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Gameoplast
Ich befand mich in einem Tunnel, der durch den an meinem Raumanzug angebrachten Strahler und eine aufgestellte Lampe erhellt wurde. Der verzerrte Schatten, den meine Gestalt auf die zerklüfteten Wände aus massigem Gestein warf, ließ mich an alles Mögliche denken, nur nicht an die Erfüllung meiner Mission. Instinktiv wollte ich den Schweiß auf meiner Stirn mit der Hand wegwischen. Das große Glasvisier verhinderte es allerdings, was mich noch nervöser machte.
Ich war alleine hier, sollte Gesteinsproben von diesem Planeten sammeln und nach einer groben Analyse das ganze Zeug an meinen Auftraggeber, die Firma Interplanet, schicken. Man hat sich dort als Ziel gesetzt, herauszufinden, wie diese unterirdischen, oder besser gesagt „unterplanetarischen“, Gänge entstanden sind. Nebenbei hoffte man natürlich auch, auf Bodenschätze zu stoßen.
Schon bei den ersten Untersuchungen des Planeten zeigte sich, dass dessen Mantel einem erstklassigen Emmentaler im nichts nachstand. Dies war bis dahin die einzige Information, die man dem Felsbrocken entlocken konnte, denn zu allen zuvor gesandten Sonden brach nach wenigen Minuten der Kontakt ab.
Ich griff zu meinem Scanner. Augenblicklich begannen sich einige Holoanzeigen vor meinen Augen zu formen. Atmosphäre vorhanden, nicht atembar. Tiefe: 0,785 Meter unter der Oberfläche, Temperatur: minus zwanzig Grad Celsius. Verbleibende Zeit: elf Minuten.
Ich richtete das kleine Gerät auf die steinernen Wände. Nichts Besonderes. Stein eben. Geringe Konzentration von Edelmetallen. Ein richtiger Astrogeologe hätte hier vor Freude wahrscheinlich getobt, ich dagegen wollte das alles so schnell wie möglich hinter mir haben und mein in Aussicht gestelltes Honorar einstecken.
Verbleibende Zeit: zehn Minuten, erinnerte mich eine Anzeige. Hastig bückte ich mich, um einige der kleinen Brocken aufzuheben. Einen davon schob ich vor die Linse meines Scanners. „Scheiße“, dachte ich. Das Gerät schien seinen Geist aufgegeben zu haben. Es zeigte an, dass dieses Objekt zu fast neunundneunzig Prozent aus Kohlenstoff bestand. Ich rubbelte leicht an der braun-grauen Oberfläche und stellte fest, dass sich kleine Stücke lösten. Nach einigen Sekunden hielt ich einen Kristall aus einhundert Prozent hoch verdichtetem Kohlenstoff in der Hand. Es lag noch mehr hier herum. Jetzt tobte ich tatsächlich wie ein richtiger Astrogeologe. Mein Scanner hatte keinen Defekt. Seltsam war nur, dass ich zuvor nichts davon in den Wänden gefunden hatte. Mit einer wegwerfenden Handbewegung schob ich diesen Gedanken beiseite.
Verbleibende Zeit: sieben Minuten. Das Fieber hatte mich gepackt. Interplanet musste ja nichts erfahren. Ich war reich und konnte mich überall absetzen. In sieben, äh... sechs Minuten würde ich in meinem kleinen Schiff sitzen mit einer Kiste voller Diamanten…
Das Ding war vorher noch nicht da, ich war mir dessen sicher. Nun stand ich mit meiner Kiste vor dem Tunnelausgang und starrte auf etwas, dass es laut meinem Holodisplay gar nicht gab und das mir trotzdem den Weg versperrte. Hatte ich Halluzinationen? Die riesige Kugel füllte die Ausgangsöffnung nahezu vollständig aus. Ihre raue, seltsam farblos wirkende Oberfläche verschluckte fast vollständig das Licht meines Scheinwerfers. Ich hatte gerade noch zwei Minuten Zeit, um zum Raumschiff zurückzukehren und wusste nicht, wie ich mich zu verhalten hatte. Vorsichtig kam ich näher an das Gebilde heran, stellte meine Kiste ab, und klopfte mit der Hand gegen die Erscheinung. Sie war eindeutig da und hart wie Beton. Ich war nicht mehr nervös, sondern kämpfte mit der aufsteigenden Panik. Ob mich das Gebilde anstarrte? Das leichte Vibrieren, waren das meine zitternden Beine, oder war es die Kugel? Schwarze Flecken tanzten vor meinen Augen und ich hörte nur noch das ohrenbetäubende Stakkato meines eigenen Pulses.
Die Vibration war wieder da. Es war die Kugel. Ein tiefer Riss zog sich plötzlich quer durch ihre bis dahin geschlossene Hülle und offenbarte mir einige Reihen sich drehender… waren es Zähne? Dieses Monstrum hatte so etwas wie riesige Bohrköpfe als Gebiss! Es begann, sich zu bewegen. Man sagte mir doch, auf diesem Planeten gäbe es kein Leben, schoss mir noch durch den Kopf, als ich voller Angst zurück in den Tunnel rannte. Blitzartig wurde mir auch klar, weshalb sich keine Diamanten in den Wänden der Gänge befanden.
Verbleibende Zeit: eine Minute. Ich rannte noch immer in den Gängen umher und der Steinfresser verfolgte mich unerbittlich. Ich hörte ihn in einem gewissen Abstand hinter mir. Er spielt ein Spielchen, fein. Völlig außer Atem spürte ich einen ganzen Fluss meinen Rücken runter rinnen. Die Erkenntnis, daß ich es sowieso nicht mehr schaffen werde, kam ganz plötzlich. Ich blieb stehen.
„Ich werde nicht kampflos untergehen!“ schrie ich verzweifelt in die Dunkelheit der Stollen hinein. Ich nahm meine Strahlenpistole in die Hand, drehte mich um und wartete.
Sechs… fünf… vier… drei… zwei… eins… MISSION FEHLGESCHLAGEN.
Langsam öffnete ich die Augen und blickte mich in meinem Wohnzimmer um. Wow! Ich war richtig durchnässt und mein Herz hämmerte wie wild.
Ich spürte den Gameoplast auf meinem Nacken kleben und zog ihn ab. Leichtes Kribbeln zeigte mir, dass sich abertausende winziger Nadeln von meinen Nerven unter der Haut trennten. Die Verpackung lag noch vor mir auf dem Tisch, ich las noch mal die Beschreibung.
Die Vergangenheit ist Zukunft!!! Erleben Sie in diesem dreiteiligen Gameoplast-Abenteuer, wie die Menschen der Vergangenheit unsere Gegenwart sahen!!! Wir von U.P.K.G. AG garantieren Ihnen beste Unterhaltung und echte Gefühle!!! Mehrere sensationelle Missionen stehen zur Verfügung.
Teil 1: Science-Fiction des 20. Jahrhunderts
Teil 2: Science-Fiction des 21. Jahrhunderts
Teil 3: Science-Fiction des 22. Jahrhunderts
Preis: 20.000 Währungs-Punkte, zahlbar nur mit VISEURAMEX-Platincard.
Teil eins hatte ich so weit hinter mir. Ich hatte es zwar noch nicht ganz drauf, aber was soll’s. Man kann es ja noch mal versuchen.
Ich begann, die Verpackung des zweiten Teils zu öffnen. "Mal schauen, was dahinter steckt", murmelte ich.