Was ist neu

Feigling

Mitglied
Beitritt
05.04.2016
Beiträge
39

Feigling

Notizen eines inneren Disputs.

„Feigling“ sagt der Wirtschaftler in mir – „Feigling“!


„Das muss ich mir nicht sagen lassen“ entgegnet mein Denkling, während der Schreiberling dazu nur meint „Nö, das muss ich mir nicht anhören! Du denkst doch, kaum, dass das ich was geschrieben habe, dann doch schon wieder ganz was anderes und wenn wir nicht so ein komisches elektronisches Teil vor uns hätten, das uns alle Drei gehörig nervt, dann wüsstest Du doch gar nicht mehr, was ich Dir gerade da aufgeschrieben habe, Du ……..chh!“.


Entrüstet stöhnen alle drei gleichzeitig ein ccchh in den Raum, was meine anwesende Göttergattin zu der unnötigen Frage inspiriert, was denn nun schon wieder los wäre. Lass sie, meinen die drei in mir und die anderen Kollegen in mir pflichten mit stillem Kopfnicken bei. „Und hör endlich auf, mit dem Kopf zu wackeln“ sagt die Göttergattin im Nachsatz – doch der Disput in mir ist wieder einmal eröffnet.


Der Wirtschaftler erwähnt fast beiläufig, man habe eben doch gerade gesehen, dass ein – oh der Name war schon vergessen, der da schon nach wenigen Texten (bei deren Lektüre Du dich doch schon ob des schlechten Stils und inhaltslosen Worten heftig fremdschämtest) von den erfolgreichen Veröffentlichungen hatte leben können. Und auch die Autorin, für die man – mein innerer Kreis spricht mit „man“ so von sich - einige Veröffentlichungen vorab Korrektur gelesen habe, wäre auch nicht gerade das Gelbe vom Ei aber in kurzer Zeit pekuniär äußerst ertragreich – was der Dichterling in mir gleich relativiert, er hätte die Story und das Sujet bei ersten mal ja durchaus in Verbindung mit gewissen testosterongesteuerten Anderen anregend empfunden, aber bereits – da unterbricht der Denkling mit „genau – hab ich damals gleich gesagt, zu flach, zu lall immer wieder das Gleiche rein raus mit neuen Begriffen zu beschreiben bringt nichts“. „Aber die hat es wenigstens geschrieben! Siehst Du“ merkt der Wirtschaftliche an.
„Klar seh ich das“, meint Denkling wie auch der Dichterling zeitgleich – „sind ja nicht dumm“ führt Ersterer weiter, der die parallele Äußerung bewusst mit Bedacht gewählt hat. „Weißt du, wisst ihr,“ der Dichterling begann etwas stockend – „es ist doch so:“
Du denkst einen Gedanken an und formulierst ihn dann in Begrifflichkeiten, die in einem Zusammenhang stehen. Lässt Du den Prozess nun nicht mehr Gedanke sein, sondern gibst diesen Worten auch Zeichen, indem du diese anzeigen lässt oder niederschreibst, so steht da etwas, fest – zunächst so wie es ist.


Und das ist gut so – und nein, das ist nicht gut so, oder etwa doch? Oder?


Sagt es das, was Du dachtest bevor du es schriebst, oder schriebst Du überhaupt das, was Du gedacht hast? Oder gar hast Du das gelesen, was da geschrieben stand oder last Du das, was Du dachtest geschrieben zu haben überhaupt so, wie es da geschrieben stand?


Es sind so viele Facetten allein in dem Prozess des Denkenden, die rechten Begrifflichkeiten zu denken, zu erahnen, zu ertasten, zu erfühlen, zu denken, anzufassen und wieder zu verstoßen, umzudenken, neu zu formulieren, dass jedes Wort so schwer erarbeitet wird, bevor es an den Dichterling weitergeht, der aus den gefundenen Bausteinen ein Wort-Gefüge bildet, bevor es an Schreiberling weitergeht, der wiederum eben die gleichen Prozesse durchlebt – was meinte er, was will er denn, passt dass denn so überhaupt und wie schreibt sich das jetzt. Jeder Moment wird mehrfach durchlebt, dass keiner bzw. jeder sich vielleicht gar nicht sicher ist, ob er denn alles mitbekommen hat, was der Denkling mir dem Dichterling andachte und der eben formulierte. Dein Auge blickt zurück über die letzten Zeichen und bemerkt – da fehlt was, da ist was zu viel, das Wort gibt es nicht, die Grammatik stimmt nicht, zumindest wenn die Interpunktion nicht korrigiert würde und moment, das, was da steht, ist nicht das, was da stehen sollte – da steht wieder ganz was anderes.


Nun gut, daran hast Du Dich nun in den Jahren, in denen Du so für Dich hin schreibst, bereits gewöhnt- dieses innere Auf und Ab, eben das Geniale formuliert zu haben, das im nächsten Moment komplett jegliche Genialität verliert und zum unmöglichen Text wird. Und Du hast Dich daran gewöhnt, Deine innere Kritik fast höhnisch selbstzerstörerisch selbst zu kritisieren. Sätze, deren geniale Konstruktion so genial ist, dass deren Konstruktion der Knotentheorie der Mathematik entsprechen könnte, die zur mathematischen Beschreibung eines Knotens diesen mathematisch flach klopft und die dritte Dimension entfernt. So zerschlägt Dein innerer Kritiker und der Denkling das eben Geschriebene, denkt bessere Formulierungen und der Dichterling wertet zwischen gut, besser und schlecht, der Schreiberling zögert, worauf der Gedanke doch neu formuliert und neu durchdacht wird. Ein in sich nicht endender, sich wiederholender Vorgang des Suchens, Findens, Verwerfens – ist es nicht so?“


Erwartungsvoll heischt der Dichterling nach Zustimmung zu seiner Wertung.


„Feigling“ wirft der Denkling ein – Deine moralische Instanz des gut, besser, böse verlässt den Mut des ursprünglichen Gedankens und macht ihn wohlfeil für den, der ohne sich die Zeit zu nehmen, einen Text konsumieren aber nicht nachdenken möchte.! „Feigling“ – ruft der Schreiberling dazwischen – „würde ich das schreiben, was Du, Denkling denkst, wäre das“ – „was wäre das?“ unterbricht ahnungsvoll der Denkling.


Plötzlich stutzen alle weil sie gemeinsam etwas zu bemerken scheinen – Es ist nicht der Magen, der da vor sich hinbrummelt und endlich wieder etwas gefüllt werden möchte. Es sind die Arme und die Hände, die den inneren Disput zum Einhalt bringen, indem die Finger nach dem halbbeschriebenen Blatt auf dem Bildschirm nun auf Steuerung, Umschalt und Pos1 drücken, während der kleine Finger der Hand die Entertaste betätigt – „Nichts da mit Feigling“ – meint der Denkling und ist schon wieder in völlig anderen Gedanken.


„Was bin ich froh, dass dafür kein Papier notwendig ist – das würde den Kerl ja arm machen!“ denkt sich der Wirtschaftler.

 

Hallo Auhan,

ich habe Dir heute übrigens noch einen Kommentar auf meiner Pinnwand hinterlassen, aber festgestellt, dass das "Tagen" da wohl nicht funzt.

So und nun zu Deiner neuen Geschichte, die ja auch ein wenig experimentell klingt. Mein erster Gedanke war: "Ist das schizophren." Dann erwischte ich mich dabei, wie ich doch die eine oder andere Situation wiedererkannte. Man startet einen Text, findet ihn genial und plötzlich ist die Luft raus und das Geschriebene plätschert so vor sich hin.

Ich finde, Du hast den inneren Konflikt Deines Protagonisten sehr gut beschrieben.

