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Thema des Monats Film ab!

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01.01.2010
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Film ab!

Evelyn langweilte sich auf ihrer eigenen Geburtstagsfeier zu Tode.
Den ganzen Nachmittag versuchte sie, den Leuten aus dem Weg zu gehen – allen voran ihrem Onkel, der ständig anzügliche Bemerkungen machte und bereits zum Kaffee eine Flasche Wein geleert hatte.
Ihre Mutter konnte ihr kein schlechtes Gewissen machen, auch nicht durch ihre vorwurfsvollen Blicke. Komm schon, Evelyn, wir feiern deinetwegen. Jetzt stell dich nicht so an.
Doch heute wollte sie sich anstellen.
„Trotzphase“, erklärte ihr Onkel, und Evelyn entging nicht, wie er dabei ihrer Mutter über den Arm strich. „Bei manchen dauert sie eben bis vierzehn.“ Dann lachte er so laut, dass seine Weinfahne bis zu Evelyn wehte.
„Sie ist noch ein bisschen enttäuscht, dass sie nicht mit ihren Freundinnen nach Sylt fahren kann“, sagte ihre Mutter.
„Nicht fahren darf“, korrigierte Evelyn, worauf ihre Mutter den Kopf schief legte und sie erneut mit ihrem Blick tadelte.
„Schatz, du weißt genau, dass wir selbst in den Urlaub fahren. Und so lange du noch nicht sechzehn bist, geht der Familienurlaub vor. Wir haben das doch besprochen. So ist die Abmachung.“
Evelyn ersparte sich die Bemerkung, dass für eine Abmachung die Zustimmung beider Seiten erforderlich war. Hier handelte es sich vielmehr um eine einseitige Ansage ihrer Eltern; einen Befehl, der für sie die langweiligsten Sommerferien ihres Lebens zur Folge haben würde.
„Na, dann such dir doch einfach jemanden zum Schmusen, dann wird das ganze viel erträglicher.“ Wieder erklang das Lachen ihres Onkels, und Evelyn spürte, wie sie rot anlief.

Erträglicher wurde zumindest dieser Tag, als sie später in den Garten gingen. Evelyn liebte den Sommer. Es war die Jahreszeit der Fröhlichkeit und der gelockerten Regeln, wenn man bis spät in die Nacht draußen bleiben und sich wie ein Erwachsener fühlen konnte. Auch jetzt versuchte sie, das Gefühl der warmen Sonnenstrahlen auf ihrer Haut und den Geruch von frisch gemähtem Gras zu genießen.
Sie entspannte ein wenig und ließ ihren Blick durch den Garten schweifen: Ihre Gäste – hauptsächlich Verwandte und Freunde ihrer Eltern – lagen in der Sonne und nippten an ihren Getränken, deckten den Tisch mit Tellern und Besteck aus Pappe oder schnitten die Verpackungen von gewürztem Fleisch und Würsten auf.
Ihre Entspannung verflog, als sich ihr Onkel neben sie setzte. „Wo sind eigentlich deine Freundinnen? Ich sehe hier nirgendwo junge Mädchen, an was liegt das?“
„Ich feire nochmal extra mit ihnen. Am Ende der Ferien dann.“
„Ach, so ist das.“ Ihr Onkel nickte, als habe sie eine große Weisheit verraten. „Bist du eigentlich allergisch gegen Bienen?“
Bitte, kannst du mich nicht einfach in Ruhe lassen?
„Keine Ahnung.“
„Das solltest du mal herausfinden“, sagte er und tippte mit dem Zeigefinger knapp über die Ansätze ihrer Brüste. Evelyn wich zurück.
„Ist wichtig zu wissen, gerade jetzt im Sommer. Wenn du allergisch bist, kannst du an einem Stich sterben, wenn du nicht schnell ein Gegengift bekommst. Hast du das gewusst?“
Sie schüttelte den Kopf.
„Ist aber so. Erst wirst du ohnmächtig. Früher haben sie die Leute nach einem Bienenstich manchmal schon begraben, obwohl sie nicht tot waren, und die sind dann in ihrem Sarg -“
„Mama, schau mal!“
Das war die Stimme eines ihrer Cousins, und es war nicht die Lautstärke, die sämtliche Anwesenden die Köpfe drehen ließ, sondern ihr Tonfall: Eine Mischung aus Neugier und Abscheu, als hätte er ein Geheimnis gelüftet, von dem er nicht sicher war, ob es besser im Verborgenen geblieben wäre.
Beide Cousins – acht und zehn Jahre alt – standen auf der Wiese, und als Evelyn sah, was der Ältere in seinen Händen hielt, zuckte sie zusammen.
„Was ist das?“, fragte jemand.
Es war ein Schuhkarton, an dem Erdklumpen klebten. Evelyn erkannte ihn sofort. In diesem Karton hatten sie Rusty, ihr Zwergkaninchen, vor wenigen Tagen begraben.
„Schau mal“, sagte ihr Cousin, und dann geschah alles wie in Zeitlupe. Er drehte den Karton, und Evelyn sah, dass er an der Seite aufgerissen war. Als er ihn nach vorne kippte, kamen die Überreste ihres Tieres zum Vorschein, rutschten erst langsam nach vorne und fielen schließlich platschend auf eine Steinplatte.
Irgendjemand sog lautstark Luft ein.
Das war nicht Rusty, nicht so, wie sie ihn begraben hatten. Jemand hatte sein Inneres nach außen gedreht. Von seinem Fell war nichts mehr zu sehen, er war nur noch ein Klumpen aus Blut, Fleisch und weißen Gedärme. Fliegen summten um diesen verwesenden Brei, und für einen Augenblick war ihr Surren das einzige Geräusch des Sommers.
Dann begann jemand zu schreien.

Als Evelyn die Augen aufschlug, spürte sie sofort, dass sie nicht von selbst aufgewacht, sondern durch etwas geweckt worden war. Sie lauschte in die Dunkelheit, doch bis auf ihren Atem hörte sie nichts.
Es dauerte nur wenige Sekunden, bis die Erinnerung an Rustys Überreste an die Oberfläche ihres Bewusstseins trieb, und sie unterdrückte einen Würgereiz.
Trotz des geöffneten Fensters war die Luft in ihrem Zimmer schwül und stickig, und Evelyn sehnte sich nach einer Brise als Abkühlung für ihren verschwitzten Körper. Sie suchte nach den Leuchtziffern ihres Weckers. Kurz nach halb zwei.
Was hatte sie nur geweckt?
An die Details ihres Traums erinnerte sie sich nicht, nur daran, dass plötzlich ein Geräusch – klarer und eindringlicher als alles, was ihr Unterbewusstsein hervorbringen konnte – durch die dünne Wand ihres Schlafs gebrochen war und die Traumwelt in sich hatte zusammenfallen lassen. Jetzt aber war alles still.
Schläfrigkeit überkam Evelyn, doch kurz bevor sie von ihr in den nächsten Traum begleitet worden wäre, hörte sie das Wimmern. Augenblicklich schreckte sie hoch. Dieses Geräusch entsprang nicht ihrer Fantasie; es kam direkt aus der Finsternis und klang unterdrückt, wie das Schluchzen eines Kindes, das von den Eltern nicht bemerkt werden will.
Sie starrte in Richtung ihrer Zimmertür, hinter der das Weinen erklang, und lauschte; in das Geräusch ihres Atems mischte sich nun auch das Pochen ihres Herzens.
Kurz spielte sie mit dem Gedanken, Musik zu hören oder ihren Kopf unter einem Kissen zu begraben – Gewohnheiten, die sie manchmal bei einem Streit ihrer Eltern anwendete – doch sie hatte einen schlimmen Verdacht, der sie quälen würde, wenn sie das Geräusch ignorierte.
Nein, sie brauchte Gewissheit.
Evelyn stieg aus dem Bett, schlich mit langsamen Schritten durch ihr Zimmer und öffnete die Tür. Das Wimmern schwoll an, und als sich ihr Verdacht bestätigte, war sie umso entsetzter – wie so häufig, wenn plötzlich Fremdes im Vertrauten entdeckt wird.
Es war das Weinen ihres Vaters.
Ihr Magen verwandelte sich in einen heißen Klumpen. Seit langem spürte sie, dass ihre Eltern unglücklich waren, sowohl jeder für sich wie auch als Ehepaar, und sie selbst litt sehr unter diesem Zustand – doch nie zuvor hatte diese Traurigkeit einen deutlicheren Ausdruck angenommen als jetzt durch die Tränen ihres Vaters. Am liebsten hätte sie die Tür geschlossen und Zuflucht unter ihrer Bettdecke gesucht, doch das Schluchzen hielt sie gebannt wie der Gesang der Sirenen. Sie wollte sich ihm nicht nähern, konnte sich nicht davon entfernen und musste doch wissen, wann es endete – oder ob es schlimmer wurde.
Evelyn setzte sich auf den Boden, zog die Beine an und versuchte sich ganz klein zu machen, doch das einsame Wimmern drang in jede Pore ihres Körpers, und sie begann zu zittern.

Es geschah in einer kalten Herbstnacht zu Beginn des Jahrhunderts, als eine arme Mutter die leblosen Körper ihrer Zwillinge in ihren Betten liegend vorfand. Die Gesichter blass, die Leiber bereits kalt, wurde das Schlimmste befürchtet. Ein geschwind herbeigerufener Arzt bestätigte schließlich den Tod beider Kinder.
Welch arme, arme Familie! Unerachtet der elterlichen Trauer wurde aufgrund schlechter Wetterprognosen auf ein rasches Begräbnis gedrängt. So mussten die Eltern bereits am nächsten Tage die Körper ihrer einzigen Kinder dem kalten Erdboden überlassen. Und weil die beiden Buben im Leben unzertrennlich waren, wollten die Eltern sie auch im Tode vereint lassen und legten beide Körper in ein und denselben Sarg.
Bereits wenige Stunden nach dem Begräbnis drangen entsetzliche Geräusche aus dem Grab empor. Anfänglich noch als wirre Einbildung einer am Boden zerstörten Mutter abgetan, wurden diese Laute immer deutlicher, bis der Schrecken zur Gewissheit wurde: Mindestens eines der beiden Kinder war noch am Leben!
Oh, wie groß muss das Grausen der Beteiligten gewesen sein, wie tief musste sich die Bestürzung in die Herzen derer gebohrt haben, die da vor dem zugeschütteten Grab standen und die Klagelaute aus der Tiefe vernahmen? Sofort wurde begonnen, die Erde zu entfernen, und je tiefer man grub, desto deutlicher hörte man die Rufe – bis sie sich, kurz vor Erreichen des Sargs, in ein wildes Gebrüll verwandelten.
Als man den Sarg schließlich erreichte und öffnete, stellte sich heraus, dass lediglich eines der Kinder noch am Leben war. Sein Gesicht war zu einer Fratze des Entsetzens entstellt, und sein Gebrüll wollte nicht aufhören, nicht einmal, als man es in die Arme der weinenden Mutter legte. Das Brüllen wurde lauter, das Zucken des Kindes immer wilder, bis es schließlich, noch an Ort und Stelle, am Herzen seiner Mutter verstarb.
Diese Geschichte erzählt man sich bis heute, und manchmal lässt sie mich des Nachts nicht schlafen. Ich liege dann in meinem Bett und denke an den Jungen, der in einem Sarg neben dem Leichnam seines Bruders erwachte. Manchmal sehe ich seine aufgerissenen Augen vor mir, und dann frage ich mich, warum sein Gebrüll – nicht seine Rufe, sondern sein panisches Geschrei – erst nach einer Weile einsetzte, als er beinahe schon gerettet war.

Mit diesen Worten schloss Kai das Buch. „So steht es geschrieben, und so ist es auch passiert“, sagte er und blickte gespannt in die Runde. „Na, was meint ihr?“
Evelyn lag auf der Wiese, hatte die Hände hinter dem Kopf verschränkt und kaute auf einem Grashalm herum. Robert fand, sie sah so gelangweilt aus, wie er sich fühlte.
„Und das steht da so drin?“, fragte er.
„Klar.“ Kai grinste. „Willst du es lesen?“
Robert schüttelte den Kopf.
„Also, was denkst du?“, wollte Kai wissen.
Robert zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung.“ Er überlegte, was Evelyn denken mochte. „Ich glaub nicht, dass es wahr ist“, sagte er schließlich.
„Wie, du glaubst nicht, dass es wahr ist? Meinst du, ich hab es erfunden? Glaubst du, ich hab das selbst geschrieben?“
„Nein“, antwortete Robert. Er traute Kai kaum zu, zwei zusammenhängende Sätze zu schreiben. „Ich glaube derjenige, der das geschrieben hat, hat es erfunden.“
„Es war eine Sie“, erinnerte ihn Kai. „Das ist aus dem Tagebuch von unserer Großtante. Sie hat es geschrieben, als sie sechzehn war, im Jahr 1938. Da steht ein Haufen langweiliger Scheiß drin, aber dieser Eintrag ist interessant. Warum sollte sie das erfinden? Ich meine, es steht in ihrem Tagebuch. Was denkst du, Evelyn?“
Evelyn reagierte nicht.
„Hey, was denkst du?“ Kai stieß seine Schwester mit dem Fuß an.
Au“, rief sie. „Scheiße, was soll das? Keine Ahnung, was ich denke. Vermutlich wird es schon stimmen, wenn es da so steht. Wen interessiert das?“
Insgeheim bedauerte Robert, dass Evelyn nicht seiner Meinung war.
„Mich interessiert das“, antwortete Kai. „Und es zeigt nur, dass ihr überhaupt kein Gespür für interessante Geschichten habt. Und dass ihr keine Zusammenhänge erkennt. Mir als angehendem Regisseur sind diese Zusammenhänge natürlich sofort aufgefallen.“
Kai schaute jeden von ihnen an, doch keiner sagte ein Wort.
„Mann, blickt ihr das nicht?“, fragte er ungläubig. „Es gibt da einen Zusammenhang zwischen diesem Eintrag und dem, was Evelyns Hase passiert ist.“
„Oh Mann, Kai, du Idiot. Rusty war ein Zwergkaninchen, kein Hase. Und jetzt hör endlich mit dieser Geschichte auf.“
„Hase, Kaninchen, drauf geschissen. Jedenfalls hat es ausgesehen, als hätte man es durch einen Reißwolf gedreht. Also.“
„Also was?“
Kai verdrehte die Augen. „Na, was denkst du wohl, was sich an deinem Kaninchen zu schaffen gemacht hat?“
„Vielleicht ein Maulwurf“, warf Robert ein. Sie diskutierten das nicht zum ersten Mal.
Evelyn seufzte und schüttelte den Kopf. Robert lief rot an und bereute, etwas gesagt zu haben.
„Ich weiß es nicht“, sagte sie. „Wahrscheinlich ein Tier. Nicht gerade ein Maulwurf, aber halt ein anderes.“
Unter der Erde?“, wollte Kai wissen. „Was soll das für ein Tier sein?“
„Was glaubst du denn?“, fragte Robert.
„Also Leute, für mich ist die Sache klar. Ihr solltet euch mehr mit Horrorfilmen beschäftigen, dann wüsstet ihr, was hier los ist. Ich glaube, dass irgendwas hier in der Erde lebt. Irgendwas, von dem die Menschen nichts wissen. Dieses – ich nenne es mal – Unwesen ernährt sich von den Toten, die wir begraben. Menschen und Tiere. Dieses Unwesen hat sich das Kaninchen geschnappt, und es hätte sich auch die Zwillinge geholt, wenn man sie nicht ausgegraben hätte. Deshalb hat der eine auch auf einmal so gebrüllt. Weil er das Unwesen gesehen hat, wie es seinen Sarg erreicht, aufgebrochen und ihn angestarrt hat. Deshalb war er so schockiert, und dieser Schreck hat ihn umgebracht.“
Eine Weile sagte niemand etwas, und Robert lauschte dem Zwitschern der Vögel und dem Plätschern eines Baches. Für ihn klang diese Geschichte absurd.
„So ein Quatsch“, sagte Evelyn, und Robert wünschte, er hätte seine Meinung zuerst gesagt.
„Ach ja, meinst du? Und was habt ihr für eine Erklärung?“
„Gar keine“, antwortete Robert. „Es braucht auch keine. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.“
„So?“, fragte Kai. „Na, wenn dem so ist, dann hast du sicher nichts gegen ein Experiment.“
„Was für eins?“
„Also, wie du ja weißt, werde ich eines Tages ein großer Regisseur von Horrorfilmen sein. Wir können jetzt damit anfangen. Wir drehen einen Film mit einer einfachen Kamera, im Stil von Blair Witch Project oder Paranormal Activity.“
Robert, der sich aus Horror nichts machte, kannte diese Filme nicht.
Kai fuhr fort: „Wir stecken dich in eine Kiste und begraben sie. Nicht tief, nur einen halben Meter oder so. Du bekommst eine Digicam, eine Lampe und ein Walkie-Talkie. Dann nimmst du alles auf. Und wenn ich Recht habe, wird dieses Unwesen kommen.“
Robert fragte sich, ob Kai das ernst meinte.
„Es wird sogar noch besser als Paranormal Activity, weil alles echt ist! Na, was meinst du? Bist du dabei?“

Die Sonne stand bereits tief am Himmel, als Evelyn und Kai nach Hause gingen. Es war der schönste Augenblick eines Sommertages, wenn die einsetzende Kühle über die Haut strich und die aufgestaute Hitze zurückdrängte. Trotz der späten Stunde hörte man noch überall Gelächter sowie den Lärm spielender Kinder, und die Erwachsenen zündeten Teelichter und Fackeln an. Während man im Winter vor der Dunkelheit flüchtete, begrüßte man sie im Sommer und machte es sich darin bequem. Auch davon ging für Evelyn die Faszination dieser Jahreszeit aus.
Kai sprach über sein Projekt, doch sie hörte kaum zu. Sie überlegte, ob sie ihm von ihrem Vater erzählen sollte. Sie würde gerne mit jemandem sprechen, weil sie sich nach Aufmunterung und Trost sehnte, weil sie jemanden brauchte, der ein Licht in ihrer Dunkelheit entzündete.
„Wir könnten die Truhe aus unserem Keller nehmen. Ich wette mit dir, das wird der Hammer! Stell dir vor, wenn wir wirklich diesem Unwesen auf die Schliche kommen – das wäre Cloverfield, nur besser! Wie klingt das? Ich muss mir echt überlegen, wie wir das aufziehen. Wir müssen -“
„Kai, warte mal.“ Evelyn umschloss seinen Unterarm, und Kai drehte sich zu ihr. Seine Augen waren aufgerissen wie die eines Kindes vor dem Weihnachtsbaum.
„Ich muss dir noch was sagen“, begann sie und spürte, wie sich ihr Magen zu einem heißen Klumpen zusammenzog.
„Was denn?“
„Ich habe neulich nachts gehört, wie Papa geweint hat.“ Jetzt war es raus.
Kai schüttelte den Kopf. „Hä? Wieso denn das?“
Ihr Bruder war über ein Jahr älter, und nicht zum ersten Mal fragte sich Evelyn, weshalb er nicht sah, was sie sah. Weshalb er nicht fühlte, was sie fühlte.
Hörst du nicht das Schweigen zwischen uns, wenn wir essen? Siehst du nicht die Leere in seinen Augen, wenn er manchmal minutenlang die Wand anstarrt? Spürst du nicht seine Gleichgültigkeit, sein Desinteresse an den Dingen, die ihm früher Spaß gemacht haben?
Evelyn blickte in die Augen ihres Bruders und wurde sich bewusst, dass ihm all dies entgangen war. Er lebte noch immer in der unbeschwerten Welt der Kindheit, während sie selbst begonnen hatte, diese zu verlassen. Sollte sie ihn da herausreißen? Würde das nicht früh genug von alleine geschehen?
Sie zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Vielleicht hatte er – Kopfschmerzen.“
Es klang blöd, und das merkte selbst Kai. „Ich glaub eher, du hast dir das eingebildet. Warum sollte er weinen?“
„Ja, vermutlich hast du recht. Vergiss es einfach.“
„Wahrscheinlich hast du das nur geträumt. Ein Albtraum. Warte mal ab, was du für Albträume bekommst, wenn wir erst das Unwesen auf Video haben. Hey, du musst unbedingt noch mit Robert reden, damit er nicht kneift. Ich weiß auch schon, wie wir das machen. Wir ...“
Damit war er wieder in seiner ganz eigenen Welt, und Evelyn wunderte sich – ebenfalls nicht zum ersten Mal –, wie unterschiedlich sie doch erwachsen wurden.

„Als ich zwölf war, hab ich Die Moorgeister gelesen.“
Sie saß mit Robert an einem Bach, und nachdem sie vergeblich versucht hatten, Frösche zu entdecken und Kaulquappen zu fangen, hatten sie sich auf einen Stein gesetzt und ließen nun ihre Füße ins Wasser hängen.
Eigentlich waren sie wieder zu dritt verabredet gewesen, doch Kai hatte Zahnschmerzen bekommen und war mit seiner Mutter beim Arzt.
„Da war ein Junge namens Timo, der im Zug zu seinem Onkel fuhr, und in diesem Zug traf er einen Mann. Dieser Mann war bleich, er hatte dunkle Ringe unter den Augen und trug einen dicken Mantel. Er erzählte Timo, dass er seine Träume verkauft hat. Jedes Mal, wenn er einschlief, wurde er durch einen lauten Knall geweckt. Jetzt fährt er ununterbrochen in diesem Zug durch die Gegend, weil er dort auch einst auf den Käufer seiner Träume stieß. Und so hofft er, seine Träume wiederzubekommen.“
Robert warf einen Kieselstein ins Wasser und beobachtete, wie sich die Oberfläche kräuselte.
„Dieser Mann erschien Timo eines Nachts wieder an seinem Bett und erzählte ihm, dass er gesehen hat, wie er am Bahnhof seinen Onkel traf. Genau dieser Onkel sei der Käufer der Träume gewesen. Ich hatte wochenlang Albträume von dieser Geschichte. Irgendwie kindisch, oder?“
Robert zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht. Mit zwölf geht das in Ordnung, denke ich.“
Niemals hätte er gewagt, Evelyn kindisch zu nennen.
„Was ich sagen will“, fuhr sie fort, „es ist schon seltsam, wie sich die Wahrnehmung ändert, wenn man älter wird. Man hat keine Angst mehr vor Monstern, die sich unter dem Bett verstecken, oder vor Geistern, aber dafür – man, naja, man fürchtet sich vielleicht vor anderen Dingen. Und diese Ängste sind schlimmer. Verstehst du?“
„Ich denke schon“, sagte Robert, der nicht so recht wusste, worauf sie hinauswollte. Eine Weile sprach keiner von ihnen, und Robert hörte das Summen von Stechmücken, die um seinen Kopf schwirrten.
„Wirst du es eigentlich tun?“, fragte Evelyn plötzlich mit lauter Stimme.
„Was tun?“
„Na, dich begraben lassen.“
Robert war nicht sicher, was Evelyn von der Idee hielt. „Mal sehen“, antwortete er.
„Das ist auch so ein Beispiel von Älterwerden – Kai will uns zeigen, wie cool er ist. Er denkt, er könnte uns damit beweisen, wie erwachsen er ist. Wie sehr er die Dinge im Griff hat. Hättest du keine Angst, wenn man dich begräbt?“
Robert schüttelte den Kopf. „Nein, vermutlich nicht. Es ist ja nicht so tief. Und an Monster glaube ich schon lange nicht mehr.“
Evelyn nickte, gab jedoch keine Antwort. Irgendwie hatte Robert das Gefühl, sie mit seiner Antwort enttäuscht zu haben.
„Vielleicht gäbe es auch wirklich keinen Grund, Angst davor zu haben. Vor dem Begraben, meine ich. Die Dinge, vor denen man sich fürchtet, sind am Ende meist nicht so schlimm, findest du nicht auch? Die wirklich schlimmen Sachen überraschen uns, da denken wir nicht im Voraus dran. Meine Mutter sagt immer: Es kommt immer anders, als man denkt. Ich finde, da ist was dran.“
Robert wusste nicht, was er darauf antworten sollte, und so schwiegen sie wieder und genossen die Kälte, die von den Füßen aus durch ihre Körper zog.

„Hey, wie ist die Lage? Bist du fit?“
„Was meinst du?“ Robert lag auf seinem Bett und war bis auf die Unterhose nackt. Ein dünner Schweißfilm überzog seinen Körper. Die Luft um ihn herum fühlte sich klebrig an wie Sirup.
„Na, ob du bereit bist für unser Experiment. Unseren Film. Du weißt schon.“
Selbst durch das Telefon spürte er Kais Aufregung.
„Keine Ahnung. Bist du denn bereit? Hab gehört, du warst beim Arzt?“
„Ja, alles super. Lenk nicht ab. Morgen früh gehts los. Ich hab Batterien für die Funkgeräte und bin dabei, die Cam aufzuladen. Du hast nicht zufällig eine Taschenlampe?“
Robert atmete schwer, was nicht allein an dem schwülen Wetter lag.
„Vielleicht sollten wir uns das nochmal überlegen.“ Evelyn gegenüber hatte er sich keine Blöße geben wollen, doch bei Kai konnte er ehrlicher sein.
„Was überlegen? Was willst du überlegen?“
„Ob wir das wirklich durchziehen. Ist ja schließlich nicht ganz ungefährlich.“
Kai lachte. „Klar, jetzt hast du Schiss. Jetzt hast du auf einmal Schiss. Gestern erzählst du noch, da ist kein Unwesen, da ist nichts in der Erde, und jetzt -“
„Es geht mir doch nicht um irgendein Wesen.“
„Ach nein? Um was dann?“
Robert wischte sich den Schweiß von der Stirn. „Na ja, ich könnte zum Beispiel ersticken. Was denkst du, wie lange man in einer kleinen Kiste Luft bekommt?“
Kai überraschte ihn. „Ich hab das ausgerechnet. Bei uns steht eine Truhe im Keller, da passt du rein. Die ist ein Meter sechzig lang, achtzig Zentimeter hoch und siebzig Zentimeter breit. Da gehen also etwa neunhundert Liter Luft rein. Du brauchst sechs Liter pro Minute, macht zweieinhalb Stunden Luft. Also holen wir dich nach spätestens zwei Stunden.“
Robert war verblüfft, und Kai spürte das.
„Mann, ich hab das getan, was gute Regisseure machen – ich habe recherchiert.“
„Sieht ganz so aus“, antwortete Robert. „Trotzdem -“
„Hey, da ist nichts, was dir Sorgen machen muss. Bis auf das Unwesen natürlich, aber davor hast du ja keine Angst. Oder?“
Einen Augenblick fragte sich Robert, ob Evelyn Kai von ihrer Unterhaltung erzählt hatte.
„Nein“, antwortete er. Was hätte er sonst sagen sollen?
„Außerdem“, fuhr Kai fort, „hat Evelyn erzählt, wie mutig sie dich findet.“
„Das hat sie nicht.“
„Klar. Sie bewundert dich dafür. Sie hat erzählt, sie findet dich sehr erwachsen.“
Etwas in der Art hatte Evelyn am Morgen auch über Kai gesagt, doch Robert erinnerte sich nicht an den genauen Wortlaut.
„Und du musst wissen, Mädchen in ihrem Alter stehen auf erwachsene Typen. So etwas suchen sie. Also? Bist du morgen dabei?“
Robert wollte nicht zusagen, um nicht den Eindruck zu erwecken, dies nur wegen Evelyn zu tun. Doch ebenso wenig wollte er absagen, gegenüber Kai wie ein Feigling und – was schlimmer war – gegenüber Evelyn wie ein Kind dastehen.
„Also. Ich wusste es“, sagte Kai, noch während er überlegte. „Wir sehen uns morgen um acht bei uns. Wir müssen früh los. Und schau, ob du eine Taschenlampe auftreiben kannst.“
Dann legte er auf. Robert richtete sich auf, ging zum Fenster und warf einen Blick in die Sommernacht.
Sie bewundert dich dafür.
Er fühlte sich, als würde er schweben, und plötzlich freute er sich auf den nächsten Tag.
Durch das gekippte Fenster hörte er das Zirpen von Grillen.
Es gab keinen Grund, sich zu fürchten, schon gar nicht vor Kais lächerlichem Wesen. Und Evelyn sah es genauso, oder?
Es kommt immer anders, als man denkt.
Die Luft knisterte, und Robert konnte das nahende Gewitter spüren.

„Bin ich drauf?“, fragte Kai.
Evelyn fummelte an der Kamera herum.
Bin ich drauf?“
„Ja. Leg los.“
„Also gut.“ Mit übertrieben ernstem Gesicht blickte Kai in die Kamera. Aufkommender Wind zerzauste sein Haar und unterstrich so die gespenstische Wirkung, die er sich erhoffte. „Wir sind heute hier, um einem jahrhundertealten Mythos auf die Spur zu kommen. Immer wieder berichteten die Bewohner dieser Stadt von unheimlichen Ereignissen, die sich unter der Erde abspielten. Bäume starben ohne ersichtlichen Grund ab oder wurden entwurzelt. Tiere wurden jäh in den Boden gezogen.“ Kai machte einen Schritt auf die Kamera zu. „Tote wurden in ihren Gräbern geschändet oder verschwanden. Alles, was von ihnen übrig blieb, waren Reste ihres verwesenden Fleisches, ein paar Knochen und aufgerissene Särge. Doch in vielen Fällen hinterlässt das Unwesen aus der Erde überhaupt keine Spuren.“
Er machte eine Pause.
„Es ist weniger bekannt als das Monster von Loch Ness. Von ihm gibt es weniger Aufnahmen als von Bigfoot, und es hinterlässt weniger Spuren als Yeti. Doch es ist unendlich grausamer – und vor allem, es existiert wirklich! Und das werden wir heute beweisen. Mein Name ist Kai Dietz, und ich bin der Regisseur dieses Projekts.“
Kai ging zu dem Loch, das sie am Morgen begonnen hatten zu graben. Es hatte länger als vermutet gedauert, und sie waren erst nachmittags fertig geworden.
„Wir befinden uns hier am Rand unserer Stadt. Fernab von den Blicken der Bevölkerung wollen wir das Unwesen aus der Erde stellen und erstmals auf Kamera aufnehmen. Hierzu wird ein mutiger Mann, Robert Klein -“
Er winkte Robert zu sich, der neben Kai trat und unsicher in die Kamera blickte.
„ - in eine Kiste unter der Erde steigen und das Unwesen anlocken. Keine Sorge, ihm kann nichts passieren. Dank eines Funkgeräts verfügt er über ständigen Kontakt zur Oberfläche, außerdem hat er ein Messer zur Selbstverteidigung. Robert, wie fühlst du dich?“ Kai wandte sich ihm zu.
„Ich – äh – keine Ahnung. Gut soweit.“
Kai schaute wieder in die Kamera und senkte seine Stimme, um ihr mehr Dramatik zu verleihen. „Er fühlt sich gut. Das muss er auch, denn in wenigen Stunden schon wird er mit dem schlimmsten Schrecken konfrontiert, der jemals diese Stadt terrorisierte.“
Kai schwieg ein paar Sekunden. „Ist die Kamera aus?“
„Nein.“
„Dann mach sie aus. Ich bin fertig.“
Evelyn beendete das Video.
„Hey, du glaubst doch nicht, dass ich ein paar Stunden in der Kiste bleibe?“
„Keine Sorge, Mann“, beschwichtigte Kai seinen Freund. „Das hab ich nur für die Kamera gesagt. Wie besprochen holen wir dich nach zwei Stunden raus.“
Mit weichen Knien sah Robert auf die Truhe, die lächerlich klein wirkte. Er wollte schlucken, doch sein Mund war zu trocken. „Ihr grabt mich dann wieder aus, wenn ich es sage. Verstanden?“
„Ja, alles klar. Keine Sorge, Mann.“
„Und was sollte der ganze Quatsch mit den entwurzelten Bäumen?“, wollte Evelyn wissen.
„Oh Mann, das hab ich nur gesagt, um Spannung zu erzeugen. Als Regisseur macht man das so. Man muss das Publikum irgendwie ködern. Außerdem wurden hier auch schon Bäume entwurzelt, wenn mich nicht alles täuscht.“
„Ja, wegen Stürmen“, sagte Evelyn. „Nicht wegen einem Wesen aus der Erde. Das ist doch dämlich.“
„Hey, es zwingt dich keiner, hier mitzumachen. Wenn du nicht willst, kannst du gehen. Aber dann verschwindet auch dein Name aus dem Abspann.“
Evelyn schwieg, und Robert fragte sich nicht zum ersten Mal, ob sie ihn wirklich für so mutig und erwachsen hielt, wie Kai gesagt hatte. Vielleicht schämte sie sich ein wenig, dies in seiner Gegenwart zuzugeben, doch er traute sich nicht zu fragen.
„Also, wie sieht es aus, fangen wir an? Alle bereit?“
Eine Bö fegte über die Lichtung, auf der die drei Jugendlichen standen, und ließ die Blätter einiger umstehender Bäume rascheln. Es klang wie ein Applaus des Waldes.
„Das Wetter wird schlechter“, sagte Robert und schaute in den Himmel. Für den Abend waren Gewitter angekündigt, und aus der Schule wusste er, dass heftiger Wind ihr Vorbote war.
„Umso wichtiger, dass wir jetzt schnell anfangen. Also nochmal zum Ablauf. Du legst dich in die Kiste. Wir schütten langsam Erde drauf. Sobald was nicht in Ordnung ist, gibst du uns das durch das Funkgerät durch. Es ist wichtig, dass die Kamera die ganze Zeit an ist. Und achte auf die Beleuchtung. Da unten wird es dunkel, schau, dass du mit der Lampe immer dahin leuchtest, wo du auch filmst.“
„Gut. Und dann?“
„Keine Ahnung. Das sehen wir dann. Wir filmen hier nicht nach Drehbuch, Mann. Wir müssen improvisieren. Aber keine Sorge, das übernehme ich. Ich gebe dir alles Wichtige per Funkgerät durch. Klar soweit?“
Robert nickte, und als er sah, dass Evelyns Blick auf ihm ruhte, schaute er erschrocken weg.
„Noch Fragen? Gut, dann heben wir jetzt die Kiste in das Loch.“
Das taten sie.
Am frühen Morgen waren sie mit der Truhe, einem Leiterwagen und drei Schaufeln aus der Garage in Richtung Stadtrand aufgebrochen. Den gesamten Tag war es schwül gewesen, doch inzwischen fröstelte Robert. Rasch abfallende Temperaturen waren ein weiteres Zeichen für ein Gewitter.
„Bist du bereit?“, fragte Kai.
Nein, wollte Robert sagen. Nein, ich bin nicht bereit. Wer kann schon bereit sein, sich begraben zu lassen? Ich will nach Hause, mich auf die Couch legen und die Simpsons anschauen. Doch was sollte Evelyn dann von ihm denken?
Und weil Robert wusste, seine Stimme würde zittern, nickte er nur.
Langsam stieg er in die Truhe, und als er sich hineinlegte, musste er die Beine ein wenig anwinkeln. Kai gab ihm das Funkgerät, die Taschenlampe, die Kamera und ein Küchenmesser. „Nur für alle Fälle“, sagte er grinsend.
Robert nickte erneut. Trotz des frischen Windes spürte er Schweißperlen auf seiner Stirn.
„Nicht vergessen“, sagte er, „wenn ich es sage, holt ihr mich wieder raus.“
„Keine Angst. Das machen wir. Also dann, Film ab!“
Kai schloss den Deckel, und die Finsternis verstärkte den Geruch nach Moder und vergilbtem Papier. Robert war überrascht, wie wenig er sehen konnte, und sofort knipste er die Taschenlampe an. Ihr Lichtkegel wirkte verloren, wie ein Fremdkörper an diesem Ort, an dem sonst nur die Dunkelheit herrschte.
„Wir fangen an“, hörte er Kais gedämpfte Stimme, und dann klang es, als würden dicke Regentropfen in Schüben auf die Truhe fallen. Erde, schoss es durch Roberts Kopf. Sie werfen Erde auf den Deckel.
Und während er im Lichte der Taschenlampe beobachtete, wie seine Beine zu zittern begannen, während er lauschte, wie sie ihn begruben und sein Herz im Takt zu den prasselnden Geräuschen klopfte, hörte er das ferne Grollen des ersten Donners.

Sie hatten das Loch ungefähr zur Hälfte zugeschüttet, als sich Wolken vor die Sonne schoben und die Umgebung in graues Licht tauchten. Wie ein Schleier senkte sich das Zwielicht über die Lichtung, und als wollten sie flüchten, neigten sich die Bäume im auffrischenden Wind zur Seite.
Kai schaltete das Walkie-Talkie ein.
„Robert, hier ist Kai. Hörst du mich? Over.“
Das Funkgerät knackte, und zu Evelyns Erleichterung hörten sie Roberts Stimme. Sie klang metallisch verzerrt, war jedoch gut zu verstehen. „Ja, ich kann dich hören.“
„Du musst Over sagen, wenn du fertig bist mit Reden. Ist alles klar bei dir? Over.“
„Ja, alles klar.“ Robert zögerte einen Augenblick. „Es ist dunkler, als ich dachte. Ich habe gerade das Licht ausgeschaltet. Wenn es aus ist, kann man nicht mehr unterscheiden, ob die Augen offen oder geschlossen sind. Wenn es aus ist, ist es dunkler als alles, was ich je erlebt habe. Das ist schon gruselig. Over.“
„Du sollst das Licht nicht ausmachen! Sonst kannst du nicht filmen. Over.“
Evelyn überlegte, was passierte, wenn Robert in der Finsternis die Taschenlampe nicht wiederfand. Was, wenn er blind durch den Sarg – nein, kein Sarg, es war nur eine Kiste – tastete, und statt der Lampe plötzlich die kalten Finger eines Menschen berührte?
Sie bekam eine Gänsehaut.
„Vielleicht sollten wir das Loch nicht ganz zuschütten?“, fragte sie. „Ich meine, es kann doch sein, dass wir ihn schnell ausgraben müssen.“
Kai verneinte. Immer weiter schüttete er Erde in das Loch, das kaum mehr als solches zu erkennen war. Ein Blitz zerschnitt den trüben Himmel, und als sein weißes Licht Kais Gesicht erhellte, sah er in Evelyns Augen seinem Vater ähnlicher als je zuvor. „Wir müssen ihn ganz zuschütten“, sagte er. „Sonst können wir das Unwesen nicht anlocken.“
Evelyn schüttelte den Kopf. „So ein Schwachsinn. Du glaubst doch selbst nicht an so ein Wesen, also was soll das Ganze?“
Wie eine Ohrfeige krachte der Donner auf sie nieder. Evelyn zuckte zusammen.
Kai führte das Funkgerät wieder an seinen Mund. „Robert, du musst jetzt etwas über das Unwesen erzählen. Die Leute langweilen sich, wenn sie dich nur in der Kiste liegen sehen. Du musst sie irgendwie bei Laune halten. Over.“
„Was soll ich denn erzählen? Over.“
Kai seufzte. „Einmal mit Profis arbeiten“, sagte er und drückte wieder auf die Sprechtaste. „Erzähle, dass du an das Unwesen glaubst. Wie ich. Erzähle, dass es in unserer Erde lebt und sich von Toten ernährt, sowohl von Tieren als auch von Menschen. Wir füttern es unentwegt, ohne es zu merken. Unser Friedhof ist seine Futterstelle, und wenn wir jemanden begraben, kommt es in der Nacht und frisst die Leiche auf. Wir merken davon nichts, weil wir unsere Toten niemals ausgraben. Sprich das in die Kamera. Over.“
„Mann, Kai, du machst mir Angst“, sagte Evelyn. Sie fröstelte.
Dann geschahen mehrere Dinge so schnell nacheinander, dass Evelyn später – hätte sie sich an jedes Detail erinnern können – geschworen hätte, sie seien gleichzeitig passiert.
Zunächst nahm sie einen stechend scharfen Geruch wahr. Er erinnerte sie an den Geruch von Chlor, den sie aus dem Hallenbad kannte. Sie sah Kais Grinsen und war erstaunt, wie weiß seine Zähne schimmerten.
Das Funkgerät knackte. „Kai. Kai!“ Robert presste die Worte heraus. „Scheiße, Kai, hörst du mich? Es gibt hier ein Problem. Hörst du mich?“
Wie in Zeitlupe bewegte Kai das Funkgerät. Er betätigte die Sprechtaste, öffnete den Mund, doch Evelyn hörte seine Worte nicht mehr, denn in diesem Augenblick explodierte die Welt um sie herum, und alles verschwand in einem grellen, weißen Licht.

Die Finsternis umgab ihn wie Blutegel, heftete sich schmatzend an seinen Körper, schien seinen Platz einnehmen zu wollen. Mit jedem Atemzug drang sie tiefer in ihn ein.
Der Lichtkegel wirkte jetzt schmaler, auch er ließ sich von der Dunkelheit einengen wie Roberts Körper von der Truhe – und zuckte wie in einem Todeskrampf, weil die Hand, die seine Richtung bestimmte, so stark zitterte.
Robert drückte auf die Sprechtaste.
Kai, Mann, melde dich, das ist nicht lustig!
Das Funkgerät schwieg, und dieses Schweigen, diese Abwesenheit jeglichen Geräusches war wie die Stimme der Dunkelheit selbst, so wie ihr Körper das Fehlen von Licht war.
Robert richtete die Lampe auf die Stelle der Truhe, an der Erde hereinrieselte. Nicht viel, doch es beunruhigte ihn. Wenn der Deckel verzogen war, hielt er vielleicht dem Druck nicht stand.
Noch immer kam keine Antwort.
Er spürte, wie sich in ihm etwas regte; gleich eines Drangs, die Arme nach oben zu reißen, mit den Füßen auszuschlagen und gegen den Deckel der Truhe zu brüllen. Er hielt sich zurück und verlagerte sein Gewicht, um eine bequemere Position einzunehmen.
Ganz ruhig, sagte er sich. Da ist nichts passiert. Nichts. Wenn sie merken, dass keine Verbindung mehr besteht, graben sie mich wieder aus.
Die aufkommende Panik ließ nach, doch das Keuchen seines Atems wurde dennoch lauter, prallte von den Wänden ab und schwang durch die Truhe wie das Echo aus einem Grab. Er stellte sich vor, was geschehen würde, wenn die Lampe ausfiel. Wenn die Batterien jetzt den Geist aufgaben und die Dunkelheit ihn mit einem Mal verschluckte.
Dann schreie ich so laut ich kann. Doch wenn er einmal damit begonnen hatte, wie sollte er je wieder aufhören?
Er versuchte, den Deckel der Truhe zu heben, doch es lag bereits zu viel Erde darauf, und der Platz reichte nicht aus, um vernünftig Kraft auszuüben.
Wenn sie mich vergessen?

Unmöglich.
Niemand weiß, dass ich hier bin. Außer Evelyn und Kai, es sei denn, sie haben es noch jemandem erzählt.
Er war allein. Und während die Finsternis in seinen Körper drang, strömte Schweiß daraus hervor.
Sein Keuchen wurde lauter. Das Zucken des Lichtkegels nahm zu, er sah seine angewinkelten Beine, sah die Schatten, die durch die Truhe hüpften – und auf einmal war zwischen diesen Schatten ein kreideweißes Gesicht, das ausdruckslos auf ihn starrte.
Er sog Luft ein, doch etwas in ihm verkrampfte sich, sodass statt eines Schreis nur ein Röcheln über seine Lippen kam. Die Lampe fiel ihm aus der Hand, und mit dem Licht verschwand auch das Antlitz in der Dunkelheit.
Er dachte an den Bruder, den toten Zwilling.
Hektisch griff er nach der Lampe, hielt den Lichtstrahl auf das andere Ende der Truhe – und sah nichts. Wo hatte sich der Andere versteckt?
Robert richtete sich auf, so gut es ging, und durchleuchtete die Truhe. Sie war so unendlich klein, wie sollte hier noch jemand hineinpassen? Und dennoch –
In diesem Augenblick hörte er klar und deutlich ein leises Scharren. Doch es war nicht die Erde, die vom Deckel der Truhe gehoben wurde, sondern es kam von unten.
Etwas kratzte von außen am Boden der Truhe.
Das Unwesen.
Es hatte seine Witterung aufgenommen, und nun war es hier.

Sie rannte durch den Regen, verfolgt von Blitz und Donner, angetrieben vom Anblick des leblosen Körpers ihres Bruders.
Etwas war passiert, doch eine Lücke in ihrer Erinnerung verbarg das Geschehene. Im einen Moment waren sie noch vor dem beinahe zugeschütteten Loch gestanden, im anderen lagen sie beide auf dem Boden. Doch im Gegensatz zu ihr öffnete Kai seine Augen nicht, selbst dann nicht, als kalte Tropfen auf ihn prasselten und seine Kleidung durchtränkten.
Tränen vermischten sich auf ihren Wangen mit dem Regen, ihre Beine zitterten und drohten, unter ihr nachzugeben – dennoch rannte sie, beherrscht von nur einem Gedanken: Sie musste nach Hause, so schnell es ging. Was auch immer passiert war, Kai brauchte Hilfe.
Ihr Schluchzen nahm sie nur am Rande wahr, und plötzlich fühlte sie sich wieder wie ein kleines Mädchen, dem ein Unglück zugestoßen war – das sich vielleicht angeschlagen oder die Finger verbrannt hatte. Sie wollte zu ihrer Mama, weil sie mit der Situation nicht zurecht kam. Irgendwie war die Welt aus den Fugen geraten, und der einzige Mensch, der die Ordnung wieder herstellen konnte, war ihre Mama – sei es mit einer Umarmung, tröstenden Worten oder einfach mit ihrem vertrauten Geruch. Wenn sie es bis in die Arme ihrer Mama schaffte, konnte ihr – und auch Kai – nichts mehr passieren. Etwas anderes würde ihre Mama niemals zulassen.
Und als sie ihr Haus von weitem sah, schaffte sie es tatsächlich, noch schneller zu rennen.
Die Eingangstür war verschlossen, und Evelyn drückte immer wieder auf die Klingel. Niemand öffnete. Sie hörte keine Schritte, kein Klappern von Geschirr, nicht einmal den Fernseher oder das Radio. Die Rufe nach ihrer Mama gingen im Gebrüll des Gewitters unter.
Dann fiel ihr der Blumentopf ein, unter dem immer ein Ersatzschlüssel lag – auch dies eine Idee ihrer Mama, und sie drehte den Topf, nahm den Schlüssel und schloss die Tür auf, und da war er, der vertraute Geruch, sie wusste, gleich war sie in Sicherheit, gleich, jetzt hörte sie sich selbst nach ihrer Mama rufen, rannte ins Wohnzimmer, und da lag sie doch, da lag sie doch auf dem Sofa, warum antwortete sie denn nicht, und Evelyn rannte zu ihr, rief jetzt den Namen ihres Bruders, wollte alles erzählen, doch ihre Mama schlief, wie konnte sie schlafen, und dann sah Evelyn ihre offenen Augen, es war wie in einem Albtraum, wieder war das Vertraute so fremd, warum schlief ihre Mama auf dem Sofa mit offenen Augen –
Erst jetzt sah Evelyn den dunkelroten Fleck auf ihrem Oberteil, sah den gebrochenen Blick ihrer Mutter. Sprachlos vor Entsetzen wich sie zurück, ihr Verstand reichte nicht aus, um das Geschehene zu verarbeiten.
Sie hörte Schritte hinter sich, und als sie sich umdrehte, war da ihr Vater – und hinter seinem verweinten, breiigen Gesicht, hinter seinem rasenden Blick sah sie das Unwesen. Kai hatte falsch gelegen – es hatte sich niemals in der Erde versteckt, sondern immer schon in der Seele ihres Vaters. Tief begraben hatte es dort gelauert, nur um jetzt, da sie es an einer ganz anderen Stelle gesucht hatten, zu erscheinen.
Das Unwesen trat auf sie zu, hob das Gewehr – und schluchzte. Und so war das letzte, das Evelyn hörte, das vertraute Weinen ihres Vaters.

Das Gesicht war verschwunden.
Das Kratzen war verstummt.
Zumindest für den Augenblick.
Längst hatte er die Kamera aus der Hand gelegt, doch von der Lampe wollte er sich nicht trennen – sie war seine einzige Waffe gegen die Dunkelheit. Und mit der Dunkelheit, dessen war er sich sicher, würde auch das Unwesen zurückkommen.
Etwas war schrecklich schief gegangen. Robert traute Kai zwar zu, ihm einen Streich zu spielen, doch Evelyn würde da niemals mitmachen – oder? Sie würde ihn notfalls allein ausgraben, und vielleicht musste er sich nur noch ein paar Minuten gedulden.
Vielleicht grub sie bereits, begleitet vom Gelächter ihres Bruders.
Er sah ihr Gesicht vor sich, ihr kastanienbraunes Haar, ihre grünen Augen – diese Eindrücke befreiten sein Herz von seiner Beklemmung, und er fühlte sich besser.
Ein paar Mal hatte er gerufen und mit den Fäusten gegen den Deckel geschlagen – doch die Geräusche waren bereits in der Truhe entsetzlich leise gewesen.
Nein, er musste nur warten. Nicht rufen. Er musste Luft sparen. Wenig atmen.
Doch sein keuchendes Schnaufen wollte sich nicht beruhigen.
Immer wieder versuchte er, seinen Körper zu verschieben, bequemer zu liegen.
Das Warten war schlimmer als alles andere. Er fragte sich, ob das Unwesen draußen lauerte und nur darauf wartete, bis das Licht ausfiel. Vermutlich war es so, denn das Unwesen war Licht nicht gewöhnt.
Wieder brüllte er.
Wieder schlug er um sich.
Wieder gab er es auf.
Nicht brüllen. Wenig atmen. Und warten.
Die Anspannung zerriss ihn beinahe.
Er sah das Messer auf seinem Bauch liegen. Vermutlich würde es gegen das Unwesen nichts helfen, doch er konnte – im schlimmsten, im allerschlimmsten Notfall, doch so weit würde es nicht kommen – sich selbst die Pulsadern aufschneiden, um dem Unwesen zu entkommen.
Wie lächerlich der Gedanke doch war.
Gleich würden sie bei ihm sein.
Er nahm das Messer in die freie Hand, hielt die Klinge an sein linkes Handgelenk, fuhr damit leicht auf und ab. Ja. Es würde gehen. Aber es war doch so abwegig.
Robert lauschte.
Hoffte.
Und wartete.

 

Hallo Schwups,

wow, Hut ab, mal wieder eine sehr gute Geschichte von dir.

Hat mir ausgesprochen gut gefallen. Du hast die Kinder und ihre Welt gut beschrieben, ich hatte immer Bilder vor Augen und konnte ihr Verhalten gut nachvollziehen. Du hast sie auch geschickt eingeführt; die schon so erwachsene Evelyn, Robert, der auf sie steht, und Kai, der nur seinen Film im Kopf hat (der hat mich übrigens sehr an den Regisseurjungen aus Super 8 erinnert, hast du den Film gesehen?).

Zuerst fand ich die Geschichte einfach unterhaltsam, und als das dann los ging mit dem Unwesen und dem Experiment, wurde sie richtig spannend.
Die Szenen mit Robert in der Truhe waren sehr intensiv, das konnte ich alles sehr gut nachempfinden. Und das Ende hat echt gut geschockt, und zwar doppelt (weißt..)!
Da wünschte ich mir, ich sei noch einmal ein kleiner Junge beim Lesen und würde die Geschichte aufnehmen wie damals, dann hätte die noch mehr geballert!

Ok, bisschen Textkram:

Wie ein Verdurstender das Wasser versuchte sie, diesen Traum festzuhalten
Wasser, versuchte (würd ich besser finden, sonst bleibt man hängen)

Schläfrigkeit überkam sie, und kurz bevor sie von ihr in den nächsten Traum begleitet worden wäre, hörte sie das Wimmern.
Hier würde ich doch besser finden (das worden wäre sagt ja auch aus, dass es nicht so war)

Evelyn erkannte es sofort – und war umso entsetzter, wie so häufig, wenn plötzlich Fremdes im Vertrauten entdeckt wird.
Gut!
Da waren auch noch so andere Gedanken über Horror, mochte ich!

Evelyn zog die Beine an den Körper, versuchte sich ganz klein zu machen, doch das einsame Schluchzen drang in jede Pore ihres Körpers, und sie begann zu zittern.
Eins würde ich streichen

„Das ist auch so ein Beispiel von älter werden –
Älterwerden

Evelyn überlegte, was passierte, wenn Robert in der Finsternis die Taschenlampe nicht wieder fand.
wiederfand

Die Finsternis umgab ihn wie ein Blutegel, heftete sich schmatzend an seinen Körper, schien seinen Platz einnehmen zu wollen.
Plural würde ich stärker finden

Robert richtete die Lampe auf die Stelle der Truhe, an der Erde hinein rieselte.
hineinrieselte

Er sog Luft ein, doch etwas in ihm verkrampfte, so dass statt eines Schreis nur ein Röcheln über seine Lippen kam.
sodass

Sie rannte durch den Regen, verfolgt von Blitz und Donner, angetrieben vom leblosen Körper ihres Bruders.
Das klingt so, als würde seine Leiche hinter ihr herrennen

und sie drehte den Topf und nahm den Schlüssel und schloss die Tür auf, und da war er, der vertraute Geruch, und sie wusste, gleich war sie in Sicherheit, gleich, jetzt hörte sie sich selbst nach ihrer Mama rufen, und sie rannte ins Wohnzimmer, und da lag sie doch, da lag sie doch auf dem Sofa, warum antwortete sie denn nicht, und Evelyn rannte zu ihr, rief jetzt den Namen ihres Bruders, wollte alles erzählen, doch ihre Mama schlief, wie konnte sie schlafen, und dann sah Evelyn ihre offenen Augen, und es war wie in einem Albtraum, wieder war das Vertraute so fremd, und warum schlief ihre Mama auf dem Sofa mit offenen Augen –
DAs hat mir nicht so gefallen. Schon klar, das soll ihre Hektik veranschaulichen, aber mir waren's zu viele unds und ich fand's insgesamt etwas too much

Kai war falsch gelegen –
hatte

Er sah das Messer auf seinem Bauch liegen. Vermutlich würde es gegen das Unwesen nichts helfen, doch er konnte – im schlimmsten, im allerschlimmsten Notfall, doch so weit würde es nicht kommen – sich selbst die Pulsadern aufschneiden, um dem Unwesen zu entkommen.
Wie lächerlich der Gedanke doch war.
Das wär in meinen Augen nicht nötig gewesen. Das mit dem Vater hat gerade so reingehauen, dass es das nicht mehr braucht

Gleich würden sie bei ihm sein.
Warum plötzlich sie?

Gern gelesen!

Viele Grüße,
Maeuser


Ach ja, eine Sache noch: Evelyn ist so erwachsen, aber sie protestiert nicht einmal richtig bei der Truhensache? Würd ich noch einbauen.

 

Hallo Schwups

Du hast das TdS mit einem Stück bereichert, das in seiner Realitätsnähe nachhaltig erschreckend wirkt. Der Einstieg packte mich und der Schlussteil ab der Versenkung der Truhe erzeugte mir intensive Spannung. Doch zwischendurch war es trotz gut geführten Dialogen und Handlungen etwas zäh, das Weinen des Vaters erhielt da keine klare Begründung. Vielmehr schwenktest du auf das Ferienerleben von Kindern um, wie es jedermann in einer Form aus seinem Leben berichten könnte. Natürlich nicht gleich mit hervorgekehrten Eigenweiden eines Haustieres. Hier fühlte ich mich als Leser etwas hingehalten, nachdem du bereits ein Zückerchen verteiltest.
Ab der Versenkung Roberts in der Grube nimmt es dann aber rasant schnell infernale Züge an, wird zum mörderischen Fiasko für alle Beteiligten. Der Schrecken liess mich fasziniert die Worte aufsaugen, um die sich überschlagenden Geschehnisse möglichst rasch zu erfahren. Die Umschaltung der Handlungen zwischen den verschiedenen Kindern gab der Dramatisierung noch eine zusätzliche Wirkung. Während der Verdacht nahe stand, dass Robert umkommen wird, wurde ich von den weiteren Opfergaben völlig überrascht.

Was mich beim Lesen stutzen liess:

Am liebsten hätte sie Zuflucht in ihrem Zimmer gesucht, doch das Weinen hielt sie gebannt wie der Gesang von Sirenen.

Beim Klang von Sirenen denke ich eher an schrillen, dröhnen o. ä., da sie funktionsgemäss durchdringend sein müssen. Gesang konnte ich in meiner Vorstellung dazu nicht erkennen.

Dem Thema wurdest du vollauf gerecht. Und auch, wenn ich mir im Mittelteil eine Kürzung vorstellen könnte, habe ich es sehr gern gelesen. Glücklicherweise nicht zu nächtlicher Stunde, da es eine Warnung vor nachhaltigen Albträumen verdient.

Schöne Grüsse

Anakreon

 

Beim Klang von Sirenen denke ich eher an schrillen, dröhnen o. ä., da sie funktionsgemäss durchdringend sein müssen. Gesang konnte ich in meiner Vorstellung dazu nicht erkennen.

Ja hier geht es aber nicht um Sirenen sondern um den Gesang der Sirenen.

Eine Sirene ist in der griechischen Mythologie ein weibliches Fabelwesen (Mischwesen aus ursprünglich Frau und Vogel, später auch Frau und Fisch), das durch seinen betörenden Gesang die vorbeifahrenden Schiffer anlockt, um sie zu töten.

 

Na klar, mit der Sirenen wird es eindeutig, dass es hier ein Rückgriff auf die griechische Mythologie ist. Das der anstelle von solltest Du noch im Text anpassen, Schwups.

Schöne Grüsse

Anakreon

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Schwups

Da ist dir aber eine feine Horror Story zur TdS gelungen. Du hast ein gutes Händchen für authentische und mitreissende Dialoge.

Das Folgende ist wirklich nur Rumgemäkel auf hohem Niveau, und soll zum Teil "nur" als Anregung dienen. ;)

Wie ein Verdurstender das Wasser versuchte sie, diesen Traum festzuhalten, doch er entglitt ihr ebenso schnell.
- Ich finde den Vergleich zu einem Verdurstenden, der versucht, Wasser festzuhalten, bevor es ihm entgeleitet, etwas komisch. Ein Traum verblasst ja eher.

Sie roch brennende Grillanzünder und Sonnencreme auf ihrer Haut.
Autsch, Grillanzünder auf der Haut? ;)

„Du weißt genau, dass du sonst nicht mit uns in den Urlaub hättest fahren können“
Das klingt, als wollte Evelyn eigentlich lieber beim Familienurlaub mitmachen.
„Du weißt genau, dass wir in den Urlaub fahren“, ...

Wir stecken dich in eine Kiste und begraben dich.
WW / ... und vergraben sie.

Während man im Winter vor der Dunkelheit flüchtete, begrüßte man sie im Sommer und machte es sich darin bequem.
Schönes Bild!

Er lebte noch immer in der unbeschwerten Welt der Kindheit, während sie selbst begonnen hatte, diese zu verlassen. Sollte sie ihn da herausreißen? Würde das nicht früh genug von alleine geschehen?
Auch wenn du Evelyn bereits erwachsener zeichnen möchtest, so wirkt das auf mich doch eher wie ein erwachsener Erzähler aus dem Off.

wie unterschiedlich sie doch erwachsen wurden.
Auch hier, denkt mit 14 eher: wie unterschiedlich sie doch waren.

Die Kiste war in Wirklichkeit eine alte Truhe, die bis heute im Keller von Evelyn und Kai gestanden hatte.
Wirkt in der Form etwas komisch, da du die Truhe bereits zwei Mal im ersten Teil vorgestellt hast.

Kai schloss den Deckel, und die einziehende Finsternis verstärkte den Geruch nach Moder und vergilbtem Papier.
Besser nur Finsternis, tritt nach dem Deckelschliessen ja sofort ein.

„Vielleicht sollten wir ein bisschen Erde übrig lassen?“, fragte sie.
Auch wenn ich weiss, was du damit meinst, fände ich "Vielleicht sollten wir das Loch nicht ganz zuschütten" besser.

Robert richtete die Lampe auf die Stelle der Truhe, an der Erde hinein rieselte.
hereinrieselte

Er versuchte, den Deckel der Truhe zu heben, doch dieser war bereits zentnerschwer,
Das Gewicht des Deckels verändert sich nicht, konkret liegt da aber zentnerweise Erde darauf, deshalb lässt sich der Deckel keinen Millimeter bewegen.

Er sog Luft ein, doch etwas in ihm verkrampfte,
verkrampfte sich

Ihr Schluchzen nahm sie nur am Rande war, und plötzlich fühlte sie sich wieder wie ein kleines Mädchen, dem ein Unglück zugestoßen war – das vielleicht gestürzt war oder sich die Finger verbrannt hatte.
WW


Dann fiel ihr der Blumentopf ein, unter dem immer ein Ersatzschlüssel lag – auch dies eine Idee ihrer Mama, und sie drehte den Topf und nahm den Schlüssel und schloss die Tür auf, und da war er, der vertraute Geruch, und sie wusste, gleich war sie in Sicherheit, gleich, jetzt hörte sie sich selbst nach ihrer Mama rufen, und sie rannte ins Wohnzimmer, und da lag sie doch, da lag sie doch auf dem Sofa, warum antwortete sie denn nicht, und Evelyn rannte zu ihr, rief jetzt den Namen ihres Bruders, wollte alles erzählen, doch ihre Mama schlief, wie konnte sie schlafen, und dann sah Evelyn ihre offenen Augen, und es war wie in einem Albtraum, wieder war das Vertraute so fremd, und warum schlief ihre Mama auf dem Sofa mit offenen Augen –
Die abgehackte, nur kommagetrennte Erzählweise, unterstreichen die Aufgeregtheit, der SOC als Stilmittel ist soweit gut, allerdings lässt du den Leser hier kaum zu Atem kommen. (Maeuser hat die unds bereits erwähnt, sehe ich;)


Fazit:
Die Geschichte nimmt gegen Ende hin immer mehr Fahrt auf, rutscht nie ins Absurde ab, sondern bleibt wohltuend glaubhaft bis zum Schluss. Mit dem Familiendrama um Kais Blitzschlagtod, gefolgt vom mordenden Vater (ich bin sicher, er bringt auch sich noch um) lässt du Robert in seinem Kampf zwischen Hoffen, Bangen und Resignation zurück.
Das ist der wahre Horror. Empfehlung vollkommen gerechtfertigt!

Deine Geschichte hat mich gut unterhalten.
Gruss dot

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Schwupps

Die Idee ist meisterhaft! Dafür zoll ich Dir meinen Respekt.
Darüber hinaus sind die Kinder glaubhaft dargestellt. Die Geschichte ist wirklich spannend und größtenteils gut erzählt. Das Ende ist gemein und was ich am Besten fand: Man bekommt genauso viel Monster serviert, dass es gruselig und glaubhaft bleibt. Gerade den letzten Punkt finde ich wirklich toll gelöst.
Aber, MANN! Die erste Seite, die haste Du meiner Meinung nach echt verpfuscht. Ich hab mehrere Anläufe gebraucht, weil ich mich so ärgern musste.
Aber schön, packen wir es an:

Hab ich geschrien?
Dunkelheit umgab Evelyn, als sie ihre Augen aufschlug. Sie hörte ihren hektischen Atem und spürte das klebrige T-Shirt auf ihrem Körper – sonst war da nichts.
Hab ich?
Beim ersten Mal hatte ich die Sätze noch geschluckt, aber mit jedem weiteren Mal war ich mehr genervt.
Frage: Wieso ist es für Evelyn wichtig, dass sie geschrien hat?

An sich ist klar, was die ersten Sätze einer Geschichte bewirken sollen, aber je weniger offensichtlich das ist, umso pfiffiger finde ich den Anfang. Hier finde ich dieses „Hab ich geschrien?“ ziemlich entlarvend. So nach dem Motto: Bei einer wirklich guten Horrorgeschichte wird schon im ersten Satz geschrien.
Ich persönlich empfinde so was als billig.

Zu deutlich stand ihr noch das verbrannte Gesicht ihres Bruders vor Augen; ein Fetzen ihres Traums, der sie bis in ihr Zimmer verfolgt hatte. Wie ein Verdurstender das Wasser versuchte sie, diesen Traum festzuhalten, doch er entglitt ihr ebenso schnell.
Das hier wirkt auch aufgesetzt und riecht nach Effekthascherei. Das Bild von dem verbrannten Gesicht steht so zusammenhangslos im Raum und erfüllt eigentlich nur den Zweck, um von Anfang an auf die Tube zu drücken – sprich: künstlich Action und Spannung zu erzeugen.
Finde ich ebenfalls billig und ganz schlecht gelöst.

Blind tastete sie durch das Bett; wo die Wand hätte sein sollen, fanden ihre Finger nur Leere. Sie fragte sich, ob das überhaupt ihr Bett war, und in ihre Verwirrung mischten sich Zweifel und Angst.
Und jetzt wird’s richtig theatralisch. Mein Gott, der Alptraum des Mädchens muss wirklich heftig gewesen sein …
An Begrifflichkeiten fallen da auf: „Blind tastete sie“, „fanden … nur Leere“, „in ihre Verwirrung mischten sich Zweifel und Angst“.
Zum Glück findet sich die Erlösung schon im nächsten Satz – zuviel will man dem Leser schließlich auch nicht zumuten. Man ist ja erst am Anfang der Geschichte [/Ironie]:
Dann endlich entdeckte sie zu ihren Füßen die Leuchtziffern des Weckers. Erleichtert stellte sie fest, dass sie sich im Schlaf nur gedreht hatte und nun mit dem Kopf am Fußende des Bettes lag.

Aber halt, ist der Schrecken wirklich schon vorbei?
Evelyn kicherte, doch in der Dunkelheit klang es unheimlich, wie das Lachen einer Irren. Sie stellte sich vor, ihr Zimmer mit einer verrückten Frau zu teilen, die sich tagsüber versteckt hielt und nur bei Nacht herauskam.

Und jetzt wird es wirr – na ja, ist ja auch mitten in der Nacht, man hatte einen Alptraum und musste im Bett verkehrt herum schlafen:
Der Gedanke ließ sie trotz der Hitze tiefer unter ihre Decke schlüpfen.
Das ist noch halbwegs verständlich man erschrickt sich vor seinem eigenen Lachen, wovon ein gruseliges Bild vor dem geistigen Auge entsteht und versteckt sich unter der Bettdecke – nicht neu, aber ok. Man ist schließlich noch Kind.
Es war kurz nach halb zwei, das bedeutete, sie war seit eineinhalb Stunden vierzehn.
Oder vielleicht doch nicht mehr ganz Kind, sondern doch eher ein Teenager mitten in der Pubertät? Dann darf man schließlich ein bisschen rumflippen, oder?
Schläfrigkeit überkam sie …
oder auch nicht. Schlafen ist ja auch viel schöner als flippen.
, und kurz bevor sie von ihr in den nächsten Traum begleitet worden wäre, hörte sie das Wimmern. Augenblicklich schreckte sie hoch. Dieses Geräusch entsprang nicht ihrer Einbildung; es kam direkt aus der Finsternis und klang unterdrückt, wie das Schluchzen eines Kindes, das von den Eltern nicht bemerkt werden will.
Evelyn erkannte es sofort – und war umso entsetzter, wie so häufig, wenn plötzlich Fremdes im Vertrauten entdeckt wird.
Und nach dem ganzen Vorgeplänkel, kommt jetzt der entscheidende Teil und was braucht man da? Eine bedeutungsschwangere Pause!
Trommelwirbel:
Es war das Weinen ihres Vaters.
Sie stieg aus dem Bett und schlich mit langsamen Schritten durch ihr Zimmer, und weil sie die Gewissheit wollte, die sie nicht mehr brauchte, öffnete sie die Tür. Das Wimmern schwoll an, bohrte sich aus dem Wohnzimmer in ihr Herz, und als sämtliche Kraft aus ihren Beinen wich, setzte sie sich.
Klingt so seltsam gewollt und unheilvoll. Was aber soll an dem Vorgang des Hinsetzens unheilvoll sein? Statt unheimlich zu sein, wirkt es fast ein wenig komisch.
Sorge und Mitleid lähmten ihren Körper.
Oh Mann, es lähmte sie gleich? Klingt ebenfalls aufgesetzt.
Am liebsten hätte sie Zuflucht in ihrem Zimmer gesucht,
Wieso, ist sie denn nicht mehr in ihrem Zimmer? Ich dachte, Sie hat nur die Tür aufgemacht?
doch das Weinen hielt sie gebannt wie der Gesang von Sirenen. Sie musste wissen, wann es endete. Oder ob es schlimmer wurde.
Evelyn zog die Beine an den Körper, versuchte sich ganz klein zu machen, doch das einsame Schluchzen drang in jede Pore ihres Körpers, und sie begann zu zittern.
Es war der erste Tag der Sommerferien.
Alles recht theatralisch, übertrieben und von der Wirkung her künstlich. Statt Eintopf, gibt’s leider nur so ne wässrige Instantbrühe.

Evelyn liebte den Sommer. Für sie war es die Jahreszeit der Freiheiten und der gelockerten Regeln, wenn sie mit ihren Freundinnen bis spät in den Abend draußen bleiben und sich wie eine Erwachsene fühlen konnte. Manchmal gelang es den Sonnenstrahlen gar, ihre Sorgen zu durchbrechen, und dann ließ sie der Geruch von frisch gemähtem Gras und das Lachen spielender Kinder innerlich aufleben.
Show, don’t tell!
Heute war kein solcher Tag.
wieder so eine Stelle. Ein theatralischer Fingerzeig nach einer bedeutungsschwangeren Kunstpause. Keine Ahnung, wie andere das lesen und empfinden. Aber weiter als bis hierhin, habe ich es die ersten Male nicht geschafft.
Zu tief erschüttert hatte sie die vergangene Nacht
dem kann ich nur zustimmen, wenn auch aus anderen Gründen.
… – seit langem spürte sie bereits, dass ihre Eltern unglücklich waren, sowohl jeder für sich wie auch als Ehepaar, doch die Tränen ihres Vaters gaben dieser Traurigkeit einen neuen, ungewohnten Ausdruck. Jetzt, im Garten ihres Hauses, beobachtete sie ihn, wie er Kohle in einen Grill schüttete. Manchmal hatte er an diesem Tag gelächelt, doch niemals mit den Augen. Auch in diesem Moment war sein Blick leer; die Lippen hielt er fest zusammengepresst, als würde er versuchen, etwas in sich zu halten, das nach draußen drängte.
Erst jetzt kommt die Geschichte in einen „natürlichen“ Erzählfluss.
<bedeutungsschwangere Pause>
Nach über einer Seite Text!

Aber genug gemeckert. Ab hier nimmt die Geschichte Fahrt auf und wird von Minute zu Minute spannender. Einzig und allein der kursive Teil, wo aus dem Tagebuch vorgelesen wird, fand ich auch nicht so spritzig. Erst wusste ich nicht was das sollte und dann dachte ich mit: So schreibt keiner Tagebuch, auch nicht vor hundert Jahren.
Aber das konnte ich verschmerzen. Enttäuschend fand ich wirklich NUR den Anfang und den wollte ich Dir um die Ohren hauen – insbesondere wenn der Rest echt einfährt.

Soviel von mir.

Viele Grüße

Mothman

PS: Hier noch ne Kleinigkeit, die mir beim Lesen aufgefallen ist.

Wie in Zeitlupe bewegte Kai das Funkgerät. Er betätigte die Sprechtaste, öffnete den Mund, doch Evelyn hörte seine Worte nicht mehr, denn in diesem Augenblick explodierte die Welt um sie herum, und alles verschwand in in einem grellen, weißen Licht.

Doppeltes "in" - bitte streichen.

 

Hallo zusammen

Bevor ich einzeln auf eure Antworten eingehe, möchte ich mich zunächst bei allen fürs Lesen & Kommentieren des - zugegebenermaßen nicht ganz kurzen - Textes bedanken. Es ist immer wieder interessant zu erfahren, wie der Text auf Dritte wirkt, und es freut mich, dass das Feedback größtenteils positiv ausgefallen ist. Vor allem beim Ende war ich skeptisch, ob es nicht doch zu unwahrscheinlich, zu gestellt rüberkommt (Blitzschlag und Amoklauf) - umso schöner, dass es als glaubhaft und realitätsnah bezeichnet wurde.

Danke auch für die vielen Anmerkungen zum Text - ich hab alles übernommen bis auf die Dinge, die ich nochmal gesondert erwähne.

Aber nun ins Detail:

Maeuser:

Du hast die Kinder und ihre Welt gut beschrieben, ich hatte immer Bilder vor Augen und konnte ihr Verhalten gut nachvollziehen.

Super wenn das so rüberkam. Ich hab versucht, sehr viel von der Charakterisierung in die Dialoge hineinzupacken.

und Kai, der nur seinen Film im Kopf hat (der hat mich übrigens sehr an den Regisseurjungen aus Super 8 erinnert, hast du den Film gesehen?).

Nein, ich hab den Film nicht gesehen, aber ich hab während ich die Geschichte geschrieben habe einen Artikel über den Film gelesen und musste dabei auch an Kai denken. Eine gewisse Ähnlichkeit - in diesem Fall allerdings unbewusst - ist also wohl vorhanden.

Zuerst fand ich die Geschichte einfach unterhaltsam, und als das dann los ging mit dem Unwesen und dem Experiment, wurde sie richtig spannend.

Schön, wenn dir auch der Mittelteil gefallen hat, in dem ja nicht so wahnsinnig viel passiert und mehr die Figuren im Vordergrund stehen. Da hatte ich schon ähnliche Befürchtungen wie Kai - der sinngemäss sagt, man muss dem Leser / Zuschauer etwas bieten, damit er bei der Stange bleibt.

Danke dir auch für die ausführliche Textarbeit.

Hierzu folgende Anmerkungen:

In der letzten Szene mit Evelyn gibt es diesen langen Satz mit den vielen "und"s. Du hast Recht, es sollte Hektik veranschaulichen, aber ich seh ein, dass es übertrieben wirkt - Dotslash hat das ja auch angemerkt. Also ich werde diesen Teil nochmal überarbeiten und etwas umschreiben, damit er flüssiger klingt.

Die Sache mit dem Messer am Ende möchte ich gerne drin behalten, weil es in meinen Augen nochmal verdeutlicht, in welchem Maße Robert verzweifelt ist, obwohl er versucht, sich das nicht einzugestehen. Ich denke, das schlimmste am Begrabensein ist das langsame Warten auf den Tod, und wenn dann ein Messer in Reichweite liegt, denkt man schonmal daran, die Wartezeit abzukürzen - wenn man denn keine Hoffnung mehr auf Rettung hat.

Gleich würden sie bei ihm sein.
Warum plötzlich sie?

Evelyn und Kai, die Retter oder wer auch immer zu ihm kommt - ich weiss, es gibt eine Stelle kurz zuvor, wo er vermutet, dass nur Evelyn allein gräbt - doch dies ist nur eine der möglichen Varianten, daher finde ich, kann der Plural hier bleiben.

*****

Anakreon:

Du hast das TdS mit einem Stück bereichert, das in seiner Realitätsnähe nachhaltig erschreckend wirkt. Der Einstieg packte mich und der Schlussteil ab der Versenkung der Truhe erzeugte mir intensive Spannung.

Cool :)

Doch zwischendurch war es trotz gut geführten Dialogen und Handlungen etwas zäh, das Weinen des Vaters erhielt da keine klare Begründung.

Ja das glaube ich, insbesondere, wenn nicht ganz klar ist, wie der zweite Handlungsstrang, Evelyns Sorge um ihren Vater, in die Geschichte passt. Am Ende löst es sich dann ja auf, und wenn ich es am Anfang nicht erwähne, wirkt es so unvorbereitet. Was den Text angeht, ich hab immer wieder überlegt, wo man kürzen könnte in der Mitte - aber ich finde, es braucht einfach die drei Teile, wo jeweils nur zwei der drei Jugendlichen miteinander reden. Anders bekomme ich sie nicht vernünftig charakterisiert - einzig beim letzten Abschnitt im Mittelteil mit Kai und Robert scheint mir Potential zum Streichen vorhanden, doch dann wird nicht so richtig klar, warum Robert in die Truhe steigt. Er muss ja denken, Evelyn bewundert ihn dafür.

Vielmehr schwenktest du auf das Ferienerleben von Kindern um, wie es jedermann in einer Form aus seinem Leben berichten könnte. Natürlich nicht gleich mit hervorgekehrten Eigenweiden eines Haustieres.

Nein, das ist in der Tat eine Ausnahmesituation. Aber irgendwie fand ich das reizvoll, so eine leicht verschlafene Truppe, die gemütlich im Garten grillt, und plötzlich wird das eigentlich schon begrabene Haustier präsentiert - mit diesem Bild hat die Geschichte erst ihren Lauf genommen.

Dem Thema wurdest du vollauf gerecht. Und auch, wenn ich mir im Mittelteil eine Kürzung vorstellen könnte, habe ich es sehr gern gelesen. Glücklicherweise nicht zu nächtlicher Stunde, da es eine Warnung vor nachhaltigen Albträumen verdient.

:) Vielen Dank für das Lob und deine Eindrücke zu dieser Geschichte!

*****

dotslash:

Auch dir herzlichen Dank fürs Kommentieren und die Textarbeit.

Wie gesagt, alles übernommen bis auf:

Ich finde den Vergleich zu einem Verdurstenden, der versucht, Wasser festzuhalten, bevor es ihm entgeleitet, etwas komisch.
Ein Traum verblasst ja eher.

Was ich damit sagen wollte: Es ist genauso unmöglich, einen Traum in der Erinnerung zu behalten wie Wasser in den bloßen Händen. Ich werde aber im ersten Teil noch größere Anpassungen vornehmen, vielleicht wird das dann noch geändert, mal sehen.

Auch wenn du Evelyn bereits erwachsener zeichnen möchtest, so wirkt das auf mich doch eher wie ein erwachsener Erzähler aus dem Off.

Wenn es erwachsen wirkt, ist das gut so - denn genauso will ich Evelyn in der Szene auch darstellen. Ich glaube nicht, dass es für eine Vierzehnjährige allzu untypisch ist, so zu denken, vor allem nicht für ein sehr empathisches Mädchen, das in einer Familie groß wird, die sich in einer schwierigen Situation befindet. Ich glaube, ihr ist dann schon bewusst, dass die Kindheit vorbei ist, dass sie erwachsen wird und dass sich ihre Perspektive - und damit auch ihre Sorgen, ihre Ängste - verschiebt. Ich finde, das klingt stärker, als wenn ich nur schreibe: "Wie unterschiedlich sie waren", denn das kann sich auf alles mögliche beziehen; hier soll aber genau der Prozess des Erwachsenwerden hervorgehoben werden.

Wie schon bei Maeuser erwähnt, werde ich den langen Satz im vorletzten Abschnitt nochmal gesondert korrigieren.

Mit dem Familiendrama um Kais Blitzschlagtod, gefolgt vom mordenden Vater (ich bin sicher, er bringt auch sich noch um) lässt du Robert in seinem Kampf zwischen Hoffen, Bangen und Resignation zurück.
Das ist der wahre Horror.

Genau so war es gedacht, und es freut mich, wenn es so auch beim Leser ankommt.

*****

Mothman:

Die Idee ist meisterhaft! Dafür zoll ich Dir meinen Respekt.

Danke :)

Aber, MANN! Die erste Seite, die haste Du meiner Meinung nach echt verpfuscht. Ich hab mehrere Anläufe gebraucht, weil ich mich so ärgern musste.

Gut, bevor ich jetzt im Detail auf jeden Punkt eingehe: Deine Kritik ist für mich zumindest in den Fällen nachvollziehbar, die sich auf den ersten Abschnitt beziehen. Ich muss dir da zustimmen, und ich wundere mich inzwischen selbst ein wenig, warum ich ihn in dieser Form in der Endfassung dringelassen habe. Als ich ihn geschrieben habe, hatte ich noch ein ganz anderes Ende im Sinn (Kai sollte am Ende verbrennen), das den Traum dann wie eine Art Vorahnung aussehen lassen sollte - aber so machts in der Tat keinen Sinn. Das mit dem "Hab ich geschrien" zu Beginn - ja, ist billig, geb ich dir Recht. Kommt auch raus.
Folgender Vorschlag: Ich werde den kompletten ersten Absatz umschreiben. Es wird im Prinzip dasselbe passieren, aber er soll weniger effekthascherisch daherkommen. Ich denke, das ist für die Geschichte besser. Der Albtraumn kommt dann aller Wahrscheinlichkeit nach raus. Was natürlich bleiben muss ist das Weinen des Vaters, und vor allem auch die Reaktion, die es auf Evelyn ausübt - sie kann es natürlich nicht einfach nur zur Kenntnis nehmen, sich umdrehen und weiterschlafen, es soll sie schon richtig erschüttern. Ob es dazu (abgedroschene) Floskeln wie "es lähmt ihren Körper" etc. braucht - vermutlich nicht. Ich werde auf diesen Absatz nochmal mein besonderes Augenmerk richten, mal sehen, ob das besser geht.

Einzig und allein der kursive Teil, wo aus dem Tagebuch vorgelesen wird, fand ich auch nicht so spritzig. Erst wusste ich nicht was das sollte und dann dachte ich mit: So schreibt keiner Tagebuch, auch nicht vor hundert Jahren.

Es sollte einfach eine andere Erzählstimme sein, aber ich denke, diesen Teil werde ich so lassen.

Aber das konnte ich verschmerzen. Enttäuschend fand ich wirklich NUR den Anfang und den wollte ich Dir um die Ohren hauen – insbesondere wenn der Rest echt einfährt.

Ich danke dir für deinen Kommentar und auch dafür, dass du an der Geschichte drangeblieben bist, auch wenn dich der Anfang überhaupt nicht angesprochen hat.

*****

Gut, also die meisten Änderungen sind drin. Was noch offen ist ist wie gesagt ein geänderter erster Absatz und der kleine Teil im vorletzten Absatz mit den vielen "und"s. Das werde ich in den nächsten Tagen überarbeiten.

Danke nochmal an alle und bis zum nächsten Mal!

 

Hallo Schwups (diesmal richtig geschrieben:))

Ich nochmal - ich hätte da ebenfalls eine Idee/Vorschlag.
Du schriebst:

Folgender Vorschlag: Ich werde den kompletten ersten Absatz umschreiben. Es wird im Prinzip dasselbe passieren, aber er soll weniger effekthascherisch daherkommen. Ich denke, das ist für die Geschichte besser. Der Albtraumn kommt dann aller Wahrscheinlichkeit nach raus. Was natürlich bleiben muss ist das Weinen des Vaters, und vor allem auch die Reaktion, die es auf Evelyn ausübt - sie kann es natürlich nicht einfach nur zur Kenntnis nehmen, sich umdrehen und weiterschlafen, es soll sie schon richtig erschüttern. Ob es dazu (abgedroschene) Floskeln wie "es lähmt ihren Körper" etc. braucht - vermutlich nicht. Ich werde auf diesen Absatz nochmal mein besonderes Augenmerk richten, mal sehen, ob das besser geht.

Wie wäre es damit: Die Geschichte beginnt mit der Geburtstagsfeier, in etwa so wie sie bereits dasteht. Bei der Gelegenheit könnte man dann das seltsame Verhalten des Vaters etwas mehr betonen.
Neu wäre jetzt der nächste Abschnitt.
Jetzt würde ich nämlich Evelyn aus dem Schlafen schrecken lassen. Gepeinigt von einem Alptraum, wo ein Unwesen ihren Vater durch den Garten verfolgt - unterirdisch und ein Bugwelle aus Erde vor sich hertreibend. In dem Moment wo das Wesen ihren Vater erreicht, wacht sie auf.
Während sie in der Dunkelheit langsam wieder zu sich findet, hört sie eigenartige Geräusche aus dem Garten kommen. Sie schleicht zum Fenster und sieht ihren Vater schluchzend auf einem der Gartenstühle sitzen. Doch das Schluchzen ist seltsam. Es klingt unterdrückt, manchmal mehr wie ein Kichern den wie ein Weinen und dann geschieht etwas, dass Evelyn mehr erschreckt als der Alptraum, der sie vor wenigen Minuten noch geplagt hatte. Sie beobachtet wie ihr Vater sich mit dem Gesicht zum Grill hinabbeugt und ihn mit der Zunge sauber leckt. ... na und so weiter.

Wenn man es so anpackt, dann spart man sich das prophetische Vorgeplänkel und alles geschieht aus einer scheinbaren Normalität heraus. Außerdem liefert der nachfolgende Alptraum eine Gelegenheit das Unwesen zu beschreiben, ohne das Du Dich als Autor später daran festhalten musst - schließlich war es ja nur ein Traum. Und letzter Punkt Du kannst den anbahnenden Konflikt mit dem Vater nochmal verschärfen, in meinem Beispiel jetzt auf einen zusätzliche unheimliche/verrückte Note. Andersherum, so wie es jetzt zu lesen ist, schwächt die Geburtstagsfeier das nächtliche Weinen des Vaters ab und verschwindet in der Geschichte dann vollends, bis es am Ende zum Fiasko kommt. Vielleicht hängt dann der Amoklauf auch nicht mehr so in der Luft.
Man Rat wäre, nicht nur den ersten Teil umschreiben, sondern vielleicht auch mit dem Ablauf der Geschichte an sich spielen.
Aber jetzt ist genug.

Viele Grüße

Mothman

 

Hey ho!

Ich fand die Geschichte bis zum Blitz super. Die Figuren hast du glaubhaft dargestellt, auch die Motive, die sie antreiben, einen ihrer Freunde zu begraben, das passt alles. Sehr stimmungsvoll. Auch die Details wirken und die hast du schön herausgearbeitet.

Ab dem Moment mit dem Blitz verliert die Geschichte für mich aber sehr viel. Dass dann alle sterben, verdirbt für mich den Horror. Ich hätte mir gewünscht, dass das Motiv "Schuld" im Vordergrund steht, dass jemand mit dem Gefühl leben muss, etwas Schreckliches getan zu haben. Für mich weckt der Anfang der Geschichte nämlich genau diese Erwartung: Wir wollen erwachsen sein und wir übernehmen uns damit!
Der Vaterkonflikt stand für mich im Hintergrund. Ich habe das überhaupt nicht wahrgenommen, als Nebenstrang vielleicht, nicht aber als Hauptmotiv (er ist ja das Monster!), und damit passt mir das Ende nicht ins Bild.

Auf was ich gewartet habe: Dass es zu regnen beginnt und das Grab volläuft, sie dann noch versuchen, den Freund wieder auszubuddeln - aber es funktioniert nicht. Und dann rennen sie heim, heim zu Mami, und dann passiert ja erst der Horror, der größte Kontrast in der Geschichte: Sie wollen zurück in die heile Welt (die du so wunderbar dargestellt hast, mit dem Geruch, mit der Stimme der Mutter), aber das können sie nie, nie wieder.

Und was machst du? Erst stirbt der eine, dann stirbt die Mutter, dann stirbt das Mädchen, und am Ende bleibt (mir) nichts als die Erinnerung an den ersten Teil.

Bis dann!

yours

 

Hallo Mothman

Wie wäre es damit: Die Geschichte beginnt mit der Geburtstagsfeier, in etwa so wie sie bereits dasteht. Bei der Gelegenheit könnte man dann das seltsame Verhalten des Vaters etwas mehr betonen.

Ursprünglich ging die Geschichte mit der Szene auch los, allerdings finde ich es schwierig, das Verhalten des Vaters sinnvoll darin unterzubringen. Glaub das war dann auch einer der Gründe, warum ich die Geschichte mit der Szene in der Nacht beginnen ließ.

Ich finde die Idee grundsätzlich gut und denke, in die Richtung zu überarbeiten (ich wollte es eigentlich unter der Woche machen, aber ich komme momentan nicht dazu, wird also wohl Wochenende werden ...). Also werde ich die ersten beiden Szenen umdrehen und vor allem die Szene in der Nacht umschreiben. Was das Weinen angeht, im Garten macht es in meinen Augen nicht so viel Sinn, das erscheint mit hier zu exponiert - derartige Dinge spielen sich innerhalb der Familien ab, da dringt in der Regel nichts nach außen.

Danke nochmal für den Vorschlag! Melde mich wieder wenn was Brauchbares dabei rausgekommen ist.

****

Hi yours

Ich fand die Geschichte bis zum Blitz super. Die Figuren hast du glaubhaft dargestellt, auch die Motive, die sie antreiben, einen ihrer Freunde zu begraben, das passt alles. Sehr stimmungsvoll. Auch die Details wirken und die hast du schön herausgearbeitet.

Danke für das Kompliment.

Ab dem Moment mit dem Blitz verliert die Geschichte für mich aber sehr viel. Dass dann alle sterben, verdirbt für mich den Horror. Ich hätte mir gewünscht, dass das Motiv "Schuld" im Vordergrund steht, dass jemand mit dem Gefühl leben muss, etwas Schreckliches getan zu haben. Für mich weckt der Anfang der Geschichte nämlich genau diese Erwartung: Wir wollen erwachsen sein und wir übernehmen uns damit!

Das Erwachsensein bzw. -werden steht im Vordergrund, allerdings wollte ich hier einen anderen Fokus setzen: Es sollte primär darum gehen, wie sich die Ängste (oder auch Sorgen) verändern. Monster aus Phantasiewelten (wie das Unwesen) verschwinden und machen "realeren" Ängsten Platz, wie bspw. dem Auseinandersetzen mit familiären Problemen. Eigentlich ist es ja auch nur Evelyn, die sich damit beschäftigt, sie glaubt nicht an das Unwesen und möchte Kai auf echte Probleme aufmerksam machen, der dafür aber überhaupt kein Verständnis hat und sofort wieder zu seinem Monster schwenkt.

Letzten Endes wäre es vermutlich konsequenter gewesen, Kai durch die Hand des Vaters sterben zu lassen.

Der Vaterkonflikt stand für mich im Hintergrund. Ich habe das überhaupt nicht wahrgenommen, als Nebenstrang vielleicht, nicht aber als Hauptmotiv (er ist ja das Monster!), und damit passt mir das Ende nicht ins Bild.

Es sind ja auch immer nur wenige Teile, die von diesem Konflikt in die Geschichte einfliessen. Die Tatsache, dass Menschen die "schlimmeren" Monster sind, ist sicherlich nicht neu - aber wie gesagt, hier ging es mir primär um die Abgrenzung zu einem Monster, an das Kinder glauben. Evelyn weiss das eigentlich, oder beginnt es zumindest zu erahnen - insofern ist sie am Ende vielleicht tatsächlich das "falsche" Opfer.

Auf was ich gewartet habe: Dass es zu regnen beginnt und das Grab volläuft, sie dann noch versuchen, den Freund wieder auszubuddeln - aber es funktioniert nicht.

Oh das wäre aber auch ne nette Idee gewesen. Sowas ähnliches hab ich mal gesehen (glaub sogar in Baywatch ;)). Da verbuddeln Jungs ihren Freund am Strand bei Ebbe, und auf einmal kommt die Flut und sie kriegen ihn nicht mehr aus dem jetzt nassen, schweren Sand - das ist auch eine wirkliche Horrorvorstellung. Aber dann würde der gesamte Strang mit dem Vater rausfallen, und die Geschichte wäre eine andere.

Und was machst du? Erst stirbt der eine, dann stirbt die Mutter, dann stirbt das Mädchen, und am Ende bleibt (mir) nichts als die Erinnerung an den ersten Teil.

Nicht zu vergessen Robert in der Truhe, der bleibt ja auch noch ;).
Aber Spaß beiseite: Ich kann das nachvollziehen, wenn man als Leser Probleme mit dem Schluss hat, weil da viel zusammenkommt. Es lässt sich hier nur schwer anders umsetzen, denn der "reale" Horror soll natürlich voll zuschlagen, während die Kinder noch auf der Suche nach ihrem Phantasiewesen sind. Das war der eine Grund, und der andere eben der, dass niemand mehr da ist, der Robert befreien kann.

Herzlichen Dank fürs Lesen & dein Feedback.

Viele Grüße.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Schwups!

Zu deutlich stand ihr noch das verbrannte Gesicht ihres Bruders vor Augen; ein Fetzen ihres Traums, der sie bis in ihr Zimmer verfolgt hatte. Wie ein Verdurstender das Wasser, versuchte sie, diesen Traum festzuhalten, doch er entglitt ihr ebenso schnell.
Das klingt so melodramatisch. Außerdem verstehe ich nicht, warum der Traum sie ins Zimmer verfolgt hat. Was ist daran so besonders? Man träumt doch nicht selten im eigenen Zimmer...

Sie stellte sich vor, ihr Zimmer mit einer verrückten Frau zu teilen, die sich tagsüber versteckt hielt und nur bei Nacht herauskam. Der Gedanke ließ sie trotz der Hitze tiefer unter ihre Decke schlüpfen.
ja, unangenehmer Gedanke.

Es war kurz nach halb zwei, das bedeutete, sie war seit eineinhalb Stunden vierzehn.
Schläfrigkeit überkam sie, doch kurz bevor sie von ihr in den nächsten Traum begleitet worden wäre, hörte sie das Wimmern. Augenblicklich schreckte sie hoch. Dieses Geräusch entsprang nicht ihrer Einbildung; es kam direkt aus der Finsternis und klang unterdrückt, wie das Schluchzen eines Kindes, das von den Eltern nicht bemerkt werden will.
Also: Der Anfang passt vom Erzählton nicht ganz zum Rest, finde ich. Mir gefällt die Geschichte gut. Es ist wie immer eine gutdurchdachte Geschichte. Deine große Stärke. Die Sprache wird im Mittelteil nüchterner und besser, die Dialoge sind auch gut und es kommt wirklich Spannung auf. Es ist eine wirklich gute Geschichte, die aber für mich viel verliert, als der Vater dann Amok läuft. das kann ja so vorkommen, aber eine Lösung, die wahrscheinlicher wäre, hätte mir viel besser gefallen. Was ich damit meine: Es klingt mir zu sehr nach: Ich brauche eine Lösung, warum niemand den Kerl aus der Kiste holen kann, also läuft der Vater Amok. Gut, aber ich glaube, dass es noch besser geht, realistischer. Wäre Evelyn irgendwie in eine Situation gekommen, wo der Leser genau gewusst hätte, dass die Luft in der Kiste noch für soundsoviel Minuten reicht... hätte das nochmal extrem für Spannung sorgen können. Sie schaffen es auf die letzte Minute, aber sie sind zu spät. Rechenfehler. Und zwischendurch schalten wir immermal wieder zurück in die Kiste. So ungefähr. Ist aber trotzdem echt spannend zu lesen und ich lese deine Gesc´hichten immer wieder gerne, weil da viel Herzblut durchfließt.


Lollek

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Schwups,

Schläfrigkeit überkam sie, doch kurz bevor sie von ihr in den nächsten Traum begleitet worden wäre,

und weil sie die Gewissheit wollte, die sie nicht mehr brauchte,

Über die bin ich gestolpert.


In diesem Karton hatten sie Rusty, ihr Zwergkaninchen, vor wenigen Tagen begraben.

Schon cool. Ohne das Etikett „Thema der Saison“ würde man sich aus der Stelle nicht viel machen, so denkt man gleich „Oha“.


dass lediglich eines der Kinder noch am Leben war.

„dass eines der Kinder tatsächlich noch lebte“ finde ich irgendwie passender, da der Umstand, dass mindestens eins noch leben muss, vorher bereits angesprochen wird.


Weil er das Unwesen gesehen hat, wie es seinen Sarg erreicht, aufgebrochen und ihn angestarrt hat. Deshalb war er so schockiert, und dieser Schreck hat ihn umgebracht.

Also, wär ich Evelyn oder der andere, hätte ich jetzt aber darauf hingewiesen, dass etwas so Ungewöhnliches wie ein aufgebrochener Sarg im Tagebucheintrag doch wohl Erwähnung gefunden hätte.


„Es wird sogar noch besser als Paranormal Activity, weil alles echt ist! Na, was meinst du? Bist du dabei?“

Die Grundidee ist ja nicht schlecht, aber sollten die Kids nicht ein bisschen jünger ein? Denk mal dran, wie du selbst mit vierzehn drauf warst: Der Bierdurst meldet sich, die Genitalien melden sich, du wirst erwachsen. Wenn dir da einer mit „Lass uns mal gucken, vielleicht gibt es ja wirklich Werwölfe“ kommt, den lachst du doch aus.


wenn man älter wird. Man hat keine Angst mehr vor Monstern, die sich unter dem Bett verstecken

Sag ich ja.


„Das ist auch so ein Beispiel von Älterwerden – Kai will uns zeigen, wie cool er ist. Er denkt, er könnte uns damit beweisen, wie erwachsen er ist. Wie sehr er die Dinge im Griff hat. Hättest du keine Angst, wenn man dich begräbt?“

Auch diesen Gedankengang finde ich Un-14, ist mir zu analytisch für das Alter.


sie wieder und genossen die Kälte, die von ihren Füßen aus ihre Körper überzog

Überziehen klingt so nach Zuckerguss, „von den Füßen aus durch ihre Körper zog“ fänd ich schöner.


Selbst durch das Telefon spürte er Kais Aufregung.

Das suggeriert, es wäre mehr oder weniger selbstverständlich, ohne die Distanz einer Telefonverbindung die Aufgeregtheit eines anderen zu spüren, was man aber ja tatsächlich nicht kann. Ein bisschen kleinlich, aber ich bin gerade so schön drin.


Bei uns steht eine Truhe im Keller

So ein Ding ist glaube ich zu schwer, um es zu dritt durch die Gegend zu tragen oder zu ziehen.


Mann, ich hab das getan, was gute Regisseure machen

Streng genommen haben Regisseure nur mit dem Wie und nicht mit dem Was zu tun, es sei denn, sie sind in Personalunion Autor des Drehbuchs und … Ach, drauf gepfiffen.


Dann legte er auf. Robert richtete sich auf, ging zum Fenster und warf einen Blick in die Sommernacht.
Sie bewundert dich dafür.

In einer so kurzen Geschichte ist es eigentlich besser, sich auf eine Hauptfigur zu konzentrieren. Wer ist das jetzt, Evelyn oder Robert?


Ich will nach Hause, mich auf die Couch legen und die Simpsons anschauen.

Das ist ein ganz gelungener Einlick ins Innenleben der Figur, das Detail Simpsons macht die gegenwärtige Gefühlswelt nachvollziehbar.


Er dachte an den Bruder, den toten Zwilling.
War er hier nicht allein?

Ohne die Frage wirkt die Stelle auf mich stärker.


Wie ein Ertrinkender griff er nach der Lampe

Klischee, und hier auch irgendwie schief, die größte Sorge eines Ertrinkenden ist ja nicht die Dunkelheit.


Etwas kratzte von außen an den Boden

kratzte am, glaub ich.


Das war schon spannend, der Clou mit dem Vater ein feiner Twist am Schluss, der so auch tatsächlich unerwartet kam und entsprechend unterhielt. Gruselige Bilder hat's, aber um so richtig zu sitzen, ist mir der Weg dahin manchmal nicht nachvollziehbar genug. Das mit dem Alter der Prots hatte ich schon angesprochen, auch diese ansich wirklich sehr unheimliche Geschichte in der Geschichte mit den toten Zwillingen ist schön fies, aber … sie liebten sich so sehr, dass die Eltern beschlossen, sie mal eben zusammen in einen Sarg zu legen? Das ist so ein bisschen „Ach komm, es ist Horror, da gehen die Leute nackt und allein in den Keller, um zu gucken, wer da gerade ,Kommst du hier runter, bring ich dich um' geknurrt hat“.

Unterm Strich trotzdem eine fesselnde Geschichte, kürzbar wie fast alles, aber ohne spürbare Längen.


Grüße
JC

 

Hallo zusammen

Nachdem mich eine hartnäckige Erkältung und ein Ausfall meines PCs längere Zeit aufgehalten haben, bin ich endlich dazugekommen, die Arbeiten an der Geschichte wieder aufzunehmen - sorry für die Verzögerungen, insbesondere an Lollek, dass ich jetzt erst auf deinen Komm. antworte, aber ich wollte die Überarbeitung noch abwarten.

Kurz noch allgemein: Wie angekündigt habe ich den Beginn der Geschichte umgeschrieben. Die Reihenfolge der ersten beiden Szenen (es sind jetzt drei, da die Geburtstagsszene in zwei aufgeteilt wurde, aber kurze) sind jetzt umgedreht, und ich habe vor allem im Kapitel mit Evelyn und ihrem Vater versucht, auf die Effekthascherei zu verzichten.

****

Hallo Lollek

Das klingt so melodramatisch. Außerdem verstehe ich nicht, warum der Traum sie ins Zimmer verfolgt hat. Was ist daran so besonders? Man träumt doch nicht selten im eigenen Zimmer...

Absolut einverstanden. Der Teil ist aus dem neuen Kapitel rausgeflogen.

Also: Der Anfang passt vom Erzählton nicht ganz zum Rest, finde ich.

Hoffe das ist jetzt besser gelungen.

Es ist eine wirklich gute Geschichte, die aber für mich viel verliert, als der Vater dann Amok läuft. das kann ja so vorkommen, aber eine Lösung, die wahrscheinlicher wäre, hätte mir viel besser gefallen.

Ich hab da schon mit gespaltener Meinung gerechnet und kann, wie schon gesagt, verstehen, wenn einem das Ende nicht so zusagt. Was die Wahrscheinlichkeit angeht, ja, es kommt glücklicherweise nicht oft vor, aber auch nicht so selten, dass es vollkommen abwegig wäre. Aus dem Gefühl heraus würde ich sagen, der Blitzschlag ist unwahrscheinlicher.

Das Problem mit einer anderen Lösung besteht darin, dass die Geschichte dann eine für mich wichtige Komponente verliert - ich habs schonmal angesprochen, es geht um den Gegensatz zwischen "kindlichen" und "jugendlichen" Ängsten. Letzten Endes müssen es die Sorgen sein, die Evelyn als "Jugendliche" hat, die zur eigentlichen Katastrophe führen - und eben nicht das "Monster", vor dem Kinder Angst haben. Wenn ich den Teil weglasse mit dem Vater (und dem resultierenden Amoklauf zum Ende), dann geht viel verloren und es ist schlicht eine andere Geschichte.

Es klingt mir zu sehr nach: Ich brauche eine Lösung, warum niemand den Kerl aus der Kiste holen kann, also läuft der Vater Amok.

Im Grunde geht es natürlich schon in die Richtung; was ich hier also versucht habe, war, diesen Amoklauf sinnvoll in den Kontext der Geschichte einzubauen, mit einer Hinführung zu dem Thema, Evelyns Sorgen etc. ... also er passiert ja nicht einfach "aus heiterem Himmel".

Ist aber trotzdem echt spannend zu lesen und ich lese deine Gesc´hichten immer wieder gerne, weil da viel Herzblut durchfließt.

Vielen Dank fürs Lesen, Kommentieren und die Komplimente :)

****

Hi Proof

Über die bin ich gestolpert.

Das mit der Schläfrigkeit ist geblieben in der neuen Version, das andere hab ich entfernt.

„dass eines der Kinder tatsächlich noch lebte“ finde ich irgendwie passender, da der Umstand, dass mindestens eins noch leben muss, vorher bereits angesprochen wird.

Eben, da zuvor die Rede davon war, dass mindestens eins noch lebt, wollte ich hier den Umstand betonen, dass es eben nur noch eins ist und nicht beide. Eines muss es ja in jedem Fall sein, wer soll sonst schreien?

Also, wär ich Evelyn oder der andere, hätte ich jetzt aber darauf hingewiesen, dass etwas so Ungewöhnliches wie ein aufgebrochener Sarg im Tagebucheintrag doch wohl Erwähnung gefunden hätte.

Der Tagebucheintrag basiert ja nicht auf einer Begebenheit, die die Schreiberin tatsächlich erlebte, sondern auf einer überlieferten Geschichte - gerade bei einer solchen, die mit der Zeit zu einer Art Legende wird, werden ja dauernd Sache hinzuerfunden oder weggelassen, und das tatsächliche Ereignis war dann - wenn es überhaupt stattgefunden hat - ein ganz anderes.

Die Grundidee ist ja nicht schlecht, aber sollten die Kids nicht ein bisschen jünger ein? Denk mal dran, wie du selbst mit vierzehn drauf warst: Der Bierdurst meldet sich, die Genitalien melden sich, du wirst erwachsen. Wenn dir da einer mit „Lass uns mal gucken, vielleicht gibt es ja wirklich Werwölfe“ kommt, den lachst du doch aus.

Zumindest Roberts Genitalien melden sich ja ansatzweise ;) Aber ich versteh was du meinst - es ist ein bisschen ein Dilemma. Zu jung dürfen sie natürlich auch nicht sein, weil Elfjährige das mit dem Begraben so kaum durchziehen würde - glaube ich. Ist schwer, Kinder sind ja auch unterschiedlich reif in dem Alter. Also ich hab das jetzt mal so gelöst, dass in der Geschichte kein Alter mehr explizit erwähnt wird. So kann man es sich selbst denken, ich denke alles zwischen 12 und 14 ist im Bereich des Möglichen.

Auch diesen Gedankengang finde ich Un-14, ist mir zu analytisch für das Alter.

Siehe oben. Manche sind reifer, andere weniger.

Überziehen klingt so nach Zuckerguss, „von den Füßen aus durch ihre Körper zog“ fänd ich schöner.

Stimmt, klingt besser, hab ich geändert.

Das suggeriert, es wäre mehr oder weniger selbstverständlich, ohne die Distanz einer Telefonverbindung die Aufgeregtheit eines anderen zu spüren, was man aber ja tatsächlich nicht kann. Ein bisschen kleinlich, aber ich bin gerade so schön drin.

Ja ... also wenn ich jemandem gegenüberstehe, kann ich viel eher sagen ob der aufgeregt ist oder nicht wie durch das Telefon, von daher geht das glaub in Ordnung mit dem "selbst".

So ein Ding ist glaube ich zu schwer, um es zu dritt durch die Gegend zu tragen oder zu ziehen.

Zu dritt sollte es mit einem Leiterwagen gehen. Wir hatten früher selbst so ne Truhe, die konnten wir zu zweit (als Kinder) gerade so tragen, auch wenn die kleiner war als die in der Geschichte Beschriebene.

Streng genommen haben Regisseure nur mit dem Wie und nicht mit dem Was zu tun, es sei denn, sie sind in Personalunion Autor des Drehbuchs und … Ach, drauf gepfiffen.

Ja stimmt, Kai bringt das ein bisschen durcheinander, aber es sei ihm angesichts seiner Aufregung verziehen :)

Dann legte er auf. Robert richtete sich auf, ging zum Fenster und warf einen Blick in die Sommernacht.
Sie bewundert dich dafür.

In einer so kurzen Geschichte ist es eigentlich besser, sich auf eine Hauptfigur zu konzentrieren. Wer ist das jetzt, Evelyn oder Robert?

Ist das echt unklar an der Stelle? Der Teil ist aus Sicht von Robert geschrieben, und das Kursive hat Kai kurz vorher zu ihm am Telefon gesagt, Robert lässt sich das nochmal durch den Kopf gehen.

Ohne die Frage wirkt die Stelle auf mich stärker.

Stimmt, sie ist raus.

Klischee, und hier auch irgendwie schief, die größte Sorge eines Ertrinkenden ist ja nicht die Dunkelheit.

Stimmt auch, ist auch raus.

kratzte am, glaub ich.

Ich denk es geht beides, aber dein Vorschlag gefällt mir besser.

Also vielen Dank für die vielen Hinweise und das Lob. Zum Alter hab ich schon was gesagt, das wird jetzt quasi dem Leser überlassen - was die Geschichte mit den Zwillingen angeht, wie gesagt, das ist so ne Art Legende, muss nicht zwingend so passiert sein. Die Geschichte mit dem Kaninchen erschien mir als Anlass für das Vorhaben der drei als zu wenig, wollte das nochmal mit einem anderen Grund untermauern.

Viele Grüsse.

 

Hallo Maggusch

Danke fürs Lesen und das Lob, freut mich wenn es dir gefallen hat.

Was mich noch interessieren würde:
Wie lange hast du daran geschrieben?

Vom ersten Satz bis zur Veröffentlichung etwa 6 Wochen. Wobei ich einen ersten Versuch der Geschichte nach der Hälfte abbrechen musste und einzelne Kapitel immer wieder um- und neugeschrieben habe. War also keine jener Geschichten, die gleich beim ersten Versuch klappen.

Viele Grüsse.

 

Hallo Schwups!

Ich habe das nun drei mal gelesen, und auch ich finde die Sache ganz gut. Hört sich vielleicht etwas lala an, was aber darain liegen könnte, dass ich die Geschichte eben einfach nur gut, und nicht genial finde. Sie ist sauber geschrieben und lässt sich locker weglesen. Die Bilder kommen an (besonders gegen Ende) und auch die Figuren erscheinen mir glaubhaft. Kai, als angehender Regisseur, muss wohl so übermotiviert sein, und das es Robert wohl nicht schaffen wird, war ja schon irgendwie klar - hättest Du ihn da wieder (glaubhaft) rausgeholt, mir wäre die Kinnlade weggeklappt;). Aber der Vater... Hmm, eventuell hättest Du ihn etwas mehr Raum geben können. Nur ein klitzekleines bisschen, aber okay, tut der Sache nun wirklich keinen Abbruch. Hätte ja immer mehr von diesem, weniger von dem ect. sein können, kennt man ja. Nein, ich muss schon sagen, unter'm Strich ein schöne Sache.

Gruss,
Satyricon

 

Hallo Satyricon

Freut mich wenn es dir gefallen hat (auch wenns nur so lala war). Besonders freue ich mich, wenn du sagst, die Figuren seien glaubhaft gewesen - da war ich teilweise sehr am zweifeln.

Aber der Vater... Hmm, eventuell hättest Du ihn etwas mehr Raum geben können.

In der ersten Fassung (ich weiss nicht, ob du die schon gelesen hast), hatte er den auch - allerdings wirklich nur sehr wenig. Da ich jedes Kapitel aus der Sicht eines der Kinder schreiben wollte, hätte ich mich dann vermutlich schnell wiederholt.

Nein, ich muss schon sagen, unter'm Strich ein schöne Sache.

Danke fürs Lesen und das Kompliment :).

Viele Grüsse.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo,

die Empfehlung besteht zu Recht. Eine recht abwechslungsreiche Geschichte, und sehr spannend geschrieben. Bei der Gewichtung haben mir die Geburtstagsfeier und die Rolle des Onkels einen Hauch zu viel Raum eingenommen gemessen an dem, was noch folgt.

Natürlich sind da einige "Vorkommnisse" mit einander verwoben, die jedes für sich schon eine eigene Geschichte hergeben würde. Am Ende habe ich mich gefragt, ob da nicht ein bisschen viel zur selben Zeit passiert. Aber: warum nicht? Wir sind ja nicht in der realen Welt... Erstaunlicherweise funktioniert die Geschichte insgesamt trotzdem.

Notabene zum Blitz-Ereignis:
Ich habe berufsbedingt mal mit einigen Blitzopfern zu tun gehabt. Da war eine Gruppe von acht Männern in einem Wald unterwegs. Einen "Schlag" hätten sie nicht gespürt, sie seien einfach umgefallen. Der Knall sei so ähnlich gewesen wie ein Schuss aus einer Pistole. In einem anderen Fall war eine etwa zehnköpfige Gruppe in einem Park von einem Blitz getroffen worden. Einige waren für ein paar Sekunden bewusstlos und längere Zeit stark benommen, ähnlich einem Trance-Zustand. Zum Teil hatten sie Verbrennungen erlitten, etwa durch Armkettchen, die sich extrem erhitzt hatten. Ein Opfer konnte sich gar nicht an einen Knall erinnern.

Grüße
Nic

 

Hallo nictita

Danke fürs Lesen & das Kompliment.

Bei der Gewichtung haben mir die Geburtstagsfeier und die Rolle des Onkels einen Hauch zu viel Raum eingenommen gemessen an dem, was noch folgt.

Es geht in die Richtung, wie Satyricon es formuliert hat - die Gewichtung empfindet jeder ein wenig anders. Den Onkel hab ich eigentlich nur reingenommen, um ein wenig die Stimmung auf der Geburtstagsfeier einzufangen, bevor das Kaninchen ausgegraben wird.

Am Ende habe ich mich gefragt, ob da nicht ein bisschen viel zur selben Zeit passiert. Aber: warum nicht? Wir sind ja nicht in der realen Welt... Erstaunlicherweise funktioniert die Geschichte insgesamt trotzdem.

Find ich gut :)

Interessante Hinweise noch zu den Blitzeinschlägen. Ich kenne das nur aus den Medien, ich erinnere mich, dass vor einiger Zeit mal eine Gruppe von Zuschauern während eines Fussballspiels getroffen wurde. Da haben auch einige das Bewusstsein verloren, auch von Verbrennungen war die Rede.

Viele Grüsse,
Schwups

 

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