zieht die Augenbrauen hoch und sagt suffisant: »In letzter Zeit macht sich eine gewisse Vergesslichkeit bei dir bemerkbar.«
Seine Meinung ist mir jetzt egal. Auch wenn die Jacke alt und abgetragen ist, der Kragen wie eine Speckschwarte glänzt, am Ärmel ein paar kleine Löcher von spitzen Welpenzähnchen sind, für mich ist sie immer noch schön und sie gehört einfach zu mir. Immer das gleiche, Männern müssen etwas zu meckern haben. Es bringt nichts, ihm erklären zu wollen, dass eine Lederjacke erst mit einer gewissen Patina und deutlichen Altersspuren interessant ist. Männer sehen das einfach ganz anders. Ich bin sicher, dass ich die Jacke von zuhause mitgenommen habe; in der Hast des Packens vom Haken genommen und auf den Rücksitz ins Auto geworfen.
Dann schliesse ich die Tür im Ferienhaus nochmals auf und - oh Schreck - da ist die Jacke nicht. Ich kann die Garderobe noch so anstarren, sie wird nicht wie durch Zauberhand plötzlich dort hängen. Hm.., wo könnte sie denn noch sein? Bestimmt habe ich sie beim Metzger liegen lassen, kommt mir in den Sinn. Ja, ich bin sicher, dort habe ich sie ausgezogen und liegen gelassen.
Ich eile zurück zum Auto. Tom spielt nervös mit den Fingern am Steuer.
Atemlos lasse ich mich auf den Beifahrersitz fallen und verkünde: »Ich habe sie beim Metzger vergessen.«
Das sieht Tom überhaupt nicht so: »Kann nicht sein, du hast die Jacke erst nach dem Einkauf beim Metzger ausgezogen. Ich habe dir darauf angeboten sie für dich zu tragen.« Von diesem höflichen Angebot weiss ich hingegen nichts, lasse ihn aber in diesem Glauben. Dann fügt er noch hinzu: »Es ist Sonntag, der Laden ist zu.«
Insgeheim freut er sich, ich sehe es ihm doch an. Komisch, ich meine die Jacke beim Metzger vergessen zu haben und Tom ist sich sicher, dass er sie für mich tragen wollte. Er sieht meine Stirnrunzeln und meint: »Kauf dir eine doch Neue!« Genervt startet er den Motor. Ein rational denkender Mann, der Tom! Wie unsensibel Männer doch sind. Das ärgert mich. Auf der Heimfahrt beschäftigt mich das Thema immer noch. Um Tom nicht noch mehr zu reizen, verliere ich kein Wort mehr darüber, rekonstruiere aber in Gedanken, wo meine Jacke noch sein könnte. Dann fahren wir zuhause in die Garage ein. Ich steige aus, schliesse die Tür auf - und da hängt meine Jacke am Haken, wo sie immer ist.
»Ich grinse gar nicht blöd«, sagt Tom, »und was heisst im gleichen Boot sitzen? Bist du sicher, dass ich etwas von Tragen gesagt habe?« Ich erwidere nun auch süffisant: »Ganz sicher, sollen wir jetzt über deine Vergesslichkeit sprechen?"

 

Madoxa schrieb zu ihrer Geschichte:

Ich bin ganz neu hier, und brauche schon ein bisschen Mut, um hier eine kleine alltägliche Episode aus meinem Alltag zu posten. Ich frage euch: Kann man solche Geschichten hier einstellen, oder blamiere ich mich nur damit? Ich bin gespannt.

Anmerkungen zum Text bitte in ein Extra-Post

und damit willkommen Madoxa :)

Ich will dir nicht deinen mühsam zusammengeklaubten Mut nehmen, aber sonderlich überzeugend finde ich deinen EInstieg nicht. Generell ist es eher weniger ratsam "kleine Episoden aus dem eigenen Alltag" als Geschichte einstellen zu wollen. Da braucht es schon eine Menge Erfahrung, um sich selbst von außen betrachten zu können, ein Gespür dafür, dass das, was einem selbstverständlich ist, so zu transportieren, dass es auch für andere erlebbar wird. Damit meine ich nicht den Inhalt der Episode. Das versteht man problemlos. Aber man findet es nicht lustig. Ihr habt euch sicherlich mächtig amüsiert (jeder an anderer Stelle wahrscheinlich ;) ), aber derart präsentiert, bietet es leider nichts, außer eben was ganz Banales und Verbrauchtes. Die Idee kann ja beibehalten werden, aber nun muss sie stimmig verpackt werden, angereichert werden. Das liest sich noch sehr Berichtartig. Knackiger würde das mit mehr Dialog werden. Die dann aber auch aufgepeppt werden müssen. Gerade bei solche klassischen Dingern hilft hier nur der Dreh ins Absurde. Mit anderen Worten: du musst aus der eigenen Perspektive raus, um es ansprechend zu gestalten.

grüßlichst
weltenläufer

 

Na ja - abgeschifft. Aber ich wollte es ja wissen. Danke fürs Lesen, ich muss mich wohl anderem zuwenden, als Geschichten schreiben.

 

Na ja - abgeschifft. Aber ich wollte es ja wissen. Danke fürs Lesen, ich muss mich wohl anderem zuwenden, als Geschichten schreiben.

Die Frage ist, wie ernst es dir damit ist, Geschichten zu schreiben? Wie lange hast du bspw. an dieser geschrieben? Schreiben ist Arbeit und Übung, das macht man nicht eben mal im Vorbeigehen, und wenn du wirklich Interesse hast, dann darfst du dich nach einem ersten misslungenen Versuch nicht davon abbringen lassen.

weltenläufer hat es sehr gut auf den Punkt gebracht, und ich bin absolut seiner Meinung - das Thema hier eignet sich in der Form nicht für eine KG, es ist eher eine Anekdote, die man sich unter Freunden erzählt und dabei lacht. Du schreibst auch so, wie du sie erzählen würdest, mit dem "- oh Schreck - " oder dem "Hm, ..." beispielsweise, aber da wir dich und deinen Mann nicht kennen und auch nicht vor uns sehen, wirkt diese Geschichte ganz anders auf uns als auf eure Freunde, wenn ihr sie erzählt.

Also wenn es dir ernst ist mit Schreiben, empfehle ich am Ball zu bleiben - vor allem viel zu lesen und auch andere Geschichten zu kommentieren, dann bekommst du bestimmt schnell ein Gespür dafür.

Viele Grüsse & viel Erfolg.

 

Auch solche Kommentare und Kritik sind für mich wichtig. Ich kann somit mein Geschreibsel einordnen. Ich sehe mich nicht als zukünftige Autorin von Romanen und Kurzgeschichten, sondern es sind Geschichten aus meinem Leben, einmal für meine Nachkommen bestimmt. Auch wenn nur für die Familie, wie eine Geschichte beim Leser ankommt ist trotzdem wichtig. Herzlichen Dank, für eure Ratschläge.

 

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