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Fridolins Odyssee

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09.06.2017
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Fridolins Odyssee

Guten Tag! Ich möchte mich Ihnen nur kurz vorstellen: Mein Name ist Fridolin.
Sie fragen sich bestimmt, was ich von Ihnen möchte. Ganz einfach: Mein größtes Abenteuer erzählen. Ich meine, wer macht das heute nicht? Und so möchte ich Ihnen nun die Freude des Meinigen bescheren. Mein größtes Abenteuer war vor einigen Jahren eine Reise nach Kanada. Aber es war keine gewöhnliche Reise, sondern eine regelrechte Odyssee!

Bevor ich Ihnen aber meinen Reisebericht geben werde, sollte ich mich Ihnen aber vielleicht noch genauer vorstellen. Ich bezweifle, dass mich alle Anwesenden sehen können, von daher müssen Sie noch einiges über mich erfahren, um meiner Erzählung folgen zu können. Wie ich bereits sagte, mein Name ist Fridolin und ich bin ein Koffer. Ja, Sie haben richtig gehört, ein Koffer! Um genau zu sein, ein Reisekoffer. Gut, es gibt andere Koffer, die stabiler sind als ich, aber das macht mir nicht aus. Auch wenn es eigentlich nur ein ganz dünner Metallrahmen ist, der meine wunderschöne schwarz-blau karierte Stoffhaut stützt, bin ich doch sehr groß. Zumindest sagen meine Besitzer, dass sie noch nie einen Koffer gehabt hätten, in den so viel hinein passe. Und ich denke, meine Damen und Herren, darauf kann ich zu Recht stolz sein.

Um Sie aber nicht länger auf die Folter zu spannen, beginne ich jetzt mit meiner Geschichte:

Der Anfang der Reise verlief ganz normal. Meine Besitzer füllten mein Inneres mit Kleidung, Kosmetika und anderen Sachen, von denen ich nicht weiß, wofür Menschen sie brauchen. Aber das ist nebensächlich. Meine Besitzer rannten ständig herum und brüllten sich an, ob sie nichts vergessen hatten. Am Ende des Tages war ich so voll, dass ich sogar noch ein Kofferband bekam, damit mir ja nichts passierte. Erna, der andere Koffer der mitsollte, wurde nicht mal halb so voll gepackt.

Hier können Sie sehen, wie groß ich bin. Fast alles, was für einen zweiwöchigen Kanadaurlaub benötigt wird, passt in mich hinein.
Um wieder zurück zu meiner Geschichte zu kommen:

Erna und ich wurden in das Auto geladen und auf ging es zum Flughafen. Von Hamburg über Frankfurt direkt nach Toronto. Erna schwafelte mich während der ganzen Autofahrt voll. Sie prahlte mal wieder mit ihrem guten Aussehen und das sie die schwereren Sachen tragen durfte. Aber musste sie deshalb gleich so prahlen? Sicher, sie war wesentlich neuer als ich, und aus einem anderen Stoff gemacht, der wohl etwas stabiler war als meiner, aber in sie passte noch nicht einmal die Hälfte von dem, was in mich passte. Außerdem sah sie mit ihrem giftgrünen Stoff definitiv nicht besser aus als ich! Und ich bin mir sicher: Wäre in mir noch Platz gewesen, hätte ich sicherlich auch Ernas Inhalt bekommen.

Meine Größe und mein gutes Aussehen sind auf jeden Fall der Grund, weshalb ich immer noch da bin und sie nicht. Entschuldigen Sie bitte, das war nicht sonderlich fair, aber ich kann es einfach nicht lassen.

Nun ja, wir kamen also ohne Probleme am Flughafen an. Das Einchecken verlief ganz normal. Ich bekam mein Ticket und weiter ging es auf dem Band, durch das Gummitor und die Metallrutsche hinunter. Unten griff mich ein Mann und lud mich, nachdem er meinen Bestimmungsort kontrolliert hatte, auf einen Wagen. Neben mir waren schon viele andere Koffer, die sich lebhaft über die bevorstehenden Reisen unterhielten. Ich konnte mich ihnen zu diesem Zeitpunkt leider noch nicht anschließen, denn ich musste noch nach Erna Ausschau halten. Schließlich gehörten wir irgendwie zusammen und ich sollte, als der Ältere, auf sie aufpassen, auch wenn es mir lieber gewesen wäre, sie würde nicht existieren. Nach kurzer Zeit erblickte ich sie. Zu meinem Leidwesen wurde sie direkt über mich gepackt. Sie würde sich noch länger darüber lustig machen, das war mir klar. Leider ließ es sich nicht ändern. Während ich mich mit den anderen Koffern über bisherigen Reisen unterhielt, ging es los zum Flugzeug. Erna konnte dabei Gott sein Dank nicht mitreden, immerhin war es ihre erste Reise mit einem Flugzeug.

