Mitglied
- Beitritt
- 21.05.2007
- Beiträge
- 63
- Zuletzt bearbeitet:
- Kommentare: 7
Funksignale - Kurzform
I)
Er sah auf seinen Bildschirm. Nervös saugte er leicht die Innenwand seines Mundes ein. Bohrte mit der Zungenspitze an der kleinen vernarbten Stelle der Schleimhaut. Beim Kaugummi kauen gebissen. Ringsum war es finster. Der Bildschirm warf flackernd farbige Lichter auf sein Antlitz.
Die Elektronen formten unmögliche Muster auf dem Glas.
Er sah blau. Viel blau. Eine unglaublich schön gefärbte Atmosphäre, die sich in einer endlos scheinenden Wasserfläche spiegelte. Ein Zentralgestirn schien angenehme Temperaturen zu verbreiten. Ein paar geflügelte Geschöpfe nutzten die Thermodynamik der Atmosphäre um sich im Raum schwebend zu halten.
Er griff hastig nach einem ausziehbaren Kontrollpaneel, drückte auf ein paar von innen beleuchtete Schalter.
Von irgendwo aus der Dunkelheit des Raumes drang zunächst rauschend, dann zunehmend klarer seltsame Geräusche und wiederkehrende phonetische Muster.
"Eine fremde Rasse", dachte er und musste sich vor Aufregung fast übergeben.
II)
Nach über zwei Jahren hitziger Debatten, politischer Umwälzungen, wirtschaftlicher Erwägungen, militärischer Kraftproben und wissenschaftlicher Expertisen beschlossen sie die Einladung (denn das musste diese Zurschaustellung der Schönheit ihres Planeten sein) anzunehmen. Sie starteten ein Raumschiff zu den zurückverfolgten Signalen. Einige Hundert Jahre hatte diese Art der Datenübermittlung benötigt (nach den Maßstäben der Fremden, die Tag- und Nachtwechsel, sich selbst, ihre gigantische Wassermasse, das blaue Firmament, weiße Strände gezeigt hatten) um von geeigneten Empfängern aufgefangen werden zu können.
Noch einmal würden Jahrzehnte vergehen um zu ihnen zu gelangen.
III)
Das große Schiff fiel aus der Raumverzerrung in die mehrdimensionale Realität. Ordnete sich Zeit und Länge, Höhe, Tiefe unter.
Das Zentralgestirn, eine gelbe Sonne der M-Klasse, erfasste sie augenblicklich. Versuchte sie ebenso in eine Umlaufbahn zu zwingen wie ihre 11 Planeten.
Der Neunte von innen war es. Ein unglaublich blauer Planet voller Leben. Sie hatten im Lauf der vielen Jahrzehnte gelernt die Sprache zu dechiffrieren. Die Einladung der Fremden pries den Planeten Hawaii zu günstigen Preisen und einem fairen Preis. (Hierüber gab es zahlreiche Abhandlungen, doch keine Einigung ob der Intention der Aussage)
Sie hatten sich gründlich vorbereitet.
IV)
Der neunte Planet war eine Wüste. Eine radioaktive, lebensfeindliche Welt ohne Besonderheiten.
Die Wissenschaftler kratzten sich mit ihren drei Fingern an ihren haarlosen Köpfen, Verwunderung und Ärger über diesen Reinfall.
Sie scharrten mit Geräten in der Schlacke der Oberfläche. Ein so gründlich verheerter Planet ohne jegliche Mikroorganismen oder höheres Wesen war ungewöhnlich, zugegeben, und dennoch, die Funksignale stammten doch von hier, oder nicht?
Da standen sie. Ließen den Blick wandern über eine wasserlose Welt, die doch eine Atmosphäre hatte. Giftig und ebenso leblos.
Das Schiff krümmte den Raum erneut, verließ das System. Zurück zur Heimat.
V)
Die Erde ist ein gigantischer Sender. Jeden tag verschicken wir über langwellige Trägerwellen Ultrakurzwellensignale, über Funknetze, Satelliten, Lampen, Mobilnetze, Starkstrommasten unsere Werbungen, Nachrichten, Bilder. Sie strahlen in den Raum und sind dort endlos unterwegs.
Das Schöpferische wird die destruktive Energie des Menschen letztendlich überleben - und die Menschheit selbst.