fruchtbar
Ich aß schon den fünften Becher Johannisbeeren, den ich zuvor aus der Tiefkühltruhe fein säuberlich in diesem Gefrierbeutel auf das Knie meines holden Göttergatten gepackt hatte,
damit ihm Kühlung an der gewissen Stelle unter der Kniescheibe wiederfuhr, die eine Schwellung zeigte.
Diese kleinen Beeren hatten die Eigenschaft, sich den Rundungen der Kniescheibe prachtvoll anzupassen und ich erinnere mich an die Arbeit, die sie mir im Sommer machen. Es war nicht nur diese mühsame Pflückerei im Juni, es war auch diese Knibbelei, sie von den Stengeln zu entfernen.
Und jetzt wusste ich: Die mühevolle Arbeit hatte sich doch gelohnt.
Sein Bein schwebte schon mehrere Tage zwischen Tisch und Sofa mit dieser seltsamen Kühlung und ich aß schon mehrere Tage diesen eigens für mich bestimmten Nachtisch, auch als Zwischen- und Vortisch, eigentlich zu jeder Tageszeit, aber besonders dann, wenn die Beeren an seinem Knie die Eigenschaft besaßen, sich zu verflüssigen. Dann war es wieder soweit: Etwas Flüssigsüßstoff (wegen der Kalorien) und die Flasche mit dem Eierlikör.
Ich gewöhnte mich daran und das musste ich auch wohl, denn wer sonst war bereit diese Früchte hinterher zu essen. Nein, meine ganze Familie verzog das Gesicht, wenn sie Johannisbeeren hörte. Dass sie mich damit zur Alkoholikerin machten, war ihnen sicher nicht bewusst, oder es war ihnen egal, was mir noch eher der Fall zu sein schien.
Doch heute hatte ich die letzte Packung aus der Truhe geholt und ab heute schien es nicht mehr notwendig, denn mein Mann hatte plötzlich erkannt: „In der Apotheke gibt es Eisbeutel zu kaufen!“ Wie einfach! Und ich stand jetzt hier mit meinem Alkoholproblem. Wie sollte ich das wieder in den Griff bekommen? Ich glaube, es war noch keinem in meiner Familie so richtig aufgefallen. Sie hatten die drei Flaschen Eierlikör noch nicht entdeckt, die gleich von mir in dem Flaschencontainer landeten, damit es nicht auffiel. Und meine Körperbeherrschung war prachtvoll. Ich war stolz auf mich. Bisher war es noch keinem aufgefallen und den Wagen lenkte ich wie eine eins. Bis auf meinem Sohn, der hinter mir her gefahren war (im Firmenwagen seiner Firma) und der mir klar machte: „Du rast aber ganz schön schnell, wenn du so unterwegs bist!“
Doch jetzt sah ich mit Schmacht auf die letzte Tüte Johannisbeeren in meiner Truhe und beim Einkauf am Nachmittag suchte ich vergebens nach gefrorenen Johannisbeeren. (zwei Flaschen Eierlikör steckten schon in meinem Einkaufskorb.) Da fiel mir ein: - Es muss doch auch andere Früchte zu kaufen geben!“
