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Fisch und Ouzo

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02.02.2010
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Fisch und Ouzo

Jetzt weiß ich‘s. Tunfisch! Es war eine Dose Tunfisch. Jetzt dient sie als Aschenbecher. Ich habe es an dem scheußlichen Geruch erkannt. Jedes Mal wenn ich die Zigarette ausdrücke, zieht mir der Gestank in die Nase. Ich frage mich, ob es mich glücklicher machen würde, den Aschenbecher zu suchen und die Konserve zu entsorgen. Aber eigentlich stört sie mich nicht. Es gibt der kleinen Wohnung etwas von dem Flair eines Hafens am Mittelmeer. Irgendwo in Griechenland. Ein kleiner Hafen an dem nur Fischerboote anlegen.
In diesem Hafen gibt es weit mehr Boote als Fischer. Denn wenn eines fahruntüchtig wird, dann verschrottet es keiner. Doch sie sinken einfach nicht. Teile davon ja. Aber das Holzgerüst wird immer oben schwimmen.
Ich saß an dem besagten Hafen. Lange Zeit. Ich genoss den Ouzo. Ob nun Tage oder Wochen spielt eigentlich gar keine Rolle. Einfach nur den Gedanken zu Ende bringen. Doch er war nicht greifbar. Mein Kopf glühte doch fand ich nicht die Schranken, welche zu lösen die Flut herbeigebracht hätten.
„Am Mittelmeer gibt es keine Gezeiten“. Das hatte mir einer der alten Griechen verraten. Ich spreche zwar kein Griechisch, wusste aber mit Sicherheit, dass er mir das sagte. Er lächelte und ich machte sein Glas wieder voll. „Yamaz!“
Hätte ich nur damals Griechisch gekonnt, dann hätte ich ihm beigebracht, dass er sich täuscht. Auch wenn es nur ein wenig ist, so bemerkt man doch recht schnell die Gezeitenunterschiede. Aber weshalb seine Illusion zerstören? Sein zahnloses Lächeln sieht so glücklich aus. In der wirren Welt die er sich schuf. Und bald wird er dahinziehen. Nach oben – oder nach unten. Oder woran auch immer er glaubt. Ich wusste ja noch nicht einmal was für eine Religion dort vorherrscht. Zumindest scheint er keine Angst zu haben.
Ich war dann eine geraume Zeit später – ob nun Tage oder Wochen weiß ich nicht mehr zu genau – bei seiner Beerdigung. Noch immer das gleiche Lächeln. Nur waren seine Augen geschlossen. Was aber auch keine große Rolle spielte. Denn tief waren die Augen sicherlich noch nie - er mit seinem kleinen Mikrokosmos. Am Ende war ohnehin nur noch milchiger Belag zu sehen. Ob nun von der Meeresluft oder vom Ouzo.
Aber er war sicherlich glücklich. Doch ob das etwa das Ziel sein soll? Glücklich zu sein? Sich keine Gedanken machen und zu leben? Dumm und ohne jedes Quäntchen Weltwissen zu sterben? Wenn er das so wollte… Vielleicht genoss er auch einfach nicht das gleiche Privileg wie unser einer – Grenzen zu sprengen.
Viel mehr als das Gerippe seines Bootes ist nicht geblieben von ihm. Ob er jemals einen Tunfisch gefangen hatte? – Ich bezweifle es. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es dort überhaupt welche gibt. In der Küstennähe mein ich. Die Nähe, welche sein Boot noch schaffte.
Ich drücke die Zigarette aus und genieße den Geruch.
Morgen werde ich mir einen neuen Aschenbecher suchen.

 

Hallo Jeronimo
und willkommen auf kg.de :)

Zunächst hat mir dein Text ganz gut gefallen, das las sich nach einer Art Bewusstseinsstrom, dachte, dass der Prot tatsächlich alles fiktiv entstehen lässt, um dem Geruch etwas angenehmes zuschreiben zu können und dadurch eine Legimation zu finden, die ihm gestattet, weiter in der eigenen Lethagie stagnieren.
Aber es entpuppt sich in eine andere Richtung und das fand ich dann irgendwann etwas fade. Da gibt es Fragen über Fragen, aber sie berühren mich nicht wirklich, da ich die Verbindung zum Prot nicht finde.
Ich finde es auch nicht einleuchtend, dass du zu beginn so sehr den üblen Geruch in den Vordergrund stellst, wenn du gleich darauf sagst, dass er gar nciht störe. Gestank und scheußlicher Geruch sind da die falschen Worte.
Das Heureka zu beginn bleibt mir ebenfalls ein Rätsel, scheint mir auch der einzige philosophische Aspekt zu sein. ;) Aber darüber sollen andere befinden.

Fazit: Flüssig geschrieben, anfangs sehr interessant, dann aber enttäuschend belangloser Verlauf.

grüßlichst
weltenläufer

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Jeronimo,

deine Geschichte hat einen ansprechenden Einstieg der neugierig macht, weil er den Leser direkt ins Geschehen stellt („Jetzt weiß ich‘s. Tunfisch! Es war eine Dose Tunfisch.“). Dann folgen ruhige Betrachtungen bis hin zu deinem philosophischen Fokus:

„Aber er war sicherlich glücklich. Doch ob das etwa das Ziel sein soll? Glücklich zu sein? Sich keine Gedanken machen und zu leben? Dumm und ohne jedes Quäntchen Weltwissen zu sterben? Wenn er das so wollte… Vielleicht genoss er auch einfach nicht das gleiche Privileg wie unser einer – Grenzen zu sprengen.“

Über die Grenzen, die der Erzähler privilegierter Weise sprengen kann, erfährt man nichts – vielleicht geht es dir hier eher um ein Prinzip, als um konkrete Aspekte.

Die Geschichte erinnert natürlich etwas an ‚Der alte Mann und das Meer’, einmal wegen des Berufskolorits, aber auch wegen des ‚Verlustbildes’, dem Scheitern oder gar Versagen, welches du im letzten Absatz aufgreifst (dadurch, das Jynx diesen Absatz im Metaphernthread zitiert, bin ich auf deinen Text gestoßen. Der Absatz ist gut, auch die Erwähnung des Gerippes …),
Interessant ist auch, dass der Erzähler den Thunfischfang aufbringt, der Fischer ist eher in seinem „Mikrokosmos“ lächelnd zufrieden gewesen.

Gelungen ist auch der Bogen von „Aschenbecher“ zu „Aschenbecher“, es ergibt sich etwas Abgeschlossenes, hat mir gefallen.

Änderungsvorschläge:

„Doch sie sinken einfach nicht. Teile davon ja. Aber das Holzgerüst wird immer oben schwimmen.“

Das würde ich aus materialtechnischen und philosophischen Gründen relativieren.


„Einfach nur den Gedanken zu Ende bringen. Doch er war nicht greifbar. Mein Kopf glühte doch fand ich nicht die Schranken, welche zu lösen die Flut herbeigebracht hätten.“

„zu lösen“? Vielleicht ‚welche gelöst’? (… die man hätte lösen müssen …). „Schranken“ und Flut passt nicht gut zusammen, überhaupt ist das ein Zuviel an Metapherngeflecht.


„Hätte ich nur damals Griechisch gekonnt, dann hätte ich ihm beigebracht, dass er sich täuscht. Auch wenn es nur ein wenig ist, so bemerkt man doch recht schnell die Gezeitenunterschiede. Aber weshalb seine Illusion zerstören? Sein zahnloses Lächeln sieht so glücklich aus. In der wirren Welt die er sich schuf. Und bald wird er dahinziehen. Nach oben – oder nach unten. Oder woran auch immer er glaubt. Ich wusste ja noch nicht einmal was für eine Religion dort vorherrscht. Zumindest scheint er keine Angst zu haben.“

Hier stimmen die Zeiten nicht.
Ist schon eine glücksbezogene Illusion zerstört, wenn es doch Gezeiten gibt? Die „wirre Welt“ ist vage.


Woltochinon

 

Hej Jeronimo,

es liest sich größtenteils sehr angenehm. Und für den Schauplatz bekommst Du von mir sowieso einen Sympathiebonus.

Etwas merkwürdig finde ich, dass ein Tourist einem "alten Griechen" etwas übers Meer beibringen will. In Kombination mit einigen Sätzen wirkt der Ich-Erzähler dann regelrecht hochnäsig, ich weiß nicht, ob das Deine Absicht war:

Was aber auch keine große Rolle spielte. Denn tief waren die Augen sicherlich noch nie - er mit seinem kleinen Mikrokosmos.
Inwiefern relativiert die Tiefe der Augen den jeweiligen Tod eines Menschen?

Dumm und ohne jedes Quäntchen Weltwissen zu sterben?
Ich finde, hier könntest Du genauer werden. "Weltwissen" und "Dummheit", das sind ziemlich schwammige Begriffe.

Vielleicht genoss er auch einfach nicht das gleiche Privileg wie unser einer – Grenzen zu sprengen.
Und was für Vorgänge sind genau damit gemeint?

Mein Kopf glühte doch fand ich nicht die Schranken, welche zu lösen die Flut herbeigebracht hätten.
Klingt sehr gestelzt und passt gar nicht zu Deinem sonstigen Stil.

Doch ob das etwa das Ziel sein soll? Glücklich zu sein?
Was gäbe es denn für Alternativen? Oder (noch mal) was meinst Du mit "Grenzen sprengen", denn das scheint eine Alternative anzudeuten?

Viele Grüße
Ane

 

Vielen Dank für das herzliche Willkommen,
danke weltenläufer dafür - jemandem, der einfach eine Geschichte hochlädt und es (leider) noch nicht einmal für nötig hielt vorher Kommentare zu schreiben, ein Feed-back zu geben.
danke Jynx. Auch wenn es hauptsächlich die eine Passage ist, die dir so gefällt - gibt mir das eine riesen Motivation weiter zu schreiben.
und vor allem danke Woltochinon - werde mir die Tips zu Herzen nehmen.
Aber jetzt wohl erstmal selbst lesen...
Achso: habe ein Weilchen gerätselt, ob die Kategorie PHILOSOPHISCHES richtig gewählt ist. Ist es das?

 

Hallo Jeronimo,

mir hat die Beschreibung, die die Erinnerung an den Hafen und den alten Mann hervorruft, gefallen. Das Ende war mir zu unspektakulär. Die Schilderung des zahnlosen Alten wirkt ein wenig überheblich.

Denn tief waren die Augen sicherlich noch nie - er mit seinem kleinen Mikrokosmos.
Kleiner Mikrokosmos ist ein Pleonasmus.

Morgen werde ich mir einen neuen Aschenbecher suchen.
Besser würde mir gefallen: Morgen werde ich den Aschenbecher suchen.

Freundliche Grüße,

Berg

 

Es heißt übrigens nicht Tunfisch, sondern Thunfisch.
Um hier mal besserwisserisch reinzuplatzen... ;)

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Maeuser,

das "H" vom Thun hat die Rechtschreibreform gefressen ...


Hallo Jeronimo,

"Achso: habe ein Weilchen gerätselt, ob die Kategorie PHILOSOPHISCHES richtig gewählt ist. Ist es das?"

Ja - den philosophischen Fokus kann man, wie erwähnt, erkennen.

Es gibt noch eine Tunfischgeschichte im Forum, vielleicht ist es interessant für dich (und andere, die das Meer mögen) sie zu lesen: Arbeitsgruppen - Kritikerkreis - Geschichtenliste: Thunfisch, getrocknet.

Übrigens: Danke! :)

Woltochinon

 

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