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Freitag, am 07. Mai 2021
Heute Morgen machte mir der dunstverbreitete, dick hängende Freitagshimmel nichts aus. Es kümmerte mich auch nicht die düster-bleichen, nach Regen kündenden Anzeichen eines womöglich späteren Gewitters. Auch die teils kühle schroffe Luft, die durch den Fensterspalt hereinwehte und sich im Raum verteilte, nahm ich gelassen auf. Alles bloß oberflächliche Widrigkeiten, dachte ich, es betrifft die Welt dort draußen und hier drinnen, in unserem Schlafzimmer, waren wir fernab der lichtgedämpften Einheit. Honey und ich sind unser eigener kleiner Planet.
Wenn ich morgens in ihre Augen sehen darf, darin abtauche wie in einen smaragdgrünen See, erkenne ich das beständige heimliche Funkeln wie zur Ruhe gekommene Irrlichter, die endlich nach Hause gefunden haben, die Seligkeit eines Refugiums aufsuchten, das nicht mehr jahrelang sturmbedroht der Witterung unserer früheren Lebenssituationen ausgesetzt ist und gerade diese sichtbare Harmonie beruhigte meinen Herzschlag.
„Ich mag es, daß wir dieselbe Augenfarbe haben“, hörte ich sie heute Morgen als wir noch Bett nebeneinander lagen sagen. „Sie sind Grün wie meine, das habe ich immer schon als Zeichen genommen“, sah sie mich weiter an, betrachtete mich wie ein Portrait in einer Galerie und dabei stieg deutlich mehr Wärme als zuvor bei ihr auf.
„Wir sind Zwillinge, da ist es doch normal“, gab ich ihr zu verstehen, aber nicht um sie zu belehren sondern um sie auf den unzweideutigen Umstand hinzuweisen. Dann legte ich die Hand auf ihre nackte gewölbte Brust. „Ich mag es wie dein Herz schlägt“, brachte ich ehrlich hervor, meine Stimme bebte leicht, das tut sie meistens in Honeys Nähe, Glück kann man eben nicht bändigen und Freude sollte man immer nachgeben. „Es ist ein beruhigender Rhythmus, der mich ebenso ruhig macht“, beschrieb ich das dumpfe, regelmäßige Pochen, der für mich den Puls der Zeit und meines eigenen Friedens bedeutet. „Wenn ich ihn höre wird es in mir drinnen ganz still.“
Honey holte tief Luft, sie rang kurz nach Atem ob meiner Worte, die eigentlich ein Geständnis waren, denn in ihrem Beisein kehrt die Lebendigkeit mehr als sonst zurück. „Wenn du so schön von mir sprichst, werde ich nur ganz rot“, hauchte sie verlegen und ihr Lächeln zeigte, daß sie meine Worte in ihrem Kopf nochmals wiederholte.
„Heute kann ich aussprechen, was ich für dich empfinde“, fuhr ich weiter wie von Fesseln gelöst fort und ihre Hand lag auf meiner Wange, sie streichelte sie. „Wann immer ich will, kann ich ehrlich zu dir sein ohne auf die anderen achten zu müssen, ob uns jemand belauscht oder ausspioniert. Viele wissen nicht, was Freisein bedeutet und seit wir in der eigenen Wohnung sind, leben wir in keinem Gefängnis mehr. Wir sind endlich frei.“
„Ich bin doch genauso glücklich, Bee“, hob sie die Stimme und kletterte auf mich, die Bettdecke rutschte zurück, sie saß auf meinem Bauch und nachdem der Morgenschimmer sich über die gebildete Feuchtigkeit zwischen ihren Beinen legte, wollte ich dennoch nur in Honeys Augen unser nun gemeinsames Leben entdecken. „Ich habe es gehaßt mich verstecken zu müssen“, höre ich sie noch immer sagen. „Ich habe Spielchen gespielt, um andere zu täuschen und habe dich oft kalt und unnahbar behandelt“, sprach sie schmerzvoll und der Schleier ihrer violett getönten Haare fiel zerrissen wie ein Nonnentuch. „Ich hab dir oft wehgetan, obwohl ich es nicht wollte und haßte mich hinterher dafür. Ich durfte danach nicht zu dir, um mein Fehlverhalten wieder gut zu machen. Ich hätte dich mehr als heimlich besucht. Mein Herz zersprang, ich spürte es, dieses Geräusch war keine Täuschung“, erklang ihre Stimme brüchig, sie zitterte, ihr Körper tat es auch und dabei strichen ihre Hände mir über den Brustkorb als wolle sie die vergangen Taten, wofür sie keine Schuld trägt, wie von einem Blatt Papier wischen. „Oft tat ich Dinge, die ich nicht wollte, die ich jedoch tun mußte um nichts zwischen uns zu zerstören“, vernahm ich weiter ihre abgesetzte Stimme, denn es tat nun ihr weh die Vergangenheit wieder zum Leben zu erwecken. „In meinem Zimmer habe ich geweint und mein Kissen naß gemacht. Ich hab mich verletzt, weil ich dich verletzt habe.“
Die Finger legte ich ihr an die schöngeformte Taille, sie atmete in den Bauch, ich glitt weiter an ihrem Körper hinauf, denn sie sollte mich spüren, daß ich hier bin und die Vergangenheit uns nicht mehr einholen durfte. Ich hatte selbst davon zu sprechen begonnen, ich nahm den fatalen Anfang und indem ich kurz darauf zuerst ihrem Oberarm entlangglitt und die Hände weiter bis zu ihren Unteramen wandern ließ, erreichte ich ihre Hände. Ihr warmer, weicher Körper, Honeys seidige Haut, und ich griff in ihre Finger um mir selber Kraft zu holen.
„Vielleicht muß alles zuerst schlimmer werden, bevor es letztlich besser wird?“, schlußfolgerte ich. „Wir schreiben unsere eigene Geschichte, Honey, und in jeder Geschichte gibt es Helden und Heldinnen“, sagte ich ausgeglichen, zumindest versuchte ich es, obwohl der Pendelschlag meines Herzens gegen die Knochen drückte. „Wir haben in all den Jahren viel erlebt, noch mehr ausgehalten und niemand kann die Entbehrungen zählen, die wir erbrachten.“ Ihr Gesicht zeigte es zuerst, danach die kleinen Perlenketten ihrer Augen, daß sie den Tränen nahe war. „Wir haben uns gegenseitig verletzt, da hast du recht. Wir haben uns auch gegenseitig wehgetan, da hast du auch richtig gelegen. Aber Honey…“, ließ ich meine eigene Stimme nun eine Oktave höher erklingen und richtete mich auf. Sie saß noch auf mir und schob sich aus eigener Kraft noch näher an mich heran als ich ihr mein Herz öffnete. „…es ist niemals unsere Schuld gewesen. Wir sind in eine Ecke gedrängt worden und dafür können wir nichts. Unsere Zeiten des Glücks waren Wenige, aber es gab sie in denen wir ungestört waren und niemand uns über die Schulter spähte. Es gab diese kleinen großen Momente, die wir zur unseren Ewigkeit machten und in all der Zeit, trotz all der Widerstände von Außen, trotz all der ständigen Angriffe, hat unsere Liebe überdauert.“
Honey gegenüber bin ich immer aufrichtig gewesen, in unseren Augenblicken habe ich nie Zweifel aufkommen lassen wollen, auch nicht heute als ich die Arme um sie schlang und sie sich hinter meinem Rücken festhielt. Unser Schiff war nicht gesunken, wir trieben noch an der Oberfläche und Hier und Jetzt hatten wir das rettende Ufer erreicht. „So viele Entbehrungen“, hauchte sie leise und ihre Finger glitten durch mein Haar. „So viele Momente in denen wir uns zurückhalten mußten“, brachte sie ihr Gesicht noch näher an mich heran und ihre Beine bildeten eine geschlossene Schere als sie auf meinem Schoß saß. „Jede Geschichte hat ihren Held und ihre Heldin“, wiederholte sie meine Worte und dies mit einer für mich unvergleichlichen Herzlichkeit, wo ihr Blick, ihre großen grünen feuerlodernden Augen, plötzlich den nächsten vollen Lichtstrahl des Morgens ungefiltert einfingen. „Es ist wie in einem Märchen, nicht wahr“, sagte sie nun tonvoller. „Nach einer Reihe von Prüfungen kommt das ersehnte Happy End“, ließ sie nach ihren warmen Worten einen glutvollen Kuß folgen und drückte mich mit den Handflächen zurück aufs Bett, während ihre Finger zwischen meine und ihre Beine griffen, und diesmal ließ sie meine Augen größer werden, was ihr ein zusätzliches zufriedenes Lächeln bescherte und ihre Wangen glühten. Honey nahm eine für sie bequemere Position auf mir ein und als sie die Entspannung spürte, sie ihre innere Hitze auf mich übertrug, beugte sie sich vor und flüsterte: „Laß uns unser gemeinsames Märchen weiterschreiben.“
Im Leben gibt es nicht viele Möglichkeiten um glücklich zu werden. Welten entstehen und Welten gehen unter. Die Zeit kennt kaum Gnade und die Mutigen, die Beharrlichkeit und Ausdauer zeigen, ganz gleich wie lange und schmerzvoll es dauert, haben eine kleine Chance diesen Kreis zu durchbrechen und im Schein der Sonne zu stehen. Diese Welt besteht nicht nur aus Alltagsgrau, sie besitzt viele Farben, wenn man seiner Überzeugung folgt und den dafür notwendigen Willen einsetzt. Es ist nicht einfach, das ist es nie, Liebe und Glück erfordern immer Opfer, es sind Prüfungen, die uns über glühende Kohlen laufen lassen oder uns dem Schlund der Bestie verdächtig nahe bringen, aber das Glück ist mit den Mutigen und wir sind mutig. Honey und ich geben nicht auf!
Solange unser Herz schlägt, solange wird es auch füreinander schlagen! Märchen existieren nicht in eigens dafür vorgesehenen Büchern, sie sind auch Teil der realen Welt, die jedoch ihren Preis haben, aber am Ende nachdem alle Herausforderung überwunden sind wartet das verheißende, sehnsuchtsvolle, hellstrahlende Happy End!
Es liegt an jedem für sein eigenes Glück und seine Liebe zu kämpfen!
Jeder hat es selbst in der Hand!
Honey und ich haben die Schatten überwunden und dürfen nun im vollen Licht stehen!
(Wenn ich nun zu Honey hinübersehe wie sie neben dem Fenster sitzt und mir zulächelt, bin ich dankbar am Leben zu sein und wie all die Jahre bisher, so werden wir auch die nachkommenden Jahre gemeinsam bestehen!)
WEIL WIR UNS LIEBEN!!!