Fritzl und Strunzl - 17.12. - Das Wunder vom Winterwald
Das Wunder vom Winterwald
Heute ist Mittwoch, der 17.Dezember. Die Nacht hindurch hat es sehr viel geschneit im Winterwald. Riesengroße Schneeflocken schwebten vom Himmel herab und ließen sich auf dem Boden und den Bäumen des Winterwalds nieder.
Ein schöner Anblick für groß und klein. Und noch schöner für die Schüler der Winterwaldschule, denn die bleibt aufgrund des Schnees geschlossen.
„Juhuuu!“ rufen Fritzl und Strunzl, als sie das erfahren haben und hüpfen im Bett in der Eichkätzchenhöhle auf und ab. „Bist du dir da auch ganz sicher, Mama?“ fragt Fritzl dann doch ein wenig skeptisch.
Mama Schwanzbusch erzählt: „Aber ja! Dein Lehrer, Herr Oberschlau ist gerade eben an unserem Fenster vorbei geflogen und hat es mir berichtet.“
„Bau! Das sieht toll aus. Die kleinen Bäume vor der Höhle kann man gar nicht mehr sehen!“ staunt Strunzl, der gerade aus dem Fenster sieht. „So etwas hat es, glaub ich, noch nie gegeben!“
Fritzl springt aus dem Bett und sagt ganz aufgeregt: „Dann kann ich ja gleich zu Kandi hinübergehen und den ganzen Tag mit ihr spielen.“ Er zieht sich die Winterjacke über, schlüpft in die Fäustlinge und geht zur Tür.
„Hey!“ ruft er und rüttelt am Türgriff. „Ist etwa abgeschlossen?“
Hinter ihm kommt sein Vater. „Nein Fritzl. Der Schnee hat sich vor unsere Höhle gelegt und die Tür versperrt. Wir müssen warten, bis er etwas zurückgeht, bevor wir hinaus können.“
„Oh nein!“ sagt Fritzl enttäuscht und setzt sich vor den Ofen. So sehr hat er sich schon auf den Tag mit seiner Freundin gefreut.
„Ich hab eine Idee“, meldet sich Strunzl plötzlich. „Du könntest ja aus dem Fenster hinaus klettern. Das Fenster ist nicht verschneit!“
Fritzl hält das für eine gute Idee und öffnet es und möchte gerade hinaus steigen, als ihn Mama Schwanzbusch an der Kapuze seiner Winterjacke zurückzieht. „Halt nicht so schnell“, sagt sie. „Pass einmal auf!“
Sie nimmt einen kleinen Ast der Barbarazweige, die noch immer nicht blühen, und wirft ihn aus dem Fenster. Er fällt und fällt und als er unten ankommt, verschwindet er.
„Der Schnee ist ganz locker, darauf kannst du nicht gehen. Wenn du hinunter hüpfst, fällst du sehr tief in den Schnee und kommst nicht mehr hinauf. Ich glaube, es ist besser, wenn du hier bleibst!“
Fritzl seufzt traurig. Jetzt hat er wohl doch keine Chance.
Und wie er so mit traurigem Gesicht dasitzt und dem Knistern des Feuers im Ofen lauscht, flattert jemand an das Fenster.
„Hallo Familie Schwanzbusch, geht’s euch gut?“ Es ist die Krähe Herr Schwanz, die sich in solchen Zeiten um die Tiere des Winterwaldes kümmert. „Hoffe es geht allen gut hier!“
„Ja Herr Schwarz“, sagt Fritzl. „Ich habe nur ein Problem, ich möchte heute unbedingt meine Freundin Kandi besuchen, doch würde ich im Schnee gleich versinken und nie wieder hinauf kommen.“
„Verstehe“, murmelt Herr Schwarz und nickt mit dem Kopf. „Nur Vögel sind heute im Winterwald unterwegs. Die Bodentiere würden alle versinken. Aber vielleicht gibt es doch eine Möglichkeit.“
Herr Schwarz ordert Strunzl an, er solle Leintücher und Deckenbezüge aus seinem Zimmer holen und sie zusammen binden. Gesagt getan, bald sind feste Knoten in seiner Bettwäsche.
„Was macht ihr denn da?“ fragt Mama Schwanzbusch entsetzt, als sie Strunzl mit der Wäsche sieht.
„Machen Sie sich keine Sorgen, Frau Schwanzbusch. Ich pass schon auf!“ beruhigt sie die Krähe Schwarz und fordert Fritzl auf, er solle sich in die zusammengeknotete Bettwäsche legen. Als Fritzl das getan hat, nimmt die Krähe ein Ende der Wäsche in den Schnabel und sagt. „Jetzt trage ich dich zu deiner Freundin und am Abend hole ich dich wieder ab!“
„Juhuuu!“ ruft er und Herr Schwarz fliegt mit Fritzl davon.
Hoch durch die Lüfte geht ihr Flug und Fritzl genießt die Aussicht. Der Schnee hat den ganzen Winterwald bedeckt und es ist nichts anderes zu sehen als weiß. Es schneit immer und dazu weht ein starker Wind. Fritzl friert sogar durch seine Winterjacke und freut sich schon, wenn er in Kandis warmer Höhle ist.
Auf ihrem Flug begegnen sie Möwen. „Hallo ihr!“ ruft Fritzl und alle Möwen antworten im Chor: „Meins! Meins! Meins? Meins!“ Fritzl sieht Herrn Schwarz fragen an und dieser sagt: „Die sind nicht von hier!“
Das Wetter wird immer schlechter. Der Himmel ist grau und der Wind peitscht den Schnee in Fritzls Gesicht. Die Krähe Schwarz wankt im Sturm. Da erkennt Fritzl den Baum, in dem sich die Höhle von Kandi befindet. „Gleich sind wir da!“, denkt sich Fritzl.
Doch da geschieht ein Unglück. Eine Sturmböe erfasst die Krähe Schwarz und wirbelt sie durch die Luft und gegen einen Baum. Benommen flattert sie weiter, doch sie hält nur noch ein paar leere Leintücher im Schnabel! „Fritzl!“ kreischt Herr Schwarz, doch es kommt keine Antwort.
Viele Meter unter Herr Schwarz kommt Fritzl zu sich. Was ist geschehen? Er blickt sich um und sieht nichts, nur weiß. Er versucht aufzustehen, doch der Schnee um ihn herum gibt nach und es ist unmöglich, halt zu finden. Überall ist Schnee, unter ihm, neben ihm, über ihn. Es gibt keine Möglichkeit zu entkommen.
„Hilfe!“ ruft er so laut er kann, doch das kalte, weiße Zeug schluckt seine Rufe und es ist unmöglich, dass jemand außerhalb ihn hören könnte.
„Oh nein!“, stöhnt er und beginnt zu zittern. Schnee klebt ihm im Gesicht und im Pelz. Auch die Winterjacke hält die Kälte nicht von ihm ab, im Gegenteil, sie speichert den geschmolzenen Schnee und leitet das kalte Nass an seinen Pelz weiter.
Vor lauter Kälte und Zittern kann Fritzl beinahe nicht atmen. Die Luft brennt in seinem Hals und in seiner Lunge, sein Kopf beginnt zu schmerzen.
„Ach, wäre ich nur zu Hause geblieben“, denkt er sich. „Jetzt sehe ich Kandi vielleicht nie wieder.“ Fritzl beginnt zu weinen.
Oje, nun scheint es also doch ein böses Ende mit unserem Fritzl zu nehmen. So viele Gefahren hat er mutig überstanden, hat die Hasen durch eine Schneeballschlacht eine Lektion erteilt, ist den Fängen des bösen Maulwurfs entkommen, hat einen kleinen Fuchs zurück zu seiner Mutter gebracht und den Josef in einem Theaterstück gespielt. Fritzl lächelt, während er an die letzten Tage zurückdenkt.
„Das war eine schöne Zeit“, denkt er, als ihm plötzlich wärmer wird. „Was ist denn los?“ denkt er sich. Er friert auf einmal gar nicht mehr und er sieht warmes, gelbes Licht von oben auf ihn herab scheinen. Zuerst denkt er, es ist die Sonne, doch die könnte im Winter nie so warm sein. Er sieht in das Licht und erkennt plötzlich ein Kind, ein Menschenkind auf ihn herabschweben.
„Hallo Fritzl“, begrüßt es das Eichhörnchen. Es hat eine angenehme Stimme.
„Bin ich jetzt gestorben und du ein Engel, der mich in den Himmel führt?“ fragt Fritzl besorgt.
„Nein, du lebst noch und ich bin kein Engel. Ich bin das Christkind“, erklärt das Geschöpf und reicht Fritzl die Hand. Als die Pfote des Eichhörnchens die Hand des Christkindes berührt, wird Fritzl auf einmal ganz warm und er verspürt sehr viel Liebe und Freude in seinem Herzen.
„Du bist wirklich das Christkind“, staunt er. Er riecht Tannenzapfen und Kerzenduft. „Das ist ein Wunder!“
„Ja, das ist dein Weihnachtswunder, kleiner Fritzl“, bestätigt das Christkind. „Bleib weiterhin so brav, dann werde ich auch weiter auf dich aufpassen.“
Noch immer umfasst Fritzls Pfote die Hand des Christkindes. Er kann seinen Blick einfach nicht von ihm nehmen. Es sieht so schön aus, so friedlich, so warm. Da schließt es die Augen und verschwindet. Mit ihm verschwindet der Schnee um ihn herum und Fritzl steht mitten im Wald und sieht über sich eine Armee von Krähen kreisen. Nur die Wärme in Fritzls Herzen, die bleibt.
Für Herrn Schwarz war es ebenfalls unglaublich. Er kreiste mit seinen Kollegen in der Luft und sah nichts außer Schnee, doch plötzlich erschien ein Licht und auf ein Mal war der ganze Schnee weg und Fritzl stand unten auf dem Boden, lächelte und winkte nach oben. Herr Schwarz fiel ein Stein vom Herzen, schnappte das Eichhörnchen und flog auf schnellsten Weg zurück nach Hause in die Höhle der Schwanzbuschs. Dort erzählte Fritzl die unglaubliche Geschichte seinen Eltern und seinen kleinen Bruder.
„Ich glaub nicht, dass das wirklich das Christkind war“, erklärt Strunzl, als er die Geschichte fertig gehört hat. „Ich glaub, das has du dir nur eingebildet.“
„Das kann schon sein“, meint Herr Schwarz. „Vielleicht war unserem Fritzl einfach nur so kalt, dass er sich alles nur eingebildet hat. Aber wie, liebes Strunzelchen, erklärst du dir das hier?“ Herr Schwarz geht zum Fenster und zieht die Vorhänge beiseite.
Strunzl schaut hinaus und kann seinen Augen nicht trauen. Er sieht alles, die Bäume, den Boden, den blauen Himmel, nur Schnee sieht er keinen. Er ist auf wundersame Weise verschwunden.
„Das muss wirklich ein Wunder sein!“ staunt Papa Schwanzbusch.
„Ja, Papa, das war es auch“, bestätigt Fritzl, der noch immer lächelt und die Wärme in seinem Herzen fühlt.