Was ist neu

Future

Wortkrieger-Team
Seniors
Beitritt
31.01.2016
Beiträge
2.217
Zuletzt bearbeitet:

Future

Das Förderband bewegt sich schon seit einigen Minuten im Kreis. Ein Koffer aus abgewetztem Kunstleder liegt darauf, mit mehreren Gurten zusätzlich zusammengehalten, und fährt immer wieder aufs Neue an mir vorbei.
Einige Frauen stehen drumherum, die meisten betrachten ihre Mobiltelefone, während sie warten.
Die Kinder nutzen nach dem fünfstündigen Flug aus Hamburg den Platz und laufen auf der freien Fläche lachend durcheinander.
Albanien ist kein beliebtes Reiseziel. Am Abflugterminal ist mehr Betrieb. Ich bin noch nie zuvor in Tirana gewesen. Das war überhaupt mein erster Flug. Noch vor wenigen Jahren habe ich keinen Gedanken daran verloren, überhaupt aus Hamburg herauszukommen, aus meinem Ghetto im Süden der Stadt.
Es gab nur mich, meine Mutter, meinen Vater, meinen Großvater und den ganz normalen Wahnsinn meines Alltags.

"Weißtu, min Jung', is' nich' immer mies im Leben. Du musst aufpassen, was dir so unnerkommt auf dei'm Weg. Auf einmal isse da, die Changce. Die musst' erkenn' und zu pack'n! Und imma anständich bleib'n. Is' ja nich' so, dass wa alle die gleich'n Möglichkeit'n mitkrieg'n, sind auch nich' alle gleich schlau", er tippte sich mit dem Finger an die Stirn, "weißtu, was ich mein'? Du bist 'n plietsch'n Jung'."
Dann nahm Opa mich an die Hand und wir gingen gemeinsam runter zum Fluss.
Er zeigte mir, wie man Segel ausbesserte und Löcher im Rumpf von Booten stopfte.
Wir fuhren über den Fluss und meine Sehnsucht nach Abenteuer fuhr voran.
Nach Großvaters Tod bin ich dann an manchen Tagen, an denen ich den Fäusten meines Vaters nicht schnell genug ausweichen konnte, allein hinunter zum Fluss gegangen, träumte mich fort und kühlte mein geschundenes Gesicht im Elbwasser. Dabei hatte ich meist noch Vaters Gebrüll im Ohr:
"Ey! Ho' ma' Kippen", lallte er vom Sessel aus und fuchtelte mit seinen dürren Armen herum, wobei leere Bierflaschen umfielen und die lange Asche seiner Zigarette auf den Teppich fiel.
"Kein' Zeit. Mach' was für die Schule, Mann."
Dann sprang er auf und stolperte auf mich zu: "Schaffst doch eh nix, du kleiner Scheißer! Und jetzt verpiss' dich und hol' meine Scheißzigaretten!" Dabei streifte seine Faust meinen Hinterkopf, denn ich ahnte den Angriff und drehte mich schnell zur Seite. Wir fielen beide zu Boden. Bevor ich aufstehen konnte, griff er mir in die Haare und zerrte daran. "Und die schneid' ab, Mann! Siehst aus wie deine Mudda, die ... !" Mit diesen Worten löste fast schlagartig Traurigkeit seine Wut ab und er ließ lockerer.
Ich nutzte die Gelegenheit, rappelte mich auf und rannte aus der Wohnung.
Meine Mutter war da erst vor kurzem abgehauen. Ihre Haare hatten die gleiche rotblonde Farbe wie meine.
Eines Morgens lag ein kleiner Zettel, ausgerissen aus meinem Schulheft, auf der verblichenen Küchentischdecke mit den aufgedruckten Früchten. Ein getrockneter Kaffeefleck in Form einer Wolke zierte das letzte Wort auf dem Papier.
'Pass' gut auf dich auf, mein Süßer.'
Mehr stand nicht darauf. Eine Weile dachte ich, sie hätte mich damit gemeint. Wahrscheinlich, weil ich den Zettel gefunden hatte, aber bald war ich mir nicht mehr so sicher.

An einem dieser Sommertage saß ich wieder einmal in der alten Segeljolle, die am Ufer im hohen Schilf liegengelassen wurde, gleich neben Opas Verschlag am alten, verlassenen Zinnwerk. Die Außenwand der Jolle hatte mehrere kleine Löcher.
In Gedanken segelte ich darin weit fort. Das Boot wurde, zumindest in jenem Sommer, mein Zuhause. Ich ging nur zum Schlafen in die Wohnung und mit etwas Glück schnarchte der Alte dann schon längst auf dem Sofa. Ich habe ihn nie wieder im Schlafzimmer liegen sehen.
Im Schilf raschelten die Stockenten. Ich warf mit Steinen nach ihnen. In immer kürzeren Abständen, immer größere Steine. Nach einer Weile fiel mir auf, dass keine einzige, verdammte Ente aufflog.
"Hey! Komm' 'raus da! Hör' doch, dass wer drin ist!" Ich vermutete einen Penner im Dickicht.
"Nun mach' schon, sonst komm' ich hin und schlag' dir den Schädel ein!"
Ich nahm den größten Stein, den ich finden konnte, und schleuderte ihn ins Röhricht. Das dumpfe Geräusch hörte sich nach einem Treffer an und der unterdrückte Aufschrei bestätigte meine Vermutung.
Der Junge blutete an der Stirn, als er langsam auftauchte.
"Was hast du denn hier zu suchen?" Wir sahen uns an. Ein Rinnsal aus Blut lief ihm über die dichte, dunkle Augenbraue und er wischte langsam mit seinem Ärmel darüber. Dabei verschmierte er es flächig. So getroffen, wie er vor mir stand, mit hängenden Schultern und leicht vorgebeugtem Oberkörper, erregte er Mitleid. Ein Penner war er aber nicht.
"Wo kommst' 'n her, Mann? Sach' doch ma' was, du Spinner!"
Er war kleiner als ich, aber ungefähr genauso alt, keine fünfzehn Jahre.
"Albanien", sagte er leise.
"Ey Alter, das mein' ich nicht. Ich will wissen, wieso du da im Schilf steckst, du Idiot!"
Der Getroffene fuhr erneut mit dem Handrücken über die Seite des Gesichts, die vollgeschmiert war mit einem Gemisch aus Blut und Tränen.
"Nix gut in Lager." Er sprach sehr leise und sein Akzent war ausgeprägt. Ich musste mich anstrengen, ihn zu verstehen und beugte mich deswegen weiter vor, was ihn einen Schritt zurück ins Schilf trieb.
"Was 'n für'n Lager?" Ich hatte keine Ahnung, wovon er sprach.
"Wohn' in Heim. Viele Mensch. Nix gut." Er trat einen weiteren Schritt zurück, eine Ente flatterte erschrocken auf und landete gleich im Wasser in Ufernähe. Er zuckte zusammen und sprang wieder ein Stück vorwärts.
"Nix gut. Nix gut", imitierte ich ihn, "bei mir ist auch nich' alles gut. Springe ich deswegen wie 'ne blöde Ente im Schilf 'rum?"
Mit seiner geduckten Art machte er mich wütend. Ich ging auf ihn zu und er hob den Unterarm schützend über seinen Kopf.
"Alter! Krieg' dich ein. Hier!" Ich reichte ihm ein zerknülltes Papiertaschentuch, dass ich in meiner Hosentasche hatte. Er nahm es und hielt es sich an die blutende Stelle der Stirn. Da er harmlos zu sein schien, setzte ich mich wieder ins Boot. Ich hätte nicht gewusst, wohin ich mich sonst setzen sollte. Der Typ platzierte sich dazu und wir starrten beide abwechselnd auf die Wellen im Fluss und in die Wolken. Ich hielt es wie Opa früher und schwieg.
"Ich Daniel", meinte der Junge nach einer Weile. Da es mir total gleichgültig war, nickte ich nur.
"Du?" Er redete immer noch leise.
"Wieso willste 'n das wissen? Hau ab, Mann!", brüllte ich ihn an, drehte ihm demonstrativ den Rücken zu und hoffte, er würde gehen. Hatte schon genug eigene Probleme.
"Ich aus Albanien weggehen. Nix Flüchtling. Future. Want future. Alle gehen Deutschland." Er wurde lauter.
"Brüll' nich' 'rum! Zukunft. Wovon redest du? Glaubst du, deine beschiss'ne Zukunft findste hier? Hier ist alles easy? Vergiss es, Alter!"
"Komm! Machen Boot gut. Future." Er strahlte über das sonnengebräunte Gesicht. Seine Augen leuchteten und er sprang auf.
Langsam nervte mich der Typ. Ich stieg aus, ging an ihm vorbei, ohne ihn noch einmal anzusehen, und machte mich auf den Weg zurück in die Siedlung.

Als ich am nächsten Tag zur Jolle kam, war Daniel schon da. Ich hatte die Schule geschwänzt, denn der Alte hatte mich am Abend zuvor abgepasst. Mit dem geschwollenen Gesicht wollte ich mich nicht bei meinem Lehrer blicken lassen.
Daniel kniete im Boot.
"Machst 'n da?"
Er drehte sich zu mir um und lächelte breit, als hätte er eine Wette gewonnen.
Auf seiner Stirn klebte ein braunes Pflaster.
"Boot gut."
Mit einer Rolle Leukoplast in der Hand fummelte er an den Löchern herum. Ein guter Trick, um kleine Löcher im Boot einen Sommer lang zu kitten. Bestimmt hatte er es aus dem Verbandkasten des Flüchtlingsheims geklaut.
Ich hatte Zwirn und einen Kerzenstumpen dabei und wollte damit das Segel flicken. Daniel werkelte still weiter und auch ich machte mich an die Arbeit. Das Wetter war für norddeutsche Verhältnisse schon längere Zeit schön. Ein guter Sommer.
"Ben. Das is' mein Name."
Daniel nickte.
"Du so Stein in Gesicht?", fragte er, zeigte auf die geschwollene Stelle an meinem Wangenknochen und zwinkerte. Mehr redeten wir nicht.
Wir beendeten unsere Arbeit abrupt, als es plötzlich wie aus Kübeln zu regnen begann. Da liefen wir los und stoppten erst, als wir völlig durchnässt und außer Atem am Wochenmarkt in meiner Gegend ankamen.
"Komm! Jetzt machen wir erst mal Mittag." Ich kannte mich gut aus, um zu wissen, wo ich was mitgehen lassen konnte, ohne aufzufallen. Vielleicht drückten die alten Marktbeschicker auch ein Auge zu. Man kannte meine Familie hier in der Siedlung. Daniel verhielt sich clever. Es schien auch nicht sein erster Diebstahl zu sein.
Kurze Zeit darauf saßen wir im Unterstand beim alten Kinderspielplatz, auf dem schon lange keine Kinder mehr spielten und verdrückten, was wir ergattert hatten.
"Albanien nix Krieg, nix Hunger. Albanien gut. Meer und Sonne und so. Nix Horror. Alle Menschen frei so in Tirana. Aber Politik so", meinte Daniel und zeigte mit seinem Daumen nach unten. "Future in Deutschland! Alle gehen!" Er breitete seine Arme zu beiden Seiten weit aus. Er benutzte überhaupt sehr viel seine Arme beim Reden. Und immer leuchteten seine hellbraunen Augen dazu.
"Wie bist 'n hergekommen?", fragte ich und kaute währenddessen auf einer salzigen Dauerwurst herum. Ich hatte schon von lebensgefährlichen Überfahrten auf überfüllten Booten gehört.
"Italia auf Fähre, dann so mit Zug. Deutschland perfect." Seine Augen wurden wieder groß und leuchtend, aber das erwähnte ich ja bereits.
"Essen nix gut." Er lachte, spuckte gespielt angewidert die Wurst aus und es klang nach Freude und Abenteuerlust, nach Freundschaft und nach Zukunft. Ich spuckte meinen zerkauten Wurstbrei demonstrativ dazu. Darüber lachten wir beide, bis uns die Tränen kamen und er einen Arm über meine Schultern hängte, dass ich Mühe hatte, mich auf den Beinen zu halten.
Ich hatte schon mitbekommen, dass Container auf der Wiese standen, wo früher manchmal der Zirkus gastierte, sah auch die, die dort ankamen. Es war mir aber egal, woher die kamen oder was die hier wollten. Ich dachte, die flohen alle vor irgendeinem Krieg.
Wir gingen zu Großvaters alten Schuppen. Es war nur ein Bretterverschlag mit einem Vorhängeschloss den man vergessen hatte, wie so ziemlich alles hier unten am Fluss. Dort bewahrte er auf, was wir zum Segeln benötigten. Wir stöberten darin herum.
"Jetzt mal ehrlich. Was willste denn hier machen? Im perfekten Deutschland?"
"Hier alles sauber. Immer Strom in Haus. Alle haben Wasser, Wohnung. Ich nix viel wollen. Leben muss gut sein. So." Er betrachtete dabei eine alte Taschenlampe, die er im Regal gefunden hatte, leuchtete damit in mein Gesicht und amüsierte sich.
"Mehr nicht? Ich mein', viel will ich auch nicht. Ehrlich gesagt, habe ich noch nie darüber nachgedacht. Mir würde es ja schon reichen, wenn der Alte friedlich bleibt und mich nicht vermöbelt."
Daniel klappte eine verrostete Liege auseinander und legte sich darauf.
"Gut für schlafen!", meinte er, schloss ein Auge und begann laut Schnarchgeräusche zu imitieren, um kurz darauf schallend zu lachen.

Daniel ging nicht mehr in das Heim für minderjährige Flüchtlinge zurück. Er richtete sich im Schuppen ein, bis ich einige Tage darauf mit einer Tüte Lebensmitteln zurückkam und wir die Jolle ins Wasser schoben. Niemand würde sie vermissen. Uns auch nicht. Zumindest nicht die ersten drei Tage. Danach würde sich vielleicht das Sekretariat der Schule bei meinem Alten melden. Aber bis dahin könnten wir schon auf der Nordsee sein.
Daniel saß am Ruder und ich stieß das Boot ab. Es war schon Abend, wir hatten ablandigen Wind und kamen schnell voran. Erst über den Nebenarm durch die Schleuse und dann auf den breiten Fluß.
Die erste Zeit hatten wir gut zu tun, uns um die Barkassen und Containerschiffe zu manövrieren. Daniel kannte sich glücklicherweise auch auf dem Wasser aus. In seiner Heimat war sein Großvater Fischer gewesen und Daniel fuhr einige Male mit ihm zusammen aufs Meer.
So hatten wir ein paar Stunden, um zu vergessen, woher wir kamen.
Wir waren zwei Fünfzehnjährige, die im Sommer auf der Elbe segelten.

"So langsam krieg' ich echt Hunger. Woll'n wir nich' mal irgendwo anlegen. Is' ja auch schon spät. Glaub' ich."
An einer nahegelegenen, größeren Insel machten wir fest und richteten uns am Strand ein Lager ein. Hier kümmerte sich niemand um Inselpflege. Unkraut wuchs rundherum und. Sie machte einen ungenutzten Eindruck und wir fühlten uns wie Gestrandete auf einer einsamen Insel im Pazifik. Daniel sammelte kleine Hölzer, die überall herumlagen, und ich hatte ein Feuerzeug in der Hosentasche. So konnten wir ein kleines Lagerfeuer entzünden. Wir aßen, was ich eingepackt hatte: Wurst und Brot, die wir auf Stöcke spießten und ins Feuer hielten. Währenddessen rauchte ich die Zigaretten meines Alten, fühlte mich frei und erwachsen.
"Meine Familie in Shkoza. Nix Wasser, nix Strom. Haus so aus Holz und Teppich und so. No future. Ich geh' zu Schule, Schule so schwer. Alle Kinder böse, weil ich nix gut." Er hielt sich die Nase zu. "Nix Bad in Haus. Müssen alle Flasche sammeln, so verkaufen."
Während ich schon vor mich hindöste, an dem Zigarettenfilter nuckelte, den Sommerabend am Strand genoß, redete Daniel ununterbrochen. Albanien wäre ein kleines Land. Jeder kannte mittlerweile jemanden, der nach Deutschland gegangen war und erzählte, wie toll es dort wäre. Ich ließ ihn reden, bis er meinte: "Siehst du aus wie Baby mit Finger in Mund."
Das genügte, um uns wild aufeinander zu stürzen und uns müde zu raufen, bis wir am erloschenen Feuer einschliefen.

Der Hunger weckte uns am späten Morgen und auf der Suche nach Möglichkeiten, etwas zu essen zu finden, fanden wir nur einen alten Zigarettenautomaten, der ungefähr hundert Meter landeinwärts zwischen Brombeerbüschen vergessen wurde. Während ich von den süßen Früchten naschte und mich beinahe gewohnheitsmäßig mit meinem Taschenmesser am Automaten zu schaffen machte, inspizierte Daniel weiter das Gelände. Hinter einer Anhöhe aus Laubbäumen und Gestrüpp sah er den Stacheldrahtzaun und kam zurück gelaufen. Ich erinnerte mich, dass Großvater von einer Gefängnisinsel erzählt hatte, auf der sich eine Jugendstrafanstalt befand. Das flache Gebäude war von hier aus nicht sichtbar. Dennoch brüllte, wie aus dem Nichts, ein Uniformierter, der am Zaun patrouillierte: "Hey, was macht ihr denn hier? Stehen geblieben!"
Das taten wir natürlich nicht, sondern wir liefen, so schnell zwei Jungen laufen konnten, zurück zu unserem Fluchtboot und fühlten uns wie zwei Ganoven in einem amerikanischen Kinofilm.

"Mein Alter schlägt mich tot, wenn ich wieder zu Hause bin", ging es mir durch den Kopf und sagte es mehr zu mir selbst, als ich wir wieder im Boot saßen. Zurück auf dem Fluss war die Abenteuerlust auch bald verflogen. Wir steuerten auf den Deich an der anderen Seite des Flusses zu und ließen uns im Schilf davor treiben. Hier wehte kein Wind und alles war still. Kein Boot weit und breit, auch keines von der Polizei, dafür war es dort viel zu flach, das Schilf zu hoch und unsere Jolle nicht zu sehen.
So lag ich auf dem Rücken, rauchte und dachte nach.
"Ich nicht zu Hause. Future hier!" Daniel dachte offenbar dasselbe.
Welche Zukunft sollte das sein? Welche Möglichkeiten sollten das sein? Im Problemviertel der Stadt? Und welche hatte dann erst Daniel?
"Haben Chance", sagte er, als könnte er Gedankenlesen, aber sein strahlendes Lächeln könnte ich nicht sehen im Gegenlicht.
"Wir können ja hier nich' ewig 'rumsegeln", gab ich zu bedenken, schnippte die Zigarettenkippe ins seichte Wasser und verschränkte die Arme hinter dem Kopf, sah in den Himmel, die Wolken schnell ziehen.
"Mensch, überleg' doch mal! Wir sind zu jung. Mich stecken die ins Heim oder in 'n Jugendknast da auffa Insel und dich schicken sie zurück nach Armenien."
"Albanien."
"Sag' ich ja."
Am Deich angelangt gingen wir an Land. Hier war nicht viel los. Nur ein wenig besuchter Imbissstand und als es dunkel wurde, brach ich das Schloss daran auf.
Hier konnten wir uns erst einmal satt essen mit Lebensmitteln aus Konserven und Eiscreme.
Wir konnten kaum noch stehen.
"Wenn ich jetzt mal ganz ehrlich sein soll, dann könnt' ich auch weiter zur Schule gehen. Mach'n Abschluss und dann guck' ich mal." Das hörte Daniel aber schon nicht mehr, denn er war im hohen Gras neben mir eingeschlafen. Es wurde auch wieder langsam hell und ich erwachte erst, als ein Polizeiwagen neben uns hielt.

Ich nehme meinen Koffer vom Förderband und gehe zum Ausgang des Flughafenterminals. Die Kids, mit denen ich als Streetworker arbeite, müssen sich mal zwei Wochen ohne mich durchschlagen. Ich sehe Daniel mit ausgebreiteten Armen auf mich zukommen.
"Hey, mein Freund!" Sein strahlendes Lächeln ist unverändert. Wir umarmen uns und halten einander lange fest.
"Gut, dass du in mein Land gekommen bist!"
"Gut, dass du meine Sprache gelernt hast!"
"Die und noch viel mehr. Ich lebe anständig. Ich werde dir zeigen, wovon ich dir erzählt habe."

Auch ein weißer Mischlingshund freut sich und springt an mir hoch.
"Das ist Future", sagt Daniel lachend.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hej,

während es mir bislang darum ging, eine Atmosphäre zu schaffen, eine Stimmung zu erzeugen, habe ich dieses Mal den Focus auf die Geschichte gelegt und bin (natürlich) unschlüssig, ob es so gehen könnte.
Ich freue mich schon auf eure Hilfe und Hinweise.

Einen schönen Tag für alle (bin heute spendabel:lol:), Kanji

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Kanji,

imöchte dir meine allerersten Eindrücke schildern, also mal das tun, was hier immer empfohlen wird.

Ich habe deine Geschichte in einem Zug von vorne bis hinten gelesen. Bisher allerdings nur einmal.

Die Flughafenszene würde ich im Präsens schreiben. Da hättest du dann einen Standort, von dem aus du denen Prot zurück und nach vorne blicken lassen könntest.

Die Familiengeschichte könnte mMn kürzer ausfallen, die miesen Verhältnisse sind so ähnlich allzu bekannt. Dem Opa hast du ja Raum in der Flughafengeschichte gewidmet.

Die Begegnung mit dem Roma-Jungen gefällt mir insgesamt gut, bis auf Kleinigkeiten, die ich aber jetzt nicht aufzählen möchte. Dazu müsste ich aber selber nochmals gründlicher in den Text einsteigen. Und vielleicht ändert sich beim zweiten Mal Lesen der Eindruck.

Den Schluss finde ich inhaltlich etwas problematisch. Roma haben bei ihrer Rückkehr leider in der Regel keine solchen Chancen, die du Daniel (ist das ein Roma-Name?) zubilligst. Und leider weiß ich nicht, ob Roma eine solch intensive Förderung in Deutschland erfahren, dass sie in ihrer alten Heimat sich so gut etablieren können.
Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass Ben, der spätere Streetworker, für seine Arbeit in Albanien recherchiert und sich ein hoffnungsvolles Szenario ausmalt, wie die Begegnung mit Daniel aussehen könnte.

Ich finde, du hast ein sehr wichtiges und aktuelles Thema aufgegriffen, das uns noch lange beschäftigen wird.
Ich bin gespannt auf weitere Kommentare

Herzliche Grüße
wieselmaus

 

Hallo Kanji,

während es mir bislang darum ging, eine Atmosphäre zu schaffen, eine Stimmung zu erzeugen, habe ich dieses Mal den Focus auf die Geschichte gelegt
Das eine schließt das andere doch nicht aus … :Pfeif:

Mir gefällt die kleine „Aussteiger“-Geschichte. :thumbsup:

Ähnlich wie Wieselmaus denke ich aber auch, dass das mit Roma und Unterstützung in Deutschland so vielleicht nicht ganz realistisch ist.
Auch denke ich, dass du die aktuelle Handlung am Anfang und am Ende (Flughafenszene) im Präsens schreiben soltest.

Was Textliches:

vielmehr hat er mit ihm Nähe und Fürsorge erfahren, er ihn an manchen Sommernachmittagen abholte aus dem aggressiven Dreiergespann in der sechzig Quadratmeter großen Wohnung im zwölften Stockwerk
Den Sinn habe ich beim zweiten Lesen verstanden. Ich dachte zuerst, Ben hatte den Opi abgeholt, denn das „er“ bezieht sich ja auf das vorherige „er“, das eindeutig der Opa ist. Besser wäre vielleicht: „wenn Ben von ihm abgeholt wurde“ o.ä.

Wir haben alle die gleiche Chance. Nicht die gleichen Fähigkeiten, nicht die gleichen Möglichkeiten, aber eine Chance auf ein anständiges Leben.
Ich würde anstatt „Möglichkeiten“ besser „Voraussetzungen“ sagen. „Chance“ ist ja ein Synonym für „Möglichkeiten“, deshalb passt das m.E. nicht.

Der war kein Mann vieler Worte,
Vorher:
denn nicht durch reden ist er Ben in Erinnerung geblieben,
Einmal könnte reichen.

"Du Stein in Gesicht?" , fragte er, zeigte auf die geschwollene Stelle auf Bens Wangenknochen und zwinkerte. Mehr redeten sie nicht.
Sehr schön.

Daniel ging nicht in das Heim für minderjährige Flüchtlinge zurück.
Wieso erwähnt Daniel seine Eltern eigentlich nicht? Wo sind sie?

"Ich will ja nichts sagen, aber ich weiß nicht, ob ich mehr Hunger oder mehr Durst habe. Wollen wir nicht mal irgendwo anlegen?"
Ben war ein schmaler, magerer Junge.
Den zweiten Satz, diese Erklärung, finde ich hier etwas unelegant. Könnte man sicher schon vorher einbauen, wo es heißt, sie sind etwa gleichaltrig.

Das genügte, um sich wild schreiend aufeinander zu stürzen und sich müde zu raufen, bis sie am erloschenen Feuer einschliefen.
Gefällt mir ;)

Als es hell wurde, waren sie müde und es dauerte nicht lange, da schliefen sie ein und wachten erst wieder auf, als ein Polizeiwagen neben ihnen hielt.
Sehr gut geschrieben, so ganz nebenbei am Ende erwähnt, dass die Polizei kommt.

"Das ist future", sagte Daniel lachend.
Hast du future extra klein geschrieben wegen Bezug zu oben?

Gut gemacht. :thumbsup:

Schönen Tag noch.

Liebe Grüße,
GoMusic

 

Liebe Kanji,

ich gebe dir mal meinen ersten Eindruck deiner modernen ‚Tom und Huck’-Variante wieder:

Die Idee finde ich sehr gut und die Ausführung in weiten Teilen ebenfalls.

Mit dem Anfang hatte ich allerdings einige Schwierigkeiten:

Wir haben alle die gleiche Chance. Nicht die gleichen Fähigkeiten, nicht die gleichen Möglichkeiten, aber eine Chance auf ein anständiges Leben. Die haben wir alle.

Ben steht im Flughafen und wartet auf seinen Koffer, während er daran denkt.
Wie ein Mantra gingen ihm Großvaters Worte durch den Kopf.


Ich frage mich: Haben wir wirklich alle die Chance auf ein anständiges Leben? Gerade, wenn ich an die Roma denke (und da kenne ich mich recht gut aus), sehe ich diese Chance auf ein anständiges Leben, zumindest hier in Ungarn, absolut nicht für alle. Und da wird diese Aussage für mich dann fragwürdig, auch wenn du sie den Großvater sagen lässt. Er kann natürlich sagen und denken, was er möchte. Aber ich kann seine Worte nicht bestätigen. Wenn dort statt Chance ‚Recht’ stünde, würde mir dies persönlich besser gefallen.

...während er daran denkt.
Ich habe mich bei diesem Halbsatz gefragt, worauf ’daran’ verweisen soll. Denn dass das die Worte (das Mantra) des Großvaters sind, sagst du ja erst danach. Ich hielte es für besser, wenn du hier schreiben würdest:

… während er an die Worte seines Großvaters, die ihm wie ein Mantra durch den Kopf gehen, denkt ….
Dann hättest du den guten Vorschlag von GoMusic mit dem Präsens aufgenommen und könntest in der Vergangenheitsform fortfahren.

Mit dem Vorspann geht es mir wie wieselmaus: Er scheint mir zu lang und zu ausführlich. Hier würde ich kürzen, um das Augenmerk des Lesers noch stärker auf die Geschichte der beiden Jungen zu lenken. Stark finde ich deine Geschichte nämlich an all den Stellen, an denen es nur um die beiden geht: als sie sich treffen, als sie sich einander allmählich nähern, als sie das Boot flicken und damit losfahren und zum Schluss auf der Insel. Das ist eine wirklich schöne Geschichte. Und die Begegnung der beiden kommt für mich auch sehr glaubwürdig herüber.

Nur mit dem Schluss kann ich mich nicht so recht anfreunden:

Als er volljährig war, ist er zurück gegangen nach Albanien. Er hatte eine gute Zeit in Deutschland, stand unter besonderem Schutz und musste kein Asyl beantragen. Er hat die deutsche Sprache schnell gelernt und eine Ausbildung in einem Restaurant absolviert. Jetzt führt er ein anständiges Leben.
Neben dem kleinen Zeit-Chaos (Perfekt, Prät., Perfekt, Präsens) kommt mir dieser Teil vor wie der Nachspann eines Filmes. Dem Zuschauer/Leser wird nun gesagt, wie alles weitergegangen ist.
Eventuell ließen sich die Informationen über das weitere Leben der beiden in einem Dialog bei ihrer Begegnung am Flughafen vermitteln. Dann würde dem Schluss dieses Erklärende genommen.

Zur Grammatik noch kurz: Du schreibst den Hauptteil in der Vergangenheit. Da sollte das Vorzeitige mMn im PQP stehen, nicht im Perfekt.

Er konnte sich nicht an viele Aussagen seines Großvaters erinnern, denn nicht durch reden (Reden) ist (war) er Ben in Erinnerung geblieben, vielmehr hat (hatte) er mit ihm Nähe und Fürsorge erfahren, wenn er ihn an manchen Sommernachmittagen abholte (abgeholt hatte)
Mit dem ‚er’ musst du hier nachbessern: Einmal ist damit Ben gemeint, einmal der Großvater.

Nach dem Tod des Großvaters ist (war) Ben dann an manchen Tagen, an denen er den Fäusten seines Vaters wieder nicht schnell genug ausweichen konnte, allein hinunter an den Seitenarm vom Fluss (des Flusses) gegangen,

Mit seinem Großvater ist (war) er oft auf dem Fluss gefahren. Der war kein Mann vieler Worte, aber über (das) Segeln hat (hatte) er ihm eine Menge beigebracht und die Sehnsucht nach Abenteuer und einem anständigen Leben ist (war) sicher in dieser Zeit in Ben gewachsen.

Noch ein paar Kleinigkeiten:

Jedes MalK zumindest(,) wenn er nicht wusste,
Das dumpfe Geräusch hörte sich nach einem Treffer an und der unterdrückte Aufschrei bestätigte seine Vermutung.
Er blutete an der Stirn, als er langsam auftauchte.

Es ist natürlich klar, wer gemeint ist, aber ich würde hier doch besser ‚der Junge’ schreiben.

So getroffenK wie er dastand, war er mitleiderregend.
Natürlich wollte Ben nach England oder Amerika, dorthin wo sich viele Generationen zuvor eine bessere Zukunft erträumten.
Ein sehr erklärender Autor, der hier spricht.

Und noch mal:
Fluss
genoss
Schloss

Kanji, ich glaube, dass du in diese Geschichte noch einiges an Feinschliff stecken solltest. Es lohnt sich bestimmt. Ich finde, das ist eine gute Geschichte, obwohl mir wirklich ständig diese beiden Mark-Twain-Jungs im Hinterkopf rumturnten.:D

Liebe Grüße
barnhelm

 

Hallo Kanji!

"habe ich dieses Mal den Focus auf die Geschichte gelegt"
=> Die Geschichte konnte ich im Groben klar herauslesen, aber ich konnte nicht wirklich "sehen", was passiert, wie es da aussieht. Das bezieht sich besonders auf die Inselszene.
Ich versuche, dir aufzudröseln, was ich sehe, und was nicht:

"An einer Insel machten sie fest und richteten sich am geschützten Strand ein Lager ein."
=> Okay, sie sind auf einer Elbinsel. Die Insel hat einen Strand. Fragen: Kleine Insel, große Insel? Gebäude? Was für eine Vegetation? Wovon wird der Strand geschützt?

"kleines Lagerfeuer anzünden"
=> Womit? Was entzünden sie mit dem Feuerzeug?
=> Sie haben offensichtlich keine Angst, entdeckt zu werden.

"und bei ihrem Rundgang auf der Insel fanden sie nur einen alten Zigarettenautomaten"
=> Das ist also eine unbewohnte Insel, auf der ein Zigarettenautomat steht (oder herumliegt)?

"Daniel fiel als erster der Stacheldrahtzaun auf"
=> Aber sie haben doch "nur einen Zigarettenautomaten" auf dieser Insel gefunden. Hat sich der Stacheldraht da gerade hinmaterialisiert?

"Ben erinnerte sich, dass Großvater von einer Gefängnisinsel erzählte, auf der sich eine Jugendstrafanstalt befand."
=> Demnach müssten da Gebäude stehen, und da weder Ben noch Daniel blind sind, müssten sie die sehen.

"Im selben Augenblick brüllte auch schon ein Uniformierter"
=> Auch hingebeamt?

Nächster Absatz: "Sie trieben im Schilf vor dem Deich."
=> Und wo sind sie jetzt?

In diesem Punkt solltest du nachlegen.

Oh, und barnhelms Kritik zum Anfang schließe ich mich an.

Grüße,
Chris

 

Hallo Kanji,

die Geschichte und die Intention dahinter finde ich gut. Leider glaube ich auch, dass es albanische Flüchtlinge derzeit eher schwer haben. Desto wichtiger ist es allerdings, darauf aufmerksam zu machen, dass auch Wirtschaftsflüchtlinge aus Verzweiflung handeln. Ich finde es daher sehr schön, dass Du hier genau diese beiden Personen zusammenbringst: Den desillusionierten deutschen Jungen, der glaubt, nicht dem Teufelskreis aus Armut und Gewalt entkommen zu können und dem hoffnungsvollen Wirtschaftsflüchtling, der sich objektiv gesehen ja durchaus in einer vergleichbar schlechten Lage befindet.


Zum Text noch folgende Anmerkungen:

Jedes Mal(,) zumindest wenn er nicht wusste, wie es in seinem Leben weitergehen sollte, wenn ihm seine Welt in der Trabantenstadt zu eng, der Druck in der Schule zu groß und die Distanz zu seinem alkoholkranken Vater zu kurz wurde.

Ich bin nicht die Kommata-Königin, aber da müsste m.E. eines hin.

Auch diese Aktionen hinterher variierten geringfügig.

Der Satz ist irgendwie holprig beim Lesen. "Aktionen" und "variieren" passen auch m.E. nicht wirklich zum Sprachstil der Geschichte.

Mit einer Rolle Leukoplast in der Hand fummelte er an den Löchern herum. Ein guter Trick, um kleine Löcher im Boot einen Sommer lang zu kitten.

Leukoplast habe ich auch immer dabei ;) , wäre auch das erste, was ich klauen würde. Finde ich ehrlich gesagt, etwas abwegig. So eine Rolle Packband oder ich weiß nicht, wie das Zeug heißt, womit beim Renovieren häufig die Böden abgeklebt werden, aber Leukoplast? Die Rollen sind auch nicht sehr ergiebig.

Er dachte, die flohen alle vor Krieg.
"dem Krieg" "einem Krieg" - vor Krieg hört sich irgendwie unvollständig an oder aber "Krieg und Hunger"

auf, als ein Polizeiwagen neben ihnen hielt.

Ben nimmt seinen Koffer vom Laufband und geht zum Ausgang des Flughafenterminals.
Die Kids, mit denen er als Streetworker arbeitet, müssen sich zwei Wochen ohne ihn durchschlagen. Daniel wartet bereits auf ihn.


Dazu haben meine Vorkritiker ja schon viel geschrieben. Mir kommt das Ende zu abrupt. Für einen Moment musste ich überlegen, wie ich das jetzt zeitlich einzuordnen habe. Der Rückblick wird nicht so ganz klar. Die Idee mit dem Präsens ist nicht schlecht. Aber ich würde dennoch einleiten, z.B. "Fünf Jahre später ..." oder "Das war vor fünf Jahren".

Liebe Grüße
Maedy

 

Hej wieselmaus,

es ist so schön, dass du mir hilfreich zur Seite stehst und so schnell hereinschaust.
Ich habe auch sofort die Anfangsszene zeitlich umgeschrieben. Das macht mehr Sinn und Vieles leichter.
Die Familienszene habe ich unwesentlich gekürzt - freue ich mich doch, "so etwas" gewagt zu haben. :shy:
Inhaltlich bin ich mir im Klaren, dass man deutschlandweit verschiedene Erfahrungen mit Roma machen kann. In diesem Fall handelt es sich aber um einen minderjährigen, unbegleiteten Jungen aus Albanien, die, so hoffe ich, überall in der Republik besonders geschützt werden. Nicht nur in meinem Umfeld, wo auch polnische Jungen darunter sind. Mit Erwachsenen und ganzen Familien wird mit Sicherheit anders verfahren. Dessen bin ich mir bewusst.

Habe vielen Dank für deine freundliche Hilfe, Kanji


Hej, GoMusic

nett, dass du vorbeischaust und mir behilflich bist.
Leider bin ich keine von denen, die "multitaskingfähig" sind und so kann ich mich selten auf mehrere Dinge gleichzeitig konzentrieren. Gerade bei meinen Schreibübungen. Langfristig ist es aber der Plan, Atmosphäre und Inhalt miteinander zu verweben, dass eine schöne Geschichte entsteht. Das wird wunderbar.
Und dass du mit einem "gefällt mir" beginnst, macht Mut. Sehr nett.

Die Sache mit der Wortwahl des ersten Abschnitts ist mir nicht so leicht gefallen. Erstens wollte ich sie einfach halten, zweitens deutlich machen, dass wir eben nicht alle die gleichen Voraussetzungen haben, sondern nur eine Chance, die auch unterschiedlich groß, bzw. klein ist. Es sollte unbedingt etwas mit "Glück" zu tun haben, nämlich mit dem Glück in dem einen oder eben anderem Land aufzuwachsen, mit dem Glück auf eine intakte oder weniger soziale Familie. Und da ist mir auch jetzt kein treffenderes Wort eingefallen.

Da Daniel beschreibt, dass er aus einem Armutsviertel stammt und aus der Geschichte bald klar ist, dass er unbegleitet ist, sind seine Eltern sicher noch dort.

Ich will ja nichts sagen, aber ich weiß nicht, ob ich mehr Hunger oder mehr Durst habe. Wollen wir nicht mal irgendwo anlegen?"
Ben war ein schmaler, magerer Junge.

Den letzten Satz habe ich gestrichen. Ist wirklich wurscht. Und "Future" gehört natürlich groß geschrieben.

Es war mir ein Vergnügen von dir zu lesen, insbesondere, weil du mir auch gezeigt hast, was gelungen ist.

Lieber Gruß, Kanji


Hej barnhelm,

danke, dass du vorbeiguckst.

Dieses ganze Zeitenkuddelmuddel ist wirklich doof und korrigiert. Es klingt halt mitunter seltsam und so habe ich geschummelt. Aber du hast natürlich recht. So geht's nicht! (Das resümiere ich jetzt;))

Kommata sind eingefangen, die "Kleinigkeiten" ausgebessert, England, Amerika, dies das: gestrichen.

Daniel und Ben, Finn und Huck - Kinderfreundschaften sind immer aktuell.

Herzlichen Dank für deine Hilfe und Hinweise und lieber Gruß, Kanji


Hej Chris Stone,

sehr nett von dir, dass du meine Geschichte gelesen und kommentiert hast und meinen Respekt, weil du dich schon so lange mit Anfängern wie mir auseinandersetzt.

Du hast genau auf den Punkt gezeigt, der mir schwerfällt. Szenendarstellung. Plätze deutlich zeigen. Hingucken.
Ich habe nun versucht, nachträglich, aber dezent, die Inselszene zu verdeutlichen. Das war kein Vergnügen, weil selbst "meine Bilder im Kopf" im Nachhinein nicht mehr präsent sind. Klingt vielleicht doof, ist aber so. Vielleicht kann ich irgendwann später mal wieder hineintauchen und "nachgucken". :shy:

Jedenfalls war das eine Superhinweis und ich danke dir sehr dafür.

Lieber Gruß, Kanji


Hej Maedy,

ich freue mich, dass du wieder hereinguckst und mir hilfst.
Umso mehr freue ich mich, dass du die unterschiedlichen und doch ähnlichen Charaktere "entdeckt" hast. So wollte ich das zeigen. :)

Auch diese Aktionen hinterher variierten geringfügig.
Stimmt, klingt doof. Gestrichen.

Leukoplast sollte jeder in der Tasche haben, es gibt viel zu kitten. ;)
Aber Daniel hat es erst am Tag darauf dabei, der Trottel. :lol:
Ich wollte ihn auch erst Epoxyd klauen lassen, aber das passt irgendwie so gar nicht ins Bild, oder? Tatsächlich kann man sehr kurzfristig kleine Risse mit dem Klebeband schließen.

Den Artikel vor "Krieg" habe ich gefühlte hundert Mal geschrieben und gestrichen. Kriege gibt es viele auf der Welt - ich meinte alle.

Das Ende war schlecht durchdacht. Ungeduld. :Pfeif:
Ich habe jetzt einen kurzen Dialog benutzt und weite Teile offen gelassen. Vielleicht etwas eleganter.

Ich habe mir wirklich fest vorgenommen, in deinen Roman zu schauen. :shy:

Lieber Gruß, Kanji

 

Hallo Kanji,

freut mich, dass ich Dir ein paar Anregungen geben konnte. Das Ende mit dem Dialog gefällt mir besser. Das stimmt auch sehr positiv, da sich zwischen den beiden eine gute Freundschaft entwickelt hat und der Leser den Eindruck gewinnt, dass beide etwas aus "ihrem Leben gemacht haben" trotz der schlechten Startchancen.

Würde mich freuen, wenn Du bei mir reinschaust :)

Liebe Grüße
Maedy

PS.: Von der "Ungeduld" gegen Ende kann ich auch ein Lied singen. :Pfeif:

 

Hallo Kanji!

"Ich habe nun versucht, nachträglich, aber dezent, die Inselszene zu verdeutlichen."
=> Das ist dir gelungen. So funktioniert die Szene für mich. Mehr hat es gar nicht gebraucht.

Grüße,
Chris

 

Hej Chris Stone,

juchchu! Das ist ganz wunderbar. Herzlichen Dank für diese Rückmeldung.

Freundlicher Gruß, Kanji

 

Hallo Kanji,

auch mir hat deine kleine Jugendgeschichte gut gefallen. Ich finde, die Verbindung von Handlung und Stimmung hat auf Anhieb geklappt. Ich habe die anderen Komms nur überflogen, aber der Konsens scheint zu sein, dass die stärksten Momente in den Dialogen zwischen den beiden Jungs stecken. Dem kann ich nur zustimmen. Auch das Leiden unter dem brutalen Vater finde ich stimmig beschrieben.

Grundsätzliche Probleme sehe ich nur wenige kleine. Mir war wie manchen anderen das Ende etwas zu abrupt, ich konnte mir nicht gut ausmalen, was zwischen der Ankunft des Polizeiwagens und dem Wiedersehen Jahre später wohl passiert sein mag. Ben wird wohl seinen Schulabschluss gemacht haben, und offensichtlich ist er jetzt Streetworker, aber Daniel? Da bleibt bei mir noch ein großes Fragezeichen und ein Wunsch nach einer Andeutung von Aufklärung.

Schwierig finde ich Daniels Sprache. Reden Albaner so, wenn sie ihre ersten Schritte im Deutschen machen? Für mich sieht das nach Klischee aus, dieses Sprechen in Infinitiven, ohne Artikel usw. Ich habe schon mit verschiedenen Ausländern zu tun gehabt, meistens beugen sie z.B. die Verben sehr wohl, liegen aber verständlicherweise häufig falsch. Artikel lassen z.B. Russen tatsächlich oft weg, aber Pronomen und Präpositionen eher nicht, auch wenn sie da ebenfalls mal das falsche nehmen. Dafür ändern sie die Wortstellung auf so eine charakteristische Weise, gerne mit PSO statt SPO. Na ja, und so weiter, du weißt, was ich meine. Welche typischen Fehler jemand macht, hängt ja von seiner Muttersprache ab. Mit Albanern hatte ich leider noch keinen direkten Kontakt, deshalb weiß ich es bei denen schlichtweg nicht.

Mit "er", "ihm" etc. gibt es immer noch ein paarmal Verwirrung, obwohl du da schon dran warst. Da würde ich dir raten, wirklich jedes Auftreten noch einmal zu prüfen, ob der Bezug eindeutig ist. Ist 'ne Fummelarbeit.

Ansonsten bin ich noch über einige konkrete Stellen gestolpert, da hast du ja schon einiges repariert gegenüber der ersten Fassung. Ich gehe einfach mal durch:

... wenn ihm seine Welt in der Trabantenstadt zu eng, der Druck in der Schule zu groß und die Distanz zu seinem alkoholkranken Vater zu kurz wurden.
Plural, weil es sich auf die gesamte Aufzählung bezieht.

nicht durch Reden ist er Ben in Erinnerung geblieben.

Vielmehr hat er mit ihm Nähe und Fürsorge erfahren
Ein ganz heftiges Tell, das würde ich einfach streichen. Wir verstehen schon, was ihm der Großvater bedeutet.

Sie sind dann beide zum Fluß gegangen.
Du wechselst manchmal ins Perfekt, vielleicht wenn dir das Präteritum zu klobig klingt. Würde ich aber lieber nicht tun. "Gingen" ist nicht zu formal, und du musst dich als Erzähler in der dritten Person auch nicht an die Sprache deines Prot anpassen. (Würde sowieso nicht klappen.)

Er stellte sich einen Ort vor, an dem der Vater nicht im Sessel sitzen, vom Alkohol vernebelt und gefährlich für ihn werden würde.
Dieser Satz ist grammatisch irgendwie kaputt. Das "würde" am Ende soll sich wohl auf alle drei Aufzählungsglieder beziehen, aber dafür braucht die Aufzählung eine Kongruenz, die sie nicht hat. Mein Vorschlag:
Er stellte sich einen Ort vor, an dem der Vater nicht im Sessel saß, sich vom Alkohol vernebeln ließ und gefährlich für ihn wurde.
Oder:
Er stellte sich einen Ort vor, an dem der Vater nicht vom Alkohol vernebelt und gefährlich im Sessel sitzen würde.
(Jetzt habe ich Meatloaf im Ohr: And when the sun descended and the night arose, I heard my father cursing everyone he knows. He was dangerous and drunk and defeated and corroded by failure and envy and hate ... :eek:)

"Vergiss' es! Schaffst sowieso 'n Abschluss nich'. Mach', dass du runnerkommst und die Kippen holst, du kleiner Scheißer! Und schneid' dir mal die Haare. Siehst aus wie deine Mudda, die Schlampe."
Mit wutverzerrtem Gesicht sprang er dann auf, ...
Hier kriege ich beim Lesen den Übergang nicht hin. Ich höre den Vater gar nicht richtig wütend, eher gelangweilt, genervt oder einfach patzig. Da fehlt mir eine Steigerung in dem, was der Vater sagt. Vielleicht würde schon ein Ausrufezeichen nach "Schlampe" reichen, ich weiß nicht genau.

Ein Kaffeefleck in Form einer Wolke zierte das letzte Wort. 'Pass' gut auf dich auf, mein Süßer.' Mehr stand nicht darauf.
Stand da in der ersten Fassung nicht noch was, dass Ben nicht wusste, ob der Zettel ihm galt? Das fand ich eigentlich gut, warum ist das rausgeflogen?

Mit seinem Großvater war er oft auf dem Fluss gefahren.
Vorvergangenheit, auch im Folgesatz.

und die Sehnsucht nach Abenteuer und einem anständigen Leben ist sicher in dieser Zeit in Ben gewachsen.
Noch ein heftiges Tell. Wenn du es beibehältst, muss mindestens das "sicher" raus.

Er warf mit Steinen nach ihnen. In immer kürzeren Abständen, immer größere Steine.
Wieso liegen eigentlich in einem Boot so viele Steine? :D

Er nahm den größten Stein, den er finden konnteKomma und schleuderte ihn ins Röhricht.

Blut lief dem ihm ins Auge
Kaputt.

So getroffenKomma wie er dastand, war er mitleiderregend.

die vollgeschmiert war mit einem Gemisch aus seinem Blut und Tränen.
Entweder "aus seinem Blut und seinen Tränen" oder "aus Blut und Tränen".

sie starrten beide abwechselnd mal auf die Wellen im Fluß und in die Wolken.
Entweder "und mal in die Wolken" oder das andere "mal" auch raus.

"Du Stein in Gesicht?"Leerschritt raus, fragte er
Schöne Stelle! :thumbsup:

Er dachte, die flohen alle vor Krieg.
Das Für und Wider eines Artikels wurde schon diskutiert. Wie wäre es mit "... vor irgendeinem Krieg"?

Sie hatten ablandigen Wind, es war schon Abend und sie kamen schnell voran.

"Ich will ja nichts sagen, aber ich weiß nicht, ob ich mehr Hunger oder mehr Durst habe. Wollen wir nicht mal irgendwo anlegen?"
Das weicht klanglich sehr von Bens sonstiger Sprechweise ab.

Und jeder kannte mittlerweile jemanden, der nach Deutschland gegangen war und erzählte, wie toll es dort wäre. Ben ließ ihn redenKomma bis Daniel meinte

circa hundert Meter landeinwärts
"Circa" klingt sehr technisch. Vielleicht "etwa" oder "ungefähr" oder "an die". Oder einfach weglassen, es besteht ja kein Anlass zu vermuten, dass Ben genau nachgemessen hätte.

Hinter einer Anhöhe aus Laubbäumen und GestrüppKomma raus sah er den Stacheldrahtzaun und lief zu Ben zurück. Der erinnerte sich, dass der Großvater von einer Gefängnisinsel erzählt hatte

schnippte die Zigarettenkippe ins seichte Wasser

"... und dich schicken Sie zurück nach Armenien."
"AlbanienPunkt"
"Sag' ich ja."
Nettes Detail! :thumbsup:

und zum Nachtisch EisKomma so vielKomma wie hineinpasste, bis keiner von beiden mehr stehen konnte.
Wenn dir das zu viele Kommas hineinander sind, dann vielleicht:
und zum Nachtisch EisKomma soviel hineinpasste, ...
oder
und zum Nachtisch so viel EisKomma wie hineinpasste, ...

"Gut, dass du meine Sprache gelernt hast", erwidert Ben lachend.

Puh, das war jetzt viel Kleinkram. Sieht schlimmer aus, als es ist. Wie gesagt, eine schöne Geschichte. Gern gelesen!

Grüße vom Holg ...

 

Hey Kanji

Ich fand deinen Text vor allem in den Passagen gelungen, in denen die beiden Jungs interagieren, das hat mir gefallen. Am Anfang hatte ich Mühe mit der sprachlichen Gestaltung und ich konzentriere mich in meinem Kommentar auf diesen Aspekt und auf den Anfang des Textes. Manchmal waren mir die Formulierungen etwas zu unpräzise und machmal zu präzise, das heisst, angereichert mit Informationen, die es nicht braucht, und die den Fluss / die Stimmung des Textes stören. Mir hilft es jeweils, wenn ich einen Text in der Überarbeitungspase gezielt auf die beiden Fragen: "Habe ich gesagt, was ich sagen wollte?" und "Müssen das meine Leser wissen?" durchlese.

Wir haben alle eine Chance. Nicht die gleichen Fähigkeiten, nicht die gleichen Möglichkeiten, aber eine Chance auf ein anständiges Leben. Die haben wir alle.

Ich finde so eine Einleitung schwierig, so im Stil: „Ich erzähle euch eine Geschichte, aber zuvor noch deren Moral.“ Ich denke schon, dass man eine Kurzgeschichte mit so was wie einer allgemeinen Betrachtung oder einem Zitat einleiten kann, aber das müsste m.E. etwas offener sein, das Thema anklingen lassen, nicht mehr. Das zweite „die haben wir alle“ würde ich auf alle Fälle streichen.

Ben steht im Flughafen und wartet auf seinen Koffer, während er zurückdenkt.

Ist es nicht vielmehr so, dass er zurückdenkt, während er auf seinen Koffer wartet? Das ist ein ziemlicher Unterschied.

Wie ein Mantra gingen ihm Großvaters Worte durch den Kopf. Damals zumeist

Worauf bezieht sich das „Damals“? Ich lese das so, dass ihm die Worte damals durch den Kopf gingen, aber das macht keinen Sinn.

wenn ihm seine Welt in der Trabantenstadt zu eng, der Druck in der Schule zu groß und die Distanz zu seinem alkoholkranken Vater zu kurz wurde.

Das hat so was technisch-erklärendes. Vielleicht einfach: „trinkenden Vater“ oder nur „Vater“. Das würde etwas neugierig machen und danach erfährt man dann früh genug, wie es um diesen Vater steht.

Vielmehr hat er mit ihm Nähe und Fürsorge erfahren, wenn er ihn an manchen Sommernachmittagen abholte aus dem aggressiven Dreiergespann in der sechzig Quadratmeter großen Wohnung im zwölften Stockwerk. Sie sind dann beide zum Fluß gegangen.

Diese Angaben waren für mich Stimmungskiller. Viel lieber hätte ich erfahren, wie es in der Wohnung aussieht. „aus der Wohnung, in der es nach Bier roch und die Wände gelb vom Zigarettenrauch waren.“ Irgendsowas.

Nach dem Tod des Großvaters ist Ben dann an manchen Tagen, an denen er den Fäusten seines Vaters wieder nicht schnell genug ausweichen konnte, allein hinunter an den Seitenarm vom Fluss gegangen

Das klingt nicht so schön. Ist diese Information wichtig? Einfach hinunter zum Fluss.

Seine Mutter war erst kurze Zeit zuvor abgehauen. Sie hatte die gleichen rotblonden Haare wie er. Eines morgens lag ein Zettel auf der schmutzigen Küchentischdecke mit den gedruckten Früchten. Ein Kaffeefleck in Form einer Wolke zierte das letzte Wort.
'Pass' gut auf dich auf, mein Süßer.' Mehr stand nicht darauf. Viel Gutes über sie wusste Ben nicht zu sagen, denn sie hatte ihm all die Jahre nicht gegen die Gewalt helfen können; sie war ihr selbst ausgesetzt.

Den ersten Teil dieser Passage finde ich sehr gelungen. Der erklärende Nachtrag hingegen walzt das Verhältnis zur Mutter sofort aus und zerstört das Bild und die Fragen, die ich hatte.


Seine Mutter war erst kurze Zeit zuvor abgehauen. Sie hatte die gleichen rotblonden Haare wie er. Eines morgens lag ein Zettel auf der schmutzigen Küchentischdecke mit den gedruckten Früchten.

Eines Morgens / aufgedruckten

Er ging nur zum Schlafen in die Wohnung und mit etwas Glück schnarchte der Alte dann schon auf dem Sofa und er entkam seinen erneuten Wutausbrüchen.

Würde ich streichen, wieder eine Präzisierung, die nicht nötig ist, sondern eher stolpern lässt.

Sorry, wenn ich jetzt bloss herumgemäkelt habe, ich hoffe, du kannst was damit anfangen. Insgesamt fand ich das eine schöne Idee und wie gesagt, die Freundschaft der beiden Jungs, die las sich viel flüssiger, da konnte ich in den Text eintauchen.

Lieber Gruss
Peeperkorn

 

„Du hast keine Chance. Nutze sie!“
„Kein Mensch ist illegal.“
2014 ff.​

Wie schon barnhelm halte ich die Einleitung für gewagt, sie mag für die Nachkriegszeit im Rheinischen Kapitalismus gegolten haben und ihre Blütezeit während der Sozial-Liberalen-Koalition, aber mit der Ära Kohl setzte sich von Amerika über das Reich der Eisernen Lady kommend auch bei uns die Chicago School mit ihrem Neo-Liberalismus durch, dessen erste Auswirkungen auch der letzte spätestens 2008 gespürt hat, als entgegen der eigenen Marktregeln neoliberale Finanzinstitute staatlich gestützt werden mussten. Im Kleinen zeigte sich das im auslaufenden Sozialen Wohnungsbau, der jetzt im Zeichen der Wanderungsbewegungen wiederbelebt wird.

Dass inzwischen sich die Eliten aus der eigenen Klasse rekrutieren wie weiland der Feudaladel wird empirisch bestätigt, nicht nur durch M. Piketty. Aber gehen wir mal von aus, dass es die Worte des Großvaters sind und, selbst Opapa Friedel kann dieses Mantra näherungsweise bis 1990 bestätigen – da ist der Mauerfall nicht zufällig Auslöser der schleichenden Abschaffung der Sozialen Marktwirtschaft, als das östliche Konkurrenzunternehmen aufgelöst und an westliche Konkurrenten verramscht wurde.

Jetzt versuch ich's mal, die kleine, mit einem geradezu utopischen, aber keineswegs irrealen Schlusse, die Geschichte in den Namen zu finden (Namen sind NÄMlich keineswegs Schall und Rauch, schon gar nicht in der Literatur:)

Daniel, hebr. Gott ist Richter; Ben (in fast allen semitischen Sprachen der Sohn), oft Abkürzung des Benjamin (hebr. Sohn des Südens, aber auch Sohn der rechten Seite, wobei die Zusammensetzungen interessanter sind als das Adverb rechts (ein erstarrter Genitiv), wobei ich nur rechtgläubig (orthodox) und rechtschaffen (tüchtig, ehrlich, ordentlich) nennen will. Ein schönes Gespann für ein kleines Jugendabenteuer mit twainschem Hauch.

Die doppelte Gefahr für Daniel besteht darin, dass er Roma ist und aus Albanien, dass trotz seiner wirren Verhältnisse - Blutrache wird dort noch gepflegt - gilt als "sicheres" Herkunftsland. Was von dieser Etikettierung zu halten ist, wissen wir ja vom Kosovo, in Afghanistan, Somalia, Eritrea, Süd-Sudan, Mali etc.

Aber ich schweif ab,

liebe Kanji,

und Du hast sicherlich schon gemerkt, dass ich Distanz halte, nicht so sehr auf Gefühl, sondern kühlen Kopf setze. Zu den Zusammensetzungen mit recht zählt unbestritten auch die Rechtschreibung.

Hier wäre m. E. das Verb reden durch sein Substantiv zu ersetzen

..., denn nicht durch reden ist er Ben in Erinnerung geblieben.
Warum? „Durch“ hat als Präposition (mit Akkusativ) und/oder Adverb eine raum-zeitliche Struktur i. S. eines „Hindurchgehens“ (Duden, Bd. 7, Herkunftswörterbuch), und das kann man nur durch ein Etwas wie Raum und Zeit oder einer oder mehreren Reden

Ab und zu blinzelt die alte Rechtschreibung durch, besonders bei einer ihren durchaus vernünftigen, weil sinnvollen Änderungen wie der klaren klanglichen Trennung von ß (Fuß, zB) und ss (Fluss, zB)

... zum Flu[ss] gegangen.
Vorhängeschlo[ss]
den Sommertag am Strand geno[ss]
Musstu selber noch mal durchschauen!

Nach dem Tod des Großvaters ist Ben dann an manchen Tagen, an denen er den Fäusten seines Vaters wieder nicht schnell genug ausweichen konnte, allein hinunter an den Seitenarm vom Fluss gegangen, träumte sich an einen anderen Ort und kühlte sein geschundenes Gesicht im Elbwasser. Er stellte sich einen Ort vor, an dem der Vater nicht im Sessel sitzen, vom Alkohol vernebelt und gefährlich für ihn werden würde.
Warum das aufwändige können und werden, wenn es doch auch ginge
..., an denen er den Fäusten seines Vaters wieder nicht schnell genug ausw[iech], allein hinunter an den Seitenarm vom Fluss gegangen, .... Er stellte sich einen Ort vor, an dem der Vater nicht im Sessel sitzen, vom Alkohol vernebelt und gefährlich für ihn [...] würde.

Hier ist ein Komma nachzutragen (Ende des Relativsatzes, das und verbindet gleichrangige Satzteile des Hautsatzes)
Er nahm den größten Stein, den er finden konnte[,] und schleuderte ihn ins Röhricht.

Blut lief dem ihm ins Auge und er wischte es mit seinem Ärmel weg.
Hier stritten zwo Formulierungen miteinander, die für sich allein beide gingen: „ lief dem [Jungen] ins Auge“ oder „… ihm ins Auge“ … nicht aber beides auf einmal!

"Wo kommst 'n her? Mann, nu' sag mal was, du Spinner."
Mit dem Ausruf „man“ ist nicht der Mann, sondern das allgemeinere Personalronomen der 3. Person gemeint, das für Männchen und Weibchen gilt.

Sie hatten ablandigen Wind, es war schon Abend und kamen schnell voran.
(Da könnte der mittlere Teil nach vorne geschoben etwas Klarheit bringen, als „es war schon Abend, sie hatten ...“)

Hier ist das Komma entbehrlich

Hinter einer Anhöhe aus Laubbäumen und Gestrüpp, sah er den Stacheldrahtzaun und lief zu Ben zurück.

Was die Sprache Daniels betrifft, so bietet sich da ein Pidgin auf deutscher Basis an, wie es ja auch im ursprünglichen Kanakdeutsch der 1990-er Jahre entstand. Kreolisch wäre schon zu kompliziert.

Gern gelesen vom

Friedel,
der noch ein schönes Wochenende wünscht

 

Hallo Kanji,

nochmals kurz ein paar Glückwünsche. Die Geschichte wird jetzt richtig rund. Und wenn sich so viele Komms melden, dann weißt du, dass du auf dem richtigen Weg bist. Dein neuer Schluss gefällt mir viel besser. Das ist jetzt wunderbar hoffnungsvoll, ohne blauäugig zu sein. Konkrete Utopie nennt man das, glaube ich. Die können wir alle brauchen.

Noch eine kleine Verbesserung: Imbissstand. Ich weiß, drei s hintereinander sehen grässlich aus. Aber so ist nun mal die neue Regel, die aber doch nicht ganz unsinnig ist (wie Friedrichard schon gesagt hat).

