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Sie baten mich in einen Hundezwinger, in den sich gerade einmal drei Personen hineinkauern konnten. Es roch schlimm nach zweckentfremdeten Papier. Zuerst schwiegen sie - ein Spielchen, um mich nervös zu machen. Dann sagte der Typ mit der Kapuze:
„Was glaubst Du, wie viele Schriftsteller in Deutschland von ihrer Kunst leben können?“
„200“, schätzte ich.
„Das wäre bei einer Bevölkerung von 82 Millionen und 238 Tausend grob geschätzt jeder Vierhunderttausendste“, sagte der mit der Basecap wie aus dem Taschenrechner geschossen.
Die Zahl überraschte mich.
„Glauben Sie im Ernst, dass Sie gut genug schreiben können, um 400.000 Andere mit ihrem Talent zu übertreffen?“, fragte der mit der Kapuze und zog danach an einem Seil. Eine Glocke ertönte in zweisekündigen Abständen.
„Glauben Sie im Ernst, dass mich diese Zahlenspiele beeindrucken? Ich war eine totale Null in Mathematik“, antwortete ich schließlich, total cool.
„Realitätsverlust“, flüsterte der mit der Kapuze dem mit dem Basecap zu, aber so laut, dass ich es hören sollte. Dann wurde ich von Händen aus dem Zwinger gezerrt, die so kräftig waren, dass sie mir eine Rippe brachen. Realitätsverlust, dachte ich schmerzverzerrt, lächerlich.