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Franzi und Franz

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06.02.2015
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Franzi und Franz

Frierend schlüpft sie aus dem warmen, weichen Bett und wickelt sich in ihren Bademantel.
Der Wind rüttelt an den Fenstern und dichtes Schneetreiben verhindert die Sicht. Bei dem Wetter jagt man nicht einmal einen Hund vor die Tür, Andrea schüttelt den Kopf und verflucht die Idee, an ihrem freien Sonntag ehrenamtlich tätig zu sein.
„Aus Liebe zum Menschen“ Christian grinst über den Küchentisch hinweg und stellt eine heiße Tasse Kaffee auf Andreas Platz.
Seit mittlerweile fünfzehn Jahren ist er nun schon als freiwilliger Rettungssanitäter beim Roten Kreuz. Vor zirka zehn Jahren kam Andrea dazu und es hat sofort gefunkt zwischen den Beiden. Wenn man sie heute fragt, wie sie sich kennengelernt haben, antwortet Andrea schlagfertig: „ ich hab mir den Christian beim Roten Kreuz eingetreten“, was angesichts seiner Größe von einem Meter neunzig zu allgemeiner Belustigung führt.
„Mal sehen, was der heutige Tag bringt“, murmelt Christian, mehr zu sich selbst.

Vor Dienstbeginn muss das Rettungsauto kontrolliert werden. Die Geräte werden überprüft und das Material wird bei Bedarf nachgefüllt. Für die beiden erfahrenen Sanitäter Routine, nach all den Jahren.
„Wir sind einsatzbereit“, sagt Christian.
„Heute ist es selbst den Patienten zu kalt“, scherzt ein Kollege im Aufenthaltsraum „ich glaube, heute haben wir nicht viel zu tun.“
„Dein Wort in Gottes Ohr“, antwortet Christian und macht es sich auf der Couch bequem. Der Vormittag zieht sich dahin und Müdigkeit macht sich bemerkbar. Gerade als Andrea die Augen zuzufallen drohen, schlägt der Pager an. „Sturz im Altenheim, Kopfverletzung.“
Na dann los!

Die alte Dame sitzt im Badezimmer am Boden, den Kopf in ein fliederfarbenes Handtuch gewickelt. Sie trägt ein geblümtes Nachthemd, durch das man den gekrümmten Rücken erkennen kann. Die kleinen Pantoffel sind von den nackten Füßen gerutscht.
„Was genau ist passiert?“, fragt Andrea, während sie die Platzwunde versorgt. „Ich wollte zur Toilette, dabei bin ich gestolpert und hab mir die Stirn an den Fliesen angeschlagen“, erzählt die geschockte Frau.
Nach einer kurzen Untersuchung steht fest, keine weiteren Verletzungen. „Glück im Unglück, so ein Sturz mit knapp 93 Jahren kann übel ausgehen“, geht es Andrea durch den Kopf.
„Die Wunde muss genäht werden, wir bringen sie ins Krankenhaus“, informiert sie die rüstige Rentnerin.
„ Wie ich aussehe, so kann ich doch nicht wegfahren“, schimpft sie „ ich bin nicht angezogen und meine Zähne brauch ich auch noch!“ Christian und Andrea werfen sich lächelnd einen Blick zu. „Die Prothese bring ich Ihnen gleich noch“, beruhigt die Pflegerin die fast mädchenhaft wirkende, zarte Frau. Der viel zu große Schlafmantel, den sie ihr um die Schultern legt, lässt sie noch zerbrechlicher erscheinen. Das Leben hat tiefe Falten in ihr blasses Gesicht gezeichnet.
Sie fährt mit der Hand durch die frisch gefärbten Locken, die sich durch den Kopfverband drängen. „Meine Frisur ist auch kaputt“, beschwert sie sich, wobei ihre leuchtend blauen Augen schelmisch blitzen.

„ Was ist denn da los?“, neugierig steckt eine andere Heimbewohnerin den Kopf zur Badezimmertür herein.
„Kommen sie Frau Greti, lassen wir die Sanitäter ihre Arbeit machen“, sanft nimmt die junge Pflegerin den Arm der aufgeregten Bewohnerin und manövriert sie geschickt aus dem Zimmer.
Warm eingepackt in eine Decke, schiebt Christian die Patientin zum Krankenwagen. Im Gang riecht es bereits verlockend gut, das Mittagessen wird den alten Menschen serviert, die in kleinen Gruppen an den Tischen sitzen. Ein festlich geschmückter Christbaum glänzt im Speiseraum und niedliche Renntiere aus Holz schmücken die Fenster. Es ist kurz nach Weihnachten „zwischen den Jahren“ wie man hier sagt.
„Jetzt verpassen sie auch noch das Mittagessen“, beginnt Andrea das Gespräch, nachdem der Rettungswagen losrollt.
„Ach, das macht mir gar nichts“, die alte Frau wird plötzlich wehmütig. „Wissen sie, ich brauche nur wenig zu Essen“, erzählt sie Andrea. Das Schneetreiben ist mittlerweile so stark, das man kaum die Straße erkennen kann.
Die alte Dame scheint unter der blauen Decke zu verschwinden, sie zupft am Gürtel von ihrem Schlafmantel. Wie verletzlich sie plötzlich wirkt.
„Früher, da hatten wir nicht viel. Die Nachkriegszeit war schwierig, es herrschte große Armut. Lebensmittel waren rationiert, trotzdem ist es ist mir immer gelungen ein Mittagessen auf den Tisch zu bringen. Leider war selten genug für uns alle da, aber ich habe es geschafft, meinen Mann und die Kinder sattzubekommen. Ich habe mich nie zu ihnen an den Tisch gesetzt“, berichtet sie weiter.
„Und du…. Isst du nichts, hat Franz mich jedes Mal gefragt. Ich hab schon gegessen, lasst es euch schmecken! Oft hat er mich dann aus seinen warmen, braunen Augen fragend angeschaut, kurz innegehalten und weiter seine Suppe gelöffelt.“
Sie hebt den Kopf und schaut Andrea in die Augen. „Franz hat so schwer gearbeitet, der brauchte eine ordentliche Mahlzeit und die Kinder sollten auch genug bekommen. Ich habe gehungert ….“
Die alte Frau richtet sich auf und Andrea spürt eine Stärke, die sie diesem zarten Wesen nicht zugetraut hätte.
Eine Gänsehaut kriecht Andrea über den Rücken. Gestern Abend, fällt ihr ein, sind die Reste vom Abendessen gedankenlos im Mülleimer verschwunden. Mit dem Handrücken wischt sie sich über die Augen.
„Ich heiße Franziska“, ein Lächeln umspielt die Lippen der alten Dame „sagen sie doch einfach Franzi zu mir. Ja, ja früher….!“ Ihr Blick schweift in die Ferne. „Franz und Franzi! Wir hatten eine gute Ehe, der Franz war ein liebevoller Vater. Er war so stolz auf unsere beiden Mädchen.“

Christian fährt im Schritttempo, vor ihm rutscht ein Auto beim Versuch zu bremsen. „Wir sind kurz vorm Krankenhaus“, unterbricht er das Gespräch der beiden Damen. Verwundert blickt die Frau auf. „Schade, jetzt haben wir uns grad so gut unterhalten.“ Die Verletzung war vergessen, Franzi genoss die Fahrt.
Nach der Anmeldung am Aufnahme Schalter, begleitet Andrea die Patientin noch in den Untersuchungsraum. Ein großgewachsener Arzt mit kurzen, dunklen Haaren und braunen Augen nimmt Franziska in Empfang. Ein Strahlen erhellt das runzelige Gesicht der alten Frau, sie beugt sich vor und flüstert Andrea ins Ohr: „ so ein fescher Kerl, fast wie mein Franz in jungen Jahren!“
Mit einem warmen Gefühl verlässt Andrea die Notaufnahme.
Gedankenversunken schwingt sie sich auf den Beifahrersitz. „Es geht weiter, wir haben einen neuen Einsatz!“ hört sie Christian sagen. „Verdacht auf Herzinfarkt.“ Die dicken Schneeflocken schlucken das blinkende Blaulicht. Andrea atmet tief durch „ ich bin soweit.“

 

Hallo Sunnygirl, herzlich willkommen!

Du schreibst in Deinem Profil: "Es macht mir Spass Geschichten zu schreiben, die ich teilweise selber erlebt habe."
Das merkt man bereits bei Deiner ersten Geschichte.
Du schreibst flüssig und anschaulich.
Was die Zeichensetzung betrifft, wäre es gut, wenn Du die Geschichte nochmals unter die Luppe nehmen könntest.
Bei Andrea habe ich für mich gedacht, eine solche einfühlsame und liebevolle Pflegerin wünschte ich mir auch, sollte ich es einmal nötig haben.
Und dann Franzi! Von dieser kleinen, zerbrechlichen und tapferen Frau hätte ich gerne noch mehr aus ihrem Leben erfahren.

Ich habe Deine Geschichte gerne gelesen
und grüsse Dich herzlich.
Marai

 
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Hallo Sunnygirl,

willkommen auf dem Schlachtfeld! ;)

Ich mochte deine Geschichte leider nicht so, sie hat mich nicht berührt. Das ist ja ein ziemlich gängiges Motiv: Jemand Junges trifft auf jemand Altes, und die Erfahrung/Weisheit von letzterem verändert ersteren. Das war mir zu schematisch und auch zu plump gemacht; da trifft diese junge Rettungssanitäterin auf diese Seniorin, die fängt mir nichts dir nichts an mit "Ach ja, früher ...", und die Sanitäterin schmilzt dahin. Also bitte. Vielleicht hast du das ja so ähnlich erlebt und es hat dich berührt, aber wenn so was als Geschichte wirken soll, dann muss es sehr sorgfältig gestaltet sein. Ich als Leser kenne die Frau ja gar nicht, habe sie nicht erlebt - provokant gesagt ist das für mich nur ne Oma, die sich den Kopf gestoßen hat (natürlich doof, aber passiert halt, warum soll mich gerade das jetzt berühren?). Dass sie stark wirkt für ihre Zartheit geht in die richtige Richtung, aber das ist auch nur eine Beschreibung. Irgendwie musst du mir als Leser die Person näherbringen. Und in dem Rahmen so einer kleinen Erzählung ist das schwierig. Kann man natürlich so machen, aber ist dann halt: Ja und? Schwer, solche Emotionen zu transportieren und dann möglichst auch noch ohne dass es kitschig wird..

Ich wollte aber eigentlich gar nicht so viel zum Inhalt schreiben, sondern erstmal formal: Leider wird der Lesefluss immer wieder durch kleine Fehlerchen unterbrochen. Beispiele:

„Bei dem Wetter jagt man nicht einmal einen Hund vor die Tür“ Andrea schüttelt den Kopf und
Anführungszeichen sind für wörtl. Rede. Hier entweder gar nicht markieren, oder kursiv setzen. Und dann ein Komma dahinter

„Aus Liebe zum Menschen“ Christian grinst
Jetzt ist man nämlich irritiert: Denkt sie das auch? Ah, Christian? Denkt Christian das? Aber der grinst, und wieso weiß die Tante überhaupt, was Christian denkt? Aha: Der sagt das anscheinend!
Und wieder Komma

und stellt eine heiße Tasse Kaffee auf Andreas Platz. .
Punkt Leerzeichen Punkt - soll was sein?

Vor ca. 10 Jahren
ca. ausschreiben; Zahlen bis Zwölf werden i.d.R. ausgeschrieben

schlagfertig: „ ich hab mir den Christian beim Roten Kreuz eingetreten“ was angesichts seiner Größe von 1,90m zu allgemeiner Belustigung führt.
Unsauber: „Ich; den Wörtl.-Rede-Satz versteh ich nicht (bzw. ich glaub ich versteh's aber finde das nicht pointiert/pfiffig); 1,90m ausschreiben;

Vor Dienstbeginn muss das Rettungsauto kontrolliert werden, Geräte überprüft und Material bei Bedarf nachgefüllt.
Lies das mal laut - merkste selbst.

„Wir sind einsatzbereit“ meldet Christian.
„Heute ist es selbst den Patienten zu kalt“ scherzt
Komma nach der wörtl. Rede...

Die kleinen Pantoffel sind von den nackten Füssen gerutscht.
Füßen

„Die Wunde muss genäht werden, wir bringen sie ins Krankenhaus“ informiert sie die rüstige Rentnerin, die sofort Protest einlegt.
informieren, Protest einlegen (und vorher: meldet, scherzt).. Das klingt alles künstlich. Mach doch erstmal mehr down to earth: sagte sie, sagte er. Da schwören übrigens nicht wenige Schriftsteller drauf..

„Die Prothese bring ich ihnen gleich noch“
Ihnen

Ja, solche Sachen halt, die wiederholen sich. Stört, und der Text wirkt so auch wie runtergeschrieben.
Insgesamt muss da also in meinen Augen mit viel mehr Sorgfalt rangegangen werden, sowohl formal als auch inhaltlich.

So, ich hoffe, du bist jetzt nicht komplett entmutigt - bleib dran, Übung macht den Meister!

Viel Erfolg & viele Grüße,
Maeuser

 
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Hallo Marai!

Herzlichen Dank für Dein Feedback. Es freut mich, dass Du Spaß an der Geschichte hattest. Es gibt auf jeden Fall noch viel zu lernen für mich. Was die Zeichensetzung betrifft bin ich noch nicht fit, ich werde mich noch damit auseinandersetzen.

Liebe Grüße
Sunnygirl

Hallo Maeuser!

Vielen Dank für Deine konstruktive Kritik. Ich habe versucht, ein alltägliches Erlebnis aus dem Rettungsdienst zu einer Geschichte zu verarbeiten.
Es ist äußerst spannend für mich zu hören, wie meine Geschichte auf Andere wirkt.
Ich gebe dir Recht, es ist schwierig, die alte Frau dem Leser näherzubringen, ohne dabei kitschig zu werden.
Die zahlreichen formalen Fehler hoffe ich mit etwas Übung in Zukunft zu reduzieren! Für die vielen Tipps bin ich Dir sehr dankbar.
Ich bin keineswegs entmutigt, im Gegenteil!
Liebe Grüße
Sunnygirl

 

„ ich hab mir den Christian beim Roten Kreuz eingetreten“
( ... )

Hallo Sunnygirl,
diesen Satz habe ich nicht verstanden. Wie war das gemeint?

Ansonsten: Kein schlechter Einstieg hier, mach weiter so! Natürlich hat man ähnliche KGs schon gelesen, aber die KG war insgesamt recht flüssig zu lesen und daher für mich ganz okay.

Mehr aber auch nicht. Trotzdem: Nicht verzagen. Es wurde nicht zu viel gemeckert und darum gilt: Nicht gemeckert ist schon gelobt. ;)

 

Hallo Freegrazer!

Herzlichen Dank für Dein Feedback!

"ich habe mir den Christian beim Roten Kreuz eingetreten" meint - es war nicht geplant, nicht gewollt, es ist einfach so passiert (sozusagen im Vorbeigehen).
War keine glückliche Formulierung! ;)
Wie gesagt, es war meine erste Geschichte.
Ich bin motiviert weiter zu schreiben. :)
Liebe Grüße
Sunnygirl

 

Hallo Sunnygirl,

Ja, - eingetreten - ist Oberösterreichisch und wird in Deutschland nicht verstanden ;-) ich verstehe das allerdings.
Der Vorteil bei Geschichten die man selbst erlebt hat ist, dass man sie gut wiedergeben kann. Allerdings fehlt es im wahren Leben oft an Spannung oder der so viel zitierten Fallhöhe. Deshalb wirkt die Geschichte dann auch etwas langweilig. Der Leser erwartet, dass etwas passiert, er mitfühlen kann oder auch Schadenfreude genießt. Als Leser möchte ich gerne an einem ganz besonderen Erreigniss teilhaben. Deshalb ist es besser, wenn man sich bei solchen Geschichten selbst herausnimmt und dafür den Protagonisten, in deinem Fall die ältere Frau, eine spannende oder interessante Rolle spielen lässt. Auch wenn es nicht ganz den Tatsachen entspricht.

Eine Gänsehaut kriecht Andrea über den Rücken.

Das solltest du nicht erwähnen sondern dem Leser fühlen lassen.

Ich bin mir sicher in deinem Beruf gibt es noch viele interessante Geschichten. Viel Spaß beim schreiben ;-)

BRM

 

Hallo BRM!

Herzlichen Dank für dein Feedback! Ja, das mit dem Dialekt ist so eine Sache! Werde ich in Zukunft vermeiden um verständlich zu bleiben. Dein Tipp, die ältere Frau eine interessante Rolle spielen zu lassen, gefällt mir gut.
Nicht nur das Erlebnis, das in meinem Kopf ist, niederzuschreiben, sondern eine Geschichte daraus zu machen ist die Kunst.
Liebe Grüße
Sunnygirl

 

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