- Beitritt
- 24.04.2003
- Beiträge
- 1.444
- Zuletzt bearbeitet:
- Kommentare: 5
Freaky little doggy Christmas People
Als Robert an jenem Morgen sein Badezimmer betrat, fand er einen kleinen Mann auf der Toilette sitzend vor, der gerade heftig blähte.
"Hallo, mein Name ist Herr Müller. Ich bin Ihr neuer Untermieter."
Kot plumpste geräuschvoll in die Schüssel, während Herr Müller die Hand zum Gruß parat hielt.
Robert machte kehrt und schlug die Tür hinter sich zu.
"Wie oft soll ich es Ihnen denn noch erklären? Herr Müller ist laut Paragraph 257, Absatz drei, Satz fünf bis zehn, Unterklausel 18 mit Querverweis zu Satzung Nummer sechs berechtigt, als Untermieter in Ihrer Wohnung ..."
Die Worte der Sachbearbeiterin gingen an ihm vorbei. Drei Wochen war es nun her, dass dieser Kerl sich bei Robert eingenistet hatte.
Zwei Schränke, ein Stuhl, und mehrere Teller waren zu Bruch gegangen. Der Hund trug am linken Vorderbein Gips, und zuletzt hatte es den Christbaum erwischt.
Der Vandale, der sich selbst immer bloß als Herr Müller bezeichnete, beanspruchte den Teil der Küche für sich, zu dem er einen Durchgang durch die Wand geschlagen hatte, auf deren anderer Seite einst Roberts Arbeitszimmer gewesen war.
Das Bad wurde geteilt. Ebenso die Spülmaschine.
Seine Wäsche hing Herr Müller zum trocknen auf den Balkon. Möbelstücke und sonstige Utensilien, die sich nicht länger in Peters Bereichsabschnitt der Wohnung befanden, standen provisorisch im Flurbereich, sowie im Schlafzimmer herum.
Das laute Stampfen eines Stempels riss ihn aus seinen Gedanken. - "Und damit ist die Sache für uns erledigt!"
Robert schüttelte unwillkürlich den Kopf.
"Die Sache ist für Sie ... erledigt? Hören Sie, dieser Mensch ... Herr Müller ..."
"Ich werde es Ihnen nicht nocheinmal erklären. Die Rechtslage wurde Ihnen nun mehrfach und unmissverständlich in aller Ausführlichkeit von unserer Stelle aus erläutert. Alles ist vollkommen legitim."
Die linke Augenbraue der Angestellten zuckte nervös, dann war sie wieder reglos.
"Entweder, Sie arrangieren sich, oder Sie suchen sich eine neue Wohnung."
"Aber ..."
"Auf Wiedersehen."
Als er den Schlüssel ins Schloss steckte, war von drinnen bereits lautes Gepoltere zu hören.
Herr Müller sprang wild umher, während der Dackel Kreise um seine nackten Beine zog und dabei kläffte.
"Arschloch", schrie Herr Müller. - "Ihr Hund ist ein Arschloch!"
Ein Glas fiel von der Anrichte und zersprang auf dem Laminat.
"Lassen Sie gefälligst meinen Hund zufrieden!"
"Arschloch!"
"Trixie, komm zu Herrchen."
"Arschloch!"
Im allgemeinen Geschreie und Gebälle übersah Robert zunächst die zerstörte Glastür, deren Rahmen halb im Wohnzimmer, halb auf dem Balkon lag. Fassungslos entdeckte er sie dann.
"Die werden Sie mir ersetzen, wie alles andere auch."
Herr Müller verbeugte sich und verschwand anschließend in seinem Zimmer. Sekunden später war gedämpfte Musik von Enya zu hören.
Robert ging in die Knie, streichelte Trixie und fing zu weinen an.
"Ein Albtraum ist das. Ein ganz, ganz schlimmer Albtraum. Aber weißt du was, meine Süße?"
Der Dackel starrte Peter aus großen, treuen Augen heraus an.
"Wir werden Herrn Müller töten."
Er wuschelte durch das Fell des langen Hundes und zwinkerte.
"Ja Trixie, machen wird das?"
Der Hund nickte.
"Ach komm Robert. Das kannst du mir nicht erzählen."
Kurze Pause.
Dann: "Es ist so, wie ich es sage."
Sein Freund denkt nach.
"Und dieser ..."
"Herr Müller."
"... dieser Herr Müller, der saß einfach eines Morgens auf deinem Klo, und wohnt seitdem bei dir?"
"Nein, nein, nein. Er wohnt nicht, er belagert. Und ich schwöre es dir, die vom Amt machen gar nichts, die unterstützen den sogar. Arrangieren soll ich mich. Hörst du? Arrangieren!"
Pause.
"Hmmmmmmmmmmmmm."
"Was, hmmmmmmm?"
"Das ist schwer zu glauben."
"Ach komm schon. Du bist schließlich mein einziger imaginärer Freund. Du musst mir einfach glauben!"
"Tut mir leid, Robert, aber ich bin raus. Als wir uns kennen gelernt haben, warst du noch irgendwie ... anders drauf."
"Was? Was willst du ... wo bist du?"
"Mit wem reden Sie da schon wieder?"
Herr Müller hatte sich von hinten angeschlichen, und stand nun seitwärts in Roberts rechtem Augenwinkel. Scheinbar war der Mann vollkommen nackt.
"Ich? Mit niemandem. Das geht Sie nichts an."
Oh mein Gott, schoss es ihm durch den Kopf. Und wenn er nun das gesamte Gespräch mitverfolgt hatte? Nicht auszudenken, welche Gegenmaßnahmen sich bereits in Planung befanden.
Robert musste, er musste sogar ganz ganz dringend ...
"Heute ist doch Heiliger Abend", sagte Herr Müller. - "Ich habe Dinge von Ihnen kaputt gemacht", kam es dann zur Ergänzung.
Robert blieb nichts anderes übrig, als Ruhe zu bewahren.
"Mhm", machte er.
"Ihre Familienphotos ... zerrissen."
"Mhm."
"Ihre Lieblingsbücher ... verbrannt."
"Mhm."
"Ihr Porzellan ... im Arsch."
"Ja, okay. Mhm."
"Ihr Geschenk."
"Ja, okay, mhm ... wie bitte?"
Robert drehte sich um.
Herr Müller hielt Trixies Kopf in einer Hand. Die befellte Hülle des Hundes hatte er sich über den Fuß gezogen.
"Dackel sind nicht gut als Pantoffeln geeignet. Zu lang, Sie verstehen? So große Füße kann man gar nicht haben. Und bezeichnen Sie mich jetzt bloß nicht als Clown."
Mehrere Sicherungen brannten durch.
Robert ging auf Herrn Müller zu und flüsterte: "Zeit für die Bescherung."
Kurz verfinsterte sich Herr Müllers Gesichtsausdruck.
"Kein Scheiß Mann, das haste echt gemacht?"
Robert grinst.
"Das, und noch viel mehr."
Der Zwerg hopst vom Herd und lacht laut.
"Coole Sache, Mann. Und ich bin jetzt dein neuer Untermieter?"
"Ja, wenn du es sagst."
"Dann lass uns Sachen vernichten."
Robert verlässt das Bad und schlägt die Tür hinter sich zu.