Freitag der Dreizehnte
Michael Lontke
Freitag der Dreizehnte
Fred Barns stand am Rand der fast einhundert Meter hohen Klippe. Er blickte langsam aus seinen braunen Augen nach unten. Tief im Tal erstreckte sich die gleiche grüne heiße Hölle, wie auf der Hochebene, auf der er sich befand. Blut tropfte langsam von seiner rechten Schläfe auf den Boden und vermischte sich mit dem dünnen Rinnsal aus seinem rech-ten Bein. Seine blonden Locken klebten triefend vor Schweiß flach am Kopf. Jetzt da ihm bald die letzte Kraft versagte, maß er keine einhundertvierundachtzig Zentimeter an Körpergröße mehr, da er sich vor Schmerzen krümmte.
Er, Fred Eduard Barns vom Planeten Luxor, er der Extro-Jäger. Er stand hier auf diesem Dschungelplaneten. Über ihm die Mittagssonne und ohne Wasser und Lebensmittel. Von allen unerforschten, wilden Planeten hatte er mit seinem Team schon die seltensten, gefährlichsten Lebensformen für die Zoos der Erde eingefangen. Nie, aber auch wirklich niemals war ihm etwas mißlungen.
Sein Raumschiff mußte die normale Landung abbrechen und eine Notlandung einleiten. Abgestürzt!
Sein Team, bestehend aus vier Extro-Jäger, alle tot! Verbrannt!
Seine Überlebensausrüstung, verbrannt!
Aber er hatte trotzdem noch eine Chance! Auf dieser Hölle gab es eine Forschungsstation von der Erde. Also das Hand-komgerät einschalten, und? Zertrümmert!
Verdammt, er mußte zu Fuß dorthin. Also begann er den langen Marsch zur Station. Kaum zehn Meilen gelaufen, wurde er von einem Reißzahn angegriffen. Dieses Tier maß drei Meter Länge und war achtzig Zentimeter hoch. Es hatte zehn Beine und sprang Fred mit aufgerissenem Rachen an. Im allerletzten Moment sprang Fred zur Seite. Doch dieses Unge-tüm hatte ihn am Kopf und an seinem Bein verletzt. Fred rollte sich von dem Ungeheuer weg und zog seinen Handbla-ster. Ein gezielter Schuß aus dieser fürchterlichen Waffe und das Vieh fiel tot um. KLICK! Fred drückte im Rollen noch einmal ab. WUMM! Das Tier merkte wahrscheinlich erst am Boden, das ihm der Kopf fehlte.
Fred stand auf. Verdammt noch mal! Diese Waffe durfte überhaupt keinen Aussetzer haben. Der Hersteller produzierte diese Waffe seit den Gorkikriegen. Also seit einhundert Jahren! Das war eine Waffe für die Planetentruppen!
Nachdenklich ging Fred einen Schritt zurück, und ein Dornwerfer traf Fred am linken Schienbein mit drei seiner zehn Zentimeter langen Dornen. Diese Dornen hatten die gleichen Widerhaken, wie der seit fünfhundert Jahren militärisch eingesetzte Flandernzaun. Diese Dornen schnitten sich bei jeder Bewegung tiefer in das Fleisch. Fred erschrak! Scheiße! Die Dornen waren giftig! Schnell zog er alle drei, jeweils mit einem bißchen seines Fleisches, heraus. Er schrie vor Schmerz auf. In diesem Moment flatterten
ein paar Flugwesen in den Himmel. Da sah er das er zweite Übel dieser Pflan-zenart: Fangarme krochen auf ihn zu. Der Busch dachte schon an sein Abendessen, doch Fred rannte so schnell er konnte ein paar Meter in Richtung Station.
An einem riesigen Baum angekommen, zog er den Blaster, sah auf die digitale Anzeige der Munitionskammer. Einhun-dertfünfundfünzig Schuß! Er schoß zehn mal wild in den Baum. Nichts regte sich. Fred ließ sich an den Stamm fallen und sank zu Boden. Nach dreißig Minuten kam er zu sich. Er verband mit den Resten seiner Uniformjacke die Wunden am linken Bein. Auf einmal verschwamm alles vor seinen Augen und sofort wurde sein Blick wieder klar! Tausend Teufel, reichte die Menge des Giftes doch aus, um ihm Schaden oder den Tod zu bringen?
Er stand auf und dachte bei sich :'Was für ein Scheißplanet! Alle leben hier nur nach einem Grundsatz: Fressen! Noch nicht einmal gefressen werden! Hier fraß jeder jeden! Die Pflanzen die Tiere! Die Tiere die Pflanzen! Die Pflanzen die Pflanzen! Die Tiere die Tiere! Und Mensch a la Carte! Die Pflanzen hier waren halbintelligent und die Tiere verdammt intelligent! Verdammt! Verdammt!'.
Er pflückte von seinem Schattenspender eine rote Frucht und wollte vor Heißhunger hineinbeißen, da sagte sein Instinkt: ACHTUNG! GEFAHR! Fred besah sich die Frucht und versuchte, trotz aufkommendem Fieber, einen klaren Gedanken zu fassen :'Wenn ich eine Pflanze wäre, wie würde ich auf diesem verfressenen Planeten mein Opfer anlocken? Mit auf-fallenden Farben?!
Fred warf die Frucht mit aller Wucht in den Dschungel! Er streckte sich und riß eine grüne Frucht aus dem Baum, biß hinein, und ... aß zufrieden weiter. Indessen kamen die Schwindelanfälle alle zehn Minuten. Nach dem er noch eine Frucht gegessen hatte, nahm er seinen Marsch Richtung Station wieder auf. Er war keine zehn Schritte gegangen, als sich ein einmeterzwanzig großer Kragengiftschnapper zum Angriff bereit machte. Ein Kragendingsbums hatte nicht nur gro-ße, sondern AUCH giftige Reißzähne!
Fred warf sich auf den Boden, und im Fallen hatte er schon seine Waffe heraus. Er feuerte über sich, rollte sich zur Seite und feuerte nach links in den glühenden Dschungel. Danach schoß er nach rechts in die grüne Hölle. Das Tier vor ihm ergriff augenblicklich die Flucht. "FEIGLING!", brüllte Fred. Er hatte bis auf diesen Einen alle erledigt.
Also das Schießen klappte noch, wenigstens etwas, dachte Fred.
Mühsam stand Fred auf und schritt los. Da fiel der Kadaver , der über ihm gelauert hatte, mit einem lauten Plumps auf den Boden hinter ihn. Fred war ein paar Schritte gegangen, da drehte er sich noch einmal um. Die Leichengräber kamen gerade aus dem Dschungelboden, um ihre Malzeiten entgegen zu nehmen, die Fred ihnen besorgt hatte. Fred bekam trotz der Hitze eine Gänsehaut, und ging weiter.
Fünf Meilen war er bereits gegangen da wurde es dunkel. Scheiße! Hatte ich vergessen! Ein Tag dauert hier nur zehn Stunden. Und die Nacht auch. Fred band sich seinen Blaster mit einem Schnürsenkel in die geballte Faust und legte sich auf den Boden. Scheißegal, wo ich hier gefressen werde, dachte er und schlief ein.
Nach neun Stunden wurde es hell! Fred blickte auf seinen Planetenchronometer. Der sagte ihm, daß es hier noch eine Stunde Nacht ist. Als Fred ein zweites Mal auf seinen Chronometer sah, erlosch gerade die Anzeige und alles Rütteln, Klopfen und Schlagen brachte keinen Erfolg .Mit Wut im Bauch warf Fred den Chronometer in den Busch! Jetzt kannte Fred weder Datum noch Uhrzeit!
Fred stand auf und blickte in die Richtung, aus der der helle Schimmer kam. Da hörte er es. Verdammt! Gorkibots bei ihrer Brandrodung. Hier wurde ein riesiges Stück Dschungel geblastert. Um danach eine Militärbasis der Gorkis zu er-richten.
Der Schein und der Geschützdonner kam immer näher. Egal, dachte sich Fred! Gefressen werden oder Blastertod! Egal!
Doch ungefähr eine Meile von ihm entfernt, hörte das Roden plötzlich auf! Und aus den Regenwolken über Fred trat eben die Landeeinheit der Gorki heraus.
Die Gorki! Fred spuckte förmlich diese Worte auf den Morast!
Als der Mensch endlich seine Heimatwelt verlassen konnte, stieß er gleich auf dem nächsten Planeten auf eine fremde Rasse. Diese Rasse waren die Gorki und sie schossen das Kolonistenschiff erster Generation vom Gorkihimmel.
Der Mensch antwortete mit Kriegsschiffen zweiter Generation, (geklaute Gorkitechnik gekreuzt mit menschlichem Waffenfetisch), und so eroberte der Mensch die halbe Galaxis. Die andere Hälfte behielten die Gorkis mit letzter Kraft in ihren Händen. An den Grenzen war seit den Gorkikriegen nun keine Ruhe mehr. Fast regelmäßig wurden Menschen-schiffe einfach abgeschossen. Einfacher gesagt, die Gorkis hassen uns!
Nun versuchten sie diesen Planeten unter ihre dreckigen Nägel zu reißen. Fred spuckte nun wirklich auf den Boden. Sofort schob ein Leichengräber seinen Kopf durch den Morast. Fred entfernte sich ängstlich ein par Schritte von diesem Tier. Leise schlich Fred durch den Dschungel auf die Gorkibasis zu. Wenn die Landeeinheit schon hier ist, müssen auch schon die Späher unterwegs sein. Sofern sie nicht gefressen wurden, hä hähähähä! Fred lachte lautlos bei diesem Gedan-ken.
Ein erneuter Fieberschub kam herauf und Fred lehnte sich an einen Baum. Er blickte über seine Schultern, und sah zwan-zig Gorkikrieger auf sich zu kommen. Fred zog den Blaster und schoß ins Dunkel. Auf dem Display des Blasters ratter-ten die Anzeige der Munitionskammer rückwärts zählend dahin. Bei hundert Schuß angekommen, sprach die Waffe :"Achtung, Achtung! Magazin leer! Ende!". Fred schrie heiser auf! Das darf doch nicht wahr sein! Hundert Schuß zuviel! Die Waffe hatte ihm hundert Schuß zuviel angezeigt!
Aber er hatte neunzehn Gorki erwischt.
Der übrig gebliebene Gorki schlich mit vorgehaltener Waffe heran. Als er Fred erreicht hatte stellte sich der bepelzte Gorki in seiner schlecht sitzenden Uniform vor :"Genral Spat Unn DAU!", brüllte er.
Fred lachte :"Ist das eine Sprache, Du zu groß gewordene Ratte!". Fred spuckte dem Gorki auf die Stiefel.
"Auf unserer Welt gibt es einen Freund für dich! Rattentod!". Der Gorki schlug Fred mit dem Blasterkolben in den Ma-gen. "Ich bin General Splatt! Und wer bist Du?". Fred dachte 'Sogar der Übersetzer funktioniert heute nicht richtig!'. "Ich Tarzan du Jane! ARSCHLOCHGORKI!". Splatt schlug wieder zu. Und Fred übergab sich auf die Stiefel des Generals. "Was machst Du hier?", versuchte der Gorki zu erfahren.
Fred war nun halb bewußtlos :"Das geht dich nichts an! Du stinkende Ratte!".
Der Gorki hatte nun genug, legte an und zielte auf Freds Kopf.
Fred schrie :"Warte! Sag mir doch mal das heutige Datum !"
Der Gorki blickte Fred lächelnd an :"Freitag der Dreizehnte!", und schoß!
Ende