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Frederick, der Falter

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01.05.2003
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Frederick, der Falter

Frederick, der Falter

Unten in den Wiesen, zwischen Blumen und Sträuchern, bei den Grashalmen geborgen, hielt sich Balthasar nachts versteckt, damit ihm im Schlaf weder Riesen noch Riesenschnäbel was anhaben konnten.
Sein bester Freund Frederick schlief mehrere Etagen über ihm, denn er liebte es auf dem höchsten Grashalm zu schlafen, wo man eine leichte Brise wehen spürt und die Sterne zum Greifen nahe sind. Balthasar hätte gerne bei ihm geschlafen, aber Fredericks Schlafstellen fand er meist zu gefährlich. Was wäre, wenn ein Riesenschnabel ihn aufpickte? Was wäre, wenn ein Riesenfuß ihn zerquetschte? Oft hatte er ihn gebeten zu ihm unters Blumenblatt zu kommen, wo es warm und kuschelig war, doch Frederick hatte seinen eigenen Kopf.

Weil Balthasar sich oft allein dort unten fühlte, litt er häufig an Schlafstörungen. Wenn er nachts wach lag, lugte er unter seinem Blumenblatt hervor und bat Frederick seine Fühler auszustrecken, damit er wusste, dass er bei ihm war. Es gab nichts, was Frederick mehr hasste, doch Balthasar bettelte so lange, bis er es letztendlich doch tat. Dann konnte Frederick nicht einschlafen, weil er seine Fühler als Kissen gebrauchte. So war es nicht selten, dass sie beide wach blieben und sich bis spät in die Nacht Geschichten und Abenteuer erzählten, die sie zusammen durchlebt hatten.

Als Balthasar wieder einmal keinen Schlaf fand, weil ihn ein Gedanke quälte, klopfte er energisch an Fredericks Grashalm, so dass er ihn aus dem Schlaf riss." Du Frederick, ich möchte dich was fragen."
"Was ist? Hältst du wieder Nachtwache?" stöhnte Frederick, der es fast schon gewohnt war, aus dem Schlaf gerissen zu werden.
"Wieso fliegen wir von einem Ort zum anderen? Wir sind hier auf der schönsten Wiese, auf der ich jemals war. Ich habe noch nie so viele Blumen gesehen und noch kein Duft war so süß, wie ich ihn hier fand." Frederick drehte sich zur Seite und streckte seine Fühler über den Grashalm." Balthasar, mein Freund. Alles was du siehst, die Blumen und Sträucher, die Wiesen und Bäume, verdanken wir dem Licht. Ein Knospe würde sich in der Dunkelheit niemals öffnen und nicht einmal ein Riese vermag es, sie mit seiner Hand zu öffnen ohne dass sie Schaden erleidet. Die ganze Welt richtet sich nach dem Licht. Aber wo wir auch kamen herrscht abends die Dunkelheit. Glaubst du wirklich, es gäbe nicht einen Ort, wo es immer hell und warm ist, wo es noch viel viel schöner ist, als die Orte, die wir durchflogen sind? Wenn wir jenen Ort finden, werden wir dort bis an unser Lebensende bleiben. Aber bis dahin, werde ich fliegen, solange meine Flügel mich tragen." Balthasar dachte über seine Worte nach und sagte schließlich:" Aber Frederick, es gibt niemand, der von diesem Ort zurückgekehrt ist und ich kenne auch keinen, der von diesem Ort weiß.“
"Ja," meinte Frederick leicht genervt," weil er so weit weg ist. Selbst wenn du es wolltest, würdest du nicht mehr zurückfinden. Aber ich verspreche dir, wenn du dort bist, ist es dir egal was auf der anderen Seite noch ist. Es ist so schön, dass du alles vergisst."

So erzählte Frederick noch eine ganze Weile lang über das Land des Lichts, bis er Balthasar schnarchen hörte.
In dieser Nacht träumte Balthasar von diesem Ort, von dem Frederick sagte, er sei so hell, dass man gar nicht anders könne, als ihm entgegen zu fliegen.

Am nächsten Morgen, als der nasse Tau auf den Blättern und Gräsern lag und die ersten Sonnenstrahlen die Erde erreichte, zogen sie los, um das Land jenseits des ihren zu erkunden. Auf dem Weg kamen sie an vielen Wiesen und Sträuchern vorbei. Sie flogen ohne zu rasten bis in den tiefen Nachmittag hinein und nach einer scheinbar endlosen Reise trafen sie auf eine Siedlung, wo Riesen und Riesenriesen ihr Zuhause hatten. "Solange du ihnen nicht zu nahe kommst," nahm Frederick seinem Freund die Antwort vorweg, ehe er sich darüber den Kopf zerbrach," brauchst du keine Angst vor ihnen zu haben." "Und was ist, wenn ein Riese auf mich zukommt?" fragte Balthasar darauf hin erregt. " Dann musst du alle Kraft zusammennehmen und über ihre Köpfe hinweg fliegen, so hoch, dass sie dir nichts anhaben können."
Und so geschah es auch. Sobald Riesen in ihrer Nähe waren, flogen sie hoch und wenn sie allein waren, flogen sie tief. Schließlich wurden sie müde von der langen Reise und von der schmutzigen Luft in der Riesensiedlung und so beschlossen sie, sich eine Weile schlafen zu legen. Sie schliefen mehrere Stunden und als beide aufwachten, war die Dunkelheit bereits hereingebrochen. Sie waren erstaunt, wie lange sie geschlafen und wie sehr die Reise sie geschwächt hatte und als sie sich umdrehten, um weiterzufliegen, sahen sie von weitem noch ein kleines unscheinbares Licht brennen. Frederick streckte seine Fühler aus und schrie so laut er konnte:" Sieh, Balthasar. Es ist dunkel! Dunkel überall. Und da! Sieh hin! Es ist wie ich es dir gesagt habe. Es gibt einen Ort, wo es immer Licht gibt!" Frederick freute sich, schlug Saltos und umflog seinen Freund, dass es Balthasar schwindelte. Doch Balthasar blieb skeptisch und mit einem Klos im Hals sagte er:" Frederick, die Welt ist kleiner als ich gedacht habe!“
"Aber nein, Du Dummerchen!" spottete Frederick, "Das ist doch nur der Tunnel zum Licht! Dahinter liegt die Welt von der ich dir erzählte!"

Frederick flog so schnell er konnte geradewegs zum Licht. Und es war wirklich so, wie es Frederick ihm beschrieben hatte. "Der Ort ist so hell, Balthasar, dass du gar nicht anders kannst, als ihm entgegen zu fliegen." Balthasar flog seinem Freund hinterher, aber weil er so schwere Flügel hatte, kam er nur mühselig voran. Frederick war schon fast da. Er war schneller - schon immer schneller gewesen, so wie er auch in allem besser war. Wenn er eine Frage hatte, wusste er die Antwort, ehe er etwas sagte. Frederick wusste alles und alles musste für ihn schnell gehen. Während er darüber nachdachte und der Welt des Lichts näher kam, sah er mit Entsetzen, wie sein bester Freund Frederick gegen eine Wand von Licht flog und auf die Erde knallte. Zwei Riesen saßen neben einem kleinen Riesen und unterhielten sich. Einer von ihnen nahm Frederick und kehrte ihn zur Seite.

 

Hallo Herbert Stahlvogel!

Zuerst einmal: Im vorletzten Satz, hasst du dich vertippt:
"Zwei Riesen saßen neben einen kleinem Riesen..."

einem kleinen

Die Geschichte war sehr nett, endlich weiß ich, warum die die Viehcher sich immer in den Tod stürzen und mein Zimmer immer nur so davon wimmelt, wenn ich das Fenster offen und das licht brennen lasse! Natürlich kann man die Geschichte auch als Fabel sehen, entweder als Warnung vor religiösen Vorstellungen, oder dafür, dass es auch nachteile haben kann, wenn man sich immer vordrängelt, um in allem der beste zu sein, wie es Frederick tut!
Aber grundsätzlich finde ich, diese Geschichte wäre grade für Kinder sehr interessant, weil sie schön und klar zu lesen ist und die Phantasie durch diese Erklärung des alltäglichen Phänomens: die Motte ins Licht, anregt. Vielleicht solltest du darüber nachdenken dort hin zu wechseln....
Jedenfalls eine sehr schöne Geschichte, auch der Schreibstil war sehr angenehm!

 
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Hallo Popla,
viele Dank für Deinen Beitrag und für Deine positive Kritik. Ich hatte mir auch schon überlegt, ob ich die KG zu den Kindergeschichten reinstellen sollte, aber dann dachte ich mir, naja, Kindergeschichten sollten doch ein Happy End haben. Jedenfalls bin ich mir immer noch unschlüssig, ob ich sie nicht doch noch verschieben sollte. Vielleicht löst sich das Problemchen, wenn andere noch ihre Meinung dazu schreiben.
Zum anderen Teil hast du die Sache richtig erkannt. Wenn man die Geschichte richtig durchleuchtet, kann man verschiedene Sinne darin erkennen.

Thema: Alle kleinen Flügelktiere haben den Drang zum Licht zu fliegen.
Sinn Nr.1: Wer sich beeilt, wem alles nicht schnell genug geht, der wird einmal ein Nachsehen davon haben. Man sollte wie Balthasar sich mit Dingen zufrieden geben und nicht nach mehr streben.
Sinn 2: Das die Menschen auf der Suche nach etwas sind, woran sie glauben und sobald sie auf etwas treffen, dass annähernd ihren Vorstellungen entspricht, glauben sie sofort daran und verfangen sich darin. Ich bin der Meinung, dass jeder Mensch an etwas glauben sollte, egal ob an Gott oder an ein Paradis oder sowas, und das halte ich nicht nur für richtig sondern auch für besonders wichtig, aber man sollte eben nicht alles blindlinks glauben.

Aber man sollte aus der Geschichte nicht nur von Frederick etwas lernen, sondern auch von Balthasar, der immerhin ja ein naives Kerlchen ist und Frederick überall folgt. Es gibt genug Menschen, die von anderen abhängig sind und nicht merken, dass wenn sie ihren eigenen Weg gehen würden, sie vielleicht einen besseren einschlagen würden.
Ich glaube letzendlich hat Balthasar aus der Geschichte auch was gelernt und ihm wird es ohne Frederick viel besser ergehen.

Viele Grüße
Herbert

 

Hallo Herbert!

Auch Deine zweite Geschichte gefällt mir sehr gut!
Du hast einen Schreibstil, der es mir leicht macht, mich in das Geschehen einzufühlen.
Liebevoll ausgearbeitete Details tun das Übrige.

Einer Verschiebung in die "Kinder-Abteilung" wie Popla vorschlug, würde ich zustimmen. Die von Dir verwendete Sprache passt wesentlich besser in die benannte Rubrik und die behandelten Themen sind ein gutes Beispiel, über Verhaltensweisen nachzudenken. Ganz besonders für Kinder! Stimmt - nicht nur für Kiddies. :D

Noch zwei Schreibfehler:

Selbst wenn du es wölltest, würdest du nicht mehr zurückfinden.
...wolltest
und:
Während er darüber nachdachte und der Welt des Lichts näher kam, sah er mit völligem entsetzen,...
...Entsetzen...

Ein schöner Text, den ich noch mehrmals lesen werde.


Ciao
Antonia

 

Hi

Eine nette Geschichte hast du da geschrieben, mir kam das teilweise wie eine Mischung aus "Pickeldi und Frederik vom Sandmännchen" und dem murphyschen Gesetz: "Das Licht am Ende des Tunnels gehört immer zum heranfahrenden Zug" vor :)

Auch ich würde die Story als Parabel sehen, da ich kaum glauben kann, dass die Falter auch einen Drang zum Rudelbilden besitzen. Die Idee mit dem "Schmetterlings-Paradies" hat mir gut gefallen und ich wusste auch nicht sofort, dass es dabei um eine Glühbirne ging. Am Stil hab ich nichts zu mängeln, allenfalls die Mischung aus Umgangssprache und Märchenton wirkt manchmal etwas holprig.

"sah er mit völligem entsetzen"

Entsetzen groß, außerdem kenne ich den Ausdruck "völliges Entsetzen" nicht, da kann man eigentlich das völlig weglassen.

Liebe Grüße
wolkenkind

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Wolkenkind,
schön, dass Dir die Geschichte gefällt. Aber was meinst du mit Umgangssprache und Märchenton? Kannst Du mir da konkrete Beisspiele geben?

Viele Grüße
Herbert

 

Mit Märchenton meine ich besonders solche Stellen wie:

". Ein Knospe würde sich in der Dunkelheit niemals öffnen und nicht einmal ein Riese vermag es, sie mit seiner Hand zu öffnen ohne dass sie Schaden erleidet. "
oder:
"Sie flogen ohne zu rasten bis in den tiefen Nachmittag hinein und nach einer scheinbar endlosen Reise trafen sie auf eine Siedlung, wo Riesen und Riesenriesen ihr zu Hause hatten."

Übrigens heißt es hier "Zuhause"

An anderen Stellen bringst du dann umgangsprachliche Ausdrücke rein:
"Dann musst du alle Kraft zusammennehmen und über sie drüber fliegen"

"über ihre Köpfe hinweg" wäre hier eher im Stil der übrigen Geschichte.

"Es gab nichts, was Frederick mehr hasste, doch Balthasar bettelte so lange herum"

"herumbetteln" ist auch eher Umgangssprache, da gibt es auch elegantere Alternativen.

"bis an unser Lebensende. Aber bis dahin, werde ich fliegen, solange bis meine Flügel mich tragen."
Hier ist ein "bis" zu viel.

 

Hallo Herbert,

der Text wäre sicher als Kindergeschichte geeignet. Wenn Du Bedenken wegen dem Schluß hast, folgender Vorschlag: Laß´ den Balthasar anderen Schmetterlingen von Fredericks tragischem Ende erzählen und entsprechende Konsequenzen ziehen.
Als Parabel über gesellschaftliches Verhalten ist die Geschichte zu unergiebig, es bleibt letztlich die einfache Moral `sei zufrieden mit dem Spatz in der Hand, anstelle von der Taube auf dem Dach´. Kinder wird Inhalt und Sprache eher ansprechen, dann sollte aber auch das Aussehen der beiden Falter durch kleine Hinweise beschrieben werden.

Noch einige Änderungsvorschläge:

„in den Grashalmen geborgen“ - von ?
„was wenn ein Riesenschnabel“ - was wäre ... ... ihn aufpickte, oder wenn ein Riesenfuß ...
„Frederick des nachts“ - nachts, in der Nacht, während ...

Du schreibst etwas viel „nachts“ und ähnliches- „dass sie beide nachts wach blieben“ kann auch `trotz der Dunkelheit wach blieben´, heißen.

„Frederick flog so schnell er konnte geradewegs zum Licht“. - B. hatte Mühe, mitzuhalten - „Und es war wirklich so, wie es Frederick ihm beschrieben hatte. "Der Ort ist so hell, Balthasar, dass du gar nicht anders kannst, als ihm entgegen zu fliegen." (Balthasar flog seinem Freund hinterher, aber weil er so schwere Flügel hatte, kam er nur mühselig voran). - Nun war - Frederick (war) schon fast da. Er war schneller - schon immer schneller gewesen, so wie er auch in allem besser war. Wenn er (Fred. oder Balthasar?) eine Frage hatte, wusste er die Antwort, ehe er (wer?) etwas sagte. Frederick wusste alles und alles musste für ihn schnell gehen. Während er (wer? Zuletzt wurde Fred. genannt) darüber nachdachte und der Welt des Lichts näher kam, sah er mit völligem Entsetzen, wie sein bester Freund Frederick gegen eine Wand von Licht flog und auf die Erde knallte. Zwei Riesen saßen neben einem kleinen Riesen und unterhielten sich. Einer von ihnen nahm Frederick und kehrte ihn zur Seite.“
Generell mußt Du auf Wortwiederholungen achten, auch wenn an einen Text für Kinder diesbezüglich nicht so hohe Anforderungen gestellt werden, wie an einen besonders literarischen.

LG,
tschüß... Woltochinon

 

Du hast einen einfühlungsvermögenden Schreibstil, wie immer legst du eine Story hin, die den Leser in seinen Bann zieht. Dennoch finde ich, dass du die Tatsache, dass es sich bei der "Wand von Licht" um eine Glühbirne handelt, nicht gut genug herausgearbeitet hast. Wieso ist auch eine Glühbirne eine "Wand von Licht"?

 

Hallo Jingles,
schön, dass Du Dir wieder einmal Zeit für eine meiner Geschichten genommen hast.
Was meinst du mit "nicht genug herausgearbeitet" und wieso sollte eine Glühbirne nicht eine Wand sein?

Ich wollte einen tragischen plötzlichen Schluss. Wenn ich die Glühbirne ausführlich beschrieben hätte, dann wäre genau das ausgeblieben. Der Leser hätte sich keine Gedanken gemacht, was die "Wand" sein könnte und hätte sich auf den Tod des Protas eingestellt. So aber ist er völlig von den Socken, liest warscheinlich den Schluss mehrmals, ehe er es begreift. Genauso wollte ich es haben: Einen kurzen tragischen Schluss mit dem niemand rechnet.

Aufgrund der Größe eines Falters, denke ich, kann man schon sagen, dass eine Glühbirne eine Wand ist oder stört dich einfach das Wort "Wand"? Vielleicht hast du ja ein anderes Wort auf Lager?

Viele Grüße
Herbert

 

Hallo Woltochinon,
vielen Dank für die ausführliche Beurteilung. Habe auch schon manches verändert, der Rest muss bis nächste Woche warten.

Viele Grüße
Herbert

 

Eigentlich stört mich wirklich hauptsächlich das Wort "Wand". Du könntest ja auch von einem "grell leuchtenden Objekt" schreiben oder eine "sintflutartigen Anhäufung von Licht" erwähnen...

 

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