Was ist neu

Frohe Weihnachten

Mitglied
Beitritt
04.02.2004
Beiträge
2

Frohe Weihnachten

Frohe Weihnachten


Der Schnee fällt sanft auf den Fenstersims. An der Scheibe bilden sich Eisblumen. Innen steht ein altes Grammophon mit riesigem Trichter und spielt ein Weihnachtslied. Zitternd treiben die Töne durch die nach Tanne duftende Luft bis unter das Dach des großen Hauses. Ein aufmerksamer Spaziergänger würde merken, daß das Haus das Einzige ohne Schmuck und Beleuchtung ist. Doch am Heiligabend ist niemand unterwegs. Man ist in der Kirche und betet, um dann später nach Hause zu gehen, und im Kreise der Familie die Bescherung unter dem Tannenbaum abzuhalten. In dem großem Haus ist aber auch kein Baum zu finden, nur ein Zweig an dem viele Nadeln fehlen. Einige schwimmen im Kerzenwachs, andere liegen verkohlt daneben. Der Alte im Sessel starrt auf die erlöschende Flamme. Ein letztes Aufflackern reflektiert sich in den trüben Augen. Langsam quälen sich Gedanken durch das alte Hirn. 45 muß er jetzt sein, spricht einer, hat einen großen Wagen und zwei Kinder. Manager ist er. Ob es stimmt? Vielleicht hat er den Beruf gewechselt. Ich habe ihn seit Jahren nicht gesehen. Langsam fällt die runzelige Hand auf das Tischchen und schließt sich um den kalten Griff des Armeerevolvers. Ein neuer Gedanke drängt sich aus dem Hintergrund nach vorne. Nur du bist mir noch geblieben, will er murmeln, doch die Zunge liegt nur verlassen und schlaff zwischen dem blanken Zahnfleisch. Die Familie nebenan hört nicht das einsame Geräusch, das aus dem letzten Haus der Straße kommt; zu sehr sind sie damit beschäftigt, ihrem Herrn für die Stunden der Liebe und der Freude, die sie einander geben durften, zu danken. Als sie schon die letzten Beweise ihrer Zuneigung auspacken, hält ein Wagen vor dem dunklen Haus. Ein Mittvierziger steigt aus, geht um den Wagen und weckt vorsichtig seine Kinder. Seine Frau holt zwei kleine Päckchen aus dem großen Kofferraum. Der Mann geht zur Haustür und öffnet mit einem unbenutzt aussehenden Schlüssel. Er deutet seinen Kindern leise zu sein und betritt das duftende Haus. Sie folgen der Musik, und in dem Moment in dem die Musik mit einem ersterbenden Knacken endet, öffnet er die Tür. Frohe Weihnachten, Vater.

 

Hallo,
erstmal Herzlich Willkommen auf kg.de

Deine Beschreibung hat mir gut gefallen, sie ist schön ausformuliert und es fehlt nichts. Das einzige, was mich verwundert, ist die Kategorie. Ich finde einfach das Philosophische nicht, eher würde Alltag passen. Vielleicht übersehe ich aber auch nur das Philosophische, dann darfst du mich gerne darauf hinweisen. Für mich geht es um einen alten Kauz, der verlassen lebt und sich aufgegeben hat, da er sich als nutzloses Anhängsel der Gesellschaft fühlt, die ihrerseits nichts dafür tut, ihm Geborgenheit zu geben. Nur, als es dann schon zu spät ist, stellt sich heraus, dass der Mann doch nicht so allein war. Unter diesem Gesichtspunkt wäre auch die Rubrik Gesellschaft vorstellbar.

Gruß
Arthuriel

 

Hast recht, war mir nur nicht sicher in welche Kategorie damit.

Könnte es wer verschieben?
Danke :-)

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom