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Fett in der Sonne

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21.08.2007
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Fett in der Sonne

Fett in der Sonne

Angewidert von sich selbst ging er um die Tafel rum, nahm sich Erbsen, nahm sich Häppchen, fraß im Stehen und nahm erneut. Wieder ging er um die Tafel, ignorierte all diejenigen, die vermessen genug waren, ihn anzusprechen, höflich distanziert oder mit vertrauter Freundlichkeit, egal. Diesmal nahm er Spargel, Sauce, Fisch und Fleisch und Kaviar, packte alles auf den Teller und fraß erneut im Stehen. Besteck hatte er keins. Ihm wurde welches angeboten, aber er grunzte nur ein: „Danke, nein.“

Und weil er von sich selbst so angewidert war, wandte er sich ab, versuchte zu verbergen, wie erbärmlich er das Leben anderer in sich hinein schlang, weil er selber keines hatte. Aber zu fett war er, zu fett, als daß er sich und seinen Teller, den er abermals mit wahllos zusammengeklaubten Köstlichkeiten von der Tafel befüllte, hätte verbergen können. Alle starrten, keiner lachte.

Die Anwesenden wollten ihm entfliehen, das wusste er genau. Wenn sein Blick einen anderen traf, stießen beide sich ab wie gleichgepolte Magnete und wurden irgendwohin geschleudert, meistens Richtung Boden. Dabei fraß er weiter, verteilte Teile seines Essens auf den Bauch, der unter den zu engen Klamotten hervorquoll.
Beschämt verschmierte er mit einer Hand die Speisereste auf seinem weißen Fleisch, immer in großzügigen Kreisbewegungen, er hatte Übung darin. Das machte er so lange, bis die Schmiere trocken wurde und in Form von Krümeln zu Boden gefegt werden konnte. Er legte keine Pause ein beim Fressen, produzierte mehr und mehr Nachschub für die schmierveredelnde Krümelindustrie, die doch nur rote Zahlen schrieb.

Warum sie blieben, war ihm ein Rätsel. Er fraß ihnen die Tafel leer, machte alles Schöne zunichte, weil fette Menschen tollpatschig und „volumenbedingt destruktiv“ sind, wie sein Vater immer sagte. Damit war sein Schicksal besiegelt gewesen, denn mehr als sein Fett hatte er nicht und mehr würde er niemals haben. Auch das hatte sein Vater ihn gelehrt.
Das Leben war nur eine Tafel, von der er fressen konnte, was andere darauf abgeladen hatten. Das widerte ihn an, wie es offensichtlich auch andere anwiderte. Allmählich fragte er sich aber, ob es wirklich richtig war zu versuchen, seine brennenden Gefühle in Fett zu ersticken, wie er es mit weniger brennenden Gefühlen glaubte geschafft zu haben.

Etwas drückte sein Fleisch ein, an der Seite, von unten. Er wandte sich um, hörte auf zu kauen.
„Los, weiterfressen!“
Die Kinderstimme war nicht allein, etwas anderes schwang darin mit und als er in das glatte, von dunklen Zöpfen umrahmte Mädchengesicht blickte, wusste er, daß er dem Tod gegenüberstand.

Kurz blickte er in ihre Augen, die so abgründig waren, daß er den Eindruck hatte, der Raum hinter den Höhlen sei mit nichts anderem gefüllt als einer dunklen Augenmasse, die in den Tod führt, wenn man hineinspringt.
Gedanken wie „Ob dieser Pudding hin und her schwappt, wenn man an dem Kopf rappelt?“ oder „Quillt das Augenlicht des Todes heraus, wenn man von hinten gegen den Mädchenschädel schlägt?“ kamen ihm in den Sinn.
Er stellte sich vor, wie die Masse gegen seinen weißen Bauch klatschte und er sie mit den Essensresten zusammen verrieb. Immer in kreisförmigen Bewegungen, wie er es gewohnt war.
Schwarze Krümel, die gut schmeckten, würden dabei entstehen, dessen war er sich sicher. Aber er wusste nicht, ob er es wagen würde, sie zu probieren.

Das Mädchen, das der Tod war, lächelte und öffnete seine Hose. Entsetzt nahm er wahr, wie sein Bauch mit Wucht nach vorne schnellte und hart wie ein Kartoffelsack auf den Boden schlug. Nervös blickte er sich um und schob erneut Essen vom Teller, den er wie ein exotisches Musikinstrument an seinen Mund hielt, in sich rein.
Als der Bauch zur Ruhe gekommen war und nicht länger wie eine Naturgewalt bebte, umarmte das Mädchen kichernd den von Menschen gemachten Berg, drückte sein kühles Gesicht hinein und biss verspielt in die Schwarte.

Verzweifelt schlang er alles runter, was er auf dem Teller hatte, wälzte sich samt Bauch und Mädchen zur Tafel, um abermals Essen auf das Porzellan in seiner Hand zu häufen. Aber der Tod streichelte ihn und flüsterte unschuldig klingende Aufforderungen in sein Fett, bis er nicht mehr an sich halten konnte. Er warf sein exotisches Musikinstrument achtlos über die Schulter.
Einige der Anwesenden verfolgten den Flug des Tellers, bis dieser auf dem polierten Marmorboden zerschellte und einen letzten unharmonischen Ton von sich gab. Andere jedoch sahen staunend zu, wie er sich mit weit ausladenden Bewegungen seiner Arme immer mehr Essen direkt vom Tisch in seinen gierigen Schlund baggerte.

Nicht einer der Gäste verabschiedete sich. Als seien sie ein Teil des Inventars geworden, blieben sie stehen und ließen das Schauspiel über sich ergehen. Wenn sie sprachen, dann nur mit gedämpften Stimmen.
Essen nahm keiner zu sich. Aber Angst hatten sie und nicht einer unter ihnen konnte sagen, was der Grund dafür war.

Nach unzähligen Minuten war die Tafel leer. Das Mädchen klammerte sich immer noch an sein Fett. Mittlerweile war seine gesamte Kleidung geplatzt und hing sinnlos an ihm herunter. Es kümmerte ihn nicht.
Schwer atmend stand er da, gestützt auf seinen Bauch, und blickte in das Antlitz des Mädchens. Das Lächeln darin wollte überhaupt nicht dazu passen, schien über die Grenzen des Gesichts hinweggewachsen zu sein.

„Bist du jetzt fertig mit mir, du verdammter Scheißkerl?“ Seine Stimme klang gepresst.
„Wer sagt denn, daß ich gekommen bin, um dich zu holen, Häuptling Schweiß-in-der-Kerfte, hä?“ Noch immer war das Lächeln da, perfekt, kalt; freudlos.
Verwunderung machte sich auf dem runden Gesicht breit. „Warum bist du dann hier?“
„Du hast nicht aufgegessen, Schwabbelbacke. Na komm, da drin ist noch Platz für eine ganze Kompanie, mein Dicker!“ Der Tod drehte seinen mit Locken bewehrten Kopf und blickte auf die Gäste im Raum. Gesichts- und namenlos standen sie da, wie erntereifes Getreide auf dem Acker.
Er ächzte, sein Atem ging rasselnd. „Erzähl keinen Mist! Wenn sie dran sind, sind sie dran und du holst sie. So läuft das Spiel, das weißt du besser als ich. Also, was willst du von mir?“
„Bringe das zu Ende, was du angefangen hast und friss in dich hinein, was du brauchst. Nur so bleibst du am Leben und kannst mir entgehen. Habe ich mich klar ausgedrückt, du wandelnde Schmalzbombe?“ Die Stimme hatte nun nichts mehr von einem Mädchen an sich, aber die Hand strich unverändert zart über die vom Fett gewölbte Haut.
„Glasklar, Arschloch“ Und in der Tat hatte er verstanden, daß für ihn die Zeit gekommen war, sich zu entscheiden. Leben auf Kosten anderer? Selbst immer fetter werden und sich nicht mehr rühren können? Oder gab es noch eine weitere Möglichkeit?

Kurz dachte er nach, dann hatte er seine Entscheidung getroffen. Entschlossen packte er das Mädchen an den Hüften und hob es hoch. Dann schluckte er seinen Tod herunter und es fiel ihm nicht schwerer, als nähme er eine Tablette gegen Übelkeit ein.
Gefasst schmolz er wie ein Stück Fett, das man achtlos in der prallen Sommersonne liegen gelassen hatte.
Je weiter er in sich zusammenfiel, desto ruhiger wurde er. Und während seine Sinne für ihn spürbar in die Dunkelheit abdrifteten, nahm er seine Gefühle mit einer Klarheit wahr, die er nicht kannte und für die er eine tiefe Dankbarkeit verspürte. Sie brannten nun nicht mehr. Im Moment seines Todes hatten sie endlich aufgehört zu brennen.

Die Gäste gingen nach Hause. Einige beschwerten sich über den Fettwanst, der das Buffet leergefressen hatte. Die meisten jedoch waren erleichtert, auch wenn sie nicht erklären konnten, was überhaupt vorgefallen war. Sie gaben jedoch einheitlich zu verstehen, daß sie das vage Gefühl hatten, mit dem Leben davongekommen zu sein.
Manche verspürten sogar ein wenig Dankbarkeit für den fetten Mann, der alles weggefressen hatte. Wären diese wenigen mit offenen Augen durchs Leben gegangen, wäre ihnen vielleicht in den Sinn gekommen, weshalb sie ihm dankbar waren. So jedoch verblieb nur ein unbestimmtes Gefühl, das schon bald vergessen war. Vergessen wie ein Stück Fett, das irgendwann mal in der Sonne geschmolzen war.

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© by Theryn

 

Hallo zusammen!

Nein, das ist nachwievor nicht die Geschichte, die ich als "Debut" vorgesehen hatte (die paar, die mich hier bereits kennengelernt haben, wissen, was ich meine).;-)

Diese Geschichte hier ist am vergangenen Sonntag spontan entstanden und von mir bis heute etwas abgefeilt worden. Es ist mit Sicherheit keine große Kunst, aber mir persönlich wichtig, um endlich mal was gegen diese, ich nenne es mal "Schreibblockade", die mich schon seit längerem nervt, zu unternehmen.

Ich hoffe aber trotzdem, daß der eine oder andere von Euch mit dieser eigentümlichen Klamotte etwas anfangen kann.:-)

Auf bald!

Theryn

 

Hallo Theryn!

Ich versuch´s mal als Erste bei diesem schwer zu interpretierenden Text. Einerseits scheint er eine Parabel auf etwas zu sein, aber dazu ist er an manchen Stellen viel zu konkret. Da ist zum einen einmal die Fresssucht des Mannes, mit allen typischen Kennzeichen einer Sucht - immer mehr zu wollen, fressen, um quälenden Gefühlen zu entgehen, die Scham, die man dabei empfindet, seiner Sucht ausgeliefert zu sein. Die Sucht als Kompensation für fehlende Anerkennung durch den Vater. Mit der Sucht einhergehende Isolation und Einsamkeit - alle übrigen Gäste sind nur Staffage, keiner tritt aus ihrer Masse als Individuum hervor. Auf der anderen Seite ist er aber scheinbar auch eine Art Messias, der alle anderen von etwas erlöst, auch scheinen sie ja seinen Tod gar nicht zu bemerken. Er frisst sich zu Tode, das ist klar, eigentlich ist es eine Selbstmordgeschichte, ganz klar wird der Tod (übrigens sehr schön, dass du da ein kleines Mädchen mit Zöpfen nimmst) als heilsame Medizin bezeichnet.

Ansonsten bleiben mir nur Fragen: Warum merken die anderen seinen Tod gar nicht? Was ist mit der „Krümelindustrie“ gemeint, die nur rote Zahlen schreibt. Er lebt auf „Kosten anderer“ - das scheint wieder mehr in Richtung Parabel zu gehen, und warum essen die anderen nicht? Ist es Ekel, der sie abhält? Geht es um Maßlosigkeit allgemein, die immer anderen etwas wegnimmt?

Auf jeden Fall ist es eine interessante Geschichte, die stilsicher ist und in ihrer grotesken Expressivität gut gelungen.


aber er grunzte nur ein „Danke, nein“
Doppelpunkt - „... ein: „Danke, nein“
Kurz blickte er in ihre Augen, die so abgründig waren, daß er den Eindruck hatte, der Raum hinter den Höhlen sei mit nichts anderem gefüllt als einer dunklen Augenmasse, die in den Tod führt, wenn man hinein springt.
Die nochmalige Wiederholung von „Tod“ finde ich hier nicht gut, man weiß als Leser ja schon, dass das Mädchen der Tod ist.
wie sein Bauch mit Wucht hervor preschte
Ich glaube, dass etwas nur hervorpreschen kann, was Beine hat, ein Bauch nicht! ;)
gestützt auf seinem Bauch,
seinen
„du“, „dich“, „dein“ - schreibt man bestenfalls in Briefen groß (und das ist bereits altmodisch), aber sicher nicht in normaler direkter Rede in einem Prosatext.
der Tod drehte seinen mit Locken bewährten Kopf
bewehrten - hängt mit „wehren“ zusammen und nicht mit „bewähren“
Gefasst schmolz er, wie ein Stück Fett,
ohne Komma
Je weiter er in sich zusammen fiel
zusammen: zusammenfiel
Im Moment seines Todes, hatten sie endlich aufgehört zu brennen.
ohne Komma

Gruß
Andrea

 

Hilfe, eine Kritik!:-)

Hallo!

@ Andrea

Vielen lieben Dank, daß Du meinen Text nicht nur gelesen hast, sondern auch versucht hast, Dich auf ihn ein und ihn wiederum auf Dich wirken zu lassen.

Ich weiß, Du nimmst bei Kritiken kaum ein Blatt vor den Mund und deswegen bin ich sehr froh, daß Dir die Geschichte gefallen hat.

Deine Fragen werde ich Dir sehr gerne beantworten, aber noch möchte ich anderen Lesern gerne die Möglichkeit zur freien Interpretation belassen. Aber wir sehen uns ja bestimmt im Chat, da stehe ich Dir gerne Rede und Antwort.;-)

Die Fehler, die Du gefunden hast, werde ich dankbar übernehmen.

Ja, die Großschreibung der persönlichen Anrede in Dialogen ist ein Fehler, den ich immer wieder gerne mache. Darauf hab ich selbst nicht mehr geachtet, muß ich sagen. Ich werde das korrigieren. Aber in Briefen und E-Mails werde ich diese Schreibweise beibehalten. Bin halt ein altmodischer Mensch.;-)

Ich glaube, dass etwas nur hervorpreschen kann, was Beine hat, ein Bauch nicht!

Ach, dafür ist die Geschichte also nicht grotesk genug, ja? Dat verstehe ich jetzt auch.;-)
Ne, im Ernst, ich überlege mir ein anderes Wort für diese Stelle.

Das mit der dunklen Augenmasse, die in den Tod führt, da muß ich mir nochmal Gedanken zu machen. Aber ich kann gut verstehen, warum die Stelle Dich stört.

Vielen Dank nochmal und auf bald!

Theryn

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Theryn!

Auch, wenn es jetzt schon die zweite Geschichte vor Deinem eigentlichen Einstand ist ( :lol: ), habe ich sie gern gelesen und sie gefällt mir sehr – immerhin beschäftigt sie mich gedanklich schon einige Stunden, obwohl sie nur etwas mehr als zwei Seiten lang ist.

Ja, man kann wirklich gut daran heruminterpretieren. Von Anfang an hatte ich so ein wenig das Bild eines geldgierigen Unternehmers, wobei ich noch immer nicht sicher bin, ob Du (sollte mein Bild zutreffen) auf jemand Bestimmten anspielst, dafür hab ich die Wirtschaftsnachrichten in letzter Zeit zu sehr vernachlässigt.
An der Stelle mit den Aussagen seines Vaters glaube ich meine Vermutung bestätigt zu sehen – da wird aus ihm das dumme Unternehmersöhnchen, das zwar nicht viel kann, aber das Geld vom Papa geerbt hat. Wenn Fett = Geld, dann scheffelt er wohl ziemlich rücksichtslos. Das kann sich auf die Arbeitnehmer und Arbeitslosen beziehen, oder auch auf die Umwelt (»machte alles Schöne zunichte«), die da und dort durch Industriebauten und Einkaufszentren zerstört wird, in jedem Fall ist es Ausbeutung nur für seinen Profit, sein Fett. Das Land als Tafel, die eigentlich so viel hergibt, daß alle davon satt werden könnten, oder das Heer an Arbeitslosen als Tafel, die von Unternehmern rücksichtslos ausgenommen werden kann, weil sich ohnehin keiner mehr über irgendwelche Bedingungen beschwert, sich keiner etwas zu sagen traut, nur froh um seinen Arbeitsplatz ist, und die wenigen verbliebenen Kritiker werden ignoriert.
Aufgrund des von Menschen gemachten Berges entscheide ich mich dann aber doch für die Ausbeutung von Arbeitnehmern.

Beim Rest bin ich noch etwas unschlüssig und vielleicht liege ich auch ganz daneben.
Kurz sah ich in dem Mädchen, das der Tod ist, die Freundin von Sarkozy. :D Natürlich könntest Du hier ganz simpel eine Frau meinen, für die das geldgierige Unternehmersöhnchen Deiner Geschichte nun noch mehr schuften muß, aber ich glaube, so einfach hast Du die Geschichte doch nicht gestrickt. ;)
Unternehmer sehen ja gern in den geringsten Abgabenerhöhungen ihre Existenz bedroht, obwohl sie sie eigentlich nur ein bisschen zwicken. Andererseits fördert der Staat sicher jede arbeitsplatzschaffende Maßnahme, also eine weitere Ausweitung des Unternehmens, er bedient sich wieder an der noch immer gut gefüllten Tafel mit Arbeitslosen und vergrößert dabei seinen Reichtum.
Der Staat lobt ihn, streichelt seinen Bauch (die Wirtschaft muß wachsen), beißt in Form der Steuereinnahmen in die Schwarte – eine Hand wäscht die andere, und dazu fällt mir auch gleich noch die schmierveredelnde Krümelindustrie ein: reingewaschene Schmiergelder vielleicht? Irgendwas Karitatives, womit er den Schein wahrt? Oder die Krümel stellen einfach das dar, was er im Verhältnis zu seinen Einnahmen an Löhnen zahlt.

