Was ist neu

Feriengäste – verflixt!

Seniors
Beitritt
17.09.2002
Beiträge
1.870
Zuletzt bearbeitet:

Feriengäste – verflixt!

Im Sommer fährt Lukas aufs Land. Er ist nämlich ein Glückspilz. Oma und Opa besitzen einen Bauernhof. Sechs herrliche Wochen verbringt Lukas dort. Obwohl er in der Stadt wohnt, ist er kein echtes Stadtkind. Es macht ihm nichts aus, wenn er barfuß in einen Kuhfladen tritt. Er kann Hühner füttern und Kühe von der Weide holen. Er hat weder Angst vor Spinnen noch vor Brennnesseln. Er weiß, wo die neugeborenen Kätzchen versteckt sind und - er kann reiten. Normalerweise ist Lukas ganz verrückt vor Freude, wenn die Sommerferienzeit naht.
In diesem Sommer aber ist alles anders. Opa hat über der Scheune eine Ferienwohnung ausgebaut und als Lukas ankommt, wohnen dort Feriengäste aus der Stadt mit einer Tochter, die genauso alt ist wie Lukas. Oma findet das toll.
„Die Kleine heißt Marit“, erzählt sie. „Jetzt hast du eine Spielgefährtin.“
Eine Spielgefährtin? Ein Mädchen aus der Stadt? Lukas spielt am liebsten mit Jungen - Fußball und Räuber und Gendarm. Mädchen sind zickig. Sie tragen rosa Kleidchen und spielen mit Barbiepuppen. Diese Marit hat bestimmt keine Ahnung davon, wie es auf einem Bauernhof zugeht. Lukas weiß genau, was passiert, wenn Marit in einen Kuhfladen tritt. Das gibt ein furchtbares Geschrei.
Lukas kriegt einen Schreck. Bestimmt darf er nicht mehr reiten, weil Marit da ist! Das Mädchen hat sicher Angst vor Bronco, dem großen Pferd, und wenn sie nicht reiten will, dann sagt Opa womöglich zu Lukas: „Dann spielt ihr eben etwas anderes. Es wäre doch nicht schön, wenn Marit zusehen müsste, wie du reitest, oder?“
Lukas seufzt. Das kann ja heiter werden.
Am ersten Ferienmorgen springt Lukas aus dem Bett und rennt in die Küche. Oma schält Kartoffeln.
Lukas gibt ihr einen Kuss auf die faltige Omawange.
„Guten Morgen! Darf ich die Hühner füttern?“, fragt er.
„Im Schlafanzug?“, will Oma wissen.
„Ja, bitte“, bettelt Lukas.
„Na gut“, sagt Oma. „Aber zieh dir wenigstens Schuhe an.“
Lukas schlüpft in seine Sandalen und rennt auf den Hof. Vor der Scheune sitzt das Stadtmädchen und spielt – mit einer Barbiepuppe!
Als Lukas an Marit vorbeilaufen will, guckt sie ihn an. Er bleibt stehen. ‚Guten Morgen’ muss er jetzt wohl sagen. Aber das ist nicht so schlimm. Hauptsache, er muss nicht mit ihr spielen.
„Guten Morgen“, sagt Lukas also.
„Hallo!“, lächelt Marit. „Wie heißt du?“
Ein langes Gespräch kann Lukas jetzt nicht gebrauchen. Er muss doch fix zu den Hühnern.
„Lukas“, sagt er schnell. „Aber ich hab’ jetzt keine Zeit – die Hühner – und frühstücken muss ich auch ...“
„Klar!“, nickt Marit und blickt auf seinen Schlafanzug. „Und dich anziehen, vielleicht?“
Lukas wird rot und rennt direkt zum Hühnerstall. Bevor er die Käfigtür öffnet, schaut er sich noch einmal um. Das Stadtmädchen zieht schon wieder die Barbiepuppe um. Na wunderbar. Vielleicht will sie ja gar nicht mit ihm spielen. Das wäre nicht das Schlechteste ...
Nach dem Frühstück führen Opa und Lukas Bronco aus dem Stall. Opa legt den Sattel auf Broncos Rücken und Lukas holt die Zügel. Auf der eingezäunten Wiese darf er schon ganz alleine reiten. Opa repariert in der Zwischenzeit das Gatter. Ein paar Schrauben sind lose. So hat er seinen Enkel immer im Blick.
Lukas reitet Galopp. Der Wind zerzaust seine Haare. Das macht Spaß. Plötzlich steht Marit neben Opa.
Lukas hört, wie Opa fragt:
„Möchtest du auch reiten, Marit?“
„Ich weiß nicht“, sagt Marit und schaut zu Lukas hinauf.
„Das ist ein großes Pferd – ich bin noch nie geritten. Ich habe ein bisschen Angst“, fügt sie leise hinzu.
„Pass mal auf“, sagt Opa. „Ich habe eine Idee.“
Opa winkt Lukas zu sich heran.
Na prima! Marit hat Angst und will nicht reiten. Gleich wird sie heulen und dann ist Feierabend. Dann wird Opa fragen, ob Lukas nicht absteigen und mit der armen Marit spielen möchte, wo sie doch so doll weint. Und dann kann Lukas nicht mehr reiten, sondern muss – Barbiepuppen anziehen ...
„Hey!“, ruft Marit. „Du kannst ja toll reiten!“
Das macht Lukas ein bisschen stolz.
„Steig mal ab!“, sagt Opa.
Lukas hat also Recht gehabt. Jetzt ist Schluss mit Reiten. Jetzt muss er gleich mit Puppen spielen.
„Ich will viel lieber weiterreiten“, jammert Lukas. Aber Opa streckt seinem Enkel die Arme entgegen.
Also rutscht Lukas von Broncos Rücken in Opas Arme. Opa stellt ihn neben Marit, aber Lukas schaut das Mädchen nicht an. Er sagt kein Wort.
Opa sattelt Bronco ab. Nur das Zaumzeug und die Zügel entfernt er noch nicht. Gleich wird er das Pferd in den Stall führen.
„Darf ich Bronco in die Box bringen?“, fragt Lukas schnell.
„Wieso? Willst du denn nicht mehr reiten?“
Was für eine seltsame Frage. Natürlich will Lukas noch reiten. Stundenlang. Das weiß Opa doch.
„Ich dachte, weil du den Sattel ...“, stammelt er.
„Hört mal zu, ihr beiden“, sagt Opa. „Ihr könnt zu zweit reiten. Lukas übernimmt die Zügel. Marit sitzt dahinter. So bekommt sie ein Gefühl für das Pferd.“
Lukas starrt Opa mit großen Augen an. Glaubt Opa wirklich, dass das Stadtmädchen sich so etwas traut?
Marit ist blass um die Nase. Sie blickt nachdenklich nach oben – dorthin, wo Broncos breiter Rücken ist.
„Macht es dir was aus, wenn ich es mal probiere?“, fragt sie Lukas.
„Nö – wenn du keine Angst hast ... Wir müssen ja nicht galoppieren!“, murmelt Lukas.
„Ein bisschen Angst habe ich schon“, erwidert Marit. „Aber mit dir ist es bestimmt nicht so schlimm. Du kannst ja schon richtig reiten!“
Opa macht eine Räuberleiter für Lukas. Dann hilft er Marit beim Aufsteigen.
„Wow! Das ist ja ziemlich hoch!“ Marit hält sich an Lukas fest. Sie legt die Arme um seinen Bauch. Das ist peinlich. Gut, dass niemand außer Opa es sieht.
„Dann man los!“, sagt Opa. „Aber schön langsam.“
Bronco geht brav im Kreis. Vorsichtig blickt Lukas über seine Schulter. Es könnte ja sein, dass das Stadtmädchen gleich heult. Aber Marit sitzt mit roten Wangen hinter ihm. Ihre Augen strahlen und sie ruft: „Das ist toll!“
Opa steht am Gatter und schmunzelt.
Und dann passiert etwas ganz Komisches. Als Marit vom Pferd steigt, weil ihr der Po weh tut, da hat auch Lukas plötzlich keine Lust mehr. Und als sie zusammen über die Wiese laufen und Marit mitten in einen riesigen Kuhfladen tritt, da müssen sie beide so lachen, dass ihre Bäuche wackeln.

 

Wow, eine rundum gelungene Kinder-Geschichte. So eine, wie ich sie meinen Kindern vorlesen würde (wenn ich denn welche hätte:D ).
Ein schönes Thema, elegant gelöst. Ohne unnötigen TamTam. Auch die Wahl deiner Sprache finde ich total schön. Bin an keiner Stelle gestolpert, und das passiert mir echt selten (fehler-süchtig wie unsere Schreiber-Augen so sind :drool: )

Meine Lieblingsbeschreibung:

faltige Omawange

total süß!

Nur um nicht ganz ohne konstruktive Kritik dazustehen:

Das Mädchen hat bestimmt Angst vor Bronco, dem großen Pferd, und wenn sie nicht reiten will, dann sagt Opa zu Lukas: „Dann spielt ihr eben etwas anderes. Es wäre doch nicht schön, wenn Marit zusehen müsste, wie du reitest, oder

An dieser Stelle musste ich 2x lesen, weil ich nicht sicher war, ob Opa das bereits gesagt hat, oder ob es sich noch in den Gedanken des Jungen abspielt.

ein womöglich an dieser Stelle würde das Missverständnis auf jeden Fall ausräumen.

... dann sagt Opa womöglich zu Lukas: „Dann spielt ihr eben etwas anderes.

Aber es ist natürlich auch so zu verstehen... ;)

Dein Ende finde ich besonders gut gelöst. Es passiert plötzlich, lässt aber keine Fragen offen und ärgert den Leser nicht mit unnötigen Beschreibungen, die eh klar sind... (ist das verständlich ausgedrückt? :dozey: )

Fazit: :thumbsup:

grüßlichst
weltenläufer

 

Hallo weltenläufer,

vielen Dank für Dein Lob. :)

Die faltige Omawange mag ich selber sehr! :D

Das "womöglich" füge ich gerne ein.

Fein, dass das Ende so rüberkam, wie ich es wollte - an dem Schluss habe ich ziemlich lange gesessen ... (Ja, Du hast Dich verständlich ausgedrückt!)

Lieben Gruß
al-dente

 

hi al-dente,

auch von mir ein Lob. Lukas ist so in seinen Vorurteilen und dunklen Gedanken drin, dass er sich damit fast selber austrickst, als er am Ende merkt, dass es zu zweit ebenfalls lustig sein kann. Eigige Stellen sind ziemlich witzig, ich konnte mir das alles so schön bildlich vorstellen. :)

„Guten Morgen! Darf ich die Hühner füttern?“, fragt er.
„Im Schlafanzug?“, will Oma wissen.
:lol:

liebe Grüße
Anne

 

Hallo al-dente,

auch mir hat deine KG sehr gefallen.
Ich hätte nur eine penible Anmerkung, die vielleicht auch nicht so wichtig ist. Mich hat nur eine Stelle ein wenig gestört. "Der Fahrtwind zerzaust seine Haare." Natürlich weiß ich was du damit meinst, aber ich denke der Begriff ist ein wenig falsch, weil er ja reitet und nicht fährt. Nun gibt es im Deutschen keinen "Reitwind". Vielleicht nur der Wind. Aber vielleicht ist das auch nur Krümelkackerei.

Schöne Grüße

MiK

 

Hallo Ihr Drei,

vielen Dank für das positive feedback. Das freut mich natürlich sehr! :)

@MiK
Deine Kritik am "Fahrtwind" kann ich gut verstehen. Ursprünglich hieß die Stelle in meinem Text:

Der Fahrtwind - oder sagt man dazu Galoppwind? - zerzaust seine Haare.
Im Zuge umfangreicher Kürzungen - die Geschichte könnte für das, was ich damit vorhabe, gerne noch 100 Wörter weniger haben - ist der Galoppwind dem Rotstift zum Opfer gefallen.
Nun gibt es im Deutschen keinen "Reitwind". Vielleicht nur der Wind. Aber vielleicht ist das auch nur Krümelkackerei.
Finde ich nicht.

Ich nehm jetzt erst mal "Wind" :D

Lieben Gruß an Euch Drei
al-dente

 

Hallo al-dente,

ich wüsche dir viel Glück bei dem, was du mit dem Text noch vor hast.:lol:

Bis denn dann

MiK

 

Hallo al-dente,

auch mir hat die Geschichte gut gefallen und es kamen wieder Erinnerungen an meine lang zurückliegenden Ferien auf dem Bauernhof hoch.
Es war immer schön dort und man fühlte sich so frei. Lukas hat noch einen Vorteil, denn der Hof gehört seinen Großeltern.
Ich konnte mit Marit mitfühlen, als sie das erste Mal auf dem Rücken eines Pferdes gesessen hat. Als Kind hat man da doch ziemlich Respekt vor so einem großen Tier.
Bevor ich hier in alten Erinnerungen schwelge möchte ich nur sagen, dass ich die Geschichte von dir wieder gerne gelesen habe. Kam schon ein richtiges Ferien-Feeling auf, obwohl es dafür noch ein wenig zu früh ist. *smile*

Viele Grüße
bambu

 

Hallo bambu,

wie schön, dass auch Dir die Geschichte gefiel. Fein, dass ich alte Ferienerinnerungen wecken konnte! :)

Danke fürs Lesen und die freundlichen Worte!

Lieben Gruß
al-dente

 

Hi al-dente.
Die Geschichte hat mir gut gefallen. Der Anfang macht gleich neugierig und dann schweifst du nicht ab, sondern bleibst beim Thema.
Was ich mir noch mehr gewänscht hätte, währe, dass es Anfngs doch noch mehr Konflikt zwischen den Beiden gegeben hätte. Vielleicht auf Grund eines Mißverständnisses.
Zur Sache mit dem Pferd: Bin selber kein Experte, aber sollte sie nicht vorne sitzen und er hinten und die Zügel führen? Zumindest sehe ich das in diversen Filmen immer so

L.G.
Bernhard

 

Hallo Bernhard,

jetzt habe ich doch tatsächlich Deine Antwort auf meine Geschichte übersehen ... Sorry!
Über

Die Geschichte hat mir gut gefallen. Der Anfang macht gleich neugierig und dann schweifst du nicht ab, sondern bleibst beim Thema.
habe ich mich natürlich gefreut! Danke.

Die Idee, noch einen weiteren Konflikt zwischen den beiden einzubauen, ist nicht schlecht, aber für das, was mit dieser Geschichte passieren soll, darf sie auf keinen Fall noch länger werden ...

Was das Sitzen auf dem Pferd angeht, so glaube ich, dass Lukas sehr viel sicherer reiten können müsste, um Marit vor sich sitzen zu lassen ...

Danke fürs Lesen und die Kritik!

Lieben Gruß
al-dente

 

Hallo al-dente,
nach langer Pause bin ich wieder zurück bei KG. Als erstes lese ich natürlich bei den mir noch bekannten Namen.
Deine KG sind immer noch gut zu lesen und haben für Kinder immer einen neuen Erkenntniswert.
Gruß stauni

 

Hallo stauni,

schön, dass du wieder den Weg hierher gefunden hast! :)
Ich freue mich, dass dir auch diese Geschichte gefiel und danke für deinen Kommentar! :)

Lieben Gruß
al-dente

 

Hallo al-dente,

eine richtig schöne Kindergeschichte. Die Barbie-Puppe scheint die Vorurteile von Lukas zu bestätigen, dann der Charme des Mädchens, geschickt werden der Stolz des Buben und sein Beschützerinstinkt angesprochen. Gut – die Rollenverteilung könnte man ablehnen - aber dann wären die Rollen nur vertauscht und man könnte wiederum fragen, warum die Rollen nicht anders vergeben wurden.

Ein kleiner, aber feiner, viel sagender Dialog:

„Lukas“, sagt er schnell. „Aber ich hab’ jetzt keine Zeit – die Hühner – und frühstücken muss ich auch ...“
„Klar!“, nickt Marit und blickt auf seinen Schlafanzug. „Und dich anziehen, vielleicht?“


Ja, die Frauen - die nehmen einem doch glatt den Wind aus den Segeln …


L G,

tschüß Woltochinon

 

Hi Woltochinon,

mit meinem Router - das ist irgendwie wie Lotterie - ab und zu gewinne ich und kann kurzfristig ins Internet, so wie jetzt ...

Diese Gelegenheit nutze ich schnell, um mich bei Dir für den netten Kommentar zu bedanken. Ich habe mich natürlich gefreut, dass dir die Geschichte gefiel. :)

Liebe Grüße
al-dente

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom