Was ist neu

Flucht und Unendlichkeit.

Mitglied
Beitritt
27.08.2017
Beiträge
3

Flucht und Unendlichkeit.

Es läutete, aber niemand ging ran. Es läutete so lange, bis sich die
Mailbox meldete, dann legte er auf. Alim wählte Faris Nummer erneut
und es läutete wieder nur bis zur Mailbox. Er versuchte ihn via
WhatsApp zu erreichen, aber diese Kontaktaufnahme schlug auch
fehl. Alim machte sich Sorgen. So eine Unzuverlässigkeit war ihm
fremd von seinem Freund.

Es war kurz vor neun Uhr morgens, als Alim vor seinem Friseursalon
stand, den sie vor einigen Wochen unter großen Mühen gegründet
hatten. Sein Blick suchte die Straße ab in der Hoffnung, Faris doch
noch in Eile zu erblicken. Allerdings sah er nur vorbei fahrende und
parkende Autos, fremde Passanten und graue Häuserfassaden, welche
fast im farblichen Einklang mit dem wolkenverhangenen Himmel
waren.

Es war ein schwüler Sommermorgen, der im Lauf des Tages Gewitter
versprach. Alim wählte Faris Nummer erneut, mit dem gleichen
negativen Ergebnis. Für ihn stand nun der Beschluss fest, den Laden
nicht aufzuschließen – dieses machte er ohne Faris sowieso nie – und
sich auf den Weg zu der Wohnung seines Freundes zu machen, um
nach dem Rechten zu sehen. Er atmete einmal tief durch und begab
sich zu Fuß zu der Hochhaussiedlung, wo Faris seine kleine Wohnung
hatte.

Während er die Straßen der Kleinstadt durchschritt, welche seit einer
gewissen Zeit ihre Heimatstadt war, erinnerte er sich an das letzte Jahr
zurück, wo er und Faris sich kennen gelernt hatten.
Nach ihrer Flucht aus Syrien und der Wanderung durch die Balkan-
Route, wurden beide in dasselbe dreckige überfüllte Flüchtlingsheim
gesteckt, bewohnten das gleiche Zimmer.

Da sie viel verband, entwickelte sich schnell eine tiefe
Männerfreundschaft. Beide waren gelernte Friseure, beide stammten
aus Syrien, sie hatten charakterliche Ähnlichkeiten und waren
ebenfalls in Verbundenheit, um die Sorge ihrer Frauen und Kinder, die
in Syrien verbleiben mussten und entsprechend weiterhin unter den
Gefahren des Bürgerkriegs zu leiden hatten. Gemeinsam in bester
Freundschaft, gegen alle Widrigkeiten als Asylbewerber hier in
Deutschland und dem Wunsch, irgendwann Frauen und Kinder zu sich
nach Deutschland zu holen.

In der Zeit bis zur Gründung ihres Friseursalons hatten sie in diesem
Land viel zu ertragen, wo das Menschenrecht auf Asyl vom
Gesetzgeber zwar halbwegs anerkannt wird, in weiten Teilen der
Bevölkerung Menschenrechte allerdings fremd sind. Alim fielen die
Protestzüge vor ihrem Flüchtlingsheim ein, die nur unter
Polizeieinsatz daran gehindert werden konnten, in dieses
einzudringen. Er hatte die Skandierung „Wir sind das Volk!“ heute
noch im Ohr, geschrien von Menschen, die vermutlich nicht einmal
einen Vier-Wort-Satz korrekt schreiben konnten.

Nachdem ihr Asylantrag bewilligt wurde, suchten sich beide mit
sozialarbeiterischer Hilfe getrennt voneinander eine Wohnung, in
hoffnungsvoller Voraussicht, bald ihre Familien bei sich zu haben.
Das getrennte Wohnen tat ihrer Freundschaft allerdings keinen
Abbruch. Der Entschluss sich als Friseure selbstständig zu machen,
stand fest, als ihre Jobsuche, nach dem Wegfall des Arbeitsverbots,
scheiterte.

Auf die meisten Bewerbungen bekamen sie nicht einmal eine
Antwort. Wenn es dann mal zu einem Vorstellungsgespräch kam,
konnte man letztlich die Ablehnung des Gegenübers erkennen.
Bei der Gründung ihres Friseursalons, erhielten sie Hilfe von einer
Stiftung wohlhabender Wohltäter, die sie finanziell unterstützten und
ihnen bei der Überwindung der bürokratischen Hindernisse zur Seite
standen.

Voller Stolz erinnerte sich Alim daran, als endlich der Tag kam, wo
der Laden fertig gestellt war. Da die Qualität für ihre Arbeit und ihr
Können sprach, bauten sie sich schnell einen festen Kundenstamm
auf.

Alim war am Hochhaus angekommen. Bei Faris schellen, brauchte er
nicht – ein junges Mädchen kam gerade aus der Haustür, bemerkte das
Alim ins Haus wollte und hielt ihm die Tür auf. Da sich Faris
Wohnung nur im dritten Stock befand, beschloss er, die Treppen zu
nehmen und aus sportlichen Gründen, auf den Aufzug zu verzichten.
Während er hinauf stieg, überkam ihm auf einmal ein ungutes Gefühl
in der Magengegend.

Vor seinen Augen traten die Bilder von Gewalt gegen Flüchtlinge aus
den Medien. In den letzten Tagen häuften sich die Mordanschläge auf
einzelne Flüchtlinge, neben den üblichen Brandanschlägen auf deren
Heime. Alim dachte noch einmal an die Menschen, welche damals vor
ihrem Heim protestiert hatten. Augenscheinlich waren es keine
üblichen Nazis, aber ihre Gesichter wurden durch den inneren Hass in
die Hässlichkeit gezerrt.

Das Steigen der Stufen viel ihm immer schwerer. Alim blickte auf die
mit Graffiti beschmierte Wand. Er selber, lebte in keiner besseren
Wohngegend. Die Miete musste halt erschwinglich sein. Denn auch
wenn ihr gemeinsamer Laden sich wirtschaftlich trug, war das
Einkommen, welches sie daraus bezogen, nicht gerade üppig. Aber
alles war besser, als nicht tätig zu sein. So kannten sie es auch aus
ihrer Heimat Syrien, wo sie während einer Zeit als Friseure gearbeitet
hatten, als die Häuser ihrer Heimatstädte noch keine Gerippe waren
und man nicht über die Gebeine toter Menschen steigen musste.
Der Atem entwich noch einmal mit Druck, als Alim vor Faris
Wohnungstür stand. Mit geballter Faust klopfte er gegen diese, welche
sofort nach innen nachgab.

Langsam öffnete er die Tür und schaute in den demolierten
Wohnungsflur. Mehrmals rief er den Namen seines Freundes – eine
Antwort blieb jedoch aus. Er begann den Wohnungsflur zu begehen
und trat dabei versehentlich auf das gesprungene Glas eines
Fotorahmens, wo sich ein Erinnerungsfoto von Faris Familie befand.
Alims Instinkt leitete ihn in das Wohnzimmer der Wohnung, wo er
seinen Freund neben der Couch liegend fand.

Mit zitternden Beinen näherte er sich ihm, wobei er bemerkte, dass
das Wohnzimmer ebenso demoliert war, wie der hinter ihm
befindliche Wohnungsflur. Die Augen weit aufgerissen, den Mund
offen stehend, mit einem Würgemal am Hals und teilweise
zerrissener Kleidung, lag Faris im Einklang mit der Unendlichkeit.
Draußen war ein Donnerklang eines nah eingeschlagenen Blitzes zu
hören, welcher Alim zusammen zucken ließ und ihm die erste Träne
aus dem Auge zwang.

 

Hej Schreiber8519 und herzlich willkommen bei Wortkrieger,

bitte sei so freundlich und passe deinen Text formal dem Üblichen hier an. Im übrigen ist es äußerst ambitioniert, zwei Texte gleichzeitig einzustellen, wollen sie doch diskutiert und bearbeitet werden.;)

Ansonsten viel Vergnügen und freundlicher Gruß, Kanji

 

Hallo Schreiber8519,

Mich hat die Geschichte nicht wirklich überzeugt. Nicht, dass die Grundidee kein Potential hätte, da kann man sicher was Gutes daraus machen. Mir scheint es aber, als ob du dich beim Schreiben verrannt hast und zu sehr in "Stereotype" abgerutscht. So liest sich das ganze wie der Versuch mit dem Hammer ein gewisses politisches Weltbild voranzutreiben und ich werde auch den Eindruck nicht los, so etwas schon einmal gelesen zu haben.

Grüße,
Henrik

 

Hallo, Schreiber,

wenn ich ein Staatsanwalt oder seine richterliche Majestät wäre, würde ich meine Kurzgeschichten genau in diesem etwas zu trockenen Stil, wie das hier, schreiben.

Man hätte diese Story wirklich in zwei Sätzen erzählen können. Hättest Du anstatt Flüchtlinge aus Syrien über ein Paar Skinheads schreiben können. Dann hätte mich die neue Skinheads-Geschichte genau so berührt, wie diese hier.

In der Literatur ist es letzendlich nicht wichtig, was man schreibt, sondern wie man es beschreibt. Man kann über den Iwan den Schrecklichen so schreiben, dass der Leser danach zwei Tage lang kein Auge zu bekommt und Rotz und Wasser heult, um den armen Iwan.

Du hast ein Sujet, eine Idee, die Richtung. Deine richterliche Stimme macht aber alles zu einem neutralen trockenen Bericht.


Viele Grüße
Herr Schuster

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom