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Freiheit

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02.11.2001
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Freiheit

Endlich konnte ich mir eine Zigarette anzünden. Es war vollbracht, ich war frei. Erschöpft setzte ich mich in den Ledersessel im Wohnzimmer, rauchte meine Zigarette, und sah mir meine Tat zufrieden mit einer immer größer werdenden, beruhigenden Distanz an.

Es war wie ein Gewitter gewesen. Danach aber fühlte ich mich frei, leicht und beschwingt. Froh, endlich alles von mir gelassen zu haben, was jahrelang in mir gebrodelt hatte. All der Ärger, den ich jahrelang runtergeschluckt hatte, war wie bei einer Explosion ausgebrochen, hat mir Freiheit verschafft. Ich fühlte mich wie nach einem Gewitter, wenn die Luft wieder klar und frisch ist. Für mich war mein Leben wieder klar und frisch. Und frei. Ich war endlich wieder frei. Frei von Ballast, von Verpflichtungen und Zwängen, einfach frei.

Die Zigarette erlosch im Aschenbecher, ich hatte sie während meiner Grübelei dort vergessen. Egal – ich zündete mir eine weitere Zigarette an, rauchte hastig ein paar Züge, und stand auf, um mir einen Whiskey einzuschenken. Ich nahm einen Schluck und setzte mich wieder in den Sessel und genoss das langsam steigende Gefühl der Freiheit, das an meiner Seele so sanft hinunterlief, wie der Single Malt in meiner Kehle.

Irgendwann hat alles ein Ende. Jeder Abschnitt endet irgendwann. Je definitiver, desto besser. Sonst kommt man schlecht in den nachfolgenden Abschnitt hinein, Altlasten zerren an einem, wollen einen nicht loslassen. Ohne Loslassen kann man aber nicht weiterkommen. Und Weiterkommen war das Einzige, was mir blieb.
Der Abschnitt, den ich heute beendet habe, war nun definitiv zuende. Dafür habe ich gründlich gesorgt. Es war auch höchste Zeit gewesen. Eigentlich habe ich das Ende dieses Abschnitts viel zu lange hinausgezögert, habe mich einlullen lassen, bin träge geworden, und genügsam. Nie wieder werde ich genügsam werden. Genügsamkeit ist eine Krankheit, die einem vorgaukelt, man wäre glücklich und zufrieden. In Wahrheit ist man aber eingefangen zwischen lauter Unwahrheiten und Traumbildern. Noch nicht mal Wunschbilder. Einfach nur Traumbilder. Die meisten Menschen träumen gerne weiter. Sie haben nicht den Mumm, den ich heute bewiesen habe. Sie lassen die gemeinsten Beschimpfungen über sich ergehen, lassen sich treten, erniedrigen, bis sie das letzte bisschen Stolz verloren haben, und sie sich dann der Genügsamkeit ergeben.

Nicht so ich. Ich habe heute mit dem letzten bisschen Stolz, der mir geblieben ist, der Genügsamkeit die Zähne gezeigt und bin ausgebrochen aus diesem trägen Tollhaus, das wir bürgerlich nennen. Bin ausgebrochen aus dem Korsett, das uns erst unsere Eltern, später unsere weitere Bekanntschaft angezogen haben, so, wie wir es auch immer unserer Bekanntschaft anziehen, aus Gewohnheit und Konformismus, den wir uns gegenseitig auferlegen, aber nie eingestehen. Du musst, Du darfst doch nicht, Du kannst doch nicht, wo kommen wir denn dahin...

Was konnte ich denn dafür, dass meine Frau mir das Leben zur Hölle gemacht hat? Ich konnte doch nur versuchen, dies zu unterbinden.
Ich legte das Messer, das ich immer noch in der Hand hielt, neben mir auch den Tisch, auf dem sich sofort einige Bluttropfen sammelten. Auch meine Klamotten waren schon überall mit Blut vollgesaut. Das entsprach in gewissem Sinne der Art ihrer typischen, lächerlichen Rache. Wie alles andere auch, was sie mir antun wollte und getan hat, bis ich diesem Abschnitt heute ein Ende gesetzt habe. Sie hatte immer solch kleine lächerliche Eigenarten und Racheversuche, wenn ich irgendetwas getan hatte. Nur diesmal führte sie ihre Rache nicht selbst durch, der Zufall half ihr. Aber es passte in ihr Schema. Und es war erfolgreich. Es nervte mich extrem.

Morgen würde ich all diese Blutspuren entfernen müssen. Das würde mich viel Zeit kosten, aber ich hatte mir für diese Woche, nur für diesen Wiedererhalt der Freiheit, freigenommen. Montag, heute in einer Woche, würde ich wieder ins Büro gehen, und zum ersten Mal frei sein. Da frage ich mich natürlich, ob die Kollegen mir mein neues Glücksgefühl ansehen werden, ob sie es merken werden, dass für mich ein neuer Lebensabschnitt begonnen hat. Hoffentlich würden sie es nicht sofort bemerken. Sie würden es sowieso nicht begreifen, alles falsch verstehen und entweder dumme Fragen stellen oder gleich die falschen Schlussfolgerungen ziehen. Nein, besser, wenn man mir gar nichts anmerken würde. Obwohl ich in diesem Moment sehr gerne der ganzen Welt meine neue Freiheit kundgetan hätte. Aber es war besser, stillzuhalten. Die Menschen steckten zu sehr in ihren Konformismen, als dass sie mich verstanden hätten.

Ich stand auf, und ging langsam durch das Wohnzimmer, bis hin zu dem Stuhl, auf dem sie saß. Der Stuhl, auf dem sie schon seit Samstag Nachmittag saß. Er müsste auch sorgsam gereinigt werden. Wahrscheinlich würde ich ihn gleich mit entsorgen. Unter dem Stuhl hatte ich, vorsorglich, wie ich war, eine Plastikplane gelegt. Die Mischung aus Blut und Fäkalien, die sich auf dieser Plane angesammelt hatte, konnte ich problemlos in der Toilette entsorgen und die Plane wieder im Schrank verstauen. Ich hatte schon damit gerechnet, dass sie alles einsauen würde, es war typisch für sie, mit solch ineffektiven und lächerlichen Mitteln Rache zu nehmen.

Auch wenn sie es nicht mehr bewusst tat, so kotzte es mich dennoch an.
Ich zündete mir eine weitere Zigarette an und ging langsam, jeden Schritt geniessend, um meine Frau herum. Du würdest meine Freiheit nicht mehr einschränken, dachte ich. Du nicht.

 

Hi Philipp!

Die Freiheit ist es sicher nicht, die Dein Protagonist findet. Vielmehr wird er sie gänzlich verlieren...
Im Moment glaubt er noch daran, aber er wird aufwachen und so gefangen sein, wie noch nie in seinem Leben. Und ich meine nicht nur die Gefängnismauern...

Eine Fortsetzung dieser Geschichte würde mich interessieren!

Was mir nicht ganz klar ist, in Deiner Geschichte: Du schreibst, als wäre es eben geschehen - und später schreibst Du völlig unmotiviert (ich weiß gar nicht, an welchem Tag Deine Geschichte spielt), daß sie schon seit Samstag auf dem Sessel sitzt... hm... :susp:

Einige Fehler sind in Deine Geschichte gefallen:

"Gefühl der Freiheit, dass an meiner Seele so sanft hinunterlief" - das

"ausgebrochen aus diesem trägen Tollhaus, dass wir bürgerlich nennen." - das

"Bin ausgebrochen aus dem Korsett, dass uns erst" - das

"dass uns erst unsere Eltern, später unsere weitere Bekanntschaft uns angezogen haben" - ein "uns" zu viel

"das Messer, dass ich immer noch in der Hand hielt" - das

"vollgesaut" - vollgesogen

"Das entsprach in gewissen Sinne" - in gewissem Sinne

"Aber es passte ihn ihr Schema." - in

Alles liebe
Susi

 

Hej philipp!

Tja... nicht schlecht geschrieben, aber auch nicht wirklich neu. Irgendwie fehlt mir bei solchen Geschichten der Aha-Effekt, etwas, was der Leser nicht erwartet, ihn plötzlich aufhorchen läßt. So stellt sich am Anfang nur die Frage, wie er sie losgeworden ist, nicht jedoch, was er stattdessen hätte tun können.
Bis auf die Fehler, die auch Häferl schon gefunden hat (kleiner Tip: wenn Du "das" durch "dieses, jenes oder welches" ersetzen kannst, schreibt man es mit einem s) ist der Text recht gut geschrieben, nur der Inhalt ist halt nicht neu.

Ach ja: Chimäre, nicht Schimäre.

Lieben Gruß,

chaosqueen :queen:

 

Hallo Häferl, Hallo Chaosqueen,

vielen Dank für Euer Feedback. Also die das/dasss Fehler sind ja schon ein wenig peinlich, denn eigentlich kenne ich die Regel. Es sind somit wirklich Flüchtigkeitsfehler und zeigen, dass ich die Geschichte nicht ordentlich genug korrekturgelesen habe...

@chaosqueen: wo hast Du denn das Wort Schimäre gefunden??

Das Thema mag für Euch nicht neu sein, für mich war es das, zumindest soetwas zu schreiben. So etwas wird sicherlich immer wieder vorkommen. Es bleibt ja immer noch die Frage, WIE man ein bekanntes Thema umsetzt.

Also vielen Dank nochmal für Euer Feedback!

gruss,
philipp.

 

so, Fehler sind korrigiert.

"vollgesaut" habe ich gelassen - kommt von vollsauen, nicht vollsaugen.
p.

 

hi philipp!
mal wieder was neues von Dir? Die Idee gefällt mir gut, der Aufbau ist auch prima. Aber bei der sprachlichen Gestaltung hab ich ein paar Dinge anzumerken....
Dein Protagonist ist sicherlich nicht schizophren... aber er schwankt ganz bedenklich zwischen Teenie-Sprache und philosophischer Betrachtung. Das wirkt ein wenig seltsam ( Beispiele unten ).
Insgesamt verwendest Du für meinen Geschmack auch zu viele Wiederholungen. Wenn Du Volten schlagen willst, dann versuch es vielleicht mit demselben Inhalt in neuer Verpackung, aber nicht mit der Aufreihung derselben Worte. Sonst wirkt es so "eingeschränkt".
Ansonsten aber echt prima.

Anmerkungen:

und sah mir meine Tat zufrieden mit einer immer größer werdenden, beruhigenden Distanz an.
Dieser Satz verliert sich im Bandwurm. Ich würde den letzten Teil in einem neuen Satz nachschieben.
"und sah mir meine Tat zufrieden an. Mit einer..." oder so...

jahrelang runtergeschluckt
"heruntergeschluck" wäre stilvoller
Ich fühlte mich wie nach einem Gewitter, wenn die Luft wieder klar und frisch ist.
hier wiederholst Du sowohl das Gewitter, als auch das Fühlen. besser umformulieren...

"In mir breitete sich die klare Luft aus, die auf Biltz und Donner folgt." oder so...

Für mich war mein Leben wieder klar und frisch.
frei. Frei
einfach frei.
wieder
Wiederholungen. Ich sehe hier keinen Anlaß für so auffällige Wiederholungen. Deshalb denke ich, daß der Sprecher dadurch wirkt, als hätte er einen sehr eingeschränkten Wortschatz. Anstelle der gewollten Betonung führst Du den Leser damit vom Inhalt weg...
Wie wäre es, den ganzen Absatz umzuarbeiten und das Bild als solches auszuarbeiten. Schreib wie über ein reales Gewitter, das die Zwänge / Pflichten etc. fortspült ( sie evtl. in den Gulli schwemmt oder so... ) mehr methapohrisch eben...
Die Zigarette erlosch im Aschenbecher, ich hatte sie während meiner Grübelei dort vergessen. Egal – ich zündete mir eine weitere Zigarette an,
das Wort Zigarette hättest Du im 2. Satzteil einfach weglassen können.
Der ganze Absatz ( Die Zigarette - meiner Kehle ) wirkt inhomogen, was HIER tatsächlich eine textliche Berechtigung hat. Zuerst eher fahrige Aktionen des Sprechers in fahriger, wiederholender Ausdrucksweise. Dann der letzte Satz, in dem er entlich zur Ruhe kommt, ein wenig, gleich ruhiger...
Du stützt Dich dabei auf Bilder, die sehr gut nachvollziehbar sind.

Alles in Allem wiederhols Du ständig Worte. Du verknüpfst die Aktionen mit der doppelten Nennung desselben Wortes und an manchen Stellen ist das gut gelungen:

Altlasten zerren an einem, wollen einen nicht loslassen. Ohne Loslassen kann man aber nicht weiterkommen. Und Weiterkommen war das Einzige
genügsam. Nie wieder werde ich genügsam werden. Genügsamkeit
Traumbildern. Noch nicht mal Wunschbilder. Einfach nur Traumbilder. Die meisten Menschen träumen

aber an anderer Stelle ist das dann wieder "unschön" ... 2 mal "definitiv" ... etc... da würde eine inhaltliche Wiederholung mit einem anderen Wort sicherlich mehr Einruck machen.

Was konnte ich denn dafür, dass meine Frau mir das Leben zur Hölle gemacht hat? Ich konnte doch nur versuchen, dies zu unterbinden.
ich denke, die Zeitform irritiert ein wenig... "was kann ich denn dafür,... ich konnte doch nur..."
Ich legte das Messer, das ich immer noch in der Hand hielt, neben mir auch den Tisch,
auf den Tisch
Auch meine Klamotten waren schon überall mit Blut vollgesaut.
ist der Satz mit Absicht so umgangssprachlich? das paßt nicht ganz zu diesen theretischen Überlegungen im restlichen Text... oder dem nächsten Satz, der mir sehr gut gefällt:
Das entsprach in gewissem Sinne der Art ihrer typischen, lächerlichen Rache.
Es nervte mich extrem.
schon damit gerechnet, dass sie alles einsauen würde,
so kotzte es mich dennoch an.
auch wieder so "lapidar"...

Du würdest meine Freiheit nicht mehr einschränken, dachte ich.
"Du wirst" ... müßte es eigentlich heißen.

Lieben Gruß,
Frauke

PS: dass das Thema nicht neu ist, macht nicht viel, denke ich. Ich mag diesen Mord... ;) und ich denke, gerade die Tatsache, DASS er so emotionslos schreibt / erzählt ... ist wichtig, weil sie etwas über ihn aussagt. Von einer Fortsetzung würde ich abraten... ;)

 

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