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Frühstück vs. Streß

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20.04.2004
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Frühstück vs. Streß

Wie jeden Morgen mache ich mich nach dem Frühstück zielstrebig auf den Weg ins Büro. Und natürlich habe ich wieder einmal eine ziemliche Hektik.

Sie fragen sich sicher, wieso denn wieder. Nun, lassen Sie mich das kurz erklären: Der ruhigste Moment in meinem Leben ist das Frühstück. Dafür lasse ich mir viel Zeit. Alle anderen Mahlzeiten und Tätigkeiten werden in genau der ungesunden Schnelligkeit erledigt, die in den hektischen Büroalltag passt. Beim Frühstück sind wir Deutschen mit einer durchschnittlichen Frühstückszeit von 26 Minuten „Weltspitze“ – wenigstens beim Frühstück. Wir dehnen damit diese Mahlzeit sogar um 10 Minuten weiter aus, als die nach uns platzierten Briten. Wobei ich eigentlich kaum verstehen kann, dass man überhaupt frühstückt, wenn Fisch & Chips auf der Karte stehen. Egal, das Frühstück ist eine herrliche Ausnahme meines von Stress durchweichten Tages.

Das Mittagessen muss in 10 Minuten gegessen sein. Manchmal müssen auch 5 Minuten reichen. Schließlich braucht man noch etwas Zeit für sich selbst, um wenigstens etwas zur Ruhe zu kommen, sage ich immer. In Wirklichkeit kann ich in der kurzen Mittagspause nicht so weit abschalten, dass ich ein geruhsames Mittagsmahl zulassen kann. Auch das Abendessen verschwindet so ganz nebenbei in meinem offenen Mund, ohne viel Aufhebens darum zu machen, wie viel Speichel bereits am Brot klebt. 40 Mal kauen. Gilt das eigentlich pro Bissen oder für das ganze Mahl? Jemand nannte mich sogar schon mal Staubsauger. Daran können Sie vielleicht schon erkennen, dass mir die anderen Mahlzeiten neben dem Frühstück nicht so viel bedeuten (warum weiß ich eigentlich selber nicht so richtig).

Ich trinke auch keinen Kaffee, Milch oder Kakao zum Frühstück. Ich trinke Tee. Den aber mit Genuss und was Gesundes muss es sein. Am Liebsten einen schadstofffreien Tee aus dem Hochland von Darjeeling. Man muss seinem Körper schon mal was Gutes tun, deshalb bestelle ich diesen Tee auch immer kiloweise. Zu diesem morgendlichen Hochgenuss blättere ich meistens die Tageszeitung durch. Die Zeitung am Abend zu lesen will ich mir nicht vorstellen, denn nichts ist so alt wie die Neuigkeiten des vorangegangenen Tages, insbesondere dann, wenn Sie diese erst erfahren, nachdem alle schon Bescheid wissen.

Der große Nachteil der Frühstückszeit ist eigentlich nur, dass während ich die Zeitung lese und meinen Tee genieße, die Zeiger der Uhr nicht stehen bleiben. Wie das so üblich ist mit den Uhren, drängen diese mich dazu, die Beine in die Hand zu nehmen und ins Bad zu marschieren. Gegenüber dem Spiegel begegnet mir dann das ganze Elend, für das ich eigentlich keine Zeit eingeplant hatte. Es ist dringend notwendig, dass ich mich heute rasiere. Und auch die Haare könnte ich wieder waschen. Das habe ich zwar erst gestern getan, aber irgendwie sind meine Haare heute wieder reif. Sie müssten mich sehen.

Eigentlich sollten mir meine Haare nicht so wichtig sein, denn so viele sind davon nicht mehr da. Mein Pony zieht sich langsam zum Hinterkopf zurück und verbündet sich dort mit einer beginnenden Platte. Manchmal, wenn ich mich so anschaue, vermute ich, dass vielleicht nur mein Kopf wächst und die Haare einfach nicht mitkommen. Aber solange ich mir nicht im Spiegel begegne, denke ich eigentlich gar nicht an meine Haare, weswegen diese wohl beleidigt sind und sich durch den Abfluss der Dusche in irgendwelche Abenteuer stürzen. Erschreckend wirken auf mich vor allem Fotografien. Geht es Ihnen genauso?

Insbesondere dann, wenn ich durch das Geschick eines angehenden Hobbyfotografen so leicht von hinten, schräg oben aufgenommen werde. Eine Perspektive, wie sie im Spiegel nie erscheint. Noch heute behaupte ich beim Begutachten mancher Bilder, dass ich die Person, die dort abgelichtet ist, nicht kenne. Niemand glaubt mir, obwohl ich darauf sogar einen Eid leisten könnte. Vor allem einzelne Urlaubsfotos haben es mir angetan. Ganz toll, wenn dann jemand sagt: „Deine Haare sind wohl nicht mitgekommen in Urlaub, was?“. Haha – alter Witz. Sie kennen das? Ich nenne solche Witze immer ZZ-Top-Witze, weil die Witze so lange Bärte haben, wie die Musiker der texanischen Rockgruppe und mindestens schon so lange existieren.

Wie auch immer. Ich shampooniere mich unter einer entspannend wirkenden, warmen Dusche, unter der ich die Zeit abermals vergesse. Ein fataler Fehler, wie sich immer dann herausstellt, wenn ich mich abtrockne und mir das Radio mitteilt „Es ist 7.55 Uhr, fünf Minuten vor Acht. Ich verabschiede mich für heute - und bloß kein Stress.“ Schöne Worte. Ich bin noch nicht richtig abgetrocknet, habe nasse Haare und weiß noch nicht, was ich heute anziehen möchte und soll sogar noch versuchen, keinen Stress aufkommen zu lassen? Die Leichtigkeit, mit der ich diese Probleme in kürzester Zeit löse, sollten sich andere als Vorbild nehmen. Schnelle Kompromisse und nicht mehr darüber nachdenken.

So, nun ist es eine Minute nach Acht und ich hetze aus dem Haus. Meine Arbeitszeit beginnt um 8.00 Uhr. Zum Glück bin ich mit dem Wagen in fünf Minuten im Büro. Sicherlich wäre es gesünder, mit dem Fahrrad ins Büro zu fahren oder gar dorthin zu laufen. Aber würde ich das in fünf Minuten schaffen?

 

Hallo Community,

ich bin neu hier und leiste meinen Einstand mit einer vergnüglichen Kurzgeschichte.

Ich hoffe, ihr habt alle Spaß damit.

Zu mir hier meine Kurzvita:

Ralf Seybold wurde 1969 in einem typisch schwäbischen Ort in der Nähe von Stuttgart geboren. Vergnügliche Geschichten und Kurzgeschichten waren immer schon Teil seines Lebens, besonders seit er in der IT arbeitet. Seit 1989 hat er umfassende Erfahrungen im Vertrieb von IT-Lösungen für kleine, mittelständische Unternehmen, aber auch der Betreuung großer Konzerne gesammelt. Dem täglichen Wahnsinn begegnet er durch das Behalten des Humors.

Freue mich natürlich über eure Kommentare.

Gruß,
Ralf

 

Hallo yofresh

Erstmals herzlich willkommen bei Kg.de :)

Dein Text Hat mir gefallen. Ich konnte mir ein lachen an manchen stellen nicht verkneifen.:thumbsup:

Bei mir ist es gerade umgekehrt. Ich frühstücke nie. Nachdem ich aufgestanden bin, wasche ich mich schnell und bin schon aus dem Haus. Liegt wahrscheinlich auch daran das ich bis zu letzten Minute im Bett bleibe. :bonk:

Lustige Geschichte für zwischendurch. Aber ich denke das diese Geschichte in der Rubrik Humor besser aufgehoben ist. Aber :whocares:

MFG
Schweizer

 

Hi Schweizer,

ja, an Humor dachte ich auch zuerst. Ich habe eine ganze Reihe solcher Geschichten schon geschrieben, die ich derzeit auch veschiedenen Zeitschriften und Verlagen anbiete.

Schön, wenn neben Ablehnung (passt nicht ins Konzept etc.) auch mal was positives kommt.

Thx,
Ralf

 

Moin yofresh,

Erstmal Willkommen auf KG.de

Deine Geschichte hat mich leider nicht ganz überzeugt. Die Idee fand ich nett und ein paar gute Stellen sind auch drin, aber insgesamt ist das für meinen Geschmack ein wenig zu seicht. Der Text könnte mMn ruhig noch ein paar Übertreibungen oder Handlungselemente verdienen - es plätschert mir zu sehr dahin, wenn du verstehst.
Mehr Details würden dem Ganzen vielleicht gut tun. Schreib zB, warum du gerade den Tee trinkst und gerade diese Zeitung lesen mußt (dazu könntest du dir irgendwelche wilden Gründe selbst ausdenken). Das ist nur ein Vorschlag.
So mußte ich zwar ein paar Mal wissend grinsen (an der Stelle mit den Fotos), aber nicht lachen. Naja, Humor ist Geschmackssache.

Ich persönlich bin auch kein großer Fan davon, wenn der Leser vom Erzähler direkt angesprochen wird ("Kennen Sie das auch, lieber Leser?") - das wirkt auf mich immer ein wenig, als wolle der Autor krampfhaft versuchen, den Leser an den Text zu binden. Und da ich mich in einigen Stellen auch ohne diese Anrede wiedererkannt habe, war das bei mir hier gar nicht nötig. ;)

Insgesamt fand ich deinen Text zwar recht unterhaltend aber wirklich lachen mußte ich nicht.

 

Moin Moin gnoebel,

ja, Humor ist tatsächlich immer eine sehr subjektive Sache und man wandert da auf einem schmalen Grad zwischen Gefallen und Nicht-gefallen. Aber wenn ich Dir ein Lächeln bzw. Grinsen entlocken konnte, so ist das für mich viel Wert, habe ich doch dein Leben positiv beeinflusst und verlängert ;-) (zumindest habe ich das in einer Studie gelesen).

Die "oberflächliche Seichte" habe ich ganz bewusst so gewählt, damit sich jeder, der die Geschichte liest, schnell wiederfindet (denn er kann seine Erfahrungen entsprechend rein-interpretieren).

Besonders schwer ist natürlich die Ich-Form in einer Geschichte, deshalb freut es mich, hier kritische Äußerungen zu hören und gibt mir ein Feedback, was man besser machen kann.
Trotzdem habe ich diese Form bewusst gewählt, um zum Einen den Leser direkt anzusprechen (vielleicht auch krampfhaft zu binden, weiß nicht) und zum Anderen deshalb, weil ich eine ganze Reihe von Geschichten dieser Art in einem Erzählbund zusammengefasst habe, der sich da nennt "...was ich noch zu sagen hätte" (noch nicht erschienen und auch noch nicht ganz fertig).

Ich danke dir für das Feedback und freue mich schon darauf, weitere Feedbacks zu meinen Geschichten von dir zu lesen.

Schönes Wochenende,

Ralf

 

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