Flucht
Auf ihren Wangen spürte sie seinen feuchten und heissen Atem. Er roch nach Zigaretten und Wodka. Seine Lippen steuerten langsam auf ihre zu, eine Träne rann über ihr Gesicht. Sie hatte Angst, panische Angst, sie war Alec hilflos ausgeliefert. Sein schwerer Körper drückte sie gegen die kalte Hausmauer. Mit seinen ekligen rauen Fingern strich er, über ihr langes vom Wind zerzaustes Haar. Sie liess die Berührungen erst mal wehrlos über sich ergehen. Sobald er seinen Spass gehabt hätte würde er sie zurück zu ihrem Vater bringen und es gäbe für sie keine Möglichkeit mehr zu entkommen, dass konnte sie nicht zulassen. Voller Wucht ramm sie ihr Knie ihn sein bestes Stück, er liess von ihr ab und sank in die Knie, sie rannte los so schnell sie konnte. Ihre Tränen strömten unterdessen unaufhaltsam über ihr Gesicht und verschleierten ihre Sicht. Sie war nun schon seit einem Monat auf der Flucht, vor ihrem Vater, vor Alec und seinem restlichem Gefolge, sie konnte sich noch genau an diesen einen Abend erinnern.
Sie war gerade mit dem Abwasch beschäftigt, als ihr Vater die Küche betrat, begleitet vom beissenden Geruch des Alkohols. Sie erstarrte, wieso war er schon hier? Normalerweise kam er erst spät in der Nacht oder am frühen Morgen, dann konnte sie so tun als würde sie schlafen. Er blieb im Türrahmen stehen „Du wirst für mich arbeiten!“ lallte er. Entsetzt starrte sie ihn an, „ich soll was?“ fragte sie zögerlich. „Du hast schon richtig verstanden“ lachte er. Tränen traten ihr in die Augen, ihr eigener Vater verlangt von ihr, seiner einzigen Tochter, einer seiner Prostituierten zu werden. Sie würde alles für ihren Vater tun, nur das nicht, das konnte sie nicht und das wollte sie nicht. Sie musste hier weg, noch in dieser Nacht oder besser am Tag, wenn ihr Vater seinen Rausch ausschläft. Er würde sie nicht einfach so gehen lassen, er und seine Leute würden ihr Folgen, dass wusste sie schon damals.
All diese Erinnerungen durchzuckten sie wie ein Blitz. Die näherkommenden Schritte rissen sie wieder zurück in die Gegenwart. Ihre Beine wurden mit jedem Schritt schwerer, ihre Lunge brannte und sie hatte das Gefühl ihr Herz zerspringe jeden Moment in ihrer Brust. Sie musste durchhalten bis sie in die belebteren Strassen der Stadt kam, dort wäre sie vorübergehend sicher. Es war nicht mehr weit aber er war direkt hinter ihr. Da, am Ende der Strasse sah sie zwei dunkle Gestalten. Vielleicht würden die ihr helfen, sie musste es versuchen, ihr war schon schwindelig, viel weiter kam sie nicht mehr. Sie rannte und rannte, inzwischen hatte sie jegliches Gefühl in ihren Beinen Verloren. Nur noch wenige Meter trennte sie von diesen zwei Personen, aber auch von Alec. Sie schienen sie nicht zu bemerken, sie wollte schreien aber sie bekam kein Ton heraus. Plötzlich spürte sie wie sie stolperte, sie fiel, das war ihr Ende. In diesem Moment drehte sich die eine Gestalt um, es war ein Mann das konnte sie nun erkennen, erleichtert Atmet sie auf, er hatte sie gesehen, er würde ihr helfen, hoffentlich. Sie spürte den Boden unter sich, sie war umgeben von einem tiefen Schwarz. Sie konnte nichts mehr sehen, nichts mehr hören, nichts mehr fühlen.