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Frohes neues Jahr
Janine sprang aus dem Auto und sprintete die Treppe rauf. Aber für ihre Verhältnisse lag sie noch recht gut in der Zeit. Gegen 14 Uhr die Absage von Flo, bis 17 Uhr verzweifelte Suche nach einer anderen Party und gegen sechs dann der Anruf ihrer Schwester. Eine Party bei Leuten, von denen sie bisher nicht einmal etwas gehört hat in einer fremden Stadt? Warum nicht, die Alternative wäre das Reinfeiern mit ihren Eltern gewesen.
Noch ein Stockwerk, dann wäre sie endlich bei ihrer Schwester Hannah angekommen. 20 Uhr. Nicht schlecht, nur zweimal verfahren und kaum rote Ampeln.
"Hallo Schwesterherz, ich weiß auch noch nicht so recht, was ich heute noch mache. Da ist halt diese Party, aber ich wollte noch zu son paar Leuten, also bist du vielleicht nachher alleine. Naja, nu lass uns erstmal los, um Mitternacht soll die Party ja schon auf Hochtouren laufen." Janine stellte ihren Rucksack ab, betrachtete kurz ihre Schwester und nach einem kurzen "hallo" verließen die beiden vollbepackt die Wohnung.
"Jedes Jahr die selbe Scheiße", maulte Pièrre, als er wie jedes Jahr auf den Sessel in Mayas Wohnung fielen ließ. "Naja, such dir halt nächstes Jahr mal ne andere Party, du musst ja nicht immer hier feiern", konterte Maya und reichte ihm ein Bier. "Och, woanders ist es auch nicht besser", grummelte er und nahm das Bier entgegen, um wenigstens in naher Zukunft nicht mehr allzu viel von dem Drumherum mitkriegen würde.
Es klingelte. Über die Gegensprechanlage ertönte ein Geräusch, dass dem in einer Sektlaune vereinbartem Lösungswort ähnelte. Thorben und Simone betraten die Wohnung und füllten sie gleich mit ihrer guten Laune. 25 Jahre alt und frisch verliebt, das Leben kann so schön sein und der Liebeskummer der vergangenen Beziehungen ist längst verdrängt. Männer sind für Simone keine Schweine mehr und das man Frauen nicht versteht, schien Thorben wieder egal zu sein.
Auf der Straße bekommt man den Eindruck, man hätte Mitternacht verpasst oder befände sich mitten im Krieg. Die üblichen Verdächtigen ließen die ersten Böller krachen und Raketen steigen, da das Verpulvern sonst bis in die Abendstunden des neuen Jahres dauern würde, dazwischen finden sich Leute auf dem Weg zu irgendwelchen Partys oder Verwandten und hinter zugezogenen Gardinen kann man so manch eine Depression vermuten. Mitten drin befinden sich Hannah und Janine auf dem Weg zu Maya und Tom, wobei man erwähnen sollte, dass es eine reine WG ist, da Tom homosexuell und fast in festen Händen ist.
Hannah erzählte von Liebeskummer, ihrem blöden Arsch von (Ex)freund und darüber, wie kompliziert die Dinge liegen. Was anderes als zu nicken blieb Janine sowieso nicht übrig, also wurde es eine sehr einseitige Unterhaltung.
Vor einem Eckhaus blieb Hannah stehen. "Wir sind da", sagte sie, wischte sich die Tränen aus den Augen und klingelte. "Ja?", meldete sich eine den beiden völlig unbekannte Stimme. "Uh, uh!", rief Hannah in die Gegensprechanlage und wurde reingelassen.
Oben wurde mitlerweile über Simones und Thorbens Ex philosophiert und die Unterhaltung gewann langsam an Fahrt. Langsam aber sicher erkannte Thorben wieder, dass er Frauen nie verstehen würde und Simone, dass alle Männer Schweine sind.
Kurz bevor Hannah und Janine die Wohnugstür erreichten, sprang diese auf und eine tränenüberströmte Simone stürmte den beiden entgegen, hielt nicht an und rannte hinaus. Ein augenrollender Thorben rannte hinterher, um sie zurück zu holen.
Die Schwestern betraten nun auch die Wohnung. Pièrre, Maya und Tom saßen ziemlich irritiert in einem bunt geschmückten Zimmer und nippten an irgendeinem Getränk. "Hallo Hannah", empfing sie Maya. "Du musst also Janine sein", fuhr sie fort und reichte Janine die Hand. Zarghafte Hallorufe kamen nun auch aus dem Partyzimmer.
"Party", rief Hannah lasch, die Simone gerade so gut verstehen konnte und Tom für ein Arschloch hielt, obwohl sie sie noch nie zuvor gesehen hatte.
Kaum hatten sich alle wieder gesetzt, wurden wie wild SMS zu all den Menschen geschickt, die gerade nicht im Raum waren, denn mit denen zu reden wäre ja langweilig gewesen. Die Uhr verriet zwischendurch immer wieder, dass es bis Mitternacht noch ein Weilchen dauern würde und dass man sich noch irgendetwas einfallen lassen müsste.
Aus der Küche klang ein blecherndes Klingeln; der Backofen hatte seine Zeit abgesessen und das Bufet eröffnet. Als alle Richtung Küche trotteten, kamen auch Simone und Thorben wieder zur Tür herein. Sie umarmten sich zwar, aber dennoch schien da eine merkwürdige Art von Distanz zu entstehen.
Die Teller wurden vollgeschaufelt, die Musik lauter gedreht und die Handyrechnung weiter in die Höhe getrieben. Janine saß etwas abseits und beobachtete die fremden Menschen, die sich scheinbar auch nicht wirklich kannten. Dann gab auch ihr Handy ein Signal und sie las die SMS. "Ich wünsche dir nen guten Rutsch, mach dir bloß keine Gedanken, es hat nichts mit dir zu tun..." Der Absender war ihr Ex, mit dem sie aber schon einige Zeit keinen Kontakt mehr hatte. Verdutzt betrachtete Janine die Wörter. Was sollte nichts mit ihr zu tun haben? Was könnte er vor haben? Sie versuchte ihn anzurufen, aber auf der anderen Seite der Leitung lachte ihr nur ein Besetztzeichen entgegen. Er war doch eigentlich gar nicht der Typ für lange Telefonate. Hatte er das Handy ausgeschaltet? Auch weitere Versuche blieben erfolglos, also schickte Janine ihm eine SMS. "Hmm? Was hat nichts mit mir zu tun? Was hast du vor??? Ich wünsche dir auch nen guten Rutsch..." Irgendetwas in ihr beunruhigte sie sehr. Diese Gespräche damals, Probleme in der Familie, den Weg zum Traumjob nicht gefunden, Lebensmüdigkeit. Aber er würde doch nicht???
Janine wartete Ewigkeiten auf eine Antwort. Mittlerweile löste sich die Anspannung der Anderen auf und es wurde erstmal zu einem Kartenspiel gegriffen. Mit voller Konzentration auf das Spiel Ligretto setzten sie sich zusammen und hatten keine Zeit sich zu beklagen. Eine wirkliche Unterhaltung konnte so nicht entstehen, aber immerhin wurde die Gruppe fröhlicher und hatte auch keine Skrupel mehr davor jemandem zu sagen, was er grade dachte. "Argh, du dumme Nuss, ich wollte die Fünf da drauf legen." Um zu beweisen, dass es noch niveauloser geht, setzten sie sich vor den Fernseher und sahen den traditionellen Film. "Dinner for one." In der ersten Reihe befand sich auch ein Fan, der ganz genau Bescheid wusste und alles genaustens dokumentieren konnte. Kurz nachdem die These in den Raum geschmissen wurde, dass Miss Sophie eine Nymphomanin sei, da sie ja nur männliche Freunde hatte, bekam Janine endlich eine Antwort auf ihre SMS. "Ich liebe dich immer noch. Werd bitte glücklich..." Was zur Hölle könnte er damit nun wieder gemeint haben? Janine hoffte, dass sie sich irrte, aber sie erinnerte sich auch daran, dass Mareks neue Freunde nicht das sind, was man einen guten Umgang nennt und dass er über die leicht an eine Waffe kommen könnte, wie er beim letzten Treffen stolz berichtete. Draußen wurden immer noch Böller gezündet, niemand würde den Schuss hören... Janine stand auf und ging nervös den Flur auf und ab. Marek war letzten Sommer nach Kiel gezogen. Dort fand auch die Party statt. Auch die Adresse fiel Janine ein und den Weg hatte sie sich bereits vor einiger Zeit auf der Karte angeschaut. Sie könnte hinfahren. Wenigstens gucken, ob es ihm gut geht...
Tom kam in den Flur: "Hmm? Was ist denn mit dir los? Warum schleichst du hier so den Flur auf und ab?" Janine überlegte kurz, aber da ihr alleine keine Lösung einfiel, beschloss sie ihn um Rat zu fragen. Sie zeigte ihm die beiden SMS und erzählte ihm, was sie dachte. Der Tag und somit das Jahr neigte sich langsam dem Ende zu und loszfahren würde bedeuten den Coundown im Auto zu verbringen. "Soll ich fahren?", fragte Janine unsicher, "aber was ist, wenn es wahr ist? Wenn das, was ich denke nicht nur dumme Gedanken sind?" Tom guckte sie an. "Soll ich mitkommen?", fragte er mit einem Ernst, der keinen Zweifel zuließ. Janine guckte auf Tom und nickte dann.
Plötzlich ging alles ganz schnell. Sie zogen sich Jacken und Schuhe an und waren schon in der Haustür, als sie sich vorübergehend von der Party verabschiedeten.
"Wo wollt ihr denn hin?", fragte Hannah, die gerade damit beschäftigt war alle Gedanken im Alkohol zu ertränken. "Zu Marek", reif Janine während sie die Wohnungstür hinter sich zuzog.
Tom und Janine stürmten das Treppenhaus hinunter, vorbei an den Klaviergeräuschen einer Wohnung weiter unten und dem Kindergeschrei im Erdgeschoss. Draußen kämften sie sich durch das Schlachtfeld, das sich bereits auf das gesamte Wohngebiet verteilt hatte und sprangen in den Golf. Widerspenstig wehrte sich dieser gegen eine Mitternächtliche Fahrt. "Spring an, verdammt noch mal", brüllte Janine dem Fahrzeug entgegen, das trotzig seiner Beschäftigung weiter nachging.
"Hey, das ist Martin!", rief Tom auf einen kräftig gebauten jungen Mann zeigend, "mein Ex. Los, komm, der hilft uns bestimmt." Tom sprang aus dem Auto und rannte auf Martin zu. Vom Auto aus beobachtete Janine die beiden beim Reden und Gestikulieren. Nach einer Weile kam Martin auf Janine zu. Der Wagen sprang immer noch nicht an. "Los komm", sagte er, "ich fahr euch hin." Sie folgte den beiden zu Martins Wagen.
In der Wohnung begann die Aufbruchstimmung. Außer Pièrre rannten alle hektisch durch die Wohnung, suchten ihre Jacken, Schuhe, Mützen und Handschuhe, mussten zehn Minuten vor Mitternacht plötzlich alle mal auf Klo und wühlten nach Feuerzeugen und Streichhölzern. Da die Planung aber bereits fünf Minuten zuvor begonnen hatte, hatte die Gruppe nun auch ein Ziel: Die Kieler Förde. Es wurde einfach vermutet, dass dort ein offizielles Feuerwerk sein könnte. Fünf Minuten vor Mitternacht begannen alle zu laufen. Es war zwar ziemlich aussichtslos noch rechtzeitig anzukommen, aber man versuchte Alles, um so zu tun als hätte man einen Plan. Simone und Thorben rannten mit Maya vor, Hannah und Pièrre versuchten zu folgen.
Unter Martins Wagen explodierten Böller, Raketen und sonstige Feuerwerkskörper. Durch die Straßen zogen sich dichte Nebelfelder und die Straßen waren bevölkert. Der Weg zu Marek war nicht weit, aber dennoch schienen Ewigkeiten zu vergehen, bis sie endlich ankamen. Janine hechtete aus dem Wagen und hetzte zum Haus. Doch ein Klingeln erzielte keinen Erfolg. Ein Polizeiwagen fuhr die Straße hinab. Janine rannte drauf zu und er hielt an. Der Fahrer kurbelte die Scheibe runter und Janine erzählte wieder von den SMS und dem, was sie dachte. Der Polizist grinste: "Nein, ich glaube eher, dass der total betrunken mit einer anderen abgestürzt ist. Sowas kommt an solchen Tagen schonmal vor." Janines Blick konnte keine andere Schlussfolgerung zulassen, als dass sie nicht an diese Version glaubte. "Also, was sollen wir da tun? Die Wohnung aufbrechen?" Der Polizist schien sich ein Lachen mühsam zu verkneifen. "Wir haben genug zu tun. Frohes neues Jahr." Er kurbelte die Scheibe wieder hoch, während Janine ein Stück zurück wich. "Frohes neues Jahr", murmelte sie und der Polizeiwagen setzte seine Streife fort. Tom, Martin und Janine sahen sich an. "Was machen wir nun?", warf einer von ihnen in die Runde. Janine guckte auf das Haus. "Auf einen Schuss warten?" Tränen schossen in ihre Augen und dann rannte sie plötzlich wieder auf das Haus zu. "Wohnung aufbrechen", rief sie und rannte in das inzwischen offene Treppenhaus. Andere Bewohner waren nach draußen gegangen, um das neue Jahr zu begrüßen, das keine zwei Minuten mehr entfernt war.
An der Wohnungstür nahm sie Anlauf und rannte mit ihrer Schulter gegen die Tür. Ein dumpfer Schmerz war die Folge, aber die Tür blieb, wo sie war. Wieder nahm sie Anlauf und trat mit aller Kraft gegen die stabile Tür. Martin und Tom waren ihr inzwischen gefolgt. "Scheiße man, lass das, das hat doch keinen Sinn", rief einer von ihnen, aber Janine war nicht mehr aufzuhalten. "Helft mir lieber." Tom schüttelte den Kopf und hielt sich eine Hand vors Gesicht, während er sich unsicher umdrehte. Martin hingegen rannte ebenfalls auf die Tür zu und trat kräftig dagegen. Dem folgenden Tritt der beiden konnte die Tür nicht stand halten. Sie sprang krachend auf und das Holz am Schloss splitterte durchs Treppenhaus und durch die Wohnung. Zu zweit rannten sie durch die Wohnung und suchten Marek. In einem kleinen Arbeitszimmer fanden sie ihn. Rote Augen vom vielen Weinen, einen Brief vor sich liegend. In der Hand hielt er eine Pistole.
Janine ging langsam auf ihn zu. "Du hättest nicht her kommen sollen", weinte Marek, der sonst immer so stark wirkte. Nie zuvor hatte sie ihn weinen sehen. "Marek", flüsterte sie, "du darfst das nicht tun, ich mag dich wirklich sehr." Marek grinste zwanghaft. "Liebst du mich?" Janine starrte ihn an. "Marek, es war eine schöne Zeit, aber wir hatten doch darüber gesprochen..." "Is eh egal", sagte er zur Decke guckend und nickend, "du kannst mich nicht aufhalten." Er hielt sich die Waffe an die Schläfe. "Marek!", schrie Janine histerisch und Mareks funkelnden Augen blickten sie an.
Die anderen hatten es bereits aufgegeben die Förde noch vor Mitternacht zu erreichen und beschlossen unter einer Uhr zu feiern. Die Uhr hatte keinen Sekundenzeiger und so fingen sie irgendwann an einen Coundown zu zählen. "Zehn, neun, acht, sieben, sechs, fünf, vier, drei, zwei, zwei, zwei" Beschwörerisch blickte Thorben auf die Uhr: "eins." Es tat sich nichts "eins." Wieder nichts. "Eins!" Alle "zählten mit. "eins"
Von Mareks Fenster drangen die Stimmen der Leute: "Fünf, vier, drei" Marek entsicherte die Waffe, drückte sie fest gegen seine Schläfe und kniff die Augen ganz fest zu. "zwei, eins" Zwei Polizisten stürmten das Zimmer. Ehe irgendjemand reagieren konnte, hatten sie Marek schon auf den Boden geworfen und fest im Griff. Der Schuss löste sich trotzdem. Ohrenbetäubend schoss die Kugel durch den Raum. In eine Vase schlug sie ein und zerschmetterte diese. Marek wurde erstmal mit auf das Revier genommen. Hinter der Wohnungstür tauchte nun wieder Tom auf. "Tut mir leid, wenn ich euch in Schwierigkeiten bringe", fing er vorsichtig an und und hatte eine Art entschuldigendes Lächeln auf den Lippen, "ich habe die Polizei gerufen, weil da jemand gewaltsam eine Wohnung aufgebrochen hat. Ich hab vermutet, dass sie bewaffnet waren." Weinend ging Janine auf Tom zu. "Frohes neues Jahr", schluchtzte sie, als sie sich in seine Arme fallen ließ. Auch Martin kam dazu und so standen sie da, inmitten einer verwüsteten Wohnung, einer kaputten Tür und neugierigen Bewohnern im Hausflur.