Die Zeichensetzung in der wörtlichen Rede kommt mir teilweise etwas merkwürdig vor. Ich bin mir unsicher, ob das so sein soll. Jedenfalls irritieren mich die Sätze ein wenig, die keine Satzzeichen enthalten und mit Gedankenstrich fortgeführt werden.

Liebe Grüße
Maedy

 

Hallo Auhan,

und willkommen hier.

Es wäre schön, wenn du deiner Geschichte noch ein oder mehrere Stichworte ("Tags") hinzufügst.
Dann ist dein Text dem richtigen Genre zugeordnet, ist leichter zu finden und die Leser wissen, worauf sie sich einlassen.

Du kannst das nachträglich wie folgt machen:
Ganz, ganz unten am Bildschirmrand "Stichworte bearbeiten" auswählen.

Viel Spaß noch.

Gruß, GoMusic

 
Zuletzt bearbeitet:

Maedy Danke für Dein Anmerkungen. Was die Pinwand Notiz betrifft wird das wohl nur auf der Pinwand des Empfängers gehen, nicht des eigenen Profils. Die Gedankenstriche - sind eine Unart von mir, die ich mir abzugewöhnen versuche. Ursprünglich habe ich die als Zeitverzögerung (länger als beim Komma im Leesefluß stoppen) beim Lesen gedacht. Nur kann ich meinem Leser nicht die Art des Lesens mitgeben, da das jeder für sich selbst entscheidet.


GoMusic - danke, habs entsprechend nachgeholt. aber es wäre gut, wenn es eine Liste der Tags (einsehbar) gäbe - hab ich nicht gefunden. Danke.

 

Hej Auhan,

ich folge deinen Gedanken, deine Herangehensweise an Texte, aber sie unterhalten mich nicht, erweitern nicht meine Sichtweise. Die "schizoide" Darstellung ist nicht unüblich (Engelchen/Teufelchen), die Bezeichnung auf "-ling" nicht originell und nehmen, wie auch Bezeichnungen wie "Göttergattin" oder "das Gelbe vom Ei" die ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Inhalt. Ich überflog den Text letztendlich.

Schade, aber freundlicher Gruß, Kanji

 

Hi Auhan,

aber es wäre gut, wenn es eine Liste der Tags (einsehbar) gäbe - hab ich nicht gefunden.

Unter den ausgewählten Stichworten gibt es "Stichwortwolke anzeigen". Dort werden die verfügbaren Tags angezeigt.

LG, GoMusic

 

@Go Music, danke Dir für den Hinweis, aber außer den "20 häufigsten Stichworten" finde ich keine weiteren .

Kanji, tut mir leid, wenn ich Dich mit meinen Notizen eines inneren Disputs nicht unterhalten habe. Es aollte Deine Sichtweise auch nicht erweitern, sondern nur die Beschreibung beim Schreiben widerspiegeln (zumindest mir geht es so): ein guter schneller Gedanke wird durch das langsamere handwerkliche Schreiben/Tippen irgendwie geblockt, dann anderes als gedacht geschrieben und nochmals anders gelesen. Hier bei den Wortkriegern finde ich manche Geschichte, unter die als Kommentar dann Flüchtigkeitsfehler vom Leser angemerkt werden - die m.E. der Autor selbst nicht mal bewusst lesen kann, weil er seinen Text im Sinn hat usw.. Geht es Dir nicht selbst auch manchmal so?
Zumindest freue ich mich sehr, dass Du die Geschichte überflogen und auch kommentiert hast. Danke Dir!

 

Hej nochmal,

selbstverständlich geht es mir mindestens genauso! :shy:

Ich wollte eigentlich nur zum Ausdruck bringen, dass mich die Diskrepanz vom Inhalt und Stil eher verwirrt hat. Entschuldige, wenn ich zu negativ geworden bin. Ich sollte in manchen Fällen nicht mit emojis sparen. :D

Ich hätte mehr Freude gehabt, wenn du das Thema in eine "wirkliche" Geschichte verpackt hättest.

Sehr freundlicher Gruß, Kanji

 

Kanji -
den Ansatz finde ich interessant - "das Thema in eine "wirkliche" Geschichte verpackt" -
für mich war der Ansatz eigentlich den Frust über die verlorene eigene Genialität des Gedankens in eine selbstironische Geschichte des Ablaufs - der innerlich nicht nachträglich erfolgt sondern die Beobachtung des "ich lösche" - zu bringen, die mit den -lingen - Begriffen die Kopf an Bauch, Bauch an Kopf Thematik locker nehmen sollte.

Daher versuche ich nun gerade auf Deine Idee, in eine "wirkliche" Geschichte aufzuspringen zu kommen - finde aber diesen Ansatz irgendwie nicht, aber anregend - wäre über kurze Pinwand-notiz/PN sehr froh - THX, Auhan!

 

Hallo Auhan,

das ist ja mal eine elaborierte Nabelschau. Wenn man den vielen Windungen folgt, kann einem glatt schwindlig werden. Andererseits kennt jeder, der schreibt, diesen inneren Prozess, auch wenn er dazu nicht lauter Linge um sich schart. Und daher komme ich zu der uralten und meist gehassten Frage:

Was will der Dichter uns damit sagen?

Ach nein, mein kritisches Selbst klopft an und sagt: falsche Frage. Es muss heißen: Was erwartet der Autor vom Leser?

Denn eine Erwartung muss er doch haben, sonst würde er sich doch nicht in einem Literaturforum tummeln:D.

In einem gebe ich dir recht: Die Tag-Liste ist sehr begrenzt. Da musst du mal den Webmaster fragen.

Gruß wieselmaus

 

Die 20 angezeigten Tags sind alle, mehr gibt es derzeit nicht. Sollte ein größerer Bedarf für ein neues Tag bestehen, kann diese Liste erweitert werden, Antrag, Diskussion und Entscheidung darüber im Wunschzettel.

 

Hallo Wieselmaus,

es ist eine sehr gute Frage - was will, bzw. warum schreibt man einen Text, den jemand anderes lesen soll? Für mich gibt es verschiedene Gründe:

Man will jemanden eine Geschichte erzählen.

Man will sich selbst über eine Geschichte/Sache klar werden und legt damit eine Perspektive für sich selbst fest - oder man versucht in die Perspektive eines oder überhaupt anderer klar zu werden. Man nimmt einen Standpunkt (zu der beschriebenen Sache) ein.

Man erzählt Vordergründig eine Geschichte - transportiert aber eine völlig andere Information mit, weil der Standpunkt aus dem man schreibt evtl. "irrwitzig" erscheint (aber nicht sein muss).

Man erzählt eine Geschichte des eigenen Erlebens und bringt die in einem Forum für Menschen, die auch eine Geschichte erzählen - den "physischen Prozess" Schreiben als Erzählmaterial nutzen.

Konsequenz - es muss eine irrwitzige Geschichte werden. Jeder, der selbst schreibt, kann sie abhaken und feststellen - gut, geht mir auch so - aber???

Oder aber man stoppt und sagt sich, ja, es geht mir auch so, aber wie war oder wie ist das - schreiben meine Finger "automatisch" (zu erkennen an bestimmten fast fixen fipptehlern) - machen evtl. sogar "löschen" automatisiert? Wie gut kann ich eigene Texte prüfen und korrigieren oder stell ich fest, dass da immer noch Sätze stehen, die keine sind?

Löst der Prozess des Schreibens irgendetwas im Schreiber selbst aus, entwickelt eine Welt, oder schreibt man, weil bis zur Veröffentlichung noch 230 Seiten fehlen? Was wird ausgelöst?

Mir fällt auf, dass hier Geschichten erzählt werden, die wie "Feiglinge" in einer Ebene funktionieren und damit gut. Man kann in den Geschichten keine andere "Perspektive" einnehmen. - oder doch? Solche Geschichten finde ich viel spannender, deshalb finde ich Kanjis Einwand, Feiglinge in eine wirkliche Geschichte einzubinden, anregend - und suche.

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom