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Fang den Tiger

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12.02.2004
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Fang den Tiger

Wo soll das noch hinführen, mit dieser Arbeitslosigkeit? Die führenden Köpfe Europas finden keine Lösung für dieses Problem, und einige glauben gar, wir stünden vor einer neuen Wirtschaftskrise. In der Tat ist es um unsere Zukunft schlecht bestellt. „Was soll aus uns Österreichern werden, wenn die wichtigsten Ressourcen der Zukunft Intelligenz und Kreativität heißen,“ fragen wir uns beklommen. Die Antwort darauf kann keine allgemeine sein. Nur durch Beispiele von Leuten, die sich dem wirtschaftlichen Problem erfolgreich gestellt haben, können wir dem kleinen Mann helfen, den Weg in die Zukunft zu finden.
Ich will hier eine Erfolgsgeschichte aus dem Leben des Unternehmers Gerfried Niedermeier erzählen, um exemplarisch zu zeigen, wie man durch kundenorientiertes Verhalten sichere Arbeitsplätze schafft.

„Ein bißchen ratlos war ich schon,“ sagt Gerfried, „als eines Tages dieser Herr in meinen Laden kam, und einen ungewöhnlichen Wunsch äußerte. Aber dann habe ich mir gesagt: Dazu sind wir hier. – Um ungewöhnliche Wünsche zu erfüllen.“
Zuerst hatte er den Wunsch des Kunden nicht verstanden, denn der Kunde hatte einen sehr starken Akzent. Seine geringe Körpergröße und seine gelbliche Gesichtsfarbe wiesen ihn zweifelsfrei als Chinesen aus (oder als Japaner, was praktisch dasselbe ist).
„Ich habe halt nicht recht gewußt: Was soll ich jetzt machen? Ich habe dem Herren erst einmal einen Platz angeboten und eine Tasse Kaffee.“
Ein kurzes Telefonat mit einem Mitarbeiter, und es stand fest, daß der Auftrag zu erfüllen war. Es handelte sich um einen besonderen Auftrag, dessen Zweck (soviel sei verraten) mit dem fortgeschrittenen Alter des Kunden und der Seltenheit der bestellten Ware zusammenhing. Zwar verstieß die geforderte Leistung gegen das Gesetz, aber – wie Gerfried richtig erkannt hat: „Wer erfolgreich sein will als Unternehmer, darf nicht zimperlich sein.“
Der Erfolg und viele zufriedene Kunden geben ihm recht.

Neben der Befriedigung, die es bereitet, als Unternehmer tätig zu sein, bescherte dieser Auftrag dem Unternehmer Gerfried Niedermeier und seinem Mitarbeiter Bernhard Obermoser eines der letzten Abenteuer unserer Zeit: Die Jagd nach einem Tiger.
„Es war schon dunkel, als wir uns den Felsen hinuntergeseilt haben. Ich hatte mich natürlich vorher sachkundig gemacht, aber mir war klar, daß es so nicht ging, wie die das in den Büchern beschrieben hatten.“ Die einschlägige Literatur empfahl, für den Tigerfang weiße Tücher aufzuspannen, und den Tiger mit Geschrei den Jägern zuzutreiben.
„Das mit dem Schreien ist deshalb schon nicht gegangen, weil wir ja sofort gehört worden wären.“ Stattdessen beschritten die findigen Geschäftsleute neue Wege: Mit einem Blasrohr ausgerüstet wollten sie den Tiger mit vergifteten Pfeilen beschießen.
Die eigentliche Schwierigkeit bestand aber nicht im Vorgang des Tigerfanges: Der Tiger wollte erst einmal gefunden sein. „Sie können sich vorstellen, daß das nicht so leicht war. Wir mußten ja die Taschenlampen ausmachen, weil man uns sonst sofort entdeckt hätte.“
Nach einiger Zeit gewöhnten sich die Augen an die Dunkelheit. Die Orientierung wurde auch durch den sprichwörtlichen Geruch der Raubkatzen erleichtert. „Ein bißchen unheimlich war mir schon zumute, weil ich gewußt habe, daß überall wilde Tiere in der Nähe waren,“ gibt Niedermeier zu. Während der ganzen Aktion hatte Obermoser schwere Bedenken, und er äußerte sogar die Absicht, umzukehren. Nur durch geduldiges Zureden konnte Niedermeier ihn zum Weitergehen bewegen: „Ich habe dem Bernhard gesagt, daß er sich das vorher überlegen hätte müssen.“
Instinktsicher lotste Niedermeier seinen Mitarbeiter zu einem grüngestrichenen Eisengitter, vor dem eine Plakette angebracht war. „Wegen der schlechten Lichtverhältnisse haben wir schon eine Weile gebraucht, bis wir gewußt haben, daß hinter dem Gitter der Tiger auf uns wartete.“ Mittels Räuberleiter überkletterten die beiden Jäger das Gitter. Unter den Strahlen der Taschenlampen, die sie jetzt wieder einschalteten, blinzelte ein gerade noch schlafender Tiger. „Der hat viel größer