Frühling
frühling
Ich. Ich allein in einer grossen Stadt. Ich fühle mich verloren, wenn es
regnet und glücklich, wenn die Sonne scheint. Gut mit roter Jacke, graue
Maus mit schwarzem Mantel.
Ich weiss nicht recht, was ich hier mache. Nichts, rumgehen, vergessen.
Vergessen oder Erinnern oder beides. Weg sein, weg von zu Hause. Traurig
sein
über das Wegsein und froh sein über das Wegsein.
Es ist vorbei, ich erkenne das Gefühl und besser noch, ich traue mir das
erste Mal selbst über den Weg, wenn ich sage: es ist vorbei. Und dieser Weg war
lang und holprig und steinig,
und ich habe mich verlaufen und bin zurückgelaufen und hingefallen,
und stand auf Bergen und war froh,
und stand in Tälern und habe geschluchzt,
weil ich nur die dunklen Bäume um mich herum sah.
Und jetzt? Jetzt bin ich hier in diesem Dschungel aus Asphalt und
Gesichtern und Autos und Füssen und Stress, den man riechen kann.
Ich bleibe stehen und die Welt geht weiter und zieht an mir vorbei, so als
ob es mich nicht gäbe. Gross und dunkel, klein und dick. Schön und
hässlich.
Und unfreundlich. Alle so unfreundlich.
Sie sehen nichts, sie warten nur. Auf die Metro auf die grüne Ampel auf
den Café, schwarz und mit Zucker, auf den Tod;
Ich habe aufgehört zu warten. Auf was soll ich warten?
Warten warten warten.
Bei mir nicht, ich trage rot, die Sonne scheint. Ich bin in Paris. Der
Frühling kommt und
ich spüre ihn. Er fängt an in meinen Augen, dann breitet er sich aus, in
meinem Gesicht,
macht meine Haut geschmeidig, fährt mir durchs Haar, wie ein kühler Wind
und dann sanft über meinen Körper und ich lächle.
Ja er darf mich berühren, ich bin ganz Sein. Bin sein Kind, bin seine
Freundin, bin seine
Geliebte. An dem Tag, da er geht und mich zurücklässt im Gestank und Dreck
der Stadt, werde ich benommen sein und die Hitze des Sommers unerträglich
finden. Ich werde
Wasser suchen und mir vorstellen, ich sein noch ein Kind und mein Vater
nehme einen Gartenschlauch und ich stehe darunter und lasse es auf mich
regnen.
Dabei sehe ich den künstlichen Regenbogen an, der mit den letzten Tropfen
davon geht, weil jemand den Hahn abgedreht hat und der Frühling wird wegsein
und ich werde mich an ihn erinnern und es wird ein Schmerz sein in meiner
Brust, nicht beschreibbar und doch immer mit gleichen Symtomen, die, die kommen,
wenn etwas vorbei ist, was man geliebt hat und von dem man dachte, es bleibe
da. Aber es geht weg. Es verschwindet und das ist gut so und schlecht und
beides zugleich, oder weder noch, sondern es ist einfach.
Es ist vergänglich. Momente verschwinden, verschwinden aus dem Kopf und
irgendwann verschwinden sie aus dem Hezen und nur manchmal erinnert ein Duft oder
ein Klang an das, was es mal gab.