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Fernsehturm auf Wolke 7
Fernsehturm auf Wolke Sieben
Alles vorbei oder neuer Anfang?
Mist mist mist! Für was habe ich eigentlich eine beste Freundin? Schliesslich ist heute das grosse Jubiläum!! Ne, meine Oma wird nicht Achtzig. Dieses Jubiläum ist viel wichtiger, besser, bedeutungsvoller! Fünf Jahre sind mein Freund Ben und ich schon zusammen. Natürlich wird das gebürtig gefeiert! Wäre ja gelacht. Und damit es noch ein bisschen romantischer wird, habe ich beschlossen, meinen Ben zu überraschen. Verdammt, wozu hat Melli eigentlich ein Handy? Echt jetzt. Dabei stelle ich es mir sooo schön vor, wenn Ben… Oh, seine Antwort ist angekommen.
Hey Süsse, schade dass du krank bist, aber das feiern wir nach. Kuss, Ben
Und der Fisch hat angebissen! Trompetenfanfare, bitte! Jetzt brauche ich nur noch mein neues Top, und gut ist. Mein Plan ist einfach perfekt. Eigentlich hatten wir ausgemacht, dass wir unser Jubiläum im Liberty, dem einzigen Jugendtreff unseres Kuhkaffs, feiern wollten. Ich aber werde ihn zuhause überraschen. Viiieel romantischer und nicht so umgeben von Leuten! Meinen Eltern schreibe ich einen Zettel, dass ich bei Ben bin, dann nehme ich mein Rad und fahre geradeweg zum Lüttichschen Einfamilienhaus. „Nia! Ich dachte, du bist krank?“, ruft mir Bens Nachbarin aus ihrem Garten zu. „Mir geht’s schon viel besser!“, strahle ich sie an und öffne die Haustür. Das Bens Eltern auf einer Fortbildung sind, ist natürlich besonders günstig. Ich atme nochmal tief durch, schwebe die Treppe hoch, mache Bens Zimmertür auf - und erstarre. Ben liegt im Bett. Aber nicht alleine. Sondern mit einer Anderen im Arm. Ich drücke den Lichtschalter. Ben springt auf. Jetzt kann ich auch das Mädchen neben ihm erkennen. Melli. Das erklärt, wieso ich meine beste Freundin nicht erreichen konnte. „Oh Gott, Nia!“, sagt Ben heiser. „Schade, dass ich krank bin? Scheint dir aber sehr gelegen zu kommen!“, schreie ich. Ben wird blass und kommt auf mich zu. „Nia, das ist jetzt wirklich nicht so, wie du denkst!“ Melli richtet sich auf und rückt ihren BH zurecht. Diese falsche Schlange! „Ach, was denke ich denn? Das mein Freund mit meiner besten Freundin rummacht, an unserem Jahrestag?“, brülle ich, während mir die Tränen aus den Augen schiessen. „Nia, bitte!“, sagt jetzt auch noch Melli und legt mir die Hand auf die Schulter. „Fass mich nicht an! Ich hasse euch! Ich hasse unsere Beziehung und ich hasse unseren beschissenen Jahrestag!“, schreie ich schluchzend, mache mich los und stürme aus dem Haus. Fünf Jahre! Fünf verdammte verfluchte Jahre! Und dann macht dieses Arschloch alles kaputt. Ich muss hier weg. Momentan sind zwar Ferien, aber ich will nicht auf die Strasse gehen und die beiden sehen. Ich will hier weg. Ganz weg, von zuhause, von diesem blöden Dorf, von meinen Eltern, die ja eh immer nur an mir rummeckern, weil ich nicht weiss, was für einen Beruf ich später ausüben will. Berlin! , schiesst es mir durch den Kopf. Berlin! Warum nicht? Da wollte ich schon immer hin. Und ich brauche jetzt Abstand, von allem. Mit diesen Gedanken packe ich mein Fahrrad und rase nach Hause. Dort grabe ich meinen alten Koffer hervor und schmeisse wahllos irgendwelche Klamotten hinein. Dazu noch etwas Geld, dann schleiche ich mich wieder aus dem Haus und fahre mit dem Rad zum Bahnhof. Einen letzten Blick werfe ich noch auf unser Dorf, bevor ich in den Zug nach Berlin Hauptbahnhof einsteige. In Berlin wird alles besser. Muss es einfach.
Es ist stockdunkel, als ich nach mehreren Stunden Fahrt endlich in der Landeshauptstadt ankomme. Mein Magen knurrt und ich bin hundemüde. Wo ich die Nacht verbringen soll, daran habe ich im Eifer des Gefechts natürlich nicht gedacht. Ich suche mir ein verlassenes Bänkchen und fange an zu Schluchzen. Das ist alles Melli‘s und Ben‘s Schuld. Warum haben sie das getan? Die zwei Menschen, die mir am wichtigsten waren auf dieser Welt, haben mich hintergangen und angelogen. Ich kenne Melli. Die würde nie mit einem Jungen ins Bett, den sie nicht liebt. Bei Ben ist das genauso. Wahrscheinlich geht das schon seit Wochen, Monaten, vielleicht sogar Jahren! Ich blöde Kuh. Melli hat Ben schon von Anfang an toll gefunden. Wieder kommen die Tränen. Plötzlich spüre ich, wie sich jemand neben sich setzt. Ich sehe auf und erkenne ein Mädchen, ein paar Jahre älter als ich, mit einer zerschlissenen Lederjacke und auch sonst nicht gerade neuen Klamotten. „Hey, alles in Ordnung?“, fragt sie leise. Ich schüttle den Kopf, automatisch, und komischerweise will ich nicht, dass sie weggeht. „Von zuhause abgehauen, was?“ Ich hebe verwirrt den Kopf. „Woher…“ Sie grinst. „Na ja, wenn du ganz normal hier wärst, würdest du nicht auf einem Bänkchen sitzen und vor dich hin heulen. Ich bin Lucy. Du?“ Lucy reicht mir ein Taschentuch, in das ich dankbar rein schnäuze. „Nia. Hast Recht, ich bin wirklich abgehauen“, murmle ich brüchig. Lucy tätschelt mir den Arm. „Und warum? Ich will ja nicht neugierig sein, aber…ich bin vor ein paar Jahren auch von zu Hause ausgerissen. Du siehst, wir teilen das gleiche Schicksal!“, erzählt sie und grinst schief. Damit bringt sie mich zum Kichern. „Na siehst du, du kannst ja schon wieder lachen. Also?“ Ich seufze tief. Soll ich wirklich einer Wildfremden meine Leiden erzählen? Obwohl, Lucy scheint in Ordnung zu sein. Auch wenn sie aussieht, als hätte man sie durch die Autowaschanlage geschleift. „Mein Freund hat mich betrogen. Mit meiner besten Freundin!“, erzähle ich und versuche, dabei nicht zu heulen. Ich schaffe es sogar. „Was für ein Arschloch! Und deine beste Freundin ist `ne Schlampe, wenn du mich fragst! Weisst du was, wenn du willst, kannst du ein Weilchen bei mir bleiben. Bis du dich wieder sortiert hast. Interesse?“ Ich nicke dankend und bin zum ersten Mal an diesem Abend froh, nach Berlin gegangen zu sein.
„Als ich abgehauen bin, hab ich mich eine Zeit lang auf der Strasse rumgeschlagen. Das war eine harte Zeit, kannst du mir glauben. Dann habe ich Alex kennengelernt. Der wollte auch weg von zuhause, hat es aber ein bisschen besser angestellt als ich und ist in eine betreute WG eingezogen. Zu dem Zeitpunkt suchte er noch ein, zwei Mitbewohner. Tja, und dank ihm habe ich jetzt seit etwa zwei Jahren ein Dach über dem Kopf. Du wirst ihn mögen. Ach, was ich dich noch fragen wollte: Wie alt bist du eigentlich?“ Puh, Lucy kann vielleicht viel aufs Mal reden. Während ihrem Palaver führt sie mich geschickt durch die vielen Strassen Berlins. „Sechzehn“, sage ich und gähne demonstrativ. Hoffentlich sind wir bald da! „Echt? Ist ja witzig. Ich bin Achtzehn und Alex ist siebzehn. So, da wären wir.“ Das Hilton ist es zwar nicht gerade, aber der Wohnblock, vor dem Lucy anhält, ist eigentlich ziemlich niedlich. Sie schleift mich die lange Treppe hinauf („Aufzug ist ausser Betrieb, sorry!), stoppt im dritten Stock vor einer blauen Tür, zückt einen Schlüssel und schliesst auf. „Herzlich willkommen!“, spottet sie. Die WG ist nicht gerade gross, dafür aber reichhaltig dekoriert. „Nicht gerade gross, aber für mich und Alex reicht es. Apropos, wo ist der eigentlich?“ Momentan will ich gar nichts mehr, nur schlaaafeeen. Scheint Lucy zu bemerken, denn sie zieht mich lächelnd zum Sofa und verwandelt es im Nu in ein kuscheliges Bett, in das ich mich ohne ein weiteres Wort fallen lasse und sofort einschlafe.
Strassenlärm weckt mich am nächsten Morgen. Momentmal. Strassenlärm? In so einem Kaff wie meinem Dorf? Ich mache die Augen auf und es fällt mir wie Schuppen von den Augen. Ben und Melli. Berlin. Lucy. WG. „Guten Morgen, du Langschläfer!“, säuselt Lucy gerade und drückt mir einen Kaffee in die Hand. „Morgen. Sag mal, kann ich schnell duschen gehen?“, nuschle ich und nehme einen Schluck. „Klar. Dritte Tür rechts. Vergiss deine Kleider nicht!“ Dritte Tür rechts, hm. Ich erhebe mich von meinem Bettsofa, schwanke durch den Flur und knalle fast in einen jungen Mann rein, der durch die Haustür kommt. „Hoppla!“, sagt er grinsend. Das muss Alex sein. Komisch, aber irgendwie erinnert der mich an jemanden. „Kennen wir uns nicht?“, fragt Alex konfus und mustert mich von oben bis unten. Die Tatsache, dass ich nur mein Nachthemd anhabe und meine Haare wahrscheinlich aussehen wie ein Vogelnest, verdränge ich. „Alex, du Penner, wo hast du dich denn rumgetrieben? Darf ich vorstellen, das ist…“, taucht plötzlich Lucy zwischen uns auf. „…Nia Tiedemann aus Bredelar in Nordrhein-Westfalen!“, fährt Alex fort. „Hä?“, sagen Lucy und ich wie aus einem Mund. „Erinnerst du dich nicht mehr? Wir sind über fünf Jahre in die gleiche Klasse gegangen!“ Klar. Alex. Alex Rosengold von der Dorfbrunnenstrasse. Das der sich so verändert hat. „Alex? Ja, aber…“, stottere ich und Alex muss lächeln. „Nia, was machst du hier?“, fragt er. Ich schüttle den Kopf und wieder kommen die Tränen. Wie in Zeitlupe nehme ich wahr, wie Alex auf mich zu kommt und mich in den Arm nimmt. „Hast du Stress mit deinen Eltern?“ Seine Stimme klingt leise und fürsorglich, während dem er mich aufs Sofa befördert und mich nicht loslässt. „Nein!“, schluchze ich. Alex seufzt, legt die Stirn in die Falten und sagt: „Ben, stimmts? Was hat dieser Idiot gemacht?“ Offenbar scheint er sich wirklich Sorgen um mich zu machen. „Er… und Melli…“, stottere ich. „Hey, hey, ich versteh ja kein Wort.“ Ich wische mir mit der Hand die Tränen weg. Lucy hat Recht. Ben ist ein Arschloch. Ist er gar nicht wert, dass ich mir die Augen wegen ihm ausheule. „Er hat mit Melli, meiner allerbesten Freundin, gevögelt, nachdem er sicher war, dass ich an unserem fünfjährigen Jubiläum krank bin“, sagte ich hart. Alex starrt mich fassungslos an. „Er hat dich betrogen, nach fünf Jahren? Mann, ihr wart doch das Traumpaar der Schule!“ Ich zucke die Schultern. Lucy guckt uns an. Lange. „Ich hab ihr gesagt, dass sie erst mal bleiben kann.“ Alex nickt nur. „Danke! Aber Alex, in der Schule haben sie uns erzählt, du wärst weggezogen!“, schniefe ich. „Meine Eltern haben sich eh nur gestritten. Da hab ich irgendwann die Schnauze voll gehabt und ihnen erörtert, dass ich für ein paar Jahre nach Berlin gehe. Sie waren einverstanden, mit der Bedingung, dort eine gute Ausbildung zu machen. Momentan lehre ich Fotograf“, erklärt er mir. Ich sehe ihn begeistert an. „Echt? Cool. Ich hab keine Ahnung, was ich mal werden will.“ Alex grinst leicht, ich weiss aber nicht, wieso. „Wissen deine Eltern eigentlich Bescheid?“, bohrt er weiter. Ich schüttle den Kopf. „Soll ich sie anrufen? Mich kennen sie glaube ich noch!“ Es rührt mich, wie sehr sich Alex um mich kümmert. Hat schon lange niemand mehr getan. Bei Ben musste ich einfach immer das machen, was er wollte. „Guten Morgen, Frau Tiedemann. Hier ist Alex Rosengold….ja, genau, auch aus Bredelar, ja…deswegen rufe ich an… Es geht ihr gut, sie braucht einfach ein bisschen Zeit…in Berlin…bitte, regen sie sich nicht auf, ich kümmere mich um sie…ja, ich weiss, es sind Ferien…nein, ich glaube nicht, dass sie mit ihnen reden will….Ist gut, richte ich ihr aus. Wiederhören!“ Lucy und ich wechseln einen grinsenden Blick. Alex hört sich an wie der perfekte Schwiegersohn. „Ben hat nach dir gefragt. Und Melli hat deinen Eltern anscheinend erzählt, dass er mit dir Schluss gemacht hat. Blöde Kuh!“ Er seufzt wieder und lässt sich neben mich aufs Sofa fallen. „Oh mist! Ich muss zur Arbeit! Sorry! Bye, ihr Süssen!“, ruft Lucy, drückt uns einen Schmatzer auf die Wange und geht von dannen. „Und was machen wir jetzt?“, fragt Alex leise und rutscht ein bisschen näher. „Ich war noch nie in Berlin. Kannst du mich ein wenig rumführen oder so?“, antworte ich ebenso leise. Alex lächelt. „Nichts lieber als das. Aber erst wird gefrühstückt!“
„Ist das geil hier!“, kreische ich, als Alex und ich vom Fernsehturm auf die ganze Stadt blicken. Er lacht und legt mir einen Arm um die Schultern. Ganz vertraut. Mir wird fast ein bisschen schwindlig. Liegt das an der Höhe oder an… Alex? Ich mag ihn echt. Er ist so unkompliziert und süss. Kann man sich so schnell in jemand anderen verlieben? Verlieben, ja. Dieses Gefühl hatte ich auch immer bei Ben. Dieses warme Rauschen. Aber ist Alex wirklich anders? Und empfinde ich überhaupt noch was für Ben? Egal, erst mal geniesse ich es, wie Alex mich verwöhnt. Nach dem Fernsehturm lädt er mich auf ein Roseneis ein – wusste gar nicht, dass es das gibt – und bringt mich immer und immer wieder zum Lachen. Er hat Humor, dass muss man ihm lassen. „Sag mal, Nia“, druckst er plötzlich rum, „hättest du Lust, mit mir heute Abend essen zu gehen?“ Er sieht mich mit Hundeblick an. „Liebend gerne!“, lächele ich zurück. Alex strahlt und bestellt mir gleich noch ein Eis. Wie niedlich, wie ein kleiner Junge.
Am Abend stehe ich vor Lucys Spiegel und habe keine Ahnung, was ich anziehen soll. In meinem Koffer sind nur Alltagsklamotten. Lucy kommt müde herein und lässt sich auf ihr Bett fallen. „Oh Gott, ich hasse Kellnern. Bock auf Party heut Nacht?“, seufzt sie und schaut mich fragend an. Ich werde rot. „Sorry, hab schon was vor.“ Sie grinst wissend. „Aha. Soviel zum Thema, nur ehemalige Mitschüler. Ja klar. Aber wenn du unseren Alex so richtig beeindrucken willst, zieh das an!“ Lucy wirft mir ein lindgrünes Cocktailkleid zu. „Danke! Du bist die Beste!“, strahle ich und gebe ihr einen Wangenkuss. „Und trink nicht so viel Alkohol! Du bist erst sechzehn!“, ruft sie mir noch hinterher, als ich ins Bad verschwinde. „Ich weiss, Mama!“, spotte ich zurück.
„Äh, du, äh, wow!“, stammelt Alex, als er mich zum Essen abholt. „Du siehst auch nicht schlecht aus“, sage ich gönnerhaft, um meine Verlegenheit zu überspielen. Er lacht und nimmt meine Hand. Kurze Zeit später sitze ich in einem echt schönen Restaurant und esse Schnitzel mit Pommes. „Wie kulinarisch du bist!“, meint Alex spöttisch. Ich strecke ihm die Zunge raus und geniesse den Abend mit ihm. Nach dem Essen stehen wir schweigend vor dem Restaurant. „Wollen wir noch ein bisschen Spazierengehen?“, fragt Alex und räuspert sich. „Klar!“, sage ich und versuche nicht daran zu denken, was jetzt kommt. Wir laufen stumm nebeneinander her. Als wir an einem Spielplatz vorbeikommen, bleibe ich stehen, ziehe meine Schuhe aus und setze mich auf eine Schaukel. Alex lacht und schubst mich und die Schaukel in die Höhe. Nach einer Weile sagt er lächelnd: „Warte mal, ich hab eine Idee!“ Ich stehe auf, er setzt sich hin und zieht mich auf seinen Schoss. „Wie im Kindergarten!“, äffe ich High School Musical nach. Er hebt den Kopf, sieht mich lange an. Dann legt er die Arme um mich, sagt ernst: „Ich mag dich echt!“, und küsst mich. Mir wird schwindlig, ich fühle mich so leicht und wie auf Wolken wie noch nie. Ich küsse ihn zurück, weil es sich gut anfühlt. Sehr gut sogar. Wundervoll. Und endlich bin ich mir sicher: Es ist nicht Ben. Es ist Alex, den ich mir wünsche.
„Driiing!“ Mist. Wo ist bloss Alex? Und Lucy? Ich entdecke zwei Zettel auf dem Frühstückstisch. „Bin arbeiten, Lucy“, und der andere, „Bin kurz einkaufen gegangen. Love, Alex.“ Wie süss. Wieder klingelt es. Ich mache die Tür auf. Und wer steht davor? Ben. Ben, mein Ex. Ben, das Arschloch. „Nia, endlich!“, ruft er und zieht mich an sich. „Wa…was machst du hier?“, stammle ich. Das darf doch nicht wahr sein. „Deine Eltern haben mir erzählt, dass du hier bist. Nia, du musst mir glauben, das mit Melli war nur so eine Erfahrung. Ich liebe nur dich!“, haspelt er. „Ben, das…“, versuche ich eine Erklärung. Ich liebe ihn doch gar nicht mehr. Ich liebe Alex. Oder? Ben nutzt meine Verwirrtheit aus, um mich zu küssen, mitten auf den Mund. Ich reisse die Augen auf – und sehe Alex in der Tür stehen. „Exfreund. Vorbei. Das ich nicht lache!“, höhnt er verächtlich. Ich mache mich von Ben los. Nein, nein, nein, bitte nicht! „Alex!“, rufe ich, doch er lässt die Einkaufstüten fallen und läuft die Treppen hinunter. „Alex, warte!“ Ich packe ihn am Arm. „Lass mich los!“, faucht er, doch ich packe einfach auch noch seinen anderen Arm. „Ich kann dir das erklären, ich…“, doch Alex lässt mich nicht ausreden. „Gib‘s doch zu! Für dich bin ich nur eine nette kleine Abwechslung. Du willst immer noch was von Ben!“, brüllt er mich an. Ich schüttle schluchzend den Kopf. „Nein, Alex, das stimmt nicht!“ Er schubst mich von sich weg und rennt davon. „Alex! Alex!“ Doch er hört mich nicht. Ben wartet immer noch auf mich. „Wer war das?“, sagt er scharf. „Der einzige Mann, den ich verdammt noch mal liebe! Und jetzt verpiss dich!“, schnauze ich ihn an, befördere meinen Ex aus der Tür und knalle sie weinend zu. Alles kaputt. Nur wegen Ben. Dabei liebe ich Alex doch. Aber wie soll ich ihm das klar machen?? Plötzlich habe ich eine Idee. Aber dafür brauche ich Lucy…
„Hi, Alex. Nein, Nia ist nicht da. Sie ist wieder nach Hause gefahren. Woher soll ich das wissen? Seh ich aus wie das Orakel von Delphi? Ja, ich brauch deine Hilfe. Das Leitungsrohr ist geplatzt. Okay, bis nachher!“ Lucy grinst und legt auf. „Er kommt!“ Ich falle ihr um den Hals. „Dankedankedankedanke!“ Lucy seufzt. „Du kannst mir später danken. Jetzt müssen wir erst deinen Plan ausführen.“ Zehn Minuten später sind wir so weit. Es klingelt. Alex. „Ist offen, komm rein!“, ruft Lucy und unterdrückt ein Kichern. „Hi Lu..“, weiter kommt er nicht und bleibt stehen. Das ganze Wohnzimmer haben wir mit Herzballons vollgestopft. „Hallo Alex!“, sage ich schüchtern. „Nia, ich dachte, du bist…?“ Ich lasse ihn nicht ausreden und sage laut: „Alex, ich liebe dich und will mit dir zusammen sein. Das mit Ben ist vorbei. Ich liebe ihn nicht mehr. Seit ich dich getroffen habe.“ Er starrt mich an. Dann lächelt er und kommt einen Schritt auf mich zu. „Wie lange habt ihr denn für die Luftballone gebraucht?“ Ich will ihm antworten, doch er legt nur grinsend einen Finger auf meinen Mund und küsst mich. Und endlich kapiere ich, dass man den Richtigen findet, wenn man es sich wünscht. Sogar in einer Grossstadt wie Berlin.