Vielleicht sollte ich Ihnen noch erklären, dass wir Koffer alle eine Sprache sprechen. So haben wir untereinander keine Verständigungsschwierigkeiten. Aber kaum jemand von uns kann mit Menschen kommunizieren. Ich habe es erst nach dieser Reise gelernt, damit mir so etwas nicht noch einmal passiert.

Wieder zurück zum Flugzeug. Wir wurden in den Laderaum gepackt und schon kurze Zeit später hoben wir ab. Der Flug nach Frankfurt verlief ohne Probleme. Dort wurden wir wieder aus dem Flugzeug geholt. Schon im Frachtraum hatte ich Erna aus den Augen verloren und das änderte sich auch auf dem Kofferwagen nicht. Hoffentlich würde das nicht zum Problem werden.

Ich habe mir Sorgen um Erna gemacht, ist das zu glauben?

Schnell wurden die Wagen, auf denen wir lagen, voneinander getrennt und neu zusammengestellt.


Waren Sie schon mal auf dem Frankfurter Flughafen? Die Wege, die man dort zurücklegen muss, sind ewig lang. Man muss hoffen, dass sich die Leute, die für uns zuständig sind, beeilen, damit wir unseren Anschlussflug bekommen.

Aber dieses Mal waren sie schnell genug. Ich wurde ins nächste Flugzeug geladen und schon kurze Zeit später ging es wieder in die Luft. Ich schaute mich genau im Frachtraum um, doch ich konnte Erna nirgendwo entdecken. Nur einen Hund in einer Transportbox, der beim Schlafen vor sich hin sabberte.

Ekelhaft!

Der Flug erschien mir etwas kurz, aber manchmal täuscht man sich ja auch in der Zeit. Toronto war wesentlich kleiner, als ich erwartet hatte. Ich meine, als größter Flughafen Kanadas sollte es doch mehr als 2 Start- und Landebahnen geben! Es dauerte nicht lange, da lag ich wieder auf einem Kofferband. Ich wurde zur Abholzone transportiert, doch egal wie lange ich auch suchte, ich konnte weder Erna noch meine Besitzer entdecken. Bald lag ich alleine auf dem Band.

Erst zu diesem Zeitpunkt wurde mir klar, dass es nicht Erna gewesen war, um die ich mir hätte Sorgen machen müssen. Dabei hätte ich es schon früher herausfinden müssen!

Ich war offensichtlich am falschen Flughafen gelandet. Wie hatte das nur passieren können? Natürlich versuchte ich erst einmal herauszufinden, wo ich überhaupt gelandet war. Nachdem ich darauf achtete, merkte ich, dass es mir eigentlich viel früher hätte auffallen müssen. An mehreren Stellen, die ich vom Band aus sehen konnte stand Aeroport de València. Ich war in Spanien gelandet! Bestimmt warteten meine Besitzer in Kanada schon auch mich.

Es war zum Verzweifeln sage ich Ihnen.

Irgendwann wurde ich von einem Flughafenmitarbeiter vom Band genommen, mein Ticket wurde gescannt und schließlich kam ich in einen Raum mit ein paar andern Koffern. Wie ich schnell feststellte, war es den meisten von ihnen wie mir ergangen. Nur zwei andere Koffer waren einfach nicht abgeholt worden. Das musste ein noch schrecklicheres Schicksal sein. Nach einer endlosen Zeit, in der einige von uns schon wieder von Flughafenmitarbeitern abgeholt und andere hinzugekommen waren, wurde auch ich endlich aus dem Raum geholt. Wieder kam ich in ein Flugzeug. Ich konnte nur hoffen, dass es diesmal das Richtige war. Das es mich endlich nach Toronto bringen würde. Doch wieder schien es mir, als ob der Flug viel zu kurz war. Niemals hätte wir in dieser kurzen Zeit über den Atlantik fliegen können. Als ich aus dem Flugzeug geholt wurde, atmete ich erleichtert aus. Ich war wieder in Frankfurt. Immerhin kein komplett fremder falscher Flughafen. Offensichtlich sollte ich erneut über Frankfurt nach Toronto gelangen. Wieder gab es einen ewig langen Weg über das Rollfeld. Ein neues Flugzeug. Diesmal achtete ich auch auf die Fluggesellschaft. Air Canada! Das musste wohl richtig sein. Ich würden den Arbeitern wohl nicht mehr so einfach vertrauen können. Doch auch diese waren diesmal gründlicher. Immerhin kam ich alleine und sie kontrollierten noch einmal mein Ticket. Neues Flugzeug, neuer Flug und schließlich ein neuer Flughafen. Diesmal wurde ich schon vorher aussortiert. Ich kam gar nicht mehr auf das Kofferband. War ich wirklich in Toronto gelandet? Dieser Flughafen sah auf jeden Fall größer aus. Ein Mann packte mich in ein Auto. Dort standen schon zwei andere Koffer. Ich bekam Panik. Wurde ich etwa entführt? Doch die beiden anderen konnten mich schnell beruhigen. Sie erzählten mir, dass sie ebenfalls zuerst an den falschen Ort gebracht worden waren. Da das eigentliche Ziel der beiden auch Toronto gewesen war, war ich nun sicher Richtig. Und eine Entführung war auch annähernd ausgeschlossen. Der Mann fuhr uns durch die große Stadt. Erst trug er den einen Koffer aus dem Auto, dann den nächsten. Schließlich war ich an der Reihe. Er brachte mich in ein Hotel. Wohnten meine Besitzer etwa hier? Ich wurde an der Rezeption abgegeben. Der Mann ging wieder zurück. Ein anderer brachte mich durch verschiedene Gänge. Schließlich klopfte er mehrmals an eine Tür. Als niemand öffnete, zog er seine Schlüsselkarte durch den Schlitz an der Tür und stellte mich in einen schön möblierten Raum.
„Fridolin!“
Das war eindeutig Erna. Ich war noch nie im Leben so froh gewesen, ihre Stimme zu hören. Gerade so konnte ich sie unter dem Bett erspähen. Der Mann legte noch einen Brief auf mich und ging wieder aus dem Raum.
„Was ist dir denn bloß passiert?“, wollte Erna wissen.
Ich erzählte ihr von meiner Odyssee. Als meine Besitzer kamen, war ihre Freude riesig mich wiederzuhaben. Wobei es dabei wohl leider weniger um mich ging, sondern vielmehr um meinen Inhalt. Der restliche Urlaub verlief zum Glück ereignislos. Und auch auf dem Rückflug, vor dem ich richtig Angst hatte, ging Gott sei Dank nichts mehr schief.

 
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Vielleicht sollte ich Ihnen noch erklären, dass wir Koffer alle eine Sprache sprechen.

Hallo und herzlich willkommen hierorts,

Fridolin,

verniedlichen doch unsere Namen den viel größeren des Friedensfürsten (seit Salomons Tagen, wenn man so will). Ein Grund, hier hineinzuschauen -

der bedeutungsvollere Grund aber ist der der Odyssee, die für ihren Namensspender ja zehn Jahre dauerte, dass ich diesen kleinen Reisebericht für eine Übertreibung halte. Nun gut, Literatur lebt von der Übertreibung, umso mehr, wenn der Berichterstatter ein Reisekoffer ist, wenn auch eher ein herkömmlicher statt eines flugsicheren wetter- und wasserfesten, der im Falle eines Absturzes dafür sorgte, dass weniger sein Besitzer als immerhin dessen Klamotten den Absturz überstünden. Immerhin kenn ich ja einen sprechenden Koffer aus Siebenstein, ein ausgesprochener Klugscheißer (da bin ich ein Waisenkind gegen), der aber zum Inventar des Ladens gehört und eher darstellt, dass man viel Wissen mit sich herumtragen kann ohne dadurch auch nur ein bisschen klüger zu werden.

Hallo Scribo -
und da wir uns das erste Mal begegnen, auch Dir ein herzliches Willkommen hierselbst!

Du hast schon gemerkt, so recht will mir der Bericht nicht gefallen. Dabei stört die persönliche Anrede nicht die Bohne, selbst wenn da schon die erste Anmerkung fällig wird, wenn Fridolin eine gequirlte Sprachweise an den Tag legt im

Und so möchte ich Ihnen nun die Freude des Meinigen bescheren.
den Konjunktiv II von "mögen" verwendet und für sein größtes Abenteuer ein wehrloses Possessivpronomen substantiviert im (durchaus korrekten) Genitiv - der ja wie das Possessivpronomen - Besitzverhältnisse anzeigt. Doppelt hält besser, wenn man dem Volksmund trauen darf.

Aber ein Abenteuer kann ich erleben, nicht besitzen, selbst wenn man heutzutage Abenteuer "mieten" kann auf der Kirmes bis zum Disneyland. Der Koffer mag es mögen, aber er tut es doch dann bitte im Indikativ, um dann nicht am ersten notwendigen Konjunktiv zu scheitern - hier nämlich, wenn es heißt

Zumindest sagen meine Besitzer, dass sie noch nie einen Koffer gehabt haben, in den so viel hinein passt.

Es gäbe da nix zu mosern, stünde dort, was die Besitzer sagen, in wörtlicher Rede und nicht einmal Du, lieber Scribo, sondern Dein selbstgewählter Protagonist referiert über die Rede seiner Besitzer. Die Reparatur ist minimal und doch geradezu weltbewegend zwischen dem was ist und dem, was sein kann, aber nicht muss: "gehabt haben" wandelt sich zumindest in "gehabt hätten" und als zwotes wird dem nächsten Verb ein Endungs-e verpasst.

Eine Flut vom immergleichen Possessivpronomen, wo der Artikel genügte, und offensichtlichen Rechtschreibfehlern

Meine Besitzer füllten mein nneres mit Kleidung, Kosmetika und anderen Sachen, von denen ...
und wieder wäre der Konjunktiv angesagt
Meine Besitzer ... brüllten sich an, ob sie nichts vergessen hatten.
..., damit mir ja nichts passierte. Erna, der andere Koffer der mit[...]sollte, wurde nicht mal halb so voll gepackt.
Da dem Verb "passieren" Prät. und Konj. II identisch sind, würde ich tatsächlich eine würde-Konstruktion emtpfehlen, um deutlich zu machen, dass es sich um einen Wunsch handelt, dass eben nix passiere.

Sicher, sie war wesentlich neuer als ich, ...
Spricht man so unter Koffern? Meinen Enkel halte ich weniger als "neuer" für mich und seiner Mutter (die ja, um im Jargon zu bleiben, "neuer" ist als ich - keine bange, ich spinn jetzt nicht Komperativ und Superlativ weiter). Sie sind einfach "jünger" als ich ...

Dann wird auch schon mal das Ende eines eingeschobenen Nebensatzes verpasst

Unten griff mich ein Mann und lud mich, nachdem er meinen Bestimmungsort kontrolliert hatte[,] auf einen Wagen.
oder auch ein Komma zu viel gesetzt
Zu meinem Leidwesen[...] wurde sie direkt über mich gepackt.

Hier nun wrd ich nicht mal den Konj., sondern ein schlichtes Futur empfehlen
Hoffentlich wurde das nicht zum Problem.
statt "wurde" oder "würde" ein schlichtes "wird"!

Dann schimmert die Schulgrammatik - bei Gott, nix Schlimmes! - durch

Schnell wurden die Wagen, auf die wir verladen worden waren, voneinander getrennt und neu zusammengestellt.
wo ein "verladen wurden" keinen Schaden anrichten kann.

Zwar ist Zeit nix ohne Raum, aber hier

Die Wege, die man dort zurücklegen muss, sind ewig lang.
ist weniger die Dauer als ein schier "endloser" Weg gemeint.

Und so kommt mir dann auch dieser optisch kurze relativ lang vor ... Und es fällt mir schwer, aber ich gebe zu, dass ich Humor und Botschaft vermisse. Aber vielleicht liegt jene ja im einführenden Titat, dass Koffer eine Sprache sprächen ...

Nix für ungut und ein schönes Wochenende wünscht der

Friedel

 

Moin Scribo,

ich finde deine Geschichte hat einen netten Ansatz und ich mag deinen eher humorvollen Stil. Allerdings fehlt mir noch etwas der "Pep", also gewissermaßen die Spannung. Ich glaube, du hast ein paar gute Ansätze in deinem Text, die du noch ausbauen könntest.


Mein Name ist Fridolin.
... eine regelrechte Odyssee ...!
... wunderschöne schwarz-blau karierte Stoffhaut ...
... Hier können Sie sehen, wie groß ich bin. ...
... Nur einen Hund in einer Transportbox, der beim Schlafen vor sich hin sabberte. Ekelhaft! ...

--> Hier eine eher beiläufige Sache: Dank dem Karomuster und dem pikierten aber sehr selbst überzeugtem Auftritt Fridolins muss ich ihn mir wie einen Koffer vorstellen, der Hut und Schnauzer trägt und dazu eine Pfeife raucht. Quasi alter, gesetzter Brite. Wahrscheinlich interpretiere ich da etwas zu viel aus dem Karomuster, aber ich mag die Vorstellung.

Meine Größe und mein gutes Aussehen sind auf jeden Fall der Grund, weshalb ich immer noch da bin und sie nicht.
--> Das wird nicht mehr aufgegriffen.

Vielleicht sollte ich Ihnen noch erklären, dass wir Koffer alle eine Sprache sprechen.
--> Hier kann ich nur für mich sprechen, aber es würde mich auch nicht stören, wenn das nicht thematisiert werden würde. Ich bin ein Freund weniger Exkurse, daher würde ich diesen Teil eher auslassen, damit man bei der eigentlichen Geschichte bleibt.

Aber kaum jemand von uns kann mit Menschen kommunizieren. Ich habe es erst nach dieser Reise gelernt, damit mir so etwas nicht noch einmal passiert.
--> "show, don't tell". Ich glaube hier hast du (noch) Potenzial verschenkt. Es wäre doch unterhaltsam, wenn der Koffer gegen Ende der Geschichte plötzlich mit einem Mann am Kofferband spricht, ob er denn endlich richtig abgeliefert werde. Genau genommen könnte man aus diesem Nebensatz fast eine ganz eigene Geschichte machen - so als Einschub gibt er mir aber nicht viel, außer, dass er mich mit den Vorstellungen an eine andere Geschichte zurücklässt.

Nur zwei andere Koffer waren einfach nicht abgeholt worden. Das musste ein noch schrecklicheres Schicksal sein.
--> Wo sind da die Emotionen? Das könnte doch auch Fridolins Schicksal sein! Warum malt er sich nicht angsterfüllt aus, was die Zukunft bringen würde, sollte man ihn tatsächlich nicht mehr abholen? Du hast bis hier sehr gut aufgebaut, wie überzeugt Fridolin von sich selbst ist. Dass man ihn vergessen könnte, muss doch einen gewaltigen Konflikt darstellen!
Leider wird das aber bereits im nächsten Satz aufgelöst:

Nach einer endlosen Zeit, in der einige von uns schon wieder von Flughafenmitarbeitern abgeholt und andere hinzugekommen waren, wurde auch ich endlich aus dem Raum geholt.
--> Klar, Kurzgeschichten sollte man kurz halten. Aber hier würde ich dir empfehlen, mehr Szenen daraus zu machen. Wie Fridolin zu einem Koffer blickt, der ihm gerade noch Mut gemacht hat und dann schon abgeholt wird. Dann wieder der angsterfüllte Blick zu den zurückgelassenen Koffern, die in Lethargie versinken. Usw.


Ein Mann packte mich in ein Auto. Dort standen schon zwei andere Koffer. Ich bekam Panik. Wurde ich etwa entführt?
--> Diese Stelle hat mir sehr gefallen. Zum einen hatte ich nicht damit gerechnet, dass ein Koffer sich vor einer Art Entführung fürchtet. Zum anderen kommt hier mal etwas Spannung ins Spiel.


Allerdings muss ich schließlich sagen, dass mir zwei Zwischenstationen (Valencia, dann wieder Frankfurt) etwas wenig sind für eine Odyssee. Vielleicht verändert sich der Eindruck aber auch, wenn bei diesen Stationen tatsächlich spürbare Panik aufkommt. Da reich leider ein einzelnes

Es war zum Verzweifeln
nicht aus.

Also abschließend wäre mein Vorschlag: gehe mehr in die Tiefe der einzelnen Szenen. Und falls du dann noch Raum hast: warum verschwindet Erna irgendwann? Und wann erlernt Fridolin das Sprechen mit Menschen? Das sind doch interessante Ansätze für das Leben eines Koffers. Das würde ich auch gerne mal lesen!
Hoffentlich war das hier hilfreich für dich!


Liebe Grüße,
Vulkangestein

 

Hallo Friedrichard,
vielen Dank für deine Rückmeldung.
Erst mal zu Beginn, eine Botschaft wollte ich mit dieser KG entgegen dem, was ich normalerweise schreibe, nicht vermitteln. Naja und Humor hat ja jeder Mensch Gott sei Dank einen anderen. Ich fand die Geschichte z.B. wirklich lustig, aber ich habe evtl. auch einen etwas schrägen Humor ;)
Deine Anmerkungen werden sofort umgesetzt, bis auf eine:

Dann schimmert die Schulgrammatik - bei Gott, nix Schlimmes! - durch
Schnell wurden die Wagen, auf die wir verladen worden waren, voneinander getrennt und neu zusammengestellt.
wo ein "verladen wurden" keinen Schaden anrichten kann.
Meiner Meinung nach muss das hier Passiv bleiben, da sich die Koffer ja schon des längeren auf den Wagen befinden.
Eine Kleinigkeit zum Thema Odyssee: Sicher haben die Irrfahrten des Odysseus 10 Jahre gedauert, aber ich habe den Begriff hier gewählt, weil ich denke, man muss es immer in Bezug auf den Prot sehen. Ein Koffer sollte im Regelfall ohne Probleme von A nach B gelangen und keinen Umweg machen. Wenn jetzt also Fridolin eine Irrfahrt hat, auch wenn es nur eine in unseren Augen kurze ist, dann kann das für einen Koffer schon sehr verstörend sein, wenn du verstehst was ich meine ;)
Aber ich überlege, ob ich diese Irrfahrt bei einer Überarbeitung etwas länger machen könnte. Vielleicht ist mir schon etwas dafür eingefallen. Mal sehen.
Also auf jeden Fall nochmal vielen Dank für deinen Kommentar, Friedel.
LG Scribo
P.S. Das mit "Siebenstein" ist mir auch aufgefallen, allerdings erst, nachdem ich die Geschichte hier reingestellt hatte :D

Hallo Vulkangestein,
Vielen Dank für deinen Kommentar.
Wie ich bereits Friedrichard geschrieben habe, werde ich mich bei einer erneuten Überarbeitung mit einer etwas ausführlicheren Irrfahrt befassen. Deine restlichen Anmerkungen werde ich definitiv auch berücksichtigen. Besonders gefallen hat mir deine Idee, Fridolin am Ende jemanden erschrecken zu lassen. Da hat sich schon eine Idee zu in meinem Kopf festgesetzt.
Deine Interpretation Fridolins ist sehr interessant, allerdings muss ich gestehen, dass ich mich dabei eher an einem alten Koffer meines Großvaters orientiert und mir eigentlich nichts weit gedacht habe. Aber Interpretationen sind eine Sache für sich. Man kann in alles fast alles hineininterpretieren, ist zumindest meine Meinung. Und wenn es dir dabei so geht, dann ist das auch gut so. Wer wäre ich, Menschen ihre Fantasie und Interpretationen zu verbieten.
Allerdings wird mir bei euren Kommentaren klar, dass mich mein Gefühl nicht getrogen hat. Alltag ist nicht so ganz meine Welt. Was aber nicht heißt, dass ich diese KG nicht nach meinen besten Möglichkeiten korrigieren werde.
Also noch einmal danke für deine Rückmeldung.
LG Scribo

 

ich:
Dann schimmert die Schulgrammatik - bei Gott, nix Schlimmes! - durch
Muttertext:
Schnell wurden die Wagen, auf die wir verladen worden waren, voneinander getrennt und neu zusammengestellt.
wo ein "verladen wurden" keinen Schaden anrichten kann.
darauf Du:
Meiner Meinung nach muss das hier Passiv bleiben, da sich die Koffer ja schon des längeren auf den Wagen befinden.

Ich nochma' und nur ma' so,

lieber Scribo,

dass die Konstruktion "passiv" bleibe, besorgt schon die Vorsilbe "ver" zum "laden", eine Redewendung der Art "wir verladen uns (selbst)" wird sehr befremdlich wirken. Hier geht es nur ums "verladen worden waren" als unnötige Reihung von Hilfsverben. Wir "wurden" genügt, meine ich, denn dass die Koffer vor der Trennung der Wagen "beladen" wurden, ergibt sich aus dem Zusammenhang wie von selbst.

Aber vielleicht willszu ein doppeltes "wurden" vermeiden. Da musstu sebst entscheiden, zwo oder drei Hilfsverben ...

Tschüss

Friedel

 

Hallo Friedrichard,
Danke für deine Anmerkung. Ich glaube ich weiß jetzt, warum es sich für mich so falsch angehört hat. Zwei wurde aufeinander sind für meinen Geschmack zu viel. Grammatikalisch hast du natürlich Recht. Schande über mich, dass ich das erst nicht kapiert habe.
Also nochmal vielen Dank für die Erklärung.
LG Scribo

 
Zuletzt bearbeitet:

Scribo schrieb:
Ich glaube ich weiß jetzt, warum es sich für mich so falsch angehört hat. Zwei wurde aufeinander sind für meinen Geschmack zu viel. Grammatikalisch hast du natürlich Recht.

Statt deiner Version, Scribo:

Schnell wurden die Wagen, auf die wir verladen worden waren, voneinander getrennt und neu zusammengestellt.
schlägt dir Friedel diese vor:

Schnell wurden die Wagen, auf die wir verladen wurden, voneinander getrennt und neu zusammengestellt.
bei der dir verständlicherweise die Wiederholung von „wurde“ nicht gefällt. (Mir übrigens auch nicht.)

Was hältst du davon?

Schnell wurden die Wagen, auf denen wir lagen, voneinander getrennt und neu zusammengestellt.

Damit ersparst du dir die zweifache Verwendung von „wurden“ und gleichzeitig hast du sowohl das Problem mit der Hilfsverbhäufung, als auch das mit der Vorzeitigkeit vom Tisch. (Wenn die Koffer auf den Wagen liegen, ist klar, dass sie irgendwann vorher drauf verladen worden sind.)

Zur Geschichte an sich kann ich dir leider nix sagen, ich hab sie nur überflogen. Also eigentlich hab ich sie gar nicht zu Ende gelesen, weil sie mich nicht wirklich … na egal. :Pfeif:


offshore

 

Hallo ernst offshore,
danke für deinen Beitrag. Diese Version gefällt mir tatsächlich viel besser. Habe es auch schon umgearbeitet. Ich werde die ganze Geschichte vermutlich nochmal umschreiben, aber ich fürchte mein Eindruck, dass dies nicht mein Genre ist, hat mich nicht getäuscht. Obwohl ich dies für die vernünftigste "Alltagsgeschichte" von mir halte, ist sie doch nicht einmal annähernd gut, wie ich aus euren Kommentaren ableiten kann.
Ich danke dir für deinen Kommentar und ich kann es absolut verstehen, wenn man eine Geschichte nicht zu Ende liest, weil sie einen einfach nicht packt.
LG Scribo

Hallo Isegrims,
das mit der Ableitung ist fast richtig. Scribo ist Präsens, also ich schreibe. Ist in meinen Augen richtiger, auch wenn ich noch lange nicht so gut bin, wie ich gerne wäre.
Zur Erklärung: Fridolin steht vor einem größeren Publikum und erzählt seine Geschichte. Die kursiven Zeilen sind die Stellen, in denen er die Hörer/Leser direkt anspricht. Ist aber vermutlich überflüssig, da hast du recht.

Vielleicht sollte ich Ihnen noch erklären, dass wir Koffer alle eine Sprache sprechen. So haben wir untereinander keine Verständigungsschwierigkeiten. Aber kaum jemand von uns kann mit Menschen kommunizieren.
aha, der Erzähler bekommt Schwierigkeiten mit der Logik. Ist Gift, wenn man Unwahrscheinliches, der Realität nicht Entsprechendes zu erklären versucht.
Kannst du mir Beweisen, dass es keinen Koffer gibt, der Sprechen kann? ;)
Spaß beiseite. Ich dachte es wäre wichtig, wenn der Hörer/Leser erfährt, dass es auch für untereinander sprechende Koffer nicht normal ist, wenn sie mit Menschen sprechen. Ich werde beim Überarbeiten noch einmal genau darüber nachdenken.
Und zu deiner Frage, was die Arbeiter dafür können: Letztendlich sind doch sie dafür verantwortlich, dass die Koffer an die richtige Stelle kommen, zumindest wenn es um eine Reise mit Umstiegen geht. Zumindest meiner Meinung nach.
Aber danke auf jeden Fall für deinen Kommentar.
LG Scribo

 

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