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Flüchtigkeit des Vertrauens

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17.06.2005
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Flüchtigkeit des Vertrauens

Am Samstag fuhr ich mit meiner Frau durchs Grenzgebiet in die deutsche Kreisstadt. Ich musste langsam fahren, denn ich spürte ein Stechen im Kopf. Wir stellten unsere Fahrräder vor REWE ab und liefen - zügig, so wie wir immer laufen, lief ich ihr hinterher - über den ausgebauten Kreisverkehr zu Karstadt.

Vor der Imbissbude saßen wie immer am Wochenende um diese Zeit ein paar Passanten. Von Papptellern aßen sie Pommes mit Mayonnaise und Currywurst und tranken dazu Cola mit einem Strohhalm. Vor dem Eingang zum Kaufhaus hing eine Wolke aus warmen und verbrannten Öl.

Ich spürte eine Trockenheit in meiner Kehle und wusste nicht, ob es vom Rotwein am Abend war oder von dem Traum am Morgen. Die ereignisreiche letzte Woche, zwölf Flugstunden von der Imbissbude entfernt, machte sich plötzlich in meinem Kopf breit und die Tage erschienen mir plötzlich einzeln und wie durcheinander gewürfelt.

Während meine Frau durch die gläserne Drehtür allein ins Kaufhaus verschwand - sie beabsichtigte nur schnell einen Gutschein einzulösen - wollte ich, weil ich Kaufhäuser nicht mag, mir gleich an der Imbissbude eine Flasche Apfelschorle kaufen. Das Kaufhauspersonal mag ich auch nicht, es lächelt immer so heftig, als hätte es ein schlechtes Gewissen.

Der Mann an der Imbissbude vor mir bestellte für sich und seinen Sohn Pommes aber kein Getränk! Daran erinnere ich mich, denn ich hatte Durst und wollte endlich etwas trinken. Der Junge, er war höchstens vier, steckte seinen grausigen Wuschelkopf über den Tresen. Hungrig wie eine Katze, verfolgte er mit großen Augen die Kassiererin, wie sie lange Kartoffelstücke in eine Schale füllte. Als ich an der Reihe war, musste ich anstatt der eins zwanzig wie es auf der schmutzigen Karte mit Kreide gekrakelt stand, für meine Flasche Apfelsaft dreißig Cent mehr bezahlen. Meine Laune war am Boden!

Ich stellte mich vor die Drehtür zum Kaufhaus in die Sonne und nahm einen kräftigen Schluck. Offensichtlich war meine Frau in einer Abteilung im Erdgeschoss hängengeblieben. Letzte Woche hatte sie dort an einer Befragung teilgenommen, die ergeben hatte, dass sie eher kein Bergtyp ist, der Bewährung sucht, und auch kein Wanderer, der festen Boden unter den Füßen braucht, sondern ein Meerestyp, der sich leicht treiben und tragen lässt. Aber warum musste sie dafür an einer Befragung mitmachen? Wir hatten, seit dem wir nicht mehr in Deutschland wohnten, nicht einen freien Tag in den Bergen verbracht, obgleich das Berner Oberland nur eine Autostunde entfernt war. So spürbar war ihr seit unserem Auszug aus Deutschland alles zuwider was mit Bergen und Wandern zu tun hatte, dass sie in den zurückliegenden sechs Jahren, die wir mittlerweile auf der anderen Seite wohnten, jeden Urlaub kategorisch ablehnte, an dem wir nicht stundenlangen an einer schnurgeraden Küste entlang laufen konnten. Sie sehnte sich nach etwas, dass es nicht gab, hatte Heimweh nach einem zu Hause, das verloren war. Und ich hatte plötzlich das Gefühl, dass sie mich dafür verantwortlich machte. Seitdem wir hinter der Grenze wohnten, war die Leichtigkeit zwischen uns verschwunden. Sie wirkte verängstigt, wie der von einer Katze aufgescheuchte Vogel.

Die Sonne brannte mir ins Gesicht und ich kniff die Augen zusammen. Ein kühler Windzug aus der Klimaanlage des Kaufhauses blies mir über den feuchten Nacken und mischte sich mit dem öligen Geruch von Fett. Ich spürte wieder dieses Stechen im Kopf.

Ich warf die leere Flasche in den Mülleimer und wurde unruhig. Ich wollte gehen, oder nicht mehr warten müssen oder mich wenigstens hinsetzen. Doch die Plastikstühle vor der Imbissbude waren so ungünstig verteilt, dass ich mich nirgendwo dazu setzen wollte. Ich bin sowieso lieber allein. Auf der Mauer, die die Imbissbude zur Straße hin abgrenzte, war ein Platz frei. Dort saß auch der Vater und der Junge mit dem kleinen Wuschelkopf. Der Vater hatte die Unterarme auf die Knie gestützt und hatte sich die Schale Pommes auf die linke Hand gestellt. Während sich der Junge, der neben seinem Vater auf der Mauer saß, geschickt ein längliches Kartoffelstück aus der Schale fischte, setzte ich mich neben ihn. Langsam und mit zwei Fingern führte er das Kartoffelstück - so als wäre es ein kleiner Fisch - zum Mund. Ich beobachtete interessiert den Jungen. Sorgsam und mit spitzen Zähnen zerkleinerte er, sehr vorsichtig, das Kartoffelstück und machte dabei ein Gesicht als würde er jeden Moment auf eine Gräte beißen. Ich musterte ihn immer noch und hoffte, dass er mich ansehen würde, damit und ich ihm eine Grimasse schneiden konnte. Ich hätte ihn gern zum Lachen gebracht. Doch der Junge bemerkte mich überhaupt nicht und träumte, als wäre er nicht in dieser Welt.

In meinem Rücken bremste ein leerer LKW ohrenbetäubend und mit lautem Quietschen als würden Delphine singen. Die Sonne brannte und das Stechen in meinem Kopf wurde immer schlimmer. Für einen Moment hatte ich das Gefühl, als wäre mein Körper an Haken in der Haut auf gehangen. Ich schüttelte mich, um den Gedanken zu verjagen, und mir fiel mir der präparierte und verdreckte Fischkopf ein, der neben der Kasse in der Imbissbude gestanden hatte. Die Aufhängung des Unterkiefers am Schädel des Fischmauls war mit billigen Schrauben vor langer Zeit nach gebessert worden. Ich erinnerte mich, wie ich mir als Kind oft vorgestellt hatte, ich könnte wie ein Fisch stundenlang unter Wasser schwimmen und meine Haut wäre eingepackt in kühle Stille.

Wir waren damals in Warnemünde, es waren meine ersten großen Schulferien. Am Strand hörten wir nur Schreie, aber niemand hatte etwas gesehen. Später im Hotel erfuhren wir, dass ein vierjähriger Junge, der ohne seinen Vater weit hinter den Buhnen baden gewesen war, vermutlich von der Strömung mitgerissen wurde. Man hatte ihn bis zu unserer Abreise nicht wiedergefunden.

Wie unter Wasser hörte ich jetzt im Augenblick ganz gedämpft jemanden meinen Namen rufen. Es musste am Wein gelegen haben, den ich am Abend zuvor mit meiner Frau getrunken hatte. Sie hatte kurz angestoßen aber wie seit langem, das halb volle Glas stehen gelassen. Da Rotwein sich offen nicht lange hält, hatte ich am Abend zuvor die Flasche alleine geleert.

Als ich meine Augen hob, sah ich, dass meine Frau mir zuwinkte und mich rief. Ich stand auf und lief auf sie zu. Dabei spürte ich wieder einen Stich, diesmal aber gefolgt von einem kurzen, stechenden Schmerz im unteren Teil meines Hinterkopfs. Auf dem Weg zurück zu unseren Fahrrädern, sagte ich zu ihr: «Hast du den Jungen gesehen? Er hat so schön vor sich hingeträumt.» Sie schüttelte den Kopf und lachte mich an «Nein, hat er dich an dich erinnert?» «An mich?, wie kommst du darauf?» «So alt wie der Junge und so unschuldig wie du gewesen bist?» «Ich weiß nicht?», antwortete ich «ob ich mich daran erinnere.» «Weißt du, was schrecklich ist?» fragte meine Frau, die plötzlich das Thema wechselte und dabei ihre Hand sanft auf meinen Unterarm legte.

Ich spürte plötzlich wie meine Kehle trocken und in meinem Hinterkopf das Stechen, das sich jetzt wie ein spitzer und kurzer Hammerschlag anfühlte, sehr intensiv wurde. Im selben Augenblick erinnerte mich an das Ergebnis ihrer Befragung und das sie kein Bergtyp sei und meinen Gedanken, dass sie mich für ihre Unzufriedenheit verantwortlich machen würde. «Nein, weiss ich nicht.» sagte ich ohne weiter zu zögern. Mein Gedanke ärgerte mich, denn ich war es doch, der unzufrieden war, weil sie mich nicht gebührend über meine Erlebnisse der letzten Woche ausgefragt hatte. «Mein Kollege» fuhr sie fort, legte mir dabei ihre andere Hand vertraulich um meine Hüfte und sprach noch etwas leiser, so dass ich nach jedem Wort ihren Atem spürte «hat mir gestern erzählt, dass er mit 17 Jahren seinen Vater verloren hat. Nachts sollte er den Arzt holen, doch er war nicht in der Lage zu kommen.» Ich nahm ihr angenehmes, leichtes Parfüm wahr. Ihre Wangen und Schultern waren von einem blonden Flaum besetzt, als wäre sie immer noch der junge Vogel von einst. Aber die Katze hatte den Fisch längst gefressen und den Vogel davon gejagt. «Wer, dein Kollege?» fragte ich, obwohl ich sie genau verstanden hatte. «Nein, der Vater hatte einen Herzinfarkt und der Arzt konnte nicht kommen - er hatte zu viel getrunken.» Sie machte sich los von mir, öffnete das Fahrradschloss und stellte mir mein Fahrrad hin. Mit ausgestreckten Bein setzte sie sich auf ihr Rad. «Vielleicht hätte, sagte mein Kollege, der Vater noch gerettet werden können.» Dann fuhr sie los und ich ihr hinterher. Sie hatte immer noch einen schönen Hintern, aber ich wusste in diesem Augenblick, und ich weiß nicht wieso, dass ich die Freude alleine zu sein, nur mit ihr teilen wollte.

Die warme Mittagssonne beim Radeln zwischen den Häuser tat mir gut. Das Stechen in meinem Kopf ließ nach. Als wir über die Brücke über den Fluss, der begradigt und schnurgerade an der Grenze entlang führt, auf die andere Seite wechselten, hörte ich für einen kurzen Moment alle Geräusche wie in Watte gepackt.

 

Hallo gernot

Ich falle gleich mit der Tür ins Haus: Sprachlich ist das noch eine Baustelle. Da fehlen Kommas, es gibt halbe Sätze und fehlende Worte, nebst Fallfehlern. Am besten gehst du noch einmal drüber, denn so ist es wahrlich kein Lesevergnügen.

Lassen wir mal die Grammatik kurz beiseite, so habe ich trotzdem Mühe, die Aussage deines Textes zu erfassen. Ein Mann geht mit seiner Frau in die Stadt zum Einkaufen, denkt über den letzten Abend nach, beobachtet die Leute vor der Imbissbude und radelt danach etwas belämmert mit seiner Frau weiter.

Die Geschichte mit dem Kollegen, sowie die Erinnerung an den verschwundenen Jungen hängen dabei irgendwie in der Luft. Soll der Mann der Arzt sein, der wegen des übermässigen Alkoholgenusses nicht zu Fraus Kollegen Vater eilen konnte? Ich steige da leider nicht ganz durch und sehe hier eher eine unausgegorene Episode, als eine Geschichte.

Sorry, ich finde da leider keinen Zugang.
Gruss dot

 
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Hallo gernotw,
ja, auch mir fällt der Zugang schwer, weil die Gedanken und Beobachtungen zusammenhanglos wirken. Ich habe das Gefühl, du willst anhand der Schilderungen die Situation des Mannes, der sich wohl nicht nur wohn- sondern auch gefühlsmäßig in einem Grenzland befindet, und die Beziehung zu seiner Frau darstellen. Zum Schluss findet er irgendwie zu ihr, sie hat immer noch einen schönen Hintern, obwohl sie nicht mehr der junge Vogel ist, er will das Alleinsein nur mit ihr teilen, aber welches dunkle Geheimnis da zwischen den beiden stehen soll, das bleibt doch zu sehr verborgen. Ich meine damit ihre Erzählung von dem betrunkenen Arzt. Soll das lediglich eine Anspielung sein auf die Flasche Rotwein? Dann frag ich mich, warum du sie das so kryptisch ausdrücken lässt. Oder ist da mehr? Und warum ist der Mann wegen dreißug zuviel bezahlter Cent so stinkig? Soll er halt was sagen.
Die Beobachtungen sind irgendwie sehr aufgeladen mit Bedeutung, geben das aber manchmal dann doch nicht genügend her.
Mir gefallen ein paar deiner Beobachtungen durchaus und die Atmosphäre, die du dadurch aufbaust, aber es fällt auch sehr schwer, das alles richtig für sich zu deuten.

Besonders am Anfang gibts Fehlerlis, habs dir direkt reinverbessert, kannst du so direkt übernehmen. Sind (das kann ich mir jetzt nicht verkneifen) zum Teil Sachen, die du durch genaues Lesen selbst hättest finden können. Ok., Gouvernantenausschaltknopf, hier ist es, alles Veränderte ist jetzt fett, da kannst du es direkt vergleichen.
Das fett und kursiv gedruckte immer ist halt doppelt. Ebenso wie später plötzlich
Es gibt auch manchmal so Ungenauigkeiten, wie z. B. die Karte vor dem Imbiss. In einer Karte ist doch nicht Kreide reingekrickelt, sondern auf einer Tafel. Oder meintest du wirklich, das Haar des Jungen sei grausig? Das passt da doch gar nicht.


Am Samstag fuhr ich mit meiner Frau durchs Grenzgebiet in die deutsche Kreisstadt. Ich musste langsam fahren, denn ich spürte ein Stechen im Kopf. Wir stellten unsere Fahrräder ab und liefen - zügig, so wie wir immer laufen - über den ausgebauten Kreisverkehr zu Karstadt.

Vor der Imbissbude saßen wie immer am Wochenende um diese Zeit ein paar Passanten. Von Papptellern aßen sie Pommes mit Mayonnaise und Currywurst und tranken dazu Cola mit einem Strohhalm. Vor dem Eingang zum Kaufhaus hing eine Wolke aus warmem und verbranntem Öl.

Ich spürte eine Trockenheit in meiner Kehle und wusste nicht, ob es vom Rotwein am Abend war oder von dem Traum am Morgen. Die ereignisreiche letzte Woche, zwölf Flugstunden von der Imbissbude entfernt, machte sich plötzlich in meinem Kopf breit, und die Tage erschienen mir plötzlich einzeln und wie durcheinander gewürfelt.

Während meine Frau durch die gläserne Drehtür allein ins Kaufhaus verschwand - sie beabsichtigte nur schnell einen Gutschein einzulösen - wollte ich, weil ich Kaufhäuser nicht mag, mir gleich an der Imbissbude eine Flasche Apfelschorle kaufen. Das Kaufhauspersonal mag ich auch nicht, es lächelt immer so heftig, als hätte es ein schlechtes Gewissen.

Der Mann an der Imbissbude vor mir bestellte für sich und seinen Sohn Pommes, aber kein Getränk! Daran erinnere ich mich, denn ich hatte Durst und wollte endlich etwas trinken. Der Junge, er war höchstens vier, steckte seinen Wuschelkopf über den Tresen. Hungrig wie eine Katze verfolgte er mit großen Augen die Kassiererin, wie sie lange Kartoffelstücke in eine Schale füllte. Als ich an der Reihe war, musste ich anstatt dereins zwanzig, wie es auf der schmutzigen Karte mit Kreide gekrakelt stand, für meine Flasche Apfelsaft dreißig Cent mehr bezahlen. Meine Laune war am Boden!

So, bis hier hin mal, Rest geht nicht mehr.
Viele Grüße
Novak

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo,
herzlichen Dank für die schnelle Rückmeldung und eure Kritik.

Die Geschichte sollte, kurz zusammengefasst, folgendes wieder geben: Ein Ehemann fährt mit seiner Frau zum Wochenendeinkauf über die Grenze. Der Kopf noch etwas schwer vom Vorabend, wartet er auf sie vor dem Kaufhaus, weil er Kopfschmerzen und keine Lust auf Einkaufstrubel hat. Er nutzt die Zeit etwas (alkoholfreies) zu trinken und dabei die Kunden einer Imbissbude zu beobachten. Dabei beobachtet er auch einen Jungen, der ihn an seine Kindheit erinnert und an einen tödlichen Badeunfall an der Ostsee. Später erwähnt seine Frau "eher beiläufig" eine kleine Anekdote von ihrem Kollegen mit dem Arzt.

Ich habe lange überlegt, ob der Mann oder die Frau die Anekdote mit dem Arzt erzählen soll. Ich habe dann die Frau "eher beiläufig" die kleine Anekdote erzählen lassen, da es mir aus dem Munde des Mannes "zu bemüht" daher gekommen wäre. Soviel zu meiner Absicht.

Über den Sinn der Geschichte musste ich selbst einige Zeit nach denken. Obwohl ich immer lange herum konstruiere, ich bin eher der Outliner-Typ beim Schreiben, habe ich diese Geschichte am Anfang in einem Rutsch herunter geschrieben. Den Titel habe ich am Ende hinzugefügt und fand ihn passend, da es (aus meiner Sicht) in der Geschichte, um die Brüchigkeit von Vertrauen in einer Beziehung (Frau, Mann = Vater, Kind = Arzt, Patient) geht - was aber offensichtlich nicht wirklich klar wird und sichtbar ist.

Die einzelnen Teile der Geschichte (Kind Pommes, Kind Ostsee, Arzt) hängen nur lose zusammen, beziehen sich nicht aufeinander und sind so "unlogisch" wie das Leben. Das funktioniert aber in der Geschichte (so) nicht (?).

Herzlichen Dank auch für eure Hinweise zu Grammatik und sprachlichen Fehlern - da habe ich den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr gesehen.


Beste Grüsse,
Gernot

 

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