Andererseits könnte das Mädchen auch die Konkurrenz sein, die sich erst ein- und ihn am Ende aufkauft, was ihm auch von Anfang an bewußt ist, als er in ihr den Tod erkennt. Als sie ihm die Hose öffnet und der Bauch hervorquillt, das könnte bedeuten, daß er sich, d. h. das Unternehmen bzw. die Anteile daran, zu billig verkauft hat.

Am Ende scheint es sich jedenfalls entweder um den gänzlichen Verkauf des Unternehmens zu handeln, oder um einen Konkurs, bei dem er sich vorher noch genug auf die Seite schaffen konnte, um den Rest seines Lebens fett in der Sonne zu liegen. Keiner sieht mehr etwas von dem Erwirtschafteten.

So, ein paar Anmerkungen hab ich dann noch, die kommen heute Abend. :)

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Klasse, der Text hat mich fast umgebrach. Zweimal!
Soll wahrscheinlich eine Lehre für mich sein, wenn ich beim Schreiben schon nicht genug leide ,dann wenigstens beim lesen.

Ehm, Monty Python. Der Sinn des Lebens. Das Minzblättchen, das fiel mir zuerst ein.

Also, mal sehen, wie gehen wir da ran: Essen manifestiert sich. Der Körper wandelt das um, in Fett, und das ist dann eine physikalische Tatsache. Man kann ihm sein Fettsein ansehen, das ist eine Eigenschaft, die jedem sofort ins Gesicht springt. Er ißt ja eigentlich ohne Appetit, das ist das zweite. Er ist weder Fein- noch Vielschmecker, er schmeckt gar nix, hier:

Diesmal nahm er Spargel, Sauce, Fisch und Fleisch und Kaviar,
Völlig wahllos irgendwas zusammengeballert.

Was auf den ersten Blick ein Widerspruch ist, ist das Schamgefühl, er schämt sich, weil er so viel frisst, scheint es dann aber im Prinzip auch zu akzeptieren, er geht dann in diese fast schon viehische Nische, die ihm sein Vater zugedacht hat. Wenn alle von so einem extrem Dicken erwarten, dass er tollpatschig ist und viehisch, wozu dann Besteck nehmen? Also die Scham wird gemildert durch Rituale, das Eigenbild scheint sich dem "Image" sozusagen anzupassen. Denn irgendwie muss ja auch dieser Mensch mit sich selbst leben können, also ist der Vater schuld und er kann halt nur essen, also tut er es.

Was mir völlig entgeht, ist dieses widerliche Bauchreiben, aber damit will ich mich auch nicht auseinandersetzen! Du bist einfach total neben der Spur! Darum kümmer ich mich vielleicht, wenn es mich nicht sofort drei Jahre meines Lebens kostet.

Okay, weiter: Tod als kleines Mädchen. Natürlich: eine persönliche Todeserfahrung, die anderen können sie nicht wahrnehmen. Ist fast schon eine Auszeichnung, irgendwie ist er ja auch einzigartig in seiner extremen Art, da nimmt sich der Chef der Sache auch mal persönlich an. Tod als kleines Kind - immer ein gutes Motiv.
Und es ist dann so eine Art griechische Bestrafung, das kennt man irgendwie aus der griechischen Mythologie, da wurden ja auch Leute so bestraft, dass die Strafe ihrer Sünde entsprach (also diese Weber-Tussi da wurde in ne Spinne verwandelt usw.). Sie stachelt ihn dazu an, immer mehr zu fressen, sich zu Tode zu fressen und er macht das mit und seine "Präsenz" erweitert sich sofort, er quillt auf. (Sie scheint auch mehr mit seinem Körper, den er sich angefressen hat, zu reden als mit ihm, mit seinem Geist, seinem Ich) Das platzt alles. Aber der Tod macht ihm das Angebot, wenn er nur "das in sich hinein frisst, was er braucht, entgeht er schon dem Tod", so eine Art faust'scher Pakt, nur ist genau dann die große Stunde des Mannes gekommen und er frisst schlicht den Tod auf, seinen persönlichen Tod, der ihn zwar tötet, aber dadurch die anderen rettet.

Und das ist vielleicht der Kritikpunkt - ehm, ich hatte nicht das Gefühl die anderen Gäste wären wirklich in Gefahr gewesen, also es scheint ja die ganze Zeit nur um ihn zu gehen, die Geschichte ist für mich aber nur irgendwie zumindest schlüssig, wenn das Leben der Gäste auch in Gefahr war oder wenn zumindest er das glauben konnte für einen Moment, dann war natürlich die bewusste Entscheidung, sich selbst zu opfern (mit dem was er am besten kann), um die anderen - die ihn ja weder beachten noch interessieren - zu retten. Wahrscheinlich hat er einfach die Faxen dick und er frisst das Mädchen aus Trotz, weil sie es ihm nicht zutraut, das ist schon der Prototyp eines zynischen Losers, die irgendwann soweit sind, dass ihnen alles egal ist und die dann auch entsprechend handeln.

Man hätte die ganze Geschichte wunderbar erden können, mit einer schlichten Salmonellen-Infektion oder so. Also das Buffet hätte wirklich vergiftet sein können (aber weiß der Geier, das ist jetzt nur so ne Schnapsidee, keine Ahnung, ob das aufgeht).
Stilistisch ist mir im ersten Absatz aufgefallen, dass diese Häufung von "erneut"und "wieder" -ja, klar, er geht dann zum xten Mal hin und macht seine Runde, trotzdem generell möchte ich als Leser von einzigartigem lesen und nicht von der Regel, ist jetzt kein wahnsinnig großes Problem, aber der erste Abatz schreit so nen bisschen: Monotonie. Für die Geschichte inhaltlich sicher nicht verkehrt, aber spannungstechnisch jetzt nicht gerade der Bringer.

Woran ich auch noch nen bisschen knabber ist die Frage, was er hätte noch fressen soll nach Frollein Tods Ansicht? Die anderen Gäste? Braucht er die? Das wäre die nächste Steigerung wahrscheinlich. Nicht mehr nur von der Arbeit anderer leben (denn er hat ja weder die Schweine da geschlachtet noch den Kaviar aus dem Fisch gepuhlt), sondern die Leute direkt verzehren?

Ach, was weiß ich.
Gute Geschichte, aber extrem eklige Passagen! Und das mit dem Bauchreiben ... du drehst echt am Rad!
Quinn

 

Hallo Theryn!

Sorry, hab mich ein bisschen verspätet ... ;)

Jetzt gleich zu meinen Anmerkungen:

»Angewidert von sich selbst ging er um die Tafel rum,«
– schöner: herum (Rum ist ein alkoholisches Getränk, wenn auch kein sehr empfehlenswertes. :p)

»Wieder ging er um die Tafel, ignorierte all diejenigen, die vermessen genug waren, ihn anzusprechen,«
– statt »diejenigen« würde ich »jene« schreiben
– und weil ich das Gefühl habe, Du willst gern knapp formulieren (wenn nicht, dann vergiß es): ignorierte all jene Vermessenen, die ihn ansprachen

»aber er grunzte nur ein: „Danke, nein“.«
– das »ein« könntest Du Dir sparen, und wenn Du einen Doppelpunkt machst, gehört der Punkt am Ende in die direkte Rede; Du kannst aber auch den Doppelpunkt rausnehmen, dann paßt der Punkt hinten.

»wie erbärmlich er das Leben anderer in sich hinein schlang, weil er selber keines hatte.«
– zusammen: hineinschlang
– »selbst« wäre schöner

»Aber zu fett war er, zu fett, als daß er sich und seinen Teller, den er abermals mit wahllos zusammengeklaubten Köstlichkeiten von der Tafel gefüllt hatte, hätte verbergen können.«
– das doppelte »hatte« ist weg, wenn Du ihn den Teller gerade erst befüllen läßt: den er abermals […] befüllte, hätte

»Wenn sein Blick einen anderen traf, stießen beide sich ab wie gleichgepolte Magnete und wurden irgendwo hin geschleudert, meistens Richtung Boden.«
– kürzer: Traf sein Blick einen anderen
– zusammen: irgendwohin
– in den restlichen Zeilen dieses Absatzes finden sich zwei »Dabei«-Satzanfänge und dreimal verwendest Du »immer«, da kannst Du bestimmt noch etwas umformulieren. ;-)

»wie er es mit weniger brennenden Gefühlen glaubte geschafft zu haben.«
– ich würde nach »glaubte« einen Beistrich machen (ist eine Kann-Bestimmung)

»Kurz blickte er in ihre Augen, die so abgründig waren, daß er den Eindruck hatte, der Raum hinter den Höhlen sei mit nichts anderem gefüllt als einer dunklen Augenmasse, die in den Tod führt, wenn man hinein springt.«
– eigentlich »dass«, aber ich bin mir grad nicht sicher, ob Du nicht irgendwo schonmal gesagt hast, daß Du die »daß« beibehalten willst.
– zusammen: hineinspringt
– »gefüllt« würde ich hinter die »Augenmasse« stellen (der Bezug von »die in den Tod führt« bleibt trotzdem erhalten), und statt »Augenmasse« würde ich nur »Masse« schreiben

»Gedanken wie „Ob dieser Pudding hin und her schwappt, wenn man an dem Kopf rappelt?“ oder
„Quillt das Augenlicht des Todes heraus,«
– keinen Zeilenwechsel nach »oder« (mitten im Satz)

»und hart wie ein Kartoffelsack auf den Boden aufschlug.«
– ich würde eins der beiden »auf« vermeiden, entweder: »am Boden aufschlug« oder »auf den Boden schlug«

»den er wie ein exotisches Musikinstrument an seinen Mund hielt, in sich rein.«
– schöner wäre »hinein« statt »rein«

»Verzweifelt schlang er alles runter, was er auf dem Teller hatte,«
– hinunter
– Vorschlag: was auf seinem Teller war

»Keiner der Gäste verabschiedete sich. […]
Essen nahm keiner zu sich.«
– statt dem zweiten »keiner« evtl. »niemand«?

»Aber Angst hatten sie und nicht einer unter ihnen konnte sagen, was der Grund dafür war.«
– würde nach »hatten sie« einen Beistrich setzen

»Irgendwann nach unzähligen Minuten war die Tafel leer.«
– entweder »Irgendwann« oder »Nach unzähligen Minuten«

»Das Mädchen klammerte sich immer noch an sein Fett. Mittlerweile war seine gesamte Kleidung geplatzt und hing sinnlos an ihm herunter. Es kümmerte ihn nicht.«
– nachdem das Mädchen grammatikalisch auch sächlich ist, ist bei »Mittlerweile war seine gesamte Kleidung« der Bezug nicht eindeutig und ergibt sich erst durch Sinn. Das könntest Du durch ein Umstellen vermeiden: Es kümmerte ihn nicht, dass mittlerweile …

»schien über die Grenzen des Gesichts hinweg gewachsen zu sein.«
– zusammen: hinweggewachsen

»„Bist du jetzt fertig mit mir, du verdammter Scheißkerl?“, seine Stimme klang gepresst.«
– das zweite »du« könntest Du streichen
– … Scheißkerl?“ Seine …

»„Wer sagt denn, daß ich gekommen bin, um dich zu holen, Häuptling Schweiß-in-der-Kerfte, hä?“, noch immer war das Lächeln da, perfekt, kalt; freudlos.«
– dass
– Was bedeutet »Kerfte«?
– … hä?“ Noch …

»Verwunderung machte sich auf dem runden Gesicht breit.«
– schöner ohne »machte«: breitete sich auf dem runden Gesicht aus.

»da drin ist noch Platz für eine ganze Kompanie, mein Dicker!“, der Tod drehte seinen mit Locken bewehrten Kopf«
– … Dicker!“ Der …

»Habe ich mich klar ausgedrückt, du wandelnde Schmalzbombe?“, die Stimme hatte nun«
– … Schmalzbombe?“ Die …

»„Glasklar, Arschloch“, und in der Tat hatte er verstanden,«
– … Arschloch.“ Und …

»Dann schluckte er seinen Tod herunter«
– meiner Meinung nach »hinunter«


Liebe Grüße,
Susi :)

 

Hallo Theryn!

Was für eine abgefahrene Geschichte. Beim Titel musste ich an Joseph Beuys denken, ich weiß auch nicht, aber bisher hat mich das ein bisschen abgeschreckt, die Geschichte zu lesen. Aber jetzt hab ich das endlich mal gemacht. :)
Also wirklich ekelhaft. Besonders die Stelle, als das Mädchen sein Gesicht in den Bauch drückt, boah. Ich habe gerade gegessen! Gut, bin ich selber schuld.

Details und so:

Aber zu fett war er, zu fett, als daß er sich und seinen Teller, den er abermals mit wahllos zusammengeklaubten Köstlichkeiten von der Tafel gefüllt hatte, hätte verbergen können.
1. daß -> dass (zieht sich durch den ganzen Text) 2. Dieses "hatte, hätte" liest sich irgendwie komisch. Ist zwar korrekt, aber vielleicht kannst du das irgendwie umstellen.
Dabei fraß er immer weiter, produzierte immer mehr Nachschub für die schmierveredelnde Krümelindustrie, die doch nur rote Zahlen schrieb.
Vielleicht liegts ja an mir aber das versteh ich irgendwie nicht.
Allmählich fragte er sich aber, ob es wirklich richtig war zu versuchen, seine brennenden Gefühle in Fett zu ersticken, wie er es mit weniger brennenden Gefühlen glaubte geschafft zu haben.
Hier fehlen ein paar Kommas, aber würde man die setzen, würde sich der Satz noch stockender lesen als er sich ohnehin schon liest. Ich würde das in zwei Sätze packen, ansonsten liest sich die Geschichte nämlich angenehm flüssig.
Das Mädchen, das der Tod war, lächelte und öffnete seine Hose.
Also, hehe, das ist irgendwie unfreiwillig komisch. Klingt, als würde das Mädchen seine eigene Hose aufmachen, also ich meine die Hose des Mädchens. Hat mich doch sehr gewundert. ;)
Häuptling Schweiß-in-der-Kerfte,
Äh, ist das so ein regionales Ding oder müsste man den Ausdruck "Kerfte" kennen? Nie gehört.
Na komm, da drin ist noch Platz für eine ganze Kompanie, mein Dicker!“, der Tod drehte seinen mit Locken
" ... mein Dicker!" Der Tod ... (bezieht sich ja nicht auf das Gesagte)
du wandelnde Schmalzbombe?“, die Stimme hatte nun nichts mehr
Dito. " ... Schmalzbombe?" Die Stimme ...
„Glasklar, Arschloch“, und in der Tat hatte er verstanden
Und weils so schön war. ;) " ... Arschloch." Und ...

Ja, die Geschichte ist echt klasse, hat mir gut gefallen. Die Sache mit dem kleinen Mädchen = Tod und dass er seinen Tod am Ende selbst auffrisst finde ich richtig gut. Anders ginge es auch gar nicht, wenn man drüber nachdenkt. Ein Fressender muss halt fressend sterben. Und beim Ende musste ich dann wieder an Joseph Beuys denken. ;) Passt so zum Ekligen, ich finde ja das Wort "Fett" an sich schon irgendwie bäh.

Also denn, liebe Grüße,
apfelstrudel

 

Heissa, Hoppsa!:-)

Hallo zusammen!

@ Häferl

Vielen lieben Dank für Deinen Kommentar und die Textarbeit, die Du Dir gemacht hast.

Allerdings muß ich verstehen, daß Du, ohne es zu wissen, meine Unsicherheit diese Geschichte betreffend, gestärkt hast. Denn nachdem ich mich mit Andrea nochmal unterhalten hatte und dabei heraus kam, daß das, was ich mit der Geschichte ausdrücken wollte, für den Leser wohl nicht herauszudeuten ist, habe ich Deine Interpretation der Geschichte gelesen, die leider vollkommen an meiner Intention vorbei gegangen ist.:-D

Aber dann habe ich nochmal in Ruhe drüber nachgedacht und hoffe nachwievor, daß man herauslesen KANN, was ich ausdrücken wollte. Und so sehe ich Deine Lesart mittlerweile nicht mehr als unbedingten Fingerzeig auf mein Unvermögen, sondern als wirklich interessante Interpretation, auf die ich selbst einfach nicht gekommen bin.:-)

Deine Änderungsvorschläge gehe ich gleich, wenn ich auf alle Kommentare geantwortet habe, nochmal durch. Ein paar davon werde ich dankbar übernehmen. Die Formulierungen, die etwas unglücklich wirken (z.B. "rum" statt "herum", sind jedoch von mir bewusst zugunsten der Sprachmelodie so gewählt worden. Vielleicht habe ich irgendwann genug Erfahrung, um eine angenehme Sprachmelodie und eine dadurch beeinflusste Atmosphäre mit einer ausgefeilteren und an sich schöneren Sprache kombinieren zu können. Bis dahin müssen meine Leser und ich Kompromisse eingehen.:-)

Die "Kerfte" ist übrigens eine umgangssprachliche Bezeichnung für die, je nach Mensch mehr oder weniger ausgeprägte, sog. Analrinne, die die beiden Gesäßbacken voneinander trennt. Für nähere Informationen bitte hier gucken.:-)
Ob die Verbreitung des Begriffs "Kerfte" regional beschränkt ist, kann ich nicht sagen. "Häuptling Schweiß-in-der-Kerfte" würde ich gerne so belassen, wenn aber zu viele Stimmen laut werden, die damit nichts anfangen können, muß ich mir mal was anderes überlegen.:-)

Nochmal vielen lieben Dank für Deine Mühe. Hoffentlich hat die Geschichte genug Vergnügen bereitet, daß sie den Aufwand wieder aufwiegt.;-)

Auf bald!

Theryn:-)

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@ Quinn

Auch Dir vielen Dank für Deinen Kommentar. Hat mich wirklich sehr gefreut, daß die Geschichte Dir gefallen hat. Sogar Deine Bemerkungen zu den Bauchreib-Passagen fasse ich als nennenswerte Komplimente auf, denn solche Reaktionen bei einem Menschen hervorzurufen ist ja auch nicht wirklich ohne, oder?:-)

An das "Minzoblätchen" mußte ich beim Schreiben auch denken. Genau wie an die Lachsschaumspeise aus demselben Film.:-)

Bei Deiner Interpretation hatte ich den Eindruck, Du wärst bereits auf dem richtigen Weg. Aber wenn, dann hast Du die Gedankengänge nicht konsequent bis zum Ende verfolgt.:-)
Zum Beispiel wird für die Geschichte keine Salmonellenvergiftung oder ähnliches gebraucht. Aber ich hab ja schon zu Häferl gesagt, daß ich nicht sicher bin, ob diese Geschichte überhaupt klar interpretierbar ist.

Hmmm...daß Du den ersten Absatz monoton findest, ist für mich sehr schade. Ich habe versucht, durch die Sprache und die Erzählstimme den Leser direkt in die Geschichte zu führen. Da war das Bild wichtiger als die Sprache. Wenn das nicht funktioniert hat, ist das für mich schon ein Makel an meiner Arbeit.

Wie dem auch sei, ich habe mich sehr über Deinen Kommentar gefreut, zumal Du gesundheitlich doch arg angegriffen warst. Ansonsten wären Dir die Bauchreib-Szenen nicht so auf den Magen geschlagen...oder?;-)

Die auch nochmal vielen lieben Dank.:-)

Auf bald!

Theryn

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@ Apfelstrudel

Ja, der Beuys wird sehr schnell aus seinem eigenen Hut gezaubert, sobald es um die zweckentfremdete Verwendung von "Fett" geht.;-D

Ich danke Dir für Deinen Kommentar und die Textarbeit, die Du Dir gemacht hast. Nachdem ich mit meinen Antworten fertig bin, werde ich Deine und Häferls Anmerkungen nehmen und den Text entsprechend bearbeiten.:-)

Das "daß" schreibe ich nachwievor in der "veralteten" Variante. Das ist meine Form von Protest gegen die Rechtschreibreform.;-D
Aber mal nebenbei: War das "daß" für prosaische und lyrische Texte nicht nachwievor erlaubt? Oder war das nur in der Übergangsphase von der alten zur neuen Rechtschreibung der Fall?

Der Prot verreibt die Reste des Essens, das er sich in den Mund schiebt, auf seinem Bauch. Dieser mechanische Vorgang ist beim Prot überdies ein automatischer. Darum bot sich das Bild einer automatisierten Industrie an.
Eine Produktion benötigt für ihren reibungslosen Ablauf einen ständigen Nachschub an Rohstoffen. Der Rohstoff sind die schmierigen, klebrigen Essensreste, die dem Fettsack auf den Bauch fallen. Diese "Schmiere" verreibt er so lange, bis sie trocknet und krümelig wird. Er hat also die Schmiere von der überschüssigen Flüssigkeit befreit, weshalb ich von einer "schmierverdelnden Krümelindustrie" sprach. Die Produktion ermöglicht es ihm, die Krümel von seinem Bauch zu fegen, ist also eigentlich ein Reinigungsvorgang, der aber zu einer unsinnigen Aktion verkommt, da er ja nicht aufhört, seinen Bauch zu beschmutzen.
Er produziert also immer weiter Krümel. Der Witz dabei ist nun, daß eine Industrie so lange produziert, wie es sich für sie rentiert. Da immer weiter produziert wird, sollte man meinen, daß es sich rechnet. Trotzdem schreibt diese Industrie aber nur rote Zahlen...erzielt also Verluste statt Gewinne. Und was das bedeuten soll, verrate ich nun nicht.:-)

Was eine "Kerfte" ist, habe ich bereits Häferl erläutert.:-)

Es freut mich sehr, daß Dir die Geschichte gefallen hat. Ich bin wirklich erleichtert, wie gut die Geschichte ankommt, obwohl ihr Sinn so schwer zu ergründen ist.

Vielen Dank und auf bald!:-)

Theryn

 

Hi Theryn,

gelesen. Dieser Text ist nun wirklich strange. Er beschreibt schön den Ekel des dicken Menschen vor sich selbst, der ihn dazu bringt, weiter zu essen. Ich habe kürzlich gehört, dass es zwei Arten von Menschen gibt: Solche, die in Krisenzeiten mit dem Essen anfangen und solche, die damit aufhören.

An einer Stelle hast Du meiner Meinung nach übertrieben:

... schmierveredelnde Krümelindustrie ..
Das klingt ein wenig affektiert.

Ist der dicke Mann, der den Tod verschlugen hat nun tot oder nicht?

Sehr schön fand ich die Vorstellung, dass der Tod Locken haben könnte.

Kein wunderbarer Text, aber doch nicht schlecht.

Beste Grüße vom

Berg

 

Hallo zusammen!

Grad habe ich nochmal ein paar kleinere Änderungen am Text vorgenommen, gemäß den Vorschlägen von Häferl und Apfelstrudel. Manche Änderungen habe ich nicht übernommen, da ich die Sprache des Textes so für gut halte und nicht zu sehr verändern möchte. Manche unsauberen Worte sind auch bewusst gewählt.
Andere Änderungsvorschläge habe ich noch nicht umgesetzt, weil ich da noch etwas drüber nachgrübeln muß, ob und wie ich sie umsetze.

@ Berg

Vielen lieben Dank nochmal für Deine Kritik. Ein wunderbarer Text wäre für mein zweites Pre-Erstlingswerk (:D) wohl zuviel des Guten gewesen, aber daß Du ihn nicht schlecht fandest, gibt mir auf alle Fälle ein gutes Gefühl.:-)

Der dicke Mann ist tot, geschmolzen wie <siehe Titel>. Allerdings ist die Definition von "tot" immer so eine Sache.;-)

Die "schmierveredelnde Krümelindustrie" gefällt mir eigentlich sehr gut. Aber wenn ich etwas mehr Abstand vom Text habe, werde ich über Deine Anmerkung nochmal nachdenken.

Was mich auch sehr freut ist, daß das Bild des Todes als Mädchen mit dunklen Locken so gut anzukommen scheint.:-)

Übrigens gehöre ich zur ersten Gruppe: In Krisenzeiten mit dem Essen anfangen. Andersrum wäre besser, aber ich denke, im umgekehrten Falle würde ich ebenso die Gegenmeinung vertreten.:-)

Auf bald!

Theryn

 

Hallo Theryn,

da bekommt einer so richtig sein Fett weg – und die anderen indirekt auch …

Schonungslos wird eine selbstzerstörerische Fresserei vorgeführt, eine Tätigkeit, die den Lustgewinn nur erhalten kann, indem das Furchtbare fortgeführt wird. Zentral ist das zerstörerische

„weil fette Menschen tollpatschig und „volumenbedingt destruktiv“ sind, wie sein Vater immer sagte“,

folgerichtig gipfelt das Ganze im rauschartigen Tod. Nur durch den Zwang zur Wahl

„Und in der Tat hatte er verstanden, daß für ihn die Zeit gekommen war, sich zu entscheiden. Leben auf Kosten anderer? Selbst immer fetter werden und sich nicht mehr rühren können? Oder gab es noch eine weitere Möglichkeit?“

taucht ein Fünkchen Vernunft auf (das „Leben auf Kosten anderer“ bleibt etwas unklar – die Anwesenden essen freiwillig nicht, niemand kommt zu Schaden).

Den Tod als Mädchen darzustellen, in einem anderen Kontext hätte das möglicherweise eine erotische Konnotation, ist ein guter Kunstgriff. Da es keine wirklichen Interpretatorischen Anhaltspunkte gibt, nehme ich den Text einfach als das, was er zeigt: Die Warnung vor Völlerei, Selbstzerstörerischer Selbstvergessenheit und einer (Tafel)Gesellschaft, die ratlos zusieht, ein „vages Gefühl“ hat „mit dem Leben davon gekommen zu sein“ (woher kommt das Gefühl?).
Immerhin hat der Dicke sich geopfert, hätte sonst vielleicht auch seine Umgebung aufgefressen.

Noch einige Änderungsvorschläge:

„wie erbärmlich er das Leben anderer in sich hinein schlang, weil er selber keines hatte.“

Wenn damit das Leben der verspeisten Tiere gemeint ist, würde ich die „Sauce“ weglassen und durch eine Wachtel (etc.) ersetzen (vielleicht auch den Spargel …)


„Alle starrten, keiner lachte.

Die Anwesenden wollten ihm entfliehen, das wusste er genau. Wenn sein Blick einen anderen traf, stießen beide sich ab wie gleichgepolte Magnete und wurden irgendwohin geschleudert, meistens Richtung Boden.“

Wenn sie ihm entfliehen wollen (bezogen auf Blicke) warum starren sie dann? Wenn er durchaus andere anschaut (die dann den Blick abwenden) dann passen die gleichgepolten Magnete nicht.


„Die Kinderstimme war nicht allein, etwas anderes schwang darin mit und als er in das glatte, von dunklen Zöpfen umrahmte Mädchengesicht blickte, wusste er, daß er dem Tod gegenüberstand.“

Der Ausdruck „war nicht allein“ geht meiner Ansicht nach nicht auf: Entweder gibt es noch eine zweite Person oder die Stimme hat etwas besonderes, z.B. „Die Kinderstimme klang nicht einfach frech, nein, etwas anderes schwang darin mit …“ (etwas so bedrohliches).

„Nervös blickte er sich um und schob erneut Essen vom Teller, den er wie ein exotisches Musikinstrument an seinen Mund hielt, in sich rein.“

Das Nachgestelle „in sich rein“ (eigentlich hinein), finde ich etwas störend, weiß nicht, wie genau du es nehmen willst.


„umarmte das Mädchen kichernd den von Menschen gemachten Berg, drückte sein kühles Gesicht hinein und biss verspielt in die Schwarte.“

Warum „von Menschen“? (Er hat ihn doch selbst gemacht).


„Essen nahm keiner zu sich. Aber Angst hatten sie und nicht einer unter ihnen konnte sagen, was der Grund dafür war.“

„Aber“ signalisiert einen Gegensatz, der hier nicht besteht, kann weg.


Woltochinon

 

hallo theryn,

fand deinen text recht virtuos formuliert, die figuren im wahrsten sinne dreidimensional ;), die geschichte sehr pointiert und bildhaft, ein klasse duo, der tod in form des kleinen mädchens und der "dicke" vom büffet.

Beschämt verschmierte er mit einer Hand die Speisereste auf seinem weißen Fleisch, immer in großzügigen Kreisbewegungen, er hatte Übung darin.
> gute Satzmelodie, erinnert übrigens stark an "Schiffsmeldungen" Zufall?, auf jeden Fall gelungen.

bei dem text fragte ich mich, ob du dich allgemein von "fetten" menschen "angeekelt" fühlst.

und ich fragte mich, warum du bei soviel talent, nicht weitere geschichten eingestellt hast.

schöne grüße petdays

 

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