Der Zeiger der Uhr sprang auf 12. "0", riefen alle und fielen sich in die Arme. "Frohes neues Jahr" Überspielt fröhlich zündeten nun auch sie ihre Knaller und grüßten jeden Menschen, der ihnen begegnete mit einem "frohes neues". Sie beschlossen doch zur Förde zu gehen. Dort gab es jedoch weger ein offizielles Feuerwerk noch reflektierende Feuerwerkskörper auf dem Wasser. Der tiefschwebende Nebel ließ gerade einmal den oberen Teil einer großen Fähre herausragen. Diese gab mit weiteren Schiffen ein Hupkonzert und auf der Hauptstraße vor ihnen passierten die ersten Krankenwagen.
Pièrre und Hannah hatten wieder Schwierigkeiten den anderen zu folgen und da Pièrre den Weg nicht kannte und es auch für weniger wichtig ansah den anderen zu folgen, schaffte es nur Hannah. Pièrre irrte durch die Gegend und versuchte zunächste die Förde zu finden.
Einige Feuerwerkskörper waren noch übrig, die noch verschossen werden mussten und Simone stellte eine der Raketen in ein Beet. Als sie aufstieg, war klar, dass es funktionierte, also wurden die restlichen sieben Raketen dazu gestellt und nahezu gleichzeitig gezündet. Nacheinander schossen sie in die Höhe. Bis auf die letzten beiden. Eine Rakete kippte um und riss eine zweite mit sich. Gemeinsam rasten sie auf eine Fütze am Straßenrand zu. Der regenbogenartige Schein der Flüssigkeit verriet, dass dies kein gutes Ereignis war. Das Benzin entzündete sich sofort und setzte kurz darauf auch einen nahegelegenden Busch in Brand. "Oh shit, lass uns abhauen", rief Simone, aber keiner wollte den Brand außer Kontrolle geraten lassen. Mit Sand versuchten sie ihn zu löschen, als wieder ein Krankenwagen vorbeifuhr. Kurz darauf kam ein Feuerwehrfahrzeug und löschte den Busch. Hannah, Simone, Thorben und Maya hatten nicht mehr so wirklich Lust weiter zu feiern und machten sich kurz darauf auf dem Heimweg, wobei ihnen auffiel, dass Pièrre nicht mehr bei ihnen war.
Tom, Martin und Janine machten mitlerweile eine Aussage auf dem Polizeirevier.
Pièrre irrte durch den Schrevenpark. "Hey, cool down, Alter", hörte er eine Stimme hinter sich. Er drehte sich um. "Hallo, ich bin Gunnar", sagte ein ziemlich abgewrackter Typ, der ihm seine Hand entgegenstreckte, "du hast auch nicht wirklich Lust auf die ganze Scheiße mit Silvester und dem Kram, oder?" Pièrre schüttelte den Kopf. "Hier, das Zeug haut echt rein", versprach Gunnar und hielt Pièrre ein Päckchen entgegen, "nur zehn Euro, das ist echt guter Stoff."
Simone, Thorben und Maya gingen zurück in die Wohnung. Hannah blieb vor einer Wohnungstür stehen, hinter der sich immer noch Klaviermusik verbreitete. Durch den Genuss sämtlicher alkoholischer Getränke in Maya und Toms Sortiment, brachte sie genug Mut auf, zu klingeln. Ein Mann in Anzug und Krawatte öffnete. "Die Musik is mir zu laut", lallte Hannah. "Oh, hallo, schöne Frau", hörte sie die Stimme des Pianisten.
Tom, Martin und Janine waren mittlerweile wieder auf freien Fuß, zumindest für den Rest des Abends, und fuhren zurück zu Toms Wohnung. Martin beschloss mit rauf zu kommen und so gingen die drei nach oben.
Oben angekommen fielen sich nochmal alle in die Arme, um sich ein schönes neues Jahr zu wünschen und anschließend ließ sich jeder irgendwo fallen, um die Ereignisse der letzten Minuten zu verdauen.
Plötzlich stand Hannah mit einem kleinen Italiener in Anzug und Kravatte mit einer Zigarre im Mund in der Tür. "Das ist Rasmus", stellte sie ihn vor und umarmte ihn. "So?", dachte Janine und machte sich leichte Sorgen um ihre Schwester, die sich noch nicht einmal wirklich von ihrem Freund getrennt hat und sich in der Sache unsicher ist. Doch wirklich drauf eingehen wollte sie nicht, schließlich war sie alt genug, selbst zu entscheiden. Ein weiterer Mann in Anzug und Kravatte, allerdings mit Zigarillo, betrat die Wohnung. "Kann das reiche Arschloch auch rein?", fragte Hannah frei raus und schob ihn in das Zimmer. Von der Bemerkung recht unberührt setzte sich dieser in die Runde und betrachtete die Leute. - Vor allem die Frauen.
Als Rasmus Hannah die Frage stellte, wann sie denn endlich mal miteinander schlafen würden, betrat Pièrre das Zimmer. "Frohes neues Jaaaaaaaahr", schmetterte er unnatürlich fröhlich in die Runde. Dann ging er auf jeden einzelnd zu, um ihn in den Arm zu nehmen und seine Wünsche zu wiederholen. Als er damit fertig war, fing er an zu tanzen. "Pièrre? Schön, dass du wieder da bist... gehts dir gut? Wo warst du denn?", fragte Maya reichlich besorgt. "Mir geht es gut, gut, gut, supergut", sang Pièrre und Gunnar betrat ebenfalls den Raum. "Das ist übrigens Gunnar", präsentierte Pièrre, "den hab ich heute kennen gelernt, der is voll okay."
Pièrre streckte sich nach der Gitarre, die hinter dem Tisch stand. "hier, Thorben, spiel doch mal." Da niemandem einfiel, was man sonst tun könnte und Hannah gerade die Prolls aus der Wohnung geschmissen hatte, nahm Thorben die Gitarre entgegen. Er fing an fröhliche Lieder zu spielen und endlich fanden die meisten einen Ruhepunkt. Die Gruppe splittete sich. Die Deprimierten, die meist unter Liebeskummer litten, verschwanden in das Deprizimmer, in dem geheult wurde, die anderen feierten im Partyzimmer mit fröhlichen Liedern das neue Jahr.
Janine lehnte sich gegen Tom, der in Martins Arm lag und gemeinsta, hörten sie den anderen im Partyzimmer beim Singen zu. Einen Augenblick schien es so, als wäre die Welt in Ordnung, so als würde die Gitarre trotzig ihre Fröhlichkeit in die dunkle Welt schicken und vielleicht sogar einen Moment lang die Schatten der Welt übertönen. Es schien alles wieder geregelt zu sein, alles in seinen Bahnen zu laufen.
Eine Tür knallte zu und Hannah rannte zur Wohnungstür. Auch diese knallte sie hinter sich zu. In ihren Augen sammelten sich ganze Ozeane voller Tränen. Maya rannte hinterher. "Hannah", schrie sie und rannte das Treppenhaus hinunter. Tom, Martin und Janine schauten sich an. Die Gitarre vertummte und ein neues Problem stand in dem Raum. Dann brach Pièrre plötzich zusammen und Gunnar machte sich aus dem Staub. Die übrigen Personen teilten sich auf. Die eine Gruppe kümmerte sich um Hannah, die andere um Pièrre...