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Ferdinand

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09.10.2003
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Ferdinand

Eigentlich war diese Gegend eine schöne. Hier wohnten nette Menschen. Die Eltern konnten ihre Kinder beruhigt draußen spielen lassen. Kriminalität gab es hier nicht. Alle hier waren zufrieden. Die nahen endlosen Wälder und Wiesen lagen direkt vor der Haustür. Manchmal verirrte sich ein Reh vor einen dieser prächtig erbauten teuren Einfamilienhäuser.. Hier war man unter sich. Es war alles perfekt.
Fast alles. Eine Person passte nicht in den Rahmen aus Gold. Im Sommer war der Wald sein zuhause. Eine Plastiktüte mit einigen persönlichen Dingen und seine vergammelte, alte Kleidung war alles, was er hatte. Im Winter verschaffte er sich seine Schlafplätze in den dunklen Kellern der reichen Familien. Irgendwo in den Ecken dieser düsteren Räume fand er unbemerkt ein stilles Plätzchen. Genauso unbemerkt verschwand er am nächsten Morgen wieder. Zurück in die riesigen Wälder. Niemals rührte er etwas an. Niemand kannte ihn. Manchmal sah jemand einen dunklen Schatten im Schein der Straßenlaternen.
Bei Tageslicht war er immer verschwunden, irgendwo in den Wäldern.
Heute ist es genau ein Jahr her. Es war am 14. Januar, der kälteste Tag in jenem Winter.
Vater Heinz, Erbe seines vor kurzem verstorbenem Großonkels, ist erst vor kurzem in diese Gegend gezogen. Millionen schwer zog er nun in den Palast seines verstorbenen Großonkels ein. Arbeiten tat er nicht mehr, wozu auch? Die Zinsen seines Vermögens waren so hoch, dass er sich hätte jede Woche ein neues Auto kaufen können.
Daniel, sieben Jahre alt, sein Sohn. Vater Heinz liebte ihn über alles. Der einzigste Mensch, den er schätzte. Aber geizig war er, der Vater Heinz. Verbittert und selbstsicher hatte ihn das Geld gemacht. Doch er war der Reichste in der Gegend. Also wurde er akzeptiert. Der Palast glich einer Festung. Man wollte das ganze Pack so weit weg, wie möglich haben.
Wie „Ferdinand“, so nannten ihn alle, an diesem Abend in den Keller kam blieb jedem ein Rätsel. Vater Heinz ging spät abends noch einmal runter, um sich seine nächtliche Champagnerflasche zu holen. Die lange, geschwungene Steintreppe hinunter in den düsteren Keller. Von Stufe zu Stufe kam ihm das Gespür, das irgendetwas nicht stimmen konnte. Seine Arroganz und sein Geiz gaben ihm wohl einen siebten Sinn. Er hatte einfach ein Gespür dafür, wenn irgendetwas nicht nach seinem Willen lief. Es trieb ihn voran und machte das schier Unmögliche möglich, was jedem anderen in dieser Gegend verwährt blieb.
In der hintersten, kältesten Ecke des mächtigen, dunklen Kellergewölbes sah er ihn. Es war der arme Ferdinand. Er zitterte vor Kälte, war ungewaschen. Niemals hatte er Schaden angerichtet. Nur erfrieren wollte er nicht. Aber Vater Heinz duldete so etwas nicht. „Raus mit dir, du dreckiger Hund. Verschwinde du Penner“, schrie er ihn an. Er zog ihn an den Haaren die Treppe hinauf, öffnete die Haustür und warf ihn hinaus in die Kälte.
„Habt doch ein bisschen Mitleid, sonst werde ich erfrieren“, stammelte Ferdinand ihm entgegen. Er blutete hinter dem Ohr. Er ist auf einen Stein gefallen. Auf Knien bettelte er um Obdacht. Ein bisschen Herz muss doch jeder Mensch haben. „Ach, verreck doch du dreckiger Penner“, schrie Vater Heinz ihm ins Gesicht. Mit versteinertem Blick, Augen voll Hass und Verbbitterkeit schaute er den armen Ferdinand an. Gnade und Mitleid gab es für ihn nicht. Er war für ihn nur ein Haufen Dreck.
Vater Heinz schloss die Tür. Er schaute durch den Spion, errötet vor Wut. Es war keiner zu sehen. Als wenn er niemals dort gewesen wäre. Aber in der Nachtbarschaft machte sich das Gerücht breit, Ferdinand wäre in dieser Nacht elendig erfroren. Eine Leiche wurde aber nie gefunden.
„Jetzt geh in den Keller“, schreit laut Vater Heinz. „Ferdinand ist tot. Er kann dir nichts mehr tun. Jetzt hol mir endlich den Champagner“, schreit Vater Heinz verärgert.
Klein Daniel hat angst. Er weiß ganz genau, was vor einem Jahr passiert ist. Seit dem mied er den Keller, wenn möglich. Diesmal gibt es aber keinen Ausweg. Er muss die wohl endlos langen Treppen hinunter in die dunkle Gruft, ungewiss, was da unten lauert. Ihm bleibt nichts anderes übrig. Es ist ein Befehl. Befehle muss man befolgen.
Ein Blick nach unten. Der Weg in die Hölle der Angst. Endlos scheint der Weg hinab. Kein Schein von Hoffnung liegt auf diesem Weg. Er hält sich an dem rauen, verrosteten Geländer fest. Er zittert und zählt die Stufen. Jeder Schritt hallt durch die Gänge. Klein Daniel bleibt stehen. Er schaut sich um. Sicher ist sicher. Nichts zu sehen, also weiter. Jeder Schritt wird zur Qual. Die Ungewissheit steigt ihm zu Kopf. Sein Puls erhöht sich. Es wird immer dunkler, die Lage ist beklemmend. Der Lichtschalter ist ganz unten im dunklen verborgen. Ein Lichtblick auf dem weg ins Ungewisse. Er kann nicht zurück. Er muss da jetzt durch, das ist ihm klar.
Ein lautes Lachen schießt durch die fast endlosen Gänge. Klein Daniel zuckt zusammen. Sein Atem wird schneller. „Der hat sie doch nicht mehr alle“. Das war nur Vater Heinz. Er schaut fern. Klein Daniel ist erleichtert. Da muss irgendwo der Lichtschalter sein. Er tastet sich voran und hofft. Kalt ist sie, die Kellerwand. Da ist er, der Lichtschalter. Er macht das Licht an.
Da, ein dunkler Schatten an der Wand. Gott sei Dank. Es ist sein eigener.. Klein Daniel ist erleichtert. Der Schatten seiner selbst. Es zieht. Es ist sehr windig hier unten. Hatte wieder jemand das Kellerfenster aufgelassen, oder ist es der Hauch des Bösen? Es ist sehr kalt. Das Licht flackert. Am Ende des Ganges stehen die Champagnerflaschen. Schön sortiert in einem Regal. Er kann sie schon sehen. Es ist nicht mehr weit. Er fühlt sich erleichtert. Jetzt weiß er dass seine Angst unbegründet war. Jetzt weiß er, dass Vater Heinz recht hatte. Ein Gefühl von Selbstvertrauen durchdringt ihn. Er fühlt sich so stark.. „Jetzt werd ich es schaffen,“, weiß er. Klein Daniel nimmt sich eine Flasche und hält sie stolz in der Hand. Er lacht. Er lacht laut. Das Echo scheppert durch die Gänge. Der Weg zurück ist doch eine Leichtigkeit. Das Schlimmste ist überstanden. Er dreht sich um.
Ein Schatten am Ende des Ganges. Da war doch etwas. Prompt überfällt ihn wieder die Angst. Sein Herz schlägt schneller. Er muss schlucken, fängt an zu zittern. Langsam, Schritt für Schritt tastet klein Daniel sich voran. Auf einmal geht das Licht aus. War er das? „Wer ist da“, schreit er in den dunklen Gang hinein.
Die Treppe am Ende des Ganges. Das Ziel. Er rennt dem Licht entgegen. Er zittert, er hat angst und er rennt. Er rennt wie nie zuvor, den Gang entlang. Klein Daniel hört den Fernseher. Da sind die Treppen. Schnell die Treppen hinauf und ins Wohnzimmer. Er schwitzt. Er keucht. Er hat es geschafft, die Prüfung bestanden. Ein Blick in das Zimmer. Da liegt Vater Heinz. Er ist wohl schon am Schlafen. Das ging aber schnell.
Klein Daniel nimmt sich eine Decke und deckt ihn zu. Er geht in sein Zimmer. Da hat schon wieder jemand das Fenster aufgelassen. Ein kalter Windstoß quält sein Gesicht. Die Vorhänge flattern im Strom des Windes. Er macht das Fenster zu und legt sich hin zum schlafen. Er fühlt sich erleichtert. Es ist nichts passiert. Klein Daniel ist glücklich. Klein Daniel ist stolz. Er ist jetzt ein Mann.
Morgen wird klein Daniel sich wundern, wie lange ein Mensch schlafen kann. Vater Heinz wird auch übermorgen nicht aufwachen. Er wird sich fragen, warum Vater Heinz so müde ist und warum er so kalt ist. „Es ist doch so warm in diesem Zimmer“, wird klein Daniel sich denken. Seine Arme und Beine werden sich sehr schlecht bewegen lassen. Er wird ziemlich blass aussehen. Bitte erschrecke dich nicht, klein Daniel. Du bist jetzt frei!!!
Und klein Daniel, eins noch: „Menschen halten keinen Winterschlaf. Auch Vater Heinz nicht“.

 

Hi TachAuch!
Mir hat deine Geschichte im Gesamten recht gut gefallen, nur, dass sie manchmal ein wenig holprig ist. Besonders zu Beginn finde ich, die kurzen Sätze erschweren das Lesen. Die Idylle, die du beschreiben willst, zerfällt durch die Sätze - es wirkt ein wenig... lieblos. So einzelne und hingeworfene Sätze.

Du wechselst einige Male die Zeit - von der Vergangenheit wieder ins Präsens und zurück. Ich würde alles in der Vergangenheit schreiben - so wie am Anfang.

Der Teil, als Klein Daniel in den Keller geht, finde ich gelungen. Verständlich irgendwie, seine Angst. :)

„Es ist doch so warm in diesem Zimmer“, wird klein Daniel sich denken. Seine Arme und Beine werden sich sehr schlecht bewegen lassen. Er wird ziemlich blass aussehen. Bitte erschrecke dich nicht, klein Daniel. Du bist jetzt frei!!!
Und klein Daniel, eins noch: „Menschen halten keinen Winterschlaf. Auch Vater Heinz nicht“.

Hm. Irgendwie wirkt das auf mich schulmeisterhaft. So mit hochgehobenem Zeigefinger... Auch, dass du auf einmal "du" sagst und kurz zuvor "wird Klein Daniel sich denken". Den letzten Absatz würde ich noch einmal gut überarbeiten, was du sagen willst, ist interessant, aber wie du es sagst leider nicht. Der allerletzte Satz wäre toll, wenn nicht dieser belehrende Ton da wäre.

Du hast noch einige Gross- und Kleinschreibefehler, die findest du aber bestimmt selber.

Also insgesamt hat mir diese Geschichte gefallen, aber ich würde sie trotzdem noch einmal überarbeiten.

Gruss,
Marana

 

Hi Marana,
vielen Dank für deine Kritik. Irgendwie benutze ich immer wieder kurze Sätze. Das ist, so glaube ich, eine Angewohnheit. Ein bisschen habe ich mich aber schon gebessert ;)
Das mit den letzten Sätzen muss ich mir nochmal überlegen. Irgendwie sollte es auch belehrend klingen.
Vielleicht ist es aber anders geschrieben besser.
Nochmals Danke für deinen Beitrag
bye
Tachauch

 

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