Aber jetzt ab in den Garten und in die Sonne

Gruß
wieselmaus

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Kanji,

wir hatten noch nicht das Vergnügen. Kommentare habe ich aus Zeitgründen nicht gelesen, deshalb entschuldige, wenn ich was wiederhole. Mir gefiel ab dem Mittelteil deine Geschichte sehr gut. Der Dialog und das Geschehen zwischen den beiden Buben, das ist toll. Das hab ich echt gerne gelesen, auch das Ende, und dass der Mischlingshund Future heißt, das mag ich sehr.
Ich konzentriere mich mal auf den Anfang, denn den find ich richtig schlecht. Wär einfach sehr sehr schade, wenn der so bliebe. Und nicht böse sein, dass ich nur das Schlechte jetzt am Mosern bin, bin einfach unter Zeitdruck, weiter hinten find ich das halt auch alles schon sehr rund, sehr schön. Aber hier vorne, da hoffe ich einfach durch mein feedback was helfen zu können.


Wir haben alle eine Chance. Nicht die gleichen Fähigkeiten, nicht die gleichen Möglichkeiten, aber eine Chance auf ein anständiges Leben. Die haben wir alle.
Mal abgesehen davon, dass das einfach nicht stimmt, es ist nicht wahr, dass jeder eine Chance hat, aber hier wirkt es zudem so, als sollte es ein vorangestelltes Motto des Textes sein. Später aber denkt man, ach, das hat der Opa gesagt, und ist verwirrt, Ich würde es dann auch genau zum Opa positionieren, sonst machst du deinen Text zu einem unverständlichen Puzzle.
Ich würd den Satz das auch umformulieren, weil das mit der Chance einfach nicht stimmt. Warum nicht einen ähnlichen Gedanken mit "Zukunft" formulieren. Das würde mit dem Hund auch schön zusammenpassen.
Ins Blaue und sehr spontan mit allen Schwächen vielleicht so:
"Eine Zukunft, Junge, hat jeder, da kannst du machen, was du willst. Egal, wie die Karten am Anfang gemischt sind, älter wirst du immer. Also mach was." Am Ende des Satzes hatte der Opa immer Rotz aus der Nase in den Mund gesogen und auf den Boden gespuckt, als könnte das seinen Worten Nachdruck verleihen. Mehr sagte er nie, wenn er Ben wieder einmal abgeholt hatte aus dem aggressiven Keifen und Schweigen seiner Eltern. Er nahm einfach Bens Hand in seine und machte sich mit ihm auf den Weg zum Fluss.

Das ist so ähnlich, du hättest d amit aber auch gleich die Möglichkeit, den Opa zu charakterisieren durch seine spezielle Sicht und durch seine Sprech- und Verhaltensweise. Und du kürzt etwas.
Und unbedingt den Mottosatz, egal, was du da nimmst, zum Opa tun, das find ich echt total wichtig, sonst zerpflückst du dir deine Geschichte.

Was ich gut finde, das ist, dass du die Rahmenhandlung ins Präsens setzt. Das ist ein schöner Rahmen.
Dennoch würde ich dem Beginn, dass der Mann da wartet, vielleicht noch eine Zeile mehr gönnen. Dem Leser ein bisschen Verortung schenken. Außerdem würd ich den Satz umdrehen, sonst denkt man ja, der stellt sich nur an den Flughafen und wartet auf den Koffer, damit er ein bisschen nachdenken kann.

Ben steht im Flughafen und wartet auf seinen Koffer, während er zurückdenkt.
Müsste also heißen: Ben steht im Flughafen und denkt zurück, während er auf seinen Koffer wartet.
Und nicht ganz so knapp lassen, sonst ist das sehr verwirrend für den Leser. Vielleicht die Flugnummer sehen lassen oder dass er die Lautsprecheransagen hört. was weiß ich, die ersten Einfälle sind nicht immer die besten, aber du verstehst vielleicht, was ich meine, dem Leser ein bisschen Platz geben um zu zeigen, wo er mit dem Ben da steht.


Und dann bei der Rückblende, warum wackelst du da so zwischen den zeiten hin und her? Das gehört alles ins Präteritum. Allenfalls dürfte da mal ein PQP vorkommen, das aber auch nur um den Leser zeitlich zu verorten. Dann, als Allgemeinurteil, die gesamte Rückblende bis zu dem tatsächlichen Handlungsbeginn würde ich noch einmal überarbeiten, das ist viel zu ausführlich, zu langatmig, Ich meine diesen Absatz hier:

Wie ein Mantra gingen ihm Großvaters Worte durch den Kopf. Damals zumeist, wenn er nicht wusste, wie es in seinem Leben weitergehen sollte, wenn ihm seine Welt in der Trabantenstadt zu eng, der Druck in der Schule zu groß und die Distanz zu seinem alkoholkranken Vater zu kurz wurde.
Er konnte sich nicht an viele Aussagen seines Großvaters erinnern, denn nicht durch Reden ist er Ben in Erinnerung geblieben. Vielmehr hat er mit ihm Nähe und Fürsorge erfahren, wenn er ihn an manchen Sommernachmittagen abholte aus dem aggressiven Dreiergespann in der sechzig Quadratmeter großen Wohnung im zwölften Stockwerk. Sie sind dann beide zum Fluß gegangen.

Nach dem Tod des Großvaters ist Ben dann an manchen Tagen, an denen er den Fäusten seines Vaters wieder nicht schnell genug ausweichen konnte, allein hinunter an den Seitenarm vom Fluss gegangen, träumte sich an einen anderen Ort und kühlte sein geschundenes Gesicht im Elbwasser. Er stellte sich einen Ort vor, an dem der Vater nicht im Sessel sitzen, vom Alkohol vernebelt und gefährlich für ihn werden würde.
"Ey, hol' mal Zigaretten", lallte der Alte meistens vorweg. Die Dialoge ähnelten sich grob.
"Keine Zeit. Mach' was für die Schule."
"Vergiss' es! Schaffst sowieso 'n Abschluss nich'. Mach', dass du runnerkommst und die Kippen holst, du kleiner Scheißer! Und schneid' dir mal die Haare. Siehst aus wie deine Mudda, die Schlampe."
Mit wutverzerrtem Gesicht sprang er dann auf, erwischte Ben meist und beide stürzten zu Boden. Und bevor Ben sich lösen, aus dem Haus laufen und die Zigaretten besorgen konnte, hatte der Vater meist einige Treffer gelandet.
Seine Mutter war erst kurze Zeit zuvor abgehauen. Sie hatte die gleichen rotblonden Haare wie er. Eines morgens lag ein Zettel auf der schmutzigen Küchentischdecke mit den gedruckten Früchten. Ein Kaffeefleck in Form einer Wolke zierte das letzte Wort.
'Pass' gut auf dich auf, mein Süßer.' Mehr stand nicht darauf. Viel Gutes über sie wusste Ben nicht zu sagen, denn sie hatte ihm all die Jahre nicht gegen die Gewalt helfen können; sie war ihr selbst ausgesetzt.


Ich hab ein paar Stellen, bei denen du ins Perfekt gerutscht bist, angeschwärzt, dabei ist auch eine fehlende Substantivierung dabei: durch Reden muss es heißen. Und später noch eines Morgens. Am Ende, bei dem Mutterzettel.

Ich würd den Absatz noch mal in Ruhe durchgehen. Vieles davon könntest du in den nachfolgenden Passagen unterbringen oder anderweitig kürzen. Eine Möglichkeit wäre auch, es so ähnlich zu machen wie ich es am Anfang vorgeschlagen habe. Dann fiele der allererste Abschnitt weg (hab ihn kursiv markiert).
Danach könnte man vieles lassen, müsste nur die richtige Zeit einsetzen und Überflüssiges streichen.

Eine Stelle als Beispiel dafür hab ich dir als Beispiel noch angeschwärzt, einfach deshalb, weil du da zu ausführlich bist und wieder einen neuen Aspekt, ein neues Thema in die Geschichte einspeist, ich meine den allerletzten, auch markierten Satz. Dass die Mutter ab ist und mit welch lapidaren Worten sie dasĝetan hat, das wird schon aus ihrem Zettel klar, und wie zynisch der Zettel zu nehmen ist, mit diesem "Süßer" noch dazu. Da wird dem Leser eh klar, dass auf die aus welchen Gründen auch immer kein Verlass war. Ich denke mir oft, es ist wichtig, sich an jeder Stelle zu überlegen, was ist meine Aussage, welche Geschichte genau will ich erzählen und dann auch den Mut zu haben, einfach Leerstellen zu lassen. Mut deswegen, weil man da natürlich Fehler machen kann (da muss ich nur an meine letzte Geschichte denken) aber trotzdem auch was wegzulassen, selbst wenn jemand hinterher kommt und sagt, die Geschichte wär nicht gut, er hätt gern noch was von der Mutter gehört und warum die so war. Das kann dir ehrlich gesagt scheißegal sein, denn deine story ist eine ganz andere. Ich sag das so drastisch und ärgere hoffentlich keinen damit, aber diese nachgesetzte Bemerkung, die klingt einfach so, als würdest du die Mutter irgendwie noch zurechtrücken wollen in den Augen des Lesers. Nee, braucht es nicht für deine Geschichte, denn die erzählt die Geschichte von den beiden Buben, in einer ganz bestimmten Situation ihres Lebens. Und nur einer der beiden Buben steht auch direkt im Vordergrund mit seiner Vergangenheit, und für diese ist der Opa ziemlich wichtig, der Vater ein bisschen und die Mutter so gut wie gar nicht.

Ich hoffe, du nimmst es mir nicht übel, wie ich da in deinem Text rumgefuhrwerkt habe, macnchmal finde ich das halt leichter, wenn ich mit einem Beispiel antworten kann, wie ich das meine.

Danch dann hab ich nichts mehr oder nicht mehr viel, da hab ich einfach das Geschehen verfolgt, mich gefreut über die beiden kleinen Halunken und gehofff, dass die Sache für sie gut ausgeht.

Bis die Tage, Kanji, viele Grüße von Novak

 

Lieber The Incredible Holg, Peeperkorn, Friedrichard,
liebe wieselmaus und Novak,

da geht man nur mal eben einen Bikini kaufen, kommt zurück und liest von Euch! :eek:
Ich habe schnell gelesen und bin fassungslos! Musste direkt bissi weinen vor Glück! Bin total aus dem Häuschen!
So viel Mühe, die ihr euch gemacht habt. Ich habe leider wenig Zeit an diesem Wochenende, aber am Montag werde ich alle eure wunderbaren Hinweise, Vorschläge, euer Wissen versuchen in meinem Hirn zusammenzuknüpfen! Ich bin schwerst motiviert (gerade in Respekt vor euch und die Zeit und Hingabe) aus dieser Geschichte eine lesbarere, bessere zu machen.

Ich wünsche euch allen ein ebenso schönes Wochenende, wie mich es erwartet!

Herzlicher Gruß, Kanji

 

Höchst ungern widerspreche ich dem klugen Friedrichard, habe auch äußerst selten Gelegenheit dazu, er ist ja ein bisschen ein Guru der Grammatik und Rechtschreibung. Aber hier, Friedel, hast du dich vertan:

"Wo kommst 'n her? Mann, nu' sag mal was, du Spinner."
Mit dem Ausruf „man“ ist nicht der Mann, sondern das allgemeinere Personalronomen der 3. Person gemeint, das für Männchen und Weibchen gilt.

Doch, hier ist genau der Mann gemeint, auch wenn dieser Ausruf nicht immer nur an Männer gerichtet eingesetzt wird. Erkennbar auch daran, dass man "Mann!" problemlos durch "Mensch!" ersetzen kann. Beispiel der Duden-Redaktion:
Mann, ist das schön! (umgangssprachlich)

Vielleicht eine flüchtige Verwechslung mit der verstärkenden, norddeutsch-umgangssprachlichen Benutzung des "man", das - wie du, Friedel, sicher weißt, ich mir hingegen erst anlesen musste - obendrein anderer Herkunft ist als das besagte Personalpronomen der 3. Person. Duden-Beispiele hierzu:
lass man gut sein!
na, denn man los!

Wollen ja der armen Kanji nichts verschlimmbessern.

Grüße vom Holg ...

 

Hallo, ich noch ma'

lieber Holg,

warum "ungern", wat mut, dat mut, sacht man - ob Weib, ob Mann - hier, da, aber Du

The Incredible Holg Doch, hier ist genau der Mann gemeint, auch wenn dieser Ausruf nicht immer nur an Männer gerichtet eingesetzt wird. Erkennbar auch daran, dass man "Mann!" problemlos durch "Mensch!" ersetzen kann.
Nun, die Dudenredaktion - ich werd gleich an anderer Stelle auf die geborenen Opportunisten eingehen - schreibt auch

"man:Das unbestimmte Pronomen der 3. Person (mhd., ahd. man) hat sich aus dem Nominativ Singular des unter Mann behandelten Substantivs entwickelt" - es folgt ein Verweis ähnlicher Entwicklungen etwa im frz. - Es bedeutet zunächst 'irgendein Mensch', dann 'jeder beliebige Mensch' und umfasst heute singularische und pluralische Vorstellungen." (Bd. 7, Herkunftswörterbuch - auf die seitenlangen Ausführungen der Grimm Brüder will ich gar nicht erst zurückgreifen. Nehmen wir doch einfach den von Dir genannten norddeutschen Gebrauch, lassen't man gut sein und Kanji selbst entscheiden,

meint der

Friedel,

der nun seinerseits allen, die das Lesen, und insbesondere dem lieben Holg ein schönes Wochenende wünscht!Wochenende

 

Lieber The Incredible Holg, (mir ist heut' so nach Liebe:shy:, inspiriert durch Xayides Geschichte)'

bevor ich mich der Aufgabe widme, meine Jungengeschichte groß zu überarbeiten, möchte ich aus Dankbarkeit noch einmal im Speziellen auf deinen Kommentar eingehen.

Es ist schon für mich die "halbe Miete", wenn

... die Verbindung von Handlung und Stimmung ... auf Anhieb ...
geklappt hat.

Gerade weil auch, laut der Kommentare, die Stärken in der Interaktion der Protagonisten besteht, habe ich überlegt, diese zu heraus zu arbeiten. Ebenso hilft es, wenn du schreibst, die "Leiden unter dem brutalen Vater" seien gelungen. Dann weiß ich schon mal, was bleiben kann.

Desweiteren werde ich versuchen, Hinweise zu geben, was am Ende zwischen dem Eintreffen des Polzeiwagens und der Ankunft in Tirana geschehen ist.

All deine grammatikalischen Hinweise, die auf Wortwahl und Tempi werde ich in die Bearbeitung integrieren, sofern dann noch vorhanden. Ich danke ganz besonders dafür.

Ich habe mich tatsächlich unglaublich ;) schwer getan, einen leichten, jugendlichen Grundton zu halten, vor allem wegen der Zeiten. Ich werde voraussichtlich erst einmal versuchen, im Präsens zu bleiben. Vermutlich auch in der ersten Person. Drück mir die Daumen, dass es nicht schlimmer wird.

"Mann" lass ich stehen. Ist ein Kompliment für einen Teenager.

Dass du am Ende dennoch gern dabei warst, freut mich so richtig.

Herzlicher Gruß, Kanji


Lieber Peeperkorn,

Mir hilft es jeweils, wenn ich einen Text in der Überarbeitungspase gezielt auf die beiden Fragen: "Habe ich gesagt, was ich sagen wollte?" und "Müssen das meine Leser wissen?" durchlese.

Ein sehr wertvoller Hinweis. Mir ist zwischendurch selbst aufgefallen, wie "technisch" "ich" manchmal Klinge, meist dann, wenn ich viel Information in wenig Text bringen möchte. Daran muss ich dringend arbeiten.

Desweiteren stimme ich mit dir überein, dass die Einleitung trotzallem (es sollte nicht belehrend sein) zu dominant daher kommt. Ich werde ihn "zufälliger" auftauchen lassen.

Ben steht im Flughafen und wartet auf seinen Koffer, während er zurückdenkt.
Ist es nicht vielmehr so, dass er zurückdenkt, während er auf seinen Koffer wartet? Das ist ein ziemlicher Unterschied.

Das ist sehr lustig, denn du hast vollkommen recht.
Ich werde auch jeden einzelnen Hinweis bei der Bearbeitung von dir bezüglich der Textstellen berücksichtigen und versuchen zu verbessern.

Deine Entschuldung war nicht notwendig, denn ich weiß sehr wohl zu schätzen, wenn du dich so speziell mit meinem Text auseinandensetzt, kann er dir ja nicht nur missfallen:shy:

Herzlichen Dank für deine Zeit und wertvollen Hinweise, bzw. Korrekturen und lieber Gruß, Kanji


Lieber Friedrichard, Friedel,

selbstverständlich mag ich dir nicht widersprechen, weder das der Beginn "gewagt" ist, noch dass weltpolitisch die Chancen für alle schlechter stehen.
Dennoch möchte ich diesen beiden in dieser Geschichte nicht die Hoffnung nehmen. Jeder junge Mensch wünscht sich ein Leben in seiner ganz persönlichen Sichtweise von Wohlstand, ohne Leiden und mit einer zuversichtlichen Perspektive. Und ich möchte nicht stur erscheinen, aber "Chance" beinhaltet doch auch "Glück" und vor allem deswegen möchte ich gerne dabei bleiben, werde aber die Position im Text entsprechend ändern.

Ich freue mich ungemein, dass dir meine Namensgebung zusagt.

In der Stadt, gerade in Tirana, wird die "Blutrache eher geleugnet, die wäre auf dem Land nur noch vorhanden. Dennoch empfinde ich persönlich, dass es gleichgültig ist, aus welchem Grund einjeder bevorzugt, sein "Glück/Chance" außerhalb seines Geburtslandes zu suchen und legitim sein müsste. Gerade junge Menschen haben von jeher "Glück im Wandern" gesucht, manchmal gefunden. Ist das nicht menschlich? Auf der Suche nach "Nahrung und Wasser" darf es keine Grenzen geben. Möglich, dass ich zu naiv denke.

All deine Rechtschreibhinweise werde ich in meine Überarbeitung integrieren. Vielen Dank für die Hinweise, insbesondere für Daniels Sprache. Ich werde mich kundig machen.

Den "Mann" werde ich so belassen, schmeichelt es doch einem Fünfzehnjährigen.

Dass du sie dennoch gern gelesen hast, macht mich glücklich.

Lieber Gruß, Kanji

Liebe wieselmaus,

es ist wirklich wundervoll, wie engagiert hier viele Teilnehmer sind. Das ist eine große Freude und deswegen werde ich versuchen alles zu beherzigen, auch den "Imbissstand" und mich so schnell wie möglich an die Arbeit machen. Und weißt du was? Es sieht ganz so aus, als müsste ich den Text Wiese in die 1. Person und Präsens verändern. Ich bekomme es offenbar nicht besser hin, zu viele Komplikationen.

Lieber Gruß, Kanji

Liebe Novak (du hast dich in mein Herz kommentiert),

deine Anmerkungen ähneln sich schon sehr mit denen der anderen Kommentatoren. Nur du bringst es auf den Punkt.

Ich konzentriere mich mal auf den Anfang, denn den find ich richtig schlecht.

Wenn ich ihn nicht schon hätte vorher verändern wollen, damit war es klar.:lol:

Das Wort "Chance" sehe ich in Verbindung mit "Glück" und ich möchte dieses letzte bißchen Hoffnung für ganz junge Leute auf ein gutes Leben (was immer jeder einzelne darunter verstehen mag) damit unterstützen, egal, welche Voraussetzungen Ihnen das Leben bis dahin mitgegeben hat, oder auch Möglichkeiten.
Auf jeden Fall werde ich aber diese Hoffnung unspektakulärer verbauen, weniger dominant. Das war echt zu viel.
Ich hatte tatsächlich große Probleme, eine leichten Ton beizubehalten, während ich durch die Tempi manövrierte. Das werde ich höchstwahrscheinlich ganz solide ins Präsens umschreiben.

Dennoch würde ich dem Beginn, dass der Mann da wartet, vielleicht noch eine Zeile mehr gönnen. Dem Leser ein bisschen Verortung schenken.

Und nicht ganz so knapp lassen, sonst ist das sehr verwirrend für den Leser. Vielleicht die Flugnummer sehen lassen oder dass er die Lautsprecheransagen hört. was weiß ich, die ersten Einfälle sind nicht immer die besten, aber du verstehst vielleicht, was ich meine, dem Leser ein bisschen Platz geben um zu zeigen, wo er mit dem Ben da steht.

Absolut richtig. War mir dessen nicht bewusst, wollte wohl nur endlich loslegen.

Ich denke mir oft, es ist wichtig, sich an jeder Stelle zu überlegen, was ist meine Aussage, welche Geschichte genau will ich erzählen und dann auch den Mut zu haben, einfach Leerstellen zu lassen.

Da hast du mich kalt erwischt. So koche ich auch. Und am Ende ist es von allem zu viel. Da kann ich direkt was für meinen Alltag lernen.

Und ich nehme dir gar nichts übel. Genau so muss "man" mit mir reden. Und ich wünschte, ich könnte auch mal mit wenig Zeit so hilfreiche Kommentare verfassen.

Ich bedanke mich aufs Herzlichste und freue mich, dass wir uns begegnet sind, Kanji

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom