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Serie Galaktika II - Somewhere over the Rainbow

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10.08.2006
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Galaktika II - Somewhere over the Rainbow

(Es folgt ein Kapitel aus dem Kurzgeschichtenroman „Galaktika“. Der folgende Absatz gehört zur Rahmenhandlung, anschließend beginnt die Kurzgeschichte, die einen Ausschnitt aus der Jugend der Protagonisten Kalle Bass und Don Jon darstellt. Viel Freude beim Lesen wünscht Lord Schadt.)

„Ich erinnere mich genau, wie ich dich das erste Mal getroffen habe. Ich habe es dir nie erzählt, aber ich habe dich früher für einen kleinen Spinner gehalten. Ich fragte mich, wie jemand ernsthaft so verrückt sein kann. Das war auch der Grund, warum ich dich den Tag darauf angerufen habe, um mich mir dir zu treffen. Ich dachte, dass du einen Freund gebrauchen könntest. Ich wünschte mir einen kleinen Bruder wie dich. Du hattest ein Talent, das mir sehr gut gefallen hat: Du konntest auch betrunken noch philosophieren ohne grandios dumm zu schwätzen. Zehn Jahre ist es her, nicht einmal so lange, wie dieser Loch Lomond alt ist. Mit dir wäre ich gerne noch länger gereift. Gott sei dank müssen wir nie wieder siebzehn sein. Prost! Lass uns eine Reise unternehmen zu dem Tag, an dem wir uns kennenlernten!“

Irgendwo hinterm Regenbogen
gibt es ein Land,
von dem ich in einem Wiegenlied gehört hab’.
Rio Reiser

Johann stand wie jede Pause in der geheimen Raucherecke hinter der Turnhalle, als Linda vom frischen Herbstwind dahergeweht kam. Sie war so klein und dünn, dass Johann befürchtete, ein Windstoß könnte sie hinfort wehen. Wäre sie keine quirlige Vegetarierin gewesen, dann hätte er sie für magersüchtig gehalten. Sie wirbelte umher wie ein Blatt im wilden Wind. Immer, wenn Johann nach ihr greifen wollte, war sie schon wieder weitergeflogen, hin zu ihren Freundinnen, zu ihren Demonstrationen, in ihre Tanzgruppe, in ihre Ängste.
„Hast du mal ein Blättchen? Mein letztes ist vom Regen durchweicht“, schnorrte Johann.
„Kannst auch eine Aktive haben. Ich hab genug. Und? Wie war deine Matheklausur?“
„Klasse. Ich hab vor der Schule einen Joint geraucht und konnte alles tippelditop beantworten. Wie Timothy Leary schon sagte: Vor der Schule ein Joint, und Mathematik ist dein Freund.“
„Spinner! Kommst du heut Abend mit zum Altstadtfest? Anna ist auch dabei. Sie hat eine Flasche Tequila gekauft und wir können bei ihr vorglühen, wenn du magst.“ Linda grinste ihn an. Sie hatte sich bunte Plastikkugeln in ihre Dreadlocks geflochten und hielt sie Johann entgegen. „Toll, oder?“
„Drollig. Linda, hältst du mich wirklich für einen Spinner?“
Linda überlegte zu lange. Sie sah niedlich aus mit ihren Sommersprossen, die sie sich im sozialistischen Sommerzeltlager wie Sternschnuppen eingefangen hatte.
„Du bist anders als die anderen. Ich kenne sonst keinen, der Timothy Leary, Buddha, Marx und Hermann Hesse liest. Wenn du mich so fragst: Ja, du bist ein Spinner. Du hast lange Haare, du läufst wie ein Hippie herum, und manchmal versteht man nicht, was du einem erzählen willst. Du bist einfach anders als die anderen Jungs von der Schule. Ich kann mir kaum vorstellen, wie du ein rasantes Auto fährst, eine coole Marlboro rauchst und mit anderen Jungs von der Schule über Blondchen und ihre Tittchen plauderst. Außerdem bist du immer nur mit Mädchen unterwegs. Aber das macht nichts. Ich bin auch eine kleine Verrückte, deswegen lass uns heute gemeinsam auf die Piste gehen!“
„In die Kiste?“
„Nein, mein kleiner Spinner, auf die Piste!“
Die Pausenglocke schellte.
„Na schön. Wann treffen wir uns bei Anna?“ Johann drückte seine Zigarette an der Turnhalle aus und hinterließ so einen weiteren Punkt im noch unvollendeten Peacezeichen.
„Um sechs.“

Um acht wankten drei glühende Gestalten zum Altstadtfest. Anna hielt die inzwischen fast leere Tequilaflasche in ihrer Hand, Johann eine Flasche Federweißer, und Linda hielt sich an Anna fest und sang und tanzte mit ihr das Tequilalied. Badap Badabada Baadap, Badap badabadap daaa – Tequila! Johann beschränkte sich darauf, das „Tequila“ mit tiefer Stimme mitzusingen. Sein Po war feucht, weil er gerade aus Übermut zum ersten Mal ein Bidet benutzt hatte und anschließend nicht wusste, welches Handtuch er benutzen sollte. Klopapier wäre die Lösung gewesen, fiel ihm ein. Er dachte an das Haus von Annas Eltern im Amalienweg, das so groß war, dass man um jedes Möbel herumspazieren konnte. Er verglich die Villa mit der kleinen Mietwohnung in einer sanierten Arbeitersiedlung, die er mit seinem Vater bewohnte. Amalienweg vs. Wuppertaler Strasse, Anna und Don, goldener Tequila und bronzenes Karlsquell, Badap Badabada Baadap.
So kamen sie beim etablierten Altstadtfest an und drehten eine Runde. Wie jedes Jahr war die Altstadt übersäht mit Schnickschnackständen, die Schmuck, „100 Gramm nur zwei Mark fuffzich“-Süßigkeiten, Gewürze und das legendäre Ein-Meter-Bratwürstchen anpriesen. Auf vier Bühnen spielten Blues- und Rockbands die gleiche alte Leier. Oh come on baby let the good times roll.
„Schau mal, Herr Lerchmann!“ Linda zeigte auf den Gitarristen der BluesyShoes, der ihr Englisch- und Musiklehrer war. Anna glotzte verblüfft: „Wow, der kann Gitarre spielen? Vielleicht hat Hanna deswegen eine Affäre mit ihm.“
„Welche Hanna?“
„Hanna aus der Dreizehnten. Die Streberin, die auf dem letzten Schulfest Geige gespielt hat.“
„Die Hanna mit Frank Lerchmann? Bist du sicher?“
„Na klar, die ganze Schule spricht schon davon. Und außerdem habe ich die beiden in der Stadt beim Eisessen gesehen.“
Annas Gesicht verzog sich, als hätte sie alle Tequilazitronen auf einmal verspeist: „Ist das nicht eklig. Mit Herrn Lerchmann?“
„Immerhin hat er schöne lockige Haare und hat sich für sein Alter gut gehalten“, warf Johann ein. „Wollen wir Kettenkarussell fahren?“
„Jippie“, kreischte Linda.
Anna sah etwas bleich aus: „Bei mir dreht sich auch so schon alles. Ich glaube, ich gehe besser nach Haus, bevor ich aus Kettenkarussell breche.“
Linda schaute mitfühlend: „Oh, schade. Sehen wir uns dann morgen im ‚Disco’?“
„Wenn ich wieder fit bin, mal schauen. Wir telefonieren.“
Anna verschwand in der betrunkenen Menschenmasse; Johann und Linda gingen zum Karussell. Er verbarg die Federweißerflasche tief in einem Gebüsch neben dem Karussell, kam etwas verschrammt und stolz zurück, kaufte zwei Billets von dem Geld, das ihm sein Vater gegeben hatte, und sie setzten sich in zwei nebeneinander schwebende Metallkörbe. Das Karussell begann sich zu drehen, und Johann spürte ein Kribbeln in seinem Bauch. Sie streckten ihre Beine und Arme in die Luft und schrieen wild. Johann freute sich über die kreisenden Stände, die vielen periodisch wiederkommenden Gerüche und Geräusche, die verschwimmenden Lichter. Er drehte sich in seinem Korb herum, drückte Lindas Hand, sie ließ wieder los. Das Karussell drehte sich langsamer, stoppte, und sie schlenkerten aus ihren Sitzen heraus in ein immer noch kreisendes Fest.
Johann ging zurück ins Gebüsch, um die Federweißerflasche zu holen. Nachdem er die Flasche geholt hatte, nutzte er die Gelegenheit, stellte sich neben einen dunklen Baum und pinkelte. Ein Anderer hatte anscheinend die gleiche Idee, folgte ihm, stellte sich neben ihn, aber anstatt seine Hose zu öffnen, beugte er sein Gesicht nach vorn, erbrach sich und traf mit einigen Spritzern Johanns Schuhe und Wildlederhose.
„Ey, du kotzt mich an!“ stellte Johann fest. Wäre der Kerl neben ihm nicht einen Kopf größer gewesen, hätte er kein Metallica-T-Shirt angehabt und wäre Johann kein Pazifist gewesen, dann hätte es eine Schlägerei gegeben.
„Deine Aufregung in allen Ehren, aber ich hab gerade ein anderes Problem. Klär das mit meinem Manager“, antwortete die Gestalt.
Johann starrte ihn an, bemerkte, dass an den Tatsachen nichts zu ändern war, und ging aus dem Gebüsch zu Linda zurück. „Hast du Taschentücher? Ich wurde gerade angekotzt.“
Linda lachte. Das seinen Mageninhalt verspuckende Ungeheuer kam aus dem Gebüsch hervor und stellte sich unaufgefordert zu Don und Linda. „Tschuldigung! Ein Liter Bier, eine Meterbratwurst und ein Kettenkarussell war einfach zu viel. Aber jetzt geht’s mir wieder gut. Kalle ist mein Name. Kalle Bass.“ Er reichte Johann seine Hand.
„Ich bin Johann. Deine Hand kannst du behalten.“
„Ich sag einfach Jon zu Dir. Ist einfacher. Aber eigentlich siehst du eher wie ein kleiner Don Juan aus. Genau, ich nenn dich Don Jon.“
„Don Jon?“ Linda lachte und öffnete den Federweißen.
Kalle zog einen Plastikbierbecher aus seiner Jeansweste, die mit Aufnähern von Metalbands übersäht war. „Kannst Du mir einen kleinen Schluck abgeben? Meine Kehle brennt noch.“ Linda schenkte ein.
„Linda, er hat mich gerade angekotzt. Du kannst ihm doch keinen Federweißer schenken?“ Don wischte mit einem Taschentuch Hosenbein und linken Schuh ab.
Kalle hustete und antwortete: „Doch, Linda kann. Danke! Ich werde mich auch dafür revanchieren. In einer Stunde habe ich einen Auftritt mit meiner Band ‚DJ Simon von Singsing und die Hardcore MCs. Wir spielen auf der kleinen Bühne vor der Altstadtkirche. Wenn ihr vorbeikommt, kann ich für Bier und Kleine Feiglinge sorgen. Ich muss jetzt weiter. Vielen Dank für die gute Betreuung und bis dann.“ Er winkte und verschwand.
„Don Jon!“ Linda kicherte.
„Johann bitte! Du kannst mich doch nicht von einem kotzenden schwarzen Ungeheuer umtaufen lassen.“
„Doch, ich kann“, antwortete Linda, „Don Jon passt besser zu dir als Johann. Johann klingt wie ein Ötepetöte-Streber aus einem Latein-LK. Don Jon klingt wie Erdbeerperlwein mit Himbeereis.“
„Wenn du meinst. Sag einfach Don zu mir!“ Die weibliche Logik hatte ihn überzeugt, er wusste, dass jeder Widerspruch vergebens war.
Don und Linda schlenderten weiter über das Fest und betrachteten dickbäuchige Männer an Bierständen und Frauen, die auf Stöckelschuhen über das Kopfsteinpflaster staksten. Sie tanzten kurz zu einer Ethnojazzband, die bereits ihre einzige Zugabe spielte. Sie tranken Federweißer, und Don taufte Linda „Häuptlingstochter weiße Feder“. Sie entdeckten betrunkene Mitschüler; Linda entdeckte betrunken ihre Eltern. „Don, lass uns umdrehen. Da vorne sind meine Eltern, und ich möchte nicht, dass sie mich so sehen.“
Als sie vor der kleinen Bühne standen, spielte schon Kalles Band. DJ Simon von Singsing stand in einem schwarzen Anzug mit gelber Krawatte auf der Bühne und sang „What is Love?“ von Haddaway, allerdings mit deutschem Text. „Was ist Liebe? Mädchen verletz mich, verletz mich, verletz mich nicht mehr.“
Er stellte die Band vor: „Sagt Hallo zu den Hardcore MCs, die intergalaktischste Gruppe des ganzen Universums: Am Schlagzeug unsere einzigartige Rhythmusmaschine, direkt aus Bongowana heute hier auf der Bühne: Tom Tomtom.“ Schlagzeugsolo. „Am Bass der tiefste und schwärzeste Bassist, importiert aus dem Planeten Heavy Metal: Kalle Bass.“ Basssolo. „Und nun an der Gitarre, er hat den Blues und den Techno im Blut: unser einzigartiger Johnny Guitar.“ Linda sprang in die Luft und tanzte, Don hingegen setzte sich auf den Bordstein und drehte sich eine Zigarette. Gar nicht mal schlecht, für eine Schülerin, dachte er, während er Lindas Tanzbewegungen verfolgte. Gar nicht mal schlecht für eine Schülerband, dachte er, als er die Band betrachtete. DJ Simon von Singsing und die Hardcore MCs spielten gerade „Mr Vain“. Er hatte dieses Lied bisher gehasst, aber in der deutschen Übersetzung klang es fast schön: Ich weiß, was ich will, und ich will es jetzt. Ich will Dich, denn ich bin Herr Eitel.

Nach dem Gig kam Kalle mit seinem im Koffer verstauten Bass zu Linda und Don an die Theke. „Drei Bier, bitte!“ Er bezahlte mit drei Papiergutscheinen.
„Das haben wir uns verdient. Unser Schlagzeuger baut jetzt ab, und der Rest der Band fährt gleich in den Übungsraum. Ich hab mich abgeseilt, weil ich der festen Überzeugung bin, dass es das Recht eines Bassisten ist, sich aus solchen Sachen herauszuhalten. Dafür stehe ich im Hintergrund, muss doofe Grimassen schneiden und bekomme keine Groupies ab. Undank ist der Bassistenlohn. Wie geht’s deiner Hose?“
„Wieder besser. Ich hab mir Räucherstäbchen gekauft, hab eines gerade direkt neben meiner Hose abgefackelt, so dass der Rauch ins Hosenbein rauchte, und jetzt riecht es gemischt nach Sandelholz.“
„Klasse. Und wie fandet ihr unseren Auftritt?“ fragte Kalle.
„Super“, antwortete Linda.
„Erstklassig“, sagte Don. „Es war das erste Mal, dass mir der Mist aus den Charts gefallen hat. Persönlich mag ich eher die psychedelische Musik der späten 60er Jahre.
Kalle unterbrach: „Smells like Beer spirit“, und trank.
Don fuhr fort: „Mein Musiklehrer sagt immer, dass der Pop in den 80ern nur versuchte kühl zu sein, um es in den 90ern zu werden. Eigentlich hat er Recht, aber wenn ich mir eure Versionen anhöre, dann liegt unter der Oberfläche der stupiden Beats, unter der ganzen Elektronik, ein poetischer Kern verborgen.“
„Schleim jetzt nicht rum. It’s only Rock’n’Proll, but we like it, sagt Johnny Guitar immer.“
Linda schaute ihn fragend und ein wenig bewundernd an: „Heißt du eigentlich wirklich Kalle?“
„Nein, Karsten. Mein Basslehrer meinte in der ersten Stunde, dass Karsten ein Name für einen Physiker, aber nicht für einen Musiker sei, und deshalb nannte er mich Kalle Bass.“
Linda schaute auf ihre Uhr und erschrak: „Don Jon und Kalle Bass, ich werde euch jetzt allein lassen; ich muss um eins zu Hause sein.“
Kalle formte seine Hand zu einer Spraydose: „Oooh, schade, dann brauchst du jetzt Leidi, das Mitleid aus der Sprühdose. Ein Sprühstoß genügt, und schon sind alle deine Sorgen verflogen. Pssssscht! Mach dir keine Sorgen, ich werde deinen Freund schon gut unterhalten.“
Linda verschwand, Don und Kalle verblieben am Bierstand.
„Don, hast du eigentlich was zum Rauchen?“
„Ja, die deutsche Mischung: Schwarzer Afghane, roter Libanese und gelber Pakistani.“
„Wirklich?“
„Nein, nur Einheitsplatte.“
„Besser als nichts. Dann lass uns mal hinter die Kirche gehen, und ich baue uns einen.“
„Nein, ich baue, das ist meine Spezialität.“
„Na gut. Ich hole uns noch zwei Bier, und dann lass uns einen rauchen gehen.“

Hinter der Kirche war ein alter kleiner Friedhof mit einer Bank. Im Hintergrund plänkelte die nächste Band „Smoke on the water“, während Don geschickt einen Joint bastelte und diesen Kalle zum Anrauchen überreichte.
„Ah, das schmeckt lecker. Ein guter Jahrgang, wenn man einmal vom Abgang absieht, der ein wenig nach Autoreifen schmeckt.“
„Stimmt. Aber in zwei Wochen wird alles wieder gut. Dann ist Erntezeit.“
„Baust du selbst an?“
„Ja, mein Vater ist nur selten zu Hause und kann einen Gummibaum nicht von einer Cannabispflanze unterscheiden. Außerdem ist er froh, dass ich mich überhaupt um irgendetwas kümmere.“
„Mein Vater würde mich vierteilen, wenn er wüsste, dass ich kiffe.“
„Wie alt bist du eigentlich?“
„Siebzehn.“
„Ich auch. Du siehst allerdings mindestens fünf Jahre älter aus.“
„Danke, das haben Metaller so an sich. Wenn sie jung sind, sehen sie alt aus, und wenn sie alt sind, benehmen sie so, als wären sie noch jung.“
„Das klingt gut. Bevor du weitere Fragen stellst, kann ich dir gleich meine Eigenschaften erzählen: Elfte Klasse, Neue Oberschule, Lieblingsband The Doors, keine besonderen Hobbys außer Drogenexperimente.“
„Drogenexperimente?“
„Ja, vor einem halben Jahr habe ich mir das Buch ‚Psychoaktive Pflanzen’ gekauft, und ich habe mir das Ziel gesetzt, alle Pflanzen einmal durchzuprobieren, abgesehen von den Nachtschattengewächsen und Ayahuasca.“
„Ich nehme keine Drogen, deren Namen ich nicht aussprechen kann. Ich habe auch ohne Psychos genug, deshalb trinke und kiffe ich nur.“
„Ist auch keine schlechte Wahl. Bisher hatte ich nur negative Erfahrungen. Die meisten Pflanzen haben widerlich geschmeckt und hatten auch keine Wirkung. Kava-Kava war das widerlichste. Eine Wurzel aus der Südsee, die man mehrere Stunden lang durchkaut, in Milch spuckt, einen Tag stehen lässt und dann trinkt. Es ist so, als würde man einen Liter Seife trinken. Der Mund wird taub, aber ansonsten merkt man nichts. Zumindest nichts, was mit einem Joint vergleichbar ist, trotzdem forsche ich weiter; ich bin ein Visionarr.
Kalle unterbrach: „Es fährt ein Bier nach Nirgendwo“, und trank.
Don fuhr fort: „Ob der Sinn des Lebens in dieser oder der nächsten Welt liegt, ist die wichtigste Frage, die es gibt. Christen hoffen auf die nächste Welt, Materialisten auf diese. Ich stehe zwischen diesen Standpunkten und versuche in dieser Welt einen Blick in die nächste zu werfen. Irgendwann werde ich die ideale Droge finden, das Einstiegstor in eine schönere, bessere und tollere Welt, selbst wenn sie hinterm Regenbogen liegt. Ach, liebe Drogen öffnet mir, auch lebend schon die Himmelstür. Ich bin der festen Überzeugung, dass es mehr als alles geben muss.“
„Mir ist das heute alles schon genug; ich bin voll. Wollen wir uns wann anders unterhalten? Gibst du mir deine Nummer gegen Kummer?“
„Ja, können wir gerne machen.“
„Na, dann wünsch ich dir eine schöne Nacht!“
Die hatte Don. Er saß bis zum Morgengrauen auf der Friedhofsbank. Er hörte das Fest in der Ferne, Geräusche, die nach und nach in der Nachtstille verschwanden, bis nur noch das Glimmen der Zigarette und das viertelstündliche Läuten der Turmuhr hörbar waren. Er betrachtete den Grabstein eines Alten, auf dem „Niemands Knecht und niemands Herr“ mit Edding geschrieben stand. Er wusste, dass er an einem magischen Ort saß. Er wusste, dass seine ausgesetzte leere Bierflasche im Laufe des folgenden Tages auf unerklärliche Art verschwinden würde. Er rauchte und träumte von Lindas Sommersprossen.

 

(Es folgt ein Kapitel aus dem Kurzgeschichtenroman „Galaktika“. Der folgende Absatz gehört zur Rahmenhandlung, anschließend beginnt die Kurzgeschichte, die einen Ausschnitt aus der Jugend der Protagonisten Kalle Bass und Don Jon darstellt. Viel Freude beim Lesen wünscht Lord Schadt.)
Solche Kommentare bitte grundsätzlich in einem gesonderten Beitrag unterhalb der Geschichte.

Kritik folgt später.

Lieben Gruß, sim

 

So Lord Schadt,

jetzt die versprochene Kritik.
Zunächst: Es ist für mich keine in sich abgeschlossene Kurzgeschichte, sondern eben ein Kapitel eines Romans.
Der Zweck des Kennenlernens der beiden liegt eben nicht in diesem Teil, sondern im Gesamtkontext, der aus diesem Teil nicht hervorgeht. Das wäre aber das Kriterium für sich sich abgeschlossen. Es müsste sich für Don außer dem Namen noch etwas ändern, es müsste etwas für sein Leben angestoßen werden. Das aber passiert hier nicht. Er lernt jemanden kennen, der ihm die Hose vollkotzt.
Stilistisch fällt mir vor allem auf, dass ich die Dialoge als sehr statisch empfinde. Das liegt zum größten Teil daran, dass zwischen ihnen oft keine Interaktion stattfindet.
Um dabei ins Detail zu gehen, wäre es hier zu viel. Deshalb gibt es die Details als Worddokument.

Lieben Gruß, sim

 

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