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Fischers Katze

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31.03.2002
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Fischers Katze

Ja, komisch ist es schon. Ich sehe sie immer wieder hin und her laufen. Mal kann ich sie durch das Küchenfenster sehen, mal läuft sie an meinem Wohnzimmerfenster entlang.
Ich habe sie schon ein paar mal dabei erwischt, wie sie versuchte, einen Vogel aus den kleinen Bäumen, die ich im Garten stehen habe, zu erhaschen.
Bisher war sie immer gescheitert.
Jetzt schaue ich ihr den ganzen Tag schon zu.
Wie sie durch ihre Klappe ins Nachbarhaus läuft, dann wieder nach draußen kommt und durch den Garten schlendert, und immer wieder zu meinem Fenster schaut.
Es ist eigenartig. Ich weiß, sie ist alt. Ich kann nicht sagen, wie alt, aber ich lebte hier schon als Kind, und da war sie auch schon da.
Ich habe sie oft geneckt. Habe ihr ihre kleine Beute vom Hof geklaut und zugesehen, wie sie verzweifelt danach suchte.
Dann saß sie auf dem Bretterzaun und schaute mit ihren großen Augen zu mir herab.
Jetzt sitze ich hier und lege es schon zum dritten Mal an.
Ich habe es auch schon zum dritten mal geladen.
Ich weiß, das ich es gleich tun werde. Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich mag Tiere, ich liebe sie. Aber diese Katze.
Ich weiß, das sie weiß, was ich tue.
Sie glaubt, ich nehm es nicht wahr, weil sie nur eine Katze ist, aber bei Gott, ich schwöre, das sie mich sieht.
Sie beobachtet mich.
Sie sitzt da immer auf ihren Bretterzaun und schaut in mein Fenster. Ihre grünen Augen verfolgen jeden meiner Schritte.
Manchmal starre ich zurück, aber sie weicht nicht einen Zentimeter.
Einmal versuchte sie sogar ins Haus zu gelangen, als der Briefträger vor der Tür stand und mir ein Einschreiben brachte. Wie ein Wirbelwind huschte sie an und vorbei und rannte direkt in die Küche.
Der Briefträger lachte.
„ Die wollte aber schleunigst rein, was?“
Ich hatte die aller größte Mühe sie wieder hinaus zu befördern.
Wie oft habe ich danach schon versucht, sie zu vergiften. Ich habe Rattengift in ihre kleine Beute gesteckt, wenn sie sie wieder vor die Tür legte.
Man, das hat einen Trubel hier gegeben.
„ Haben Sie gehört,“ sprach mich eine Frau aus der Straße an.
„ Jemand hat versucht, die Katze von Frau Fischer zu vergiften.!“
Sie meinen ja gar nicht, wie entrüstet ich war.
„ Die Katze dieser netten, alten Dame, die bei mir nebenan wohnt??? Das gib’s doch gar nichts.“
„ Oh, ja. Aber Gott sei Dank kam sie noch mal durch,“ sagte sie und zupfte nervös an ihrer Bluse.
„ Na , da hat die alte Lady aber noch einmal Glück gehabt.“
„ Ja, die arme Lady, sie hat doch sonst niemanden,“ stellte ich fest.
„ Was es doch für grausame Menschen gibt,“ sagte sie und zupfte wieder.
Ich nickte eifrig.
„ Ja, wie grausam.“

Jetzt sitzt sie schon etwas näher. Sie ist über den Rasen gelaufen und hockt bei meinen Rosenbüschen.
Sie starrt mich durch das Fenster an und leckt dabei neckisch ihre Pfoten.
Sie verhöhnt mich, ich weiß es genau.
Sie glaubt, ich kann ihr nichts anhaben. Nach dem gescheiterten Versuch sie zu vergiften?
Ich lege wieder an.
Ich kann sie durch das Zielfernrohr sehen.
Das Fadenkreuz genau auf ihrem wissendem Hirn gerichtet.
Ich darf nicht zulassen, das sie es weiß. Oder das sie ihr Wissen weitergibt.
Ich habe einmal gehört, wie ein Mann aus der Nachbarschaft sagte, Frau Fischer, die sei so seltsam, sie rede immer mit ihrer Katze.
Mein Gott, was, wenn sie ihr schon alles erzählt hat.
Was dann, wenn sie es beide wissen.

Ich lege meinen Finger auf den Abzug, nur ganz leicht.
Ich möchte noch warten.
Ich habe noch nie jemanden erschossen. Ich bin mir nicht sicher ob ich treffe.
Meine Hände schwitzen so fürchterlich. Mein Kopf dröhnt, ich werde bald eine Tablette brauchen.
Und mein Herz.
Sie kommt schon wieder etwas näher. Sie ist schon fast am Fenster.
Sie kann das Gewehr nicht sehen, das dumme Tier. Dabei meint sie, sie wäre so schlau.
Ich kichere. Ich muß das öfters tun. Manchmal auch wenn ich das Andere tue.
Ich versuche mich dann immer zusammen zu reißen, aber ich kann nicht.
Es schüttelt meinen Körper und ich bin willenlos.
Es ist das ganze rot überall.
Es ist dann auch auf meiner Kleidung, an meinen Schuhen.
Oh Gott, es ist dann auch auf meinem Gesicht.
Und wenn ich mich dann wasche, dann läuft es den Abfluß herunter.
Einfach so.

Jetzt ist sie so nahe, das sie aufschauen muß, um mich zu sehen. Ich sehe jedes ihrer zuckenden Barthaar.
Sie stellt die Ohren auf.
Ihre Augen sind wirklich wunderschön, ich werde sie zu den andern legen.
Dann kann ich sie auf das Regal stellen, das im Keller steht, und immer, wenn ich unten bin, dann kann ich sie bewundern.
Die allwissenden Augen.
Ich lege an, diesmal mach ich es. Es ist nicht mal laut, trotzdem erschrecke ich mich.
Sie schaut mich an, beinahe fragend, als ob sie nicht schon alles wüßte, und kippt zur Seite.
Ich kann nicht glauben, das das alles war.
Es war so einfach.
Ich hole sie jetzt besser schnell rein, bevor noch jemand etwas merkt.
Ich habe zwar die riesige, dichte Hecke um meinen Garten, aber wer weiß, wessen Augen mich beobachten.
Es war so leicht.
Und wenn sie Frau Fischer schon alles erzählt hat?
Dann werde ich es nicht erst mit vergiften versuchen.
Ich habe auch noch Platz im Keller.
Und ein neues Regal ist schnell gebaut.

Jetzt liegt sie da und regt sich nicht mehr.
Ihre Augen sind immer noch offen.
Gut, soll sie ruhig sehen, was jetzt passiert,
Fischers Katze.

 

Hi Rub.

Oh, diese Geschichte ist zu grausam. Wirklich zu grausam. Das arme Kätzchen! Nee, das hätte ich lieber nicht lesen sollen... :( Deine anderen Stories haben mir besser gefallen... ;)

Gruß
Katzenfreund
stephy

 

Wirklich eine gelungene Geschichte!

Ich selbst halte nicht viel von Katzen (sorry, stephy!), die Tiere stellen sich so dämlich an, dass es schon fast wieder lustig ist..

gruss
QuentinT, Sohn einer Katzenliebenden Mutter

 

Hallo Rub.,

bevor das hier zu einer Meinungsumfrage verkommt, wer Katzen liebt und wer nicht( ich lebe übrigens bei drei Katzen :D ) möchte ich mal mit einer Kritik anfangen:

deine Geschichte ist spannend gewesen.
Du läßt einiges deines Protagonisten im Dunkeln und erst am Ende wird sein Irresein deutlicher, verdichtet sich.
Das gefällt mir gut, dass der Leser zunächst nicht mit allem aufgeklärt wird.
Ich hätte mir einen noch eindringlicheren Schreibstil gewünscht, deutlichere Worte. Zum Beispiel wirkt die Szene mit der Nachbarin, die von der Vergiftung berichtet etwas aufgesetzt, besondern, dass sie sich an der Bluse zupft, wozu diese Aktion? Das nur als Beispiel. Ich meine damit, dass du deine Worte noch einprägsamer wählen könntest, noch genauer am Geschehen.
Aber ganz grundsätzlich war's keine schlechte Geschichte.

Gruß lakita

 

@ Quentin

Ich selbst halte nicht viel von Katzen (sorry, stephy!), die Tiere stellen sich so dämlich an, dass es schon fast wieder lustig ist..
Katzen sind Überlebenskünstler. Die stellen sich bestimmt nicht dumm an. Also ich weiß ja nicht, was es bei Euch für Katzen gibt... - Verwechselst Du die vielleicht mit Hunden? :D

Gruß,
stephy

 

@stephy

I kenne zumindest die Katzen meiner Mutter. Wenn sie dann ihrem eigenen Schwanz hinterherjagt oder beim auf dem Rücken wälzen die Treppe runterfällt, frag ich mich schon, was die in der Birne haben... :D

 

Hi Quentin,

die spielen doch nur... ;) Da solltest Du mal unseren Hund erleben, wie der abgeht... :D

Katzen sind voll unheimlich, find ich. Wenn's dunkel wird, kann man bei uns überall welche sehen... Das ist, als würden die sich treffen; da eine Hauskatze, dort eine... die nähern sich dann, gehen gemeinsam zur nächsten... Und überall sind sie; unter den Autos, im Gebüsch, an den Hauseinfahrten, an den Haustüren, auf den Mäuerchen... Überall sind sie und starren einen an, wenn man durch die Straßen geht. Da könnte man schon Paranoia kriegen...
Hui, das hat schon was Unheimliches ansich (vor allem, wenn man das mal beabachtet). :eek1:

Sind recht mysteriöse Tiere, vor denen ich auch den größten Respekt habe. Dagegen ein Hund... :D

@ Rub

Deine Geschichte ist gut, hör nicht auf mich! :D Ich kann nämlich Geschichten nicht ertragen, in denen Tiere gequält oder umgebracht werden. Gott sei Dank gibt's jetzt das verschärfte Tierschutzgesetz! Du hättest mal sehen sollen, in was für einen Jubel ich ausgebrochen bin!!!!!! Obwohl das ja eigentlich an der Tatsache, daß Tiere überall auf der Welt gequält und mißbraucht werden, nichts ändert... :( Der Mensch ist halt eine Drecks... --- hups. :rolleyes:

Gruß,
stephy

[ 21.05.2002, 11:32: Beitrag editiert von: stephy ]

 

So, hatte erst mal.

Dann will ich mich mal erklären.

@Stephy.
Die Geschichte hat nichts mit Tierquälerei zu tun.
Ich selbst hatte auch drei Katzen, leider sind sie nach und nach alle eines natürlichen Todes gestorben.
Ich wollte mit der Geschichte nur die wirren Gedanken einer völlig wahnsinnigen, im Verfolgungswahn darstellen.
Dieses ist mit einer Katze am einfachsten zu realisieren gewesen, da diese Tiere oft völlig selbstständig durch die Gegend streifen, unabhänging leben und zudem noch auf viele Menschen unheimlich wirken.
Es kam mir in diesem Punkt eher auf die Protagonisten an, die sich selbst in ihrem Wahn von der Katze verfolgt fühlt.

Also keine Bange, ich meuchle keine Katzen ;)

@lakita.

Sicherlich hast du recht. Ich hätte mehr auf die Szene mit der Nachbarin eingehen sollen. Möglciherweise hatte ich das ganze zu sehr vor Augen, und habe es deswegen übergangen.
Mit dem Zupfen a der Bluse wollte ich eigentlich darstellen, wie unheimlich die Protagonistin auf die Nachbarin wirkte, daher auch die abgehackte Unterhalten zwischen den beiden.
Das nächste mal werde ich es mehr ausarbeiten, damit auch der Leser diese Situation vor Augen hat.
Vielen Dank für den Tipp.

@ Quentin.

Es gibt sehr viele Menschen, auf denen Katzen eine eigenartige Wirkung haben.
Wie gesagt hatte ich selber Katzen, und ich hatte einen Freund der meine Wohnung aus diesem Grunde nicht, oder nur sehr selten betrat.
Du stehst also nicht alleine da. :D

Liebe Grüße
und Danke an alle.

Rub.

 

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