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Götterspeise

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31.08.2016
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Götterspeise

Hunger hatte er, gewaltig. Hungrig stand er vor der gefräßig lauernden, zweigeteilten Pforte. Hungrig schwitzte das feuchte Gemäuer. Hungrige Kerzenzungen leckten den Sauerstoff aus der Luft. Hunger machte ihn arglos und machte ihn klopfen, wo er doch besser kehrtgemacht hätte und gegangen wäre. Geräuschlos tat sich die Tür auf. Ein in Schwarzweiß gegossener Bediensteter, mehr Frack als Mensch, hieß ihn, einzutreten. Der ganz in schattiges Samtrot gekleidete Saal wölbte sich wie ein unersättlicher Magen über einer größenwahnsinnig großen, schwarz gedeckten Festtafel, deren Ende sich in unsichtbaren Fluchten verlor, und ihren zu Silhouetten verdunkelten Anhängseln, die wie Gliedmaßen aus ihrem Rumpf wuchsen und die Luft mit ausgelassen dröhnendem Stimmgewirr schwängerten. In ebenmäßigen Abständen warfen majestätische Lüster Licht und Schatten auf den Tisch; kunstvoll wussten sie die Gesichter der Abendgesellschaft zu verhüllen. Der undeutlich wogende Geräuschpegel verebbte mit einem Schlag, als er die Anwesenheit des Gasts gewahrte. Der Frack wies ihm den Sessel am stammväterlichen Ende der Tafel zu, ein Monstrum mit mannshohem Rücken. Nun erst, nachdem er sich in das weich gepolsterte, schmiegsam nachgebende Möbelstück fallengelassen hatte, sich davon schlucken ließ, offenbarten sich ihm die menschlichen Züge seiner Gastgeber, und er staunte nicht übel: Staubatmende Fossilien waren sie, lebende Mumien, unsagbar alt, zerfurcht, zerklüftet und ausgemergelt, die Gesichter wie nach innen gewachsen; lose Gerippe, nur noch vom schwarzweißen Stoff ihrer Anzüge und Kleider zusammengehalten, einer vom anderen, eine von der anderen kaum zu unterscheiden.
„Sie haben hoffentlich Appetit mitgebracht?“, fistelte der rechts neben ihm Sitzende mit einer Stimme wie aus sandigem Wüstenwind, nach seinem Dafürhalten wohl der Kopf der gastgebenden Gesellschaft. Er nickte aufrichtig.
„Vorzüglich! Dann lassen Sie uns nicht länger warten“, zirpte ein anderer und klatschte in die Hände. Sogleich eilte der Diener mit einem behaubten silbernen Tablett herbei, drapierte es diskret vor ihm auf dem Tisch, und enthaubte es.
„Voilá! Massiertes und mit Bier behandeltes Wagyu Filet mit Kräuterbutter und Madagaskar-Pfeffer, dazu Ofenkartoffeln an Sour Cream Soße.“
Sein Mund nässte. Erst jetzt fiel ihm auf, dass die Tafel, abgesehen von der schwarzen Tischdecke und allerlei anorganischem Zierrat, Obstschalen, die nach Plastik aussahen, gänzlich leer war.
„Und Sie? Essen Sie nicht?“, fragte er skeptisch in die Runde.
„Sie sind unser Gast! Essen Sie!“, schlug es ihm unsichtbar entgegen.
„Nur zu, Sie können’s vertragen!“, gurrte es irgendwo in der endlosen Gesichtsallee.
„Bitte, kosten Sie!“, forderte eine eingefallene Frau zu seiner Linken ihn freundlich auf. Der Obergreis zu seiner Rechten legte ihm die gebrechliche Hand federleicht auf den Arm. „Wir sind zu alt, bitte, genießen Sie für uns.“
Die Gabel fixierte das Fleisch, das Messer glitt ölig hindurch, butterweich; er hielt sich an beidem fest und sah, wie sich ein feinfasriges, rosa leuchtendes Stückchen wässrig blutend von dessen wohlgebräuntem Leib löste und saftig zu seinen Lippen schwebte. Plötzlich, als hätte sein trielendes Gaumenzäpfchen es in Schockstarre versetzt, hielt es inne und verharrte auf den Gabelspießen. Er blickte nochmals fragend in die Runde. Einvernehmliches, schattiges Nicken ermunterte ihn verbindlich – und er aß.
„Wie schmeckt es Ihnen?“
„Sagen Sie? Wie ist das Fleisch? Ist es schön zart?“
„Und die Kartoffel? Wie ist die Kartoffel?“
„Ja! Das schmeckt Ihnen, oder?“
„Mhm, mhm“, bekräftigte er immer wieder, genüsslich schmausend. Als das Tablett leergefegt war, kam der Diener angewatschelt und räumte ab.
„Nun? Sind Sie bereit für den zweiten Gang?“, fragte der Obergreis zu seiner Rechten. Verlegen schlug er die Augen nieder und grummelte: „Tut mir leid, es war ein Gedicht, wirklich. Aber ich bin absolut satt. Wollen Sie denn gar nichts essen?“
Enttäuschung flog über die Gesichter, flog weiter und landete irgendwo anders auf der Welt.
„Ein Schnaps muss her!“
„Ja, ein Schnaps!“
„Ein Schnaps wird’s richten!“ Und wieder klatschte es aus irgendeinem Winkel und der Diener sprang mit einem Schnaps herbei.
„Aaaaah! Das war gut“, seufzte einer der Greise.
„Ja! Ein delikater Tropfen!“
„Wärmt, brennt aber nicht!“
„Was ganz Feines!“
„Jetzt können Sie doch aber wieder essen, nicht wahr?“
„Ja, nicht wahr?“
„Nun, ich denke …“, murmelte er, „ich denke, ein bisschen könnte ich noch …“
„Ja!“
„Vorzüglich!“
„Zeit für die nächste Runde!“
„Aber wollen Sie denn gar nicht? Ich meine, ich kann doch nicht alles ganz allein essen!“
„Machen Sie sich um uns keine Sorgen“, beschwichtigte ihn der Obergreis zu seiner Rechten.
Der Diener kredenzte die nächste Platte.
„Weißer Pfau mit Burgundertrüffel, an Rosmarin-Süßkartoffelpüree.“
„Ja! Das ist doch was!“
„Essen Sie!“
„Auf dass es mundet!“
Betreten kaute er unter dem aufdringlichen Gaffen unzähliger gieriger Augäpfel, aß wie unter Peitschenhieben und spürte wachsenden Widerstand vonseiten seines Magens.
„Kann ich vielleicht was zu trinken haben?“, fragte er vorsichtig.
„Aber ja! Spülen Sie!“
„Spülen ist wichtig!“
„Ja, essen ohne trinken, da fehlt doch was!“
Klatsch, Klatsch, und es gesellte sich ein gewaltiger Kristallkelch mit schwarzrot und tonnenschwer schimmerndem Wein zu seinem Tablett. Nachdem er fertig gegessen und gespült hatte, war er zum Bersten gefüllt und bereits dem Fressdelirium nah.
„Und der nächste Gang!“ Klatsch, Klatsch.
„Was?“, wollte er sich wehren, doch da stand schon der anthropomorphe Pinguin und kam ihm zuvor.
„Mit Froschschenkeln gefüllter und filetierter Hummer im Stopflebermantel, dazu Kaviarklößchen mit Safrankern.“
„Ja, essen Sie!“
„Guten Appetit!“
„Los, essen Sie!“
Er aß, Bissen um Bissen, nicht wissend, ob schmackhaft oder scheußlich, gesund oder giftig, nur noch alte, blutunterlaufene Milchaugen und zwischen lüsternen dritten Zähnen leidlich zurückgeschlürfte Sabberbäche nahm er wahr. Der Diener hatte sich unterdessen neben ihn gestellt und ihm seine schwere Pranke auf die Schulter gelegt. Die Federn unter der Sitzfläche seines Sessels quietschten, während er immer tiefer zu sinken schien.
„Na? Sagen Sie! Das ist doch was!“
„Na, wenn das mal nichts ist!“
„Mhm… mhm…“
Hundeelend war ihm zumute. Sein Magen fühlte sich an, als kröche er unter den Rippen hindurch in Richtung Ausgang und er spürte, wie das Fett an ihm wucherte, wie sein Anzug spannte und ächzte. Der Wein hatte sein Gehirn aufgeweicht.
„Nun? Sie haben hoffentlich noch Platz?“
„Ja! Schaffen Sie Platz! Es geht gleich weiter!“
„Bitte? Wie? Ich kann nicht mehr!“, piepste er verzweifelt, dampfend aus allen Löchern, schwitzend aus allen Öffnungen.
„Sie können!“
„Sie müssen nur wollen!“
„Los! Wollen Sie!“
„Sie sind doch jung!“
„Ich kann doch nicht alles ganz allein essen!“, krächzte er kopflos und rülpste dabei.
„Fühlen Sie sich eingeladen! Sie sind unser Gast!“
„Ich werde keinen Happen mehr essen, wenn Sie mir nicht sagen, wer Sie sind!“
Verschwiegene Schatten legten ihre Fittiche auf die Gesichter der Greise. Schließlich hob einer, ein besonders betagtes Exemplar, gemächlich an: „Wir … wer wir sind, haben wir vergessen.“
„Vergessen?“
„Nur der Genuss ist uns geblieben. Und auch den werden wir verlieren, wenn Sie nicht für uns genießen.“
„Ja, genießen Sie für uns!“
„Genießen Sie!“
„Tigerschwanz mit Schneckencremesuppe, dazu schimmelgereifter Belugakaviar“, skandierte der Diener.
„Geröstete Krokodilzunge mit panierten Otternhoden in Aspik.“
Sein Herz polterte sich selbst hinterher. Seine Lunge pumpte und pfiff überanstrengt wie ein löchriger Dudelsack. Immer fetter quoll sein Leib auf, immer tiefer bog sich der Sessel unter ihm. Sein Körper kündigte ihm die Dienerschaft, seine Organe gluckerten aufrührerisch; mit jedem Einatmen schnarchte er schweinisch, mit jedem Ausatmen furzte er flüssig.
„Moment, Moment. Nimmt das denn kein Ende?“, rief er panisch aus.
„Ein Ende?“
„Wovon reden Sie?“
„Sie sind doch gerade erst gekommen!“
Er spürte die Hand des Dieners an seiner Schulter fest und schmerzhaft zudrücken.
„Hätten Sie nicht … Aua! Hätten Sie nicht auf die Einladung schreiben können, dass das Ganze länger dauert?“
„Einladung?“
„Welche Einladung?“
„Sie haben mir doch einen Einladungsbrief geschickt!“
„Wie?!“
„Weiß von euch jemand?“
Kopfschütteln.
„Tut uns leid, werter Herr, niemand hat Sie eingeladen.“
„Was?“
„Reden Sie nicht, essen Sie.“
Die Finger des Dieners bohrten sich wie Stahlklauen in sein feist gewachsenes Fleisch. Er stöhnte laut auf: „Gut, gut. Weiter.“
„Er kann wieder!“
„Ja!“
„Weiter!“
Der Griff lockerte sich und ließ ihn frei, um sich wenig später als darreichende Hand zu gebärden und die nächste Speise zu lüften. Wie viel Zeit vergangen war, vermochte er nicht zu sagen. Vielleicht drei Stunden, vielleicht ein Jahr, er wusste es nicht. Die Sitzfläche seines Sessels war um Kopfhöhe nach unten gedrückt worden. Das Essen stand ihm bis zum Kehlkopf.
„Ich kann nicht mehr“, wollte er sagen, doch nur Gurgeln und Blubbern entstieg seinem verfetteten Hals. Der Obergreis zu seiner Rechten machte die Augen klein und spähte konzentriert über seinen Kopf hinweg auf den Kopf des Sesselrückens, als versuche er, kryptische Zeichen zu entziffern. Auf einmal weiteten sich seine Augen. „Es ist soweit!“, jubelte er heiser, über die gesamte Tafel hinweg. Freudiges Gemurmel stieg an, die Opas und Omas pufften sich aufgeregt in die klapprigen Rippen, klopften unruhig mit den Fingern auf die Stuhllehnen und hatten offenkundig Mühe, sich zu disziplinieren. Mit aller Kraft versuchte er, seinen Oberkörper zu drehen, um dem Blick des Alten zu folgen, doch das Fett seines Rumpfs hatte die Armlehnen umarmt; er war festgeklemmt.
„Stressen Sie sich nicht, das macht Ihr Fleisch ungenießbar!“
„Ja, lassen Sie locker und entspannen Sie sich.“
„Was?“, wollte er fragen, stattdessen schwappte ihm ein Schluck säuerlich-ätzenden Magenbreis in den Mund und machte ihn husten und würgen.
„Bleiben Sie ruhig sitzen“, sagte der Obergreis zu seiner Rechten höflich und wies über seinen Kopf hinweg, „Sie wiegen genau 350 Kilogramm und 673 Gramm.“ Da brauchen Sie sich nicht mehr zu bewegen.“
„Fett genug!“
„Fett genug!“
„Ja, fett fett fett!“
Wieder überschlugen sich die krähenden Stimmen, bis der Obergreis ihnen das Wort mit einer scharfen Geste abschnitt und sich wieder dem Gast zuwandte.
„Haben Sie vielen Dank für Ihren Genuss. Wenn Sie nun gestatten, wären wir an der Reihe, Herr … wie heißen Sie eigentlich?“
„Schlachte die Sau! Schlachte die Sau!“, johlte es kreidetrocken durch den Saal. Während er sich verzweifelt an seinen Namen zu erinnern versuchte, merkte er nicht, wie der Diener sich an seiner Seite positionierte und ein scharf blitzendes Fleischermesser an seine doppelkinnbeschürzte Kehle legte.

 
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Hej Laczek,

ich bin voll auf dich hereingefallen. Deine vorige Geschichte im Hinterkopf stürzte ich mich auf deine "Götterspeise" und spätestens ab hier

Nun erst, nachdem er sich in das weich gepolsterte, schmiegsam nachgebende Möbelstück fallengelassen hatte, sich davon schlucken ließ, offenbarten sich ihm die menschlichen Züge seiner Gastgeber, und er staunte nicht übel: Staubatmende Fossilien waren sie, lebende Mumien, unsagbar alt, zerfurcht, zerklüftet und ausgemergelt, die Gesichter wie nach innen gewachsen; lose Gerippe, nur noch vom schwarzweißen Stoff ihrer Anzüge und Kleider zusammengehalten, einer vom anderen, eine von der anderen kaum zu unterscheiden.

war ich kurz davor abzubrechen. Was ja ein Kompliment an deinem Stil ist, mit dem du überaus spannend aufbaust und enorme Bilder in mir hervorrufst, vor denen ich mich gruselte.

Deine "Hänsel und Gretel-Neuauflage" war derart detailliert und kontrovers beschrieben, dass einem das Wasser im Mund hätte zusammenlaufen können, wenn "ich" nicht in einer solchen Umgebung hätte sitzen müssen.

Sogleich eilte der Diener mit einem behaubten silbernen Tablett herbei, drapierte es diskret vor ihm auf dem Tisch, und enthaubte es.

Ein Tablett zu be- und enthaupten erscheint mir etwas lächerlich. Soll ich mich hier durch Humor entlasten?:hmm:

Jedenfalls bin ich am Ende ziemlich erschlagen von den Bildern und der Wortgewalt (im deutlichsten Sinne) und es stört mich nicht die Bohne, dass ich keine Ahnung habe, was hier los war.

Freundlicher Gruß, Kanji

 
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Hallo Laczek,

die Idee ist mir schon einmal begegnet, Roald Dahl, Lamm Amirstan. Spezialität des Hauses. In diesem Lokal werden ausgewählte Gäste mit besonders schmackhaften "Lammfleisch" geködert, bis sie selbst als Lamm Amirstan auf dem Teller landen.

Bei dir wirkt die Geschichte etwas unentschlossen zwischen Horrorscenario und Satire. Der sanfte Schrecken wie bei Dahl erzielt bei mir mehr Schauer als der plakative Ekel über eine Gesellschaft von Mumien. Diese erinnern mich wiederum an "Tanz der Vampire".

Es sind schon starke Bilder dabei, die für mich besser zur Geltung kämen, wenn du den Tag "Satire" in den Vordergrund stellen würdest.

Ein wahrer Kenner von Genuss und Rezepten ist josefelipe, dessen Begutachtung ich zu gerne erfahren würde.

Nebenbei bemerkt, dieser Text ist ein ziemlicher Kontrast zu deinem ersten Text vor ein paar Tagen. Hast du noch mehr Überraschungen auf Lager? Warum nicht. Ich würde sie lesen.

Freundlicher Gruß
wieselmaus

 

Hei Laczek,
ich mach es kurz: Es war ein Genuss, dieses wortgewaltige Spektakel zu lesen. Man kann es ja durchaus mit den Adjektiven übertreiben, aber hier hat es mich nicht im geringsten gestört, das hat einfach gepasst. Zugegeben, ich fühle mich nun auch etwas erschlagen, aber im positiven Sinne. Bis zuletzt bin ich zwar davon ausgegangen, dass es sich um Vampire handelt, aber sei's drum, mir hat's gefallen.
Über das ein oder andere Adjektiv bin ich zwar gestolpert, aber bei der Fülle kann ich mich beim besten Willen nicht mehr dran erinnern, welche das waren.
Im Gegensatz zu Kanji hat mir das enthauben des Tabletts gefallen, hättest du es enthauptet, wäre ich aber vermutlich ebenso verwirrt ;)

Liebe Grüße,
Sommerdieb

 

Ein wahrer Kenner von Genuss und Rezepten ist @josefelipe, dessen Begutachtung ich zu gerne erfahren würde.

Hier muss ich leider passen. Die Geschichte gefällt mir nicht. Sie ist eher das Protokoll einer Turbomast.

 

Erwischt :D, lieber Sommerdieb

Asche auf mein Haupt , Kanji

 

Hallo Laczek!

Mir ging es anfangs ähnlich wie Kanji, auch ich war kurz davor abzubrechen. Was eigentlich merkwürdig ist, denn vom Schreibstil her habe ich vor kurzer Zeit ähnlich wortgewaltige Szenarien beschrieben. Diese überbordenen Bilder können ein sehr guter Weg sein, um eine Passage sehr deutlich darzustellen. Ich selber habe aber selber - schmerzhaft :D - lernen müssen, dass zuviel davon die Geschichte schnell ins Lächerliche rücken kann. Ich versuche das mal mit einem Beispielsatz zu verdeutlichen:

Der ganz in schattiges Samtrot gekleidete Saal wölbte sich wie ein unersättlicher Magen über einer größenwahnsinnig großen, schwarz gedeckten Festtafel, deren Ende sich in unsichtbaren Fluchten verlor, und ihren zu Silhouetten verdunkelten Anhängseln, die wie Gliedmaßen aus ihrem Rumpf wuchsen und die Luft mit ausgelassen dröhnendem Stimmgewirr schwängerten.

Kennst du den spanischen Schriftsteller Carlos Ruiz Zafón? Er hat meiner Meinung nach ein sehr gutes Gleichnis zwischen naturgetreuen Beschreibungen und denen, die so nicht existieren, aber in der Breite des Textes funktionieren, weil sie auf eine neue Ebene gebracht werden und dadurch anders verstanden werden. Damit will ich nicht sagen, dass ich deine Formulierungen nicht natürlich finde, aber sie sind an manchen Stellen einfach zu überladen. Die Kunst ist meiner Meinung nach, die Situation so zu beschreiben, wie sie ist, und nicht weitere Details, die im Großen und Ganzen eher nebensächlich sind, in die Formulierungen mit einfließen zu lassen.
Das war's von meiner Seite. Ich hoffe, du konntest etwas mit meinen Gedanken anfangen :)

liebe Grüße,
SCFuchs

 

Moin Laczek,

+1 kann ich nur sagen.
Zu Beginn habe ich mich selbst bei einem geschnauften "Och, nööö ..." erwischt.
Die anfangs für mich extrem geschwollene Ausdrucksweise und die geradezu überladen bildhafte Sprache hat dem ganzen erstmal einen Dämpfer verpasst.

Gut, dass ich weitergelesen habe!!!

Aus dem Lesefluss wird mit jeder Zeile immer mehr ein reißender Lesestrom. Der Stil treibt einen geradezu vorwärts, was ja auch ganz im Sinne der Geschichte ist.
Viele Bilder sind wirklich verdammt gut gelungen.

Mehr Frack, als Mensch
Gesichter, wie nach innen gewachsen

Ich kam mir vor, wie in einer alptraumhaften Muppetsshow.

Irgendwie habe ich beim Lesen fast so etwas wie eine Melodie wahrgenommen, und merkwürdigerweise kamen alle Dialogzeilen bei mir im Kopf gesungen an :D

Kann nur sagen, ein opulentes Mal mit zentnerschweren Bildern und einer (Achtung, jetzt wird's geschwollen: ) "Tim Burton'schen barocken Dekadenz".

 

Hallo @Laczek

Endlich habe ich diesen Text wieder gefunden. Ich bin zwar ein paar Jahre zu spät, möchte aber trotzdem einen Kommentar dazu hierlassen. Deine Geschichte habe ich bereits gelesen, als sie noch ganz neu war. Sie hat einen bleibenden Eindruck hinterlassen, sodass ich nach so langer Zeit immer noch daran denken muss.
Das liegt vielleicht daran, dass mir bisher noch kein Schreibstil dieser Art untergekommen ist. Es kann leicht außer Kontrolle geraten, wenn man viele kräftige Beschreibungen verwendet. Aber hier ist das so gezielt gemacht, dass die Geschichte nur dazugewinnt. Es ist fast so, als wäre es der Text selbst, der Hunger nach üppigen, saftigen Wörtern hat.

Es gefällt mir gut, dass im Laufe der Geschichte immer wieder Hinweise auf das Ende verstreut sind. Die gruselige Stimmung steigt unaufhaltsam, je weiter man liest. Ich hatte den Eindruck, vom Text hineingesaugt zu werden, so als könnte ich wie die Hauptperson nicht einfach wegrennen.

Es ist schade, dass du nach deinen zwei außergewöhnlichen (und sehr verschiedenen) Geschichten so plötzlich wieder aus dem Forum verschwunden bist. Ich hätte gerne mehr von dir gelesen.

Viele Grüße
Michael

 

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