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Frühstück mit einem Alien
"Noch ein wenig Tee?", fragte Herr Kurz und hob die Porzellankanne hoch. Das Alien winkte ab.
"Nein wirklich nicht."
"Oh, noch einen Schluck.", kam im gleichen Moment von Herrn Kurz, der nachschenkte ehe das Alien seine Tasse wegziehen konnte.
"Ich sagte doch nein.", erwiderte es empört. Das Alien schüttelte seinen monströsen Kopf und verschränkte die insektenähnlichen Arme. Aber das alles sah Herr Kurz nicht, denn er hatte momentan seine Brille verlegt und konnte nur einen grauen diffusen Schemen erkennen. Er nahm an es wäre Herr Doktor Wünschel, der diesen Sonntag zum Frühstück kam.
"Nun seien Sie doch nicht so. Ein bisschen Tee hat noch keinem geschadet."
"Auf unserem Planeten jagen wir unser Essen in speziell angelegten Parks." Das Alien beugte sich vor und schnüffelte misstrauisch an der Erdbeermarmelade.
"Ein Park? Oh, das ist sicher schön. Sie können ruhig etwas von der Marmelade kosten, die hat meine Frau selbst gemacht.", erklärte Herr Kurz und schnitt mit dem Messer ein weiteres Brötchen auf.
"Ich dachte Ihre Frau wäre tot." Das Alien steckte einen langen dürren Finger in die Marmelade und kostete vorsichtig. Herr Kurz sah nur wie Herr Wünschel einen Löffel in den Bereich steckte wo normalerweise der Mund saß. Aber er erkannte nur den verschwommenen Schatten und ärgerte sich im Stillen, dass er nicht mehr wusste wo seine Brille war. "Das schmeckt… interessant.", sagte das Alien schließlich.
"Hat ja auch meine Frau gemacht." Seine Frau müsste wissen wo die Brille liegt, nahm Herr Kurz an.
"Ich dachte Ihre Frau wäre tot." Mit den klauenartigen Händen zog das Alien das Marmeladenglas näher zu sich und saugte mit einem speziellen Rüssel das süße Mus heraus.
"Doch nicht mit einem Strohhalm, Herr Wünschel! Wo bleiben ihre Manieren? Neben Ihrem Teller müsste ein Löffel liegen." Oder hatte er den auch vergessen? Das Alien hielt die Gabel hoch.
"Das hier?" Herr Kurz nickte, konnte aber eigentlich nichts erkennen.
"Gibt es hier eigentlich etwas besonderes zu sehen?", fragte das Alien unvermittelt.
"Sie meinen hier in der Stadt? Also, eine Straße weiter runter gibt es den Bäcker, der hat aber im Moment zu und gegenüber ist der Friseur, aber bei ihrem Kahlkopf brauchen Sie den ja nicht. Höchstens zum polieren." Herr Kurz lachte. Das Alien befühlte seinen Kopf oder zumindest das, was es als Kopf vermutete.
"Und sonst? Gibt es eine große Anzahl an Streitkräften auf dieser…Stadt?" Herr Kurz wollte darauf antworten, hatte aber gerade in sein mit Käse belegtes Brötchen gebissen und versuchte dennoch mit vollem Mund zu sprechen, was ihm natürlich vollständig misslang. Trotz Übersetzerfrequenz konnte das Alien seinen Frühstückspartner nicht verstehen.
"Es gibt am Ende der Stadt eine Polizeistation, aber Wachtmeister Krämer ist zurzeit krank. Solange übernimmt seine Frau Uschi den Job, aber es gibt hier sowieso nicht viel Arbeit für die guten Helfer unserer Stadt.", berichtete er schließlich.
"Krämer… Uschi…", wiederholte das Alien.
"Ja, kennen Sie die etwa? Meine Frau ist mit der Uschi befreundet.", erklärte Herr Kurz und biss herzhaft in sein Brötchen, dass die Krümel sich nur so auf der Tischdecke ausbreiteten.
"Ich dachte Ihre Frau ist tot." Das Alien stieß den Löffel weiter in das Marmeladenglas und beäugte neugierig die rote süße Masse auf dem Löffel. "Also gibt es hier natürliche Ressourcen, die es lohnen?"
"Na ja, wir haben in der Kneipe eine Kegelbahn. Da können wir ja gemeinsam mal drauf spielen." Herr Kurz vergaß zu fragen, was lohnenswert war.
"Kegelbahn…", echote das Alien.
"Noch was Tee?" Ohne eine Antwort abzuwarten, kippte Herr Kurz den Tee in die Tasse, so dachte er jedenfalls. In Wahrheit floss alles daneben.
"Die Kegelbahn hört sich gut an."
"Ja, jeden Mittwoch gehe ich mit meiner Frau dort kegeln." Herr Kurz lehnte sich entspannt zurück und überlegte, ob er noch ein gekochtes Ei essen sollte.
"Ich dachte Ihre Frau ist tot."
"Na, Sie müssen es ja wissen, Doktor."
"Ich glaube, demnächst komme ich mal mit ein paar Freunden vorbei und sehe mir diese Bahn an." Das Alien schlürfte den Rest der Marmelade, was Herr Kurz mit einem missbilligenden Blick quittierte.
"Ein paar Freunde? Nächsten Sonntag? Gut, dass Sie es jetzt schon sagen, sonst steht man hinterher da und hat zu wenig."
"Ich glaube, das wird nicht vorkommen."
"Man kann nie früh genug bescheid wissen.", erwiderte Herr Kurz.
"Meine Rede, meine Rede." Das Alien stand auf und suchte seinen Mantel. Den Hut reichte Herr Kurz. Dann war es weg und Herr Kurz ärgerte sich, dass er nicht gefragt hatte mit wie vielen Freunden Herr Doktor Wünschel kommen würde. Und die ganze Marmelade war aufgegessen. Herr Kurz betrachtete den Frühstückstisch. Dafür hatte Herr Wünschel den Tee verschüttet, das hätte er zumindest ja mal sagen können.
[Beitrag editiert von: DreiAugenDrei am 25.01.2002 um 20:39]