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Ficken mit Bukowski

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21.04.2013
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Ficken mit Bukowski

Sein Gesicht hängt über mir. Dicht. Nah dran. Fast drin. Ich kann jede seiner einzelnen Falten sehen. Und da sind viele Falten in seinem Gesicht. Ein Gesicht gezeichnet davon, wie er gelebt hat. Gelitten. Ein hartes Leben. Alkohol. Wenig Erfolg. Mehr Alkohol. Von der Frau verlassen. Noch mehr Alkohol und Absturz in den Promillewahn. In den Hass. Hass auf alles. Auf seine Ex. Auf das Leben. Auf sich. Hass auf den Hass.

Er will nicht hassen. Er hasst es zu hassen. Es passiert einfach. Kocht in ihm hoch. Auch das lese ich in seinem Gesicht. Das Gesicht als Leinwand eines beschissenen Lebens. Gezeichnet. Das zeichnet ihn aus. Das ist ehrlich. Nicht seine Worte. Das sind Lügen. Aber sein Gesicht ist Wahrheit. Jede Falte eine Geschichte. Jede Furche die Niederlage dazu.

Niederlagen waren wirklich keine Mangelware in seinem Leben. Eher ein Billigprodukt für die Massenverwertung. Immer abrufbar. Lieber Niederlagen, als gar kein Leben. Zu feige, zu gehen. Zu feige, sich den Kopf wegzuballern. Oder die Pulsadern mit Rasierklingen aufreißen. Hirnbrei als Tapetenmuster. Den Lebensfluss in den Abfluss befördern. Wie gesagt, zu feige dazu. Gelebter Masochismus als Lebensmaxime. Maximales Scheißleben.

Angefangen mit seinen Eltern. Die wollten ihn nicht. Lebender Verkehrsunfall. Abtreibung war nicht. Katholische Doppelmoral. Moral? Am Arsch. Also ab ins Heim mit dem Bastard und weg damit. Aus den Augen aus dem Sinn. Ihm war es egal. Oder er hat es nicht verstanden. Er kannte ja nichts anderes. Er hat sich vorgemacht, keine Eltern zu brauchen. Fühlte sich alleine stark. Eingeredete Selbstständigkeit als Schutzmechanismus. Und er hat auch keine gebraucht. Nicht im klassischen Sinn. Er hat sich allein durchgesetzt. Sich behauptet. Wenn es Ärger gab, hat er zugeschlagen und wenn es keinen gab, war er ruhig. Er hat nicht viel mit den anderen zu tun gehabt. Nur wenn er musste. Ansonsten haben sie ihn in Ruhe gelassen und er sie. Er wollte alleine sein. Er kannte es nicht anders. Er kennt nur verlassen werden. Beziehungen zu anderen bringen nur Schmerz. Kein Bezug zu irgendwem. Nur zu der Heimtante.

Die Heimtante war nett zu ihm. Viel zu nett. Als wär sie seine Mutter. Sie konnte keine eigenen Blagen aus sich rauspressen. Kamen nur Fehlgeburten raus. Deshalb hat sie auch im Heim gearbeitet. Wollte welche um sich herum haben. Ganz viele. Aber er war für sie was Besonderes. Und so hat sie ihn auch behandelt. Er weiß nicht warum. Hat ihn auch nicht gestört. Ihm hat’s gefallen. Er hat’s nicht hinterfragt, warum sie sich so um ihn gekümmert hat. Aufopfernd, liebevoll und absolut nicht selbstlos. Sie hat ihm alles gezeigt. Wie er mit Messer und Gabel isst. Wie er sich die Schnürsenkel richtig knotet. Wie er eine Krawatte bindet. Wie er Spiegeleier brät. Und wie er fickt. Da war er gerade mal 12. Er hatte noch nicht mal gewichst, bevor er das erste Mal mit ihr gefickt hat. Er hat auch nicht wirklich kapiert hat, dass es eigentlich was Besonderes ist. Er dachte, das wäre normal. Woher sollte er es auch wissen? Aufklärung war Fehlanzeige. Er fand es klasse. Er hat es genossen. Es fühlte sich gut an.

Erst als die anderen Jungs von ihren verkrampften und vorpubertierenden Wichsfantasien und unbeholfenen Sexversuchen erzählt haben, hat er gemerkt dass es vielleicht doch nicht ganz normal ist. Aber gestört hat es ihn deswegen noch lange nicht. Er fühlt sich dadurch besonders. Wichtig. Irgendwie. Zumindest brauch er sich keine billige, kleine Schlampe suchen, um hilflos zum ersten Mal in ihr rum zu stochern. So wie die anderen. Er wurde eingeführt. Im doppelten Sinne.

Es ging eine ganze Zeit so. Er hat viel gelernt. Und mehr gemacht, als in seinem Leben danach. Wenn er eine Definition von Liebe gehabt hätte, hätte er wohl gesagt, dass er die Heimtante liebt.

Irgendwann wurden sie erwischt. Sie hat ihm gerade einen geblasen. Es gab einen riesigen Aufschrei. Alle taten Betreten und entsetzt. Er hat den Aufriss nicht verstanden. Sie hat ihm doch nichts getan. Nichts Schlimmes. Das sahen die Behörden anders. Ganz anders. Sie wurde rausgeschmissen. Er musste eine Therapie machen. Um zu verarbeiten, was mit ihm passiert ist. Missbrauchsopfer. So ein Scheiß. Er hat aber schnell kapiert, dass es besser für ihn ist, die Rolle des Opfers mitzuspielen. So hatte er seine Ruhe. Er hat dem Therapeuten nachdem Mund geredet und dabei daran gedacht wie geil es war die Heimtante von hinten zu nehmen.

Manchmal, wenn er noch nicht zu besoffen war, um gerade aus zu sprechen, dann hat er mir von ihr erzählt. Wie gut sie ihm getan hat. Wie sie sich angefühlt hat. Gerochen hat. Und wie sie gestöhnt hat, wenn er in ihr drin war. Er sagt, ich erinnere ihn an sie. Keine Ahnung ob mich das glücklich machen soll. Denkt er bei Ficken an sie? Fickt er sie, wenn er mich fickt? Eigentlich scheißegal. Denn er fickt mich. Mich und nicht die Heimtante. Die Heimtante ist nicht mehr da. Ich schon. Aber ich glaube, er hat diese Heimtante echt geliebt. Zumindest muss er immer noch an sie denken. Und wenn er das tut, dann wird er melancholisch. Und säuft. Und wenn er gesoffen hat, dann ist er meistens danach in mir.

Nicht so wie bei seiner Frau. Da wird er nicht melancholisch. Da wird er aggressiv. Saufen tut er trotzdem oder eben gerade. Same Difference. Die hat er wohl nicht so sehr geliebt. Die hat ihn jeden Tag nur angekotzt. Hat ihn nie geliebt. Sie hat ihn wie Dreck behandelt. Nur ausgenutzt, mit andern Typen gevögelt und ein Kind untergejubelt. Ein absolutes Miststück. Das sagt er zumindest. Ich glaube, er sagt das nur, weil er sauer auf sie ist. Weil sie ihm abgehauen ist. Ihm. Denn ihm haut man nicht ab. Keiner. Und ganz besonders nicht sie.
Ich weiß nicht, warum sie abgehauen ist. Er sagt es nicht. Vielleicht wegen seiner Sauferei. Vielleicht weil er manchmal ein echtes Arschloch sein kann. Er hat sie nicht geschlagen oder so. Aber wegen seiner Sauferei war er oft aggressiv. Hat rumgebrüllt und sie zusammengeschissen. Vielleicht hat er irgendwann einfach einmal zu oft rumgebrüllt. Vielleicht hat sie deshalb ihre Tasche gepackt und hat sich verpisst. Vielleicht. Vielleicht waren es auch ganz andere Gründe. Egal warum. Sie abgehauen und nur das zählt für ihn.

Das war so vor 4 Jahren. Ungefähr. Von Knall auf Fall. Eine Nacht und Nebel-Aktion. Hat ihn sitzen lassen. Hat ihr Leben neu angefangen. Oder einfach nur angefangen.

Er hat auch angefangen. Angefangen zu saufen. Er hat vorher schon viel gesoffen. Aber seitdem kann er nicht mehr ohne. Er ist fett geworden. Und siffig. Hat sich vollkommen gehen lassen. Hat es einfach nicht verdaut bekommen, dass sie die Biege gemacht hat. Hat sein Herz zerrissen, sagt er. Von Wegen. Man verlässt ihn nicht. Männerehre und so ein Mist. Herz zerrissen. Am Arsch. Ein paar Wochen nachdem sie weg war hat er angefangen mit mir zu ficken. Soviel dazu. Sie war schnell vergessen. Nachdem er das erste Mal mit mir gekommen ist, war sie aus seinem Kopf gegangen.
Mir ist das egal, ob er sie wirklich vergessen hat, oder ob ich nur Ersatz bin. Er fickt mich. Nicht sie. Das ist wichtig. Mich. Seit 4 Jahren. Mich.

Sie hat er fast 18 Jahre gefickt. Erst körperlich. Mit Leidenschaft und Liebe. Später geistig. Mit Hass und mit Worten. Er hat sie auf der Arbeit kennen gelernt. Klischee, Klischee. Hurra! Lagerhalle für Fischverwertung als Singlebörse. Große Gefühle stinken wie Fischabfall. Passt doch. Lügen stinken. Angeblich war es Liebe auf den ersten Blick. So ein Scheiß. Liebe gibt es nicht. Nicht auf den ersten Blick. Es gibt nur Gier. Nach Fressen. Nach Saufen. Nach Sex. Und bei ihr konnte er alles haben. Und hat es auch bekommen. Das war keine Liebe. Das war Gewohnheit. Bequemlichkeit. Faulheit, was Neues zum Ficken zu suchen. Jemanden der einem Essen kocht und die Beine breit macht. Alles zu Hause. Warum also rausgehen? Und das soll Liebe sein? Am Arsch. Liebe ist Lüge. Wissentlich sich selbst belügen, nur um die Realität nicht akzeptieren zu müssen.

Gewohnheit Liebe zu nennen ist einfach. Die rosarote Brille hilft dabei. Hilft das Elend zu ertragen. Zu verfremden. Aber Liebe? Liebe ist eine Illusion. Liebe ist die Vorstufe emotionaler Verwesung. Liebe ist scheiße. Sie tut weh. Verletzt einen. Und wenn sie einen verletzt hat, dann verletzt man sich selber. Um den Schmerz zu vergessen. Zu betäuben. Schmerz gegen Schmerz. Wenn Liebe wirklich existiert, dann ist Liebe Schmerz. Liebe ist ficken und fressen. Mehr nicht. Nicht in meiner Welt. In meiner Welt ist Liebe nur ein Wort. Ein Unwort.

Er liebt mich nicht. Auch wenn er es immer wieder sagt. Es mir leise ins Ohr stöhnt. Ich glaube ihm nicht. Absolut nicht. Er lenkt sich nur ab mit mir. Abends. Dann, wenn er sich alleine fühlt. Verlassen. Wenn ihm einfällt, dass sie nicht mehr da ist. Dann, wenn der Alkohol die Gier auspackt, packt er seinen Schwanz aus. Dann, wenn der Alkohol nicht mehr genug betäubt und er trotzdem besoffenen genug für mich ist. Dann ficken wir. Wenn er nüchtern ist, dann nicht. Nie. Er braucht den Alkohol, um mich zu ficken.

Kein Wunder. Ich bin fett. Und hässlich. Ich sollte froh sein, dass er sich überhaupt in mich reintraut. Und ich stinke. Ich meine, nicht wie ungewaschen oder so etwas. Ich wasche mich. Ich stinke trotzdem. Einfach an sich. Meine Haut dünstet einen fiesen, widerlichen Geruch aus. Meinen Geruch. Seife. Duschgel. Parfum. Es bringt nichts. Kann nicht anders riechen. Ich kann nur stinken. Ich stinke wie ich. Ich kann nicht sagen, wonach ich stinke. Einfach nach mir. Zum kotzen. Der Geruch beißt selbst mir in der Nase. Wie Chemikalien. Oder geronnene Milch. Ich versuche den Gestank abzuwaschen. Mich wegzuwaschen. Waschen hilft aber nicht. Der Gestank bleibt. Ist an mir. Ist in mir. Ist ich.


Ich bin mir sicher, das riechen auch andere. Jeder riecht, wie scheiße ich bin. Einzelkind. Einzelkämpfer. Einzelschicksal. Man meidet mich. Man redet nur mit mir, wenn es unbedingt sein muss. Und auch dann eigentlich nicht. Wäre ich tot, es würde keiner merken. Früher habe ich gehofft, ich wäre tot. Jetzt ist es mir egal. Ich bin mir egal. Ich bin jedem egal. Mich würde man nicht vermissen. Nur er. Vielleicht. Er redet mit mir. Er nimmt mich in den Arm. Berührt mich. Er riecht mich nicht. Zumindest ist es ihm egal. Oder er ist zu betrunken, wenn er bei mir ist und kann nichts mehr riechen. Ihn stört es nicht, dass ich stinke. Dass ich meinen eigenen fiesen Geruch abgebe.

Alle anderen schon. Die gehen mir aus dem Weg. Fette Qualle ungeliebt. Das war schon immer so. Kindergarten. Vorschule. Schule. Immer drauf. Auf mich. Anspucken. Schubsen. Schlagen. Treten. Für die bin ich Dreck. Ich gehör weg. Nichts wert. Wertlos.

Ihm bin ich zumindest irgendwas wert. Für irgendwas gut. Fürs ficken. Ein schwacher Trost? Nein. Gar kein Trost.

Sein Atem knallt mir in die Nase. Er stinkt nach Alkohol, Knoblauchtabletten und altem Rauch. So schmeckt er auch. Seine kalten, gierigen Küsse. Dieses hektische Schaufeln mit seiner Zunge in meinem Mund. Ich hasse es wenn er mich so küsst. Gespielte Leidenschaft, aber eigentlich ist es nur schlichte, rohe Geilheit. Ich muss mir vorstellen, wie er versucht, mich aufzufressen. Wie ein Kannibale oder so was Krankes. Während er mich unten fickt, frisst er mich oben auf. Ficken und Fressen. Da ist es wieder. Um nichts anderes geht es.

Ich versuche, nicht zu kotzen. Schaffe es nicht. Ich drehe meinen Kopf zur Seite und kotze. Nur wenig. Aber auch viel hätte ihn nicht sonderlich gestört. Oder irritiert. Oder abgehalten. Wenn er fickt, fickt er.

Ich kotze oft. Ich weiß nicht, wieso. Es ist halt so. War nicht immer so. Erst seit ein paar Jahren fällt es mir schwer, nicht zu kotzen. Das Essen drin zu behalten. Etwas in mir zu lassen. Aber es stört mich nicht. Wenn ich alles in mir drin behalten würde, dann würde ich immer fetter werden. Fett. Fetter. Ich. Meine Zähne sind dadurch schlechter geworden. Das nervt. Macht mich noch hässlicher. Sind eh schon schief und gelb. Ich rauche zu viel. Wenn ich mal richtig viel Geld habe, dann lasse ich mir die Zähne machen. Überkronen, oder wie das heißt. Krone. Blödes Wort dafür. Ich bin weit davon entfernt, Prinzessin zu sein. Egal. Ich werde eh nie genug Geld haben, um das zu machen. Mein Zahnarzt hat mich gewarnt, dass meine Zähne in einem schlimmen Zustand sind. Aber was soll ich machen. Ich kann nicht auf hören zu kotzen. Ich muss es immer wieder tun. Ob ich will oder nicht.

Aber ich stecke mir nicht den Finger in den Hals. Nicht so wie meine Mutter. Die war krank. Also so richtig. Psychisch meine ich. Die sah aus wie ein Klappergestell. Sah echt scheiße aus. Sie hat ihr eigenes Leben gehasst. Sich, meinen Vater und ich glaube, mich auch. So wie alle. Aber egal. Mein Mutter war scheiße. Nicht dass sie tot ist, oder so. Sie ist nur abgehauen. Nur. Mir wäre es lieber, sie wäre von ’nem Laster überrollt worden und noch kilometerweit mitgeschleift worden. Dann hätte ich mich nicht immer fragen müssen, ob sie wegen mir gegangen ist. Warum sie mich nicht mitgenommen hat. Warum sie mich bei meinem Vater gelassen hat. Mein Vater redet nicht mehr über sie. Ich hab ihn mal gefragt. Er hat nur gesagt, ich soll ihn in Ruhe lassen. Sie ist weg und kommt nicht wieder. Er gibt es nicht zu, aber es hat ihn echt hart getroffen, dass sie gegangen ist. Er hat sie nie geschlagen. Aber angeschrieen. Aggro de Luxe. Immer. Und ganz besonders, wenn er betrunken war. Ich hab mich immer in meinem Bett unter der Decke versteckt, wenn sie sich gestritten haben.

Sie haben sich oft gestritten. Jetzt nicht mehr. Jetzt ist sie weg. Ich wüsste nur gerne, ob sie auch wegen mir gegangen ist. Immerhin hat sie mich nicht mitgenommen. Sie war einfach weg. Ich bin von der Schule gekommen und sie war nicht da. Nur ein Brief. „Ich kann nicht mehr. Ich ertrage es nicht mehr. Ich muss gehen. Sonst gehe ich kaputt.“ Mehr nicht. Mein Vater hat nur gesagt, dass wir ohne Sie besser dran sind. Ich weiß nicht. Ich glaube sie hat mich eh nicht geliebt. Wie könnte sie auch? Ich bin doch der lebende Beweis ihres Versagens. Nicht mal Kinder kann sie richtig machen. Alles was sie macht, ist Dreck. Keinen Job. Ehe kaputt und das Kind - eine Missgeburt. Nein, sie kann mich nicht geliebt haben. Mich nicht. Nicht sie. Nicht irgendwer. Niemand kann das. Ich kann es ja nicht einmal selber. Wie kann man mich lieben, wenn ich es nicht kann? Wie kann man etwas lieben, was nur Dreck ist?

Er fickt den Dreck. Für ihn bin ich wohl kein Dreck Vielleicht auch doch. Vielleicht ist er aber auch nur zu faul, um sich eine andere zu suchen. Keine Ahnung.
Mit seinen trüben Augen starrt er mich an. Er dringt in meinen Kopf. Seziert meine Gedanken. Er will wirklich in mir sein. Nicht nur mit seinem alten Schwanz. Er fickt mich mit seiner Seele. Haut auf Haut. Seele in Seele. Ich will das nicht. Ich habe oft versucht es ihm zu sagen. Zu feige. Hatte Angst, dass ich für ihn dann auch nichts mehr wert bin. Mich alleine lässt. Wie meine Mutter.

Vier Jahre fickt er jetzt schon mit mir. Für mich ist es Ficken mit Bukowski. Ich weiß er ist nicht Bukowski und ich bin keine kleine Schlampe, die er besoffen in einer Kneipe mit seiner Alkoholpoesie zu einem Mercyfuck überreden konnte. Natürlich weiß ich das. Aber es macht es mir einfacher, wenn ich mich in diese Illusion flüchte. Vor der Realität abhaue. Dass macht es einfacher. Besser. In Momenten, wo ich mir Bukowski nicht in den Kopf schießen kann und ich so was wie klar bin, fühle ich mich scheiße. Dreckig. Minderwertig. Untermensch. Mit Mensch über mir. Der mich fickt. Wenn er gekommen ist, dann geht er. Immer. Sofort. Dann ist er nicht mehr Bukowski. Dann ist er wieder er und ich bin ich. Vater und Tochter. Dreck gebärt Dreck.

 

Hallo durchsaugeinshirn

Dein Text, den du wohl als eine Art Hommage an Bukowski verstanden haben möchtest, habe ich als flüssig zu Lesen wahrgenommen. Es ist immer möglich, an jemanden Herausragenden eine Hommage zu widmen, man muss sich aber stets bewusst sein, dass es nur ein Abbild werden kann, da der Esprit der Eigenständigkeit darin meist völlig untergeht.

Es ist etliche Jahrzehnte her, seit ich Bukowski gelesen hatte. Es war damals revolutionär, neben ihm waren da andere, Kerouac, Ginsberg etc. Sie waren interessant zu lesen, da sie eine Bewegung vertraten, die damals in den USA aufkam. Doch nachhaltig blieben sie mir nicht im Gedächtnis, es sind Fragmente, die jeder Einzelne von ihnen prägte. Aber sie sind in ihrer Zeit begraben.

In deiner Geschichte ahnt man diesen Annäherungsversuch, das Verruchte, welches Bukowski aus eigener Inspiration und ihm auch Lebenswirklichkeit in Worte umsetzte, aufzunehmen. Doch es klingt mir fremd, die Geschichte bildet sich nur erzählend, aus der Sicht der Protagonistin welche diesen Säufer und sich selbst ordinär umschreibt. Natürlich kann man das, doch was ist das Spannende daran? Es bildet nur ein voyeuristisches Eintauchen in einen sozialen und seelischen Missstand, der sich nur in groben Zügen zum Ausschnitt einer Lebensgeschichte formt. Die Handlungen sind platt, erscheinen mir teilweise auch etwas durchgeknallt und am Ende fragte ich mich, wo soll es hinzielen. Mit fehlt hier ein Handlungsverlauf, der sich zu einem Geschehen aufbaut, das sich zu weiteren Ebenen erhebt. Hier bleibt alles auf der gleichen Ebene stehen, kein Kulminationspunkt, der sich abhebt. Der Inzestöse Schlusspunkt, der die Vorstellungswelt eines Bukowskis in die schützende Phantasiewelt der Protagonistin verweist, ist es mir nicht. Die retrospektiven Einblendungen sind es auch nicht, sie machten mir vielmehr den Eindruck, dass sich Erzählebenen vermischten. Von dem her vermochte es mich als Geschichte nicht zu überzeugen.

Ich denke aber, du kannst schon schreiben, die Flüssigkeit wie es sich dahinzog, liess es mich erahnen. Von dem her, fand ich es schade, dass du dir nicht die Mühe machtest, es in einer Form darzulegen, die es zur unterhaltenden Geschichte werden liess. – Aber vielleicht ist es auch meine Leserperspektive, die an diesem Text scheitert, in der Andere jedoch einen neuen Bukowski zu erkennen vermögen. ;)

Schöne Grüsse

Anakreon

 

Hallo Anakreon

Vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast meine Geschichte nicht nur zu lesen, sondern auch genauer unter die Lupe zu nehmen. Ebenso freut mich natürlich die „Unterstellung von Fähigkeit/Talent“. Noch mehr begeistert mich allerdings die Kritik, weil mich daraus den für mich größeren Nutzen ziehen kann.

Als Hommage an Bukowski habe ich es eigentlich nie gesehen, aber verstehe wie man auf diesen Gedanken kommt. Ich habe eher eine natürliche Neigung für das „Verruchte“ und Negative – das mag meiner Biografie geschuldet sein.

Sehr gut fand ich deine Formulierung „Es bildet nur ein voyeuristisches Eintauchen in einen sozialen und seelischen Missstand…“ denn genau das sollte es sein. Ich hatte beim Schreiben nicht den Anspruch aufzuklären, zu urteilen oder zu weitere Ebene zu erheben, bzw. einen Kulminationspunkt zu erschaffen. Es sollte vielmehr einen Einblick bieten. Ungeschminkt und roh.

Den Einwurf bezüglich der sich vermischenden Erzählebenen werde ich mir mal zu Herzen nehmen, da kann ich bestimmt mal gut drüber nachdenken.

Du schreibst “fand ich es schade, dass du dir nicht die Mühe machtest, es in einer Form darzulegen, die es zur unterhaltenden Geschichte werden liess“ da horche ich natürlich auf und hoffe, dass du mir vielleicht sogar noch den einen oder anderen konkreten Tipp geben könntest, wie ich das besser machen könnte. Aber bitte nicht auf dem Weg ein neuer Bukowski zu werden *g* auch wenn diese Äußerung sehr viel Ehre innehat. Aber das sind mir viel zu große Schuhe.

So oder so: vielen Dank
durchsaugeinshirn

 

Servus durchsaugeinshirn,

Ich muss dir sagen, dass mich der Titel, noch bevor ich die Geschichte zu lesen begann, einigermaßen skeptisch stimmte, zu absichtlich reißerisch schien mir der zu sein. Ich mein, gleich zwei Begriffe, die quasi einen pawlowschen Reflex zum Anklicken des Textes auslösen sollen, Bukowski bei den Literatur-Connaisseurs und Ficken bei allen anderen, das finde ich halt doch ziemlich spekulativ und die Intention dahinter zu offensichtlich. Mitnichten eine schlechte Strategie, sag ich mal, und die Zugriffszahlen werden dir womöglich recht geben. Aber egal, ein Titel soll Leser anlocken, und das schafft deiner allemal, glaub ich.
Und natürlich hat meine Skepsis mich (den Literatur-Connaisseur mein' ich, nicht den anderen) nicht aufhalten können, die Geschichte zu lesen.
Gleich mal mein Resümee: ich finde, die Geschichte fängt stark an, und hört sehr, sehr stark auf, also der letzte Absatz sträubte mir wirklich die Nackenhaare. Im Mittelteil allerdings, dieser quasi Nacherzählung von Hanks Lebensgeschichte, ertappte ich mich dabei, dass ich ihn mehr überflog, als ihn zu lesen. Da könntest, solltest du für mein Gefühl gehörig kürzen, weil die Geschichte drum herum, dieses Martyrium des gepeinigten, missbrauchten Kindes und wie es sich sozusagen als Überlebensstrategie in ein fiktives Erleben hineinphantasiert, ist packend und erschütternd genug. Ich versteh schon, du willst die Katze erst ganz zum Schluss aus dem Sack lassen (den Begriff Schlusspointe zu verwenden, verbietet sich hier von selbst), aber der Mittelteil ist mir viel zu abschweifend, fast kommt’s mir vor, du wolltest dem Leser hier einfach demonstrieren, dass du deine Bukowski-Biographie-Hausaufgaben gemacht hast, du tust der Geschichte damit allerdings nichts Gutes, glaub ich.
Also: Guter Anfang, sehr starkes Ende. Und geschrieben in einer Sprache, die, wenn auch nicht ganz an Dirty Old Man Hank heranreichend, mich doch sehr packen konnte.

offshore

 

Hallo, Durchsaugeinshirn,

sprachlich ist Deine Geschichte dem Stoff angemessen. Sie könnte, bei all der emotionalen Erregung, die dargestellt wird, sogar noch krasser und "unschöner“ sein.
Gelungenes Beispiel:

Das Gesicht als Leinwand eines beschissenen Lebens. Gezeichnet. Das zeichnet ihn aus. Das ist ehrlich. Nicht seine Worte. Das sind Lügen. Aber sein Gesicht ist Wahrheit. Jede Falte eine Geschichte. Jede Furche die Niederlage dazu.
Das ist eine Bewertung der Tochter.
Hier stellte ich mir die Frage: Ist es ein Monolog der Tochter über ihre Situation oder eine Darstellung des Vater-Tochter-Verhältnisses oder beides?
Mich überzeugen die Selbstreflexionen der Tochter über ihr Leben am meisten.

In den Hass. Hass auf alles. Auf seine Ex. Auf das Leben. Auf sich. Hass auf den Hass.

Er will nicht hassen. Er hasst es zu hassen. Es passiert einfach. Kocht in ihm hoch

Wo wird dies (Zitat) für den Leser lebendig? An welcher Stelle? Das Zitat ist ein Bericht über ihn. Was tut er? Hier wird der Vater nicht lebendig, sondern bleibt in der Berichtsstruktur der Tochter gefangen. Sie verleibt sich sein Leben wie ihn selbst gleichsam ein.
Wir lernen ihn nur indirekt durch die Brille und Bewertung der Erzählerin kennen. Wo tritt die Person „Vater“ als Person, nicht als von der Tochter erzählte Person auf?
Wenn beide das Thema sind, so müsste der Vater mehr eigene Konturen bekommen.
Es wäre interessant, ausschnittweise den Vater von seinem Leben erzähle zulassen, weil die Unmittelbarkeit mehr Spannung erzeugt. Eine größere Distanz der Erzählerin zum Vater würde die Spannung erhöhen.
Oder soll die Geschichte zeigen, wie die Tochter ihren Vater als Femme fatale „auffrisst“, weil niemand wegen ihrer Fettsucht und ihres Gestanks sie „auffrisst“. Sie giert nach „ficken“ und kotzt es aus?
Was ist das Thema? Der Vater oder die Tochter? Ich glaube die Tochter. Die Lebensgeschichte des Vaters stört dann aber die monologische Selbstreflexion.
Das nur kleine, unsystematische Überlegungen, die Dir zeigen sollen, dass diese Geschichte für mich als Leser eine gute Anregung ist, die mich sprachlich (bis auf die Kommasetzung) überzeugt hat.
Vielen Dank
Wilhelm

 

Hallo durchsaugeinshirn

hoffe, dass du mir vielleicht sogar noch den einen oder anderen konkreten Tipp geben könntest, wie ich das besser machen könnte.

An dem vorgelegten Stoff fällt mir dies etwas schwer, da es mir inhaltlich nicht besonders zusagt. Was mir aber konkret auffiel, es findet nur eine erzählte Auseinandersetzung statt, es sind nicht die Personen, die handeln. Man hört immer nur die Stimme der Protagonistin, das muss an sich nicht falsch sein, da es ihre Perspektive ist und nur diese kann sie wiedergeben. Dies ist in einer Geschichte aber auch ein Risiko, wenn es ihr nicht gelingt, über sich hinaus zu reflektieren, es einzig eine Erzählung oder eine Nacherzählung bildet. Wenn Protagonisten direkt auftreten, ihre Handlungen gegenwärtig sind, nimmt der Leser es als aktuelles Geschehen wahr, nicht als etwas das ein Dritter erzählt. Im Idealfall steht der Leser mittendrin und vermeint es mitzuerleben.
Unter Arbeitsgruppen findest du auch die Rubriken Autoren sowie Kritiker, in denen vielfach schon über solche Themen diskutiert wurde. Im Internet lässt sich zu Stichworten wie Erzählperspektive, Unterhaltungsliteratur etc. so manches finden, das Hinweise und Querverweise gibt. Es ist jedoch wichtig, selbst auch viel zu lesen und selbst andere Geschichten hier zu kommentieren, da dies einem dafür sensibilisiert was einem bei andern auffällt, sei es positiv oder störend. Vieles erkennt man für sich selbst, wenn man Vergleiche zieht.
Ernst Offshore und Wilhelm Berliner haben dir, wie ich sah, auch ihre Eindrücke mitgeteilt. Schau sie dir an und überlege, warum dies oder jenes bei ihnen so nicht ankommt und warum ihnen das eine und andere gelungen erscheinen.

Stelle dir auch die Frage und werde dir im Klaren darüber, warum du schreibst? Es stimmte mich ein wenig nachdenklich, dass du schriebst: Ich habe eher eine natürliche Neigung für das „Verruchte“ und Negative – das mag meiner Biografie geschuldet sein. Daraus könnte man verschiedenes Interpretieren, etwa eine Abrechnung mit einem bis anhin wenig gelungenem Leben. Oder aber auch, aus einem Faible für gewisse Literaturformen, in dem Fall wohl in die Richtungen Lebensdramen, Krimis, Horror etc. gehend.
Literarisch macht es eher Sinn, wenn man sich dazu in einer distanzierten Form annähern kann, die Inhalte, über die man als Autor schreibt, bewusst als virtuelle Geschichten durchlebt. Ein Realitätsbezug ist dabei von Vorteil und persönliche Erfahrungen können es unter Umständen authentischer erscheinen lassen. Aber es sollte den Autor nicht persönlich unterwerfen. Vieles muss man sich auch an Wissen erst aneignen, um eine Themenbreite abzudecken, wenn es real durchscheinen soll.
Was mir auch wichtig erscheint, dass Autoren sich bewusst sind, dass es hier um Unterhaltungsliteratur geht, die möglichst einen breiten Leserkreis finden will. Jemand der sich einfach freischreibt, seine Neigungen, in welche Richtung auch immer ausleben will, wird es eher schwer haben, nachhaltig Leser zu finden.

Es sind nun nicht detaillierte Tipps, wie du die Geschichte besser verfassen kannst, da ich es im Gegebenen nicht nachvollziehen möchte, aber es hilft dir sicher, darüber selbst klarer zu werden.

Schöne Grüsse

Anakreon

 

Hallo offshore, hallo Wilhelm

auch euch erst einmal vielen Dank für das Feedback. Was ihr geschrieben habt freut mich ungemein, da ich nicht wirklich damit gerechnet habe, unterm Strich solch positive Resonanz zu bekommen. Aber, wie auch schon bei Anakreon, hilft mir eure Kritik extrem weiter. Ich komme – angeregt durch eure Kritik – mittlerweile nicht mehr umhin, den Mittelteil neu zu überdenken. Das werde ich auch tun. Ich weiß noch nicht in welche Richtung, ob Einkürzen, dem Vater eine eigene Stimme geben, oder etwas völlig anderes.

Ebenso habe ich viel über den Titel nachgedacht, da dieser sehr viel mehr losgetreten hat als ich auch nur im Entferntesten erahnt habe. Ich habe bei der Wahl des Titels nicht bedacht, dass ich damit natürlich Erwartungen wie Bukowski-Vergleiche gleichermaßen heraufbeschwöre. Für mich war es einfach nur die Zusammenfassung, dessen was die Protagonistin tut – wenn auch in ihrer Fluchtwelt-Fantasie.

Ich hatte niemals das Ansinnen Bukowski nachzueifern, es ihm gleich zu machen, eine Hommage zu fertigen oder gar ein neuer zu werden. Sicher bin ich großer Fan und habe auch meine „Bukowski-Biographie-Hausaufgaben“ (sehr schön gesagt), aber ich habe ihn niemals auf meinen Schultern gehabt, während ich geschrieben habe. Ich hab einfach geschrieben, wie es aus mir rauskam.

Was ich unabhängig schon einmal sagen kann, ist dass ich so dermaßen froh bin, dass mir jimmysalaryman, dieses Forum empfohlen hat. Ich hoffe, dass sich mein beruflicher Stress bald wieder minimiert und ich mich den Geschichten der anderen widmen kann. Denn so sehr wie ihr mir bisher habt helfen können, würde ich mit meiner bescheidenen Meinung auch gerne anderen Autoren möglicherweise einen Denkanstoß geben könne.

PS: Anakreon, dir natürlich auch noch mal Dank für deine weiteren Anmerkungen. Das soll natürlich nicht ungewürdigt bleiben. :-)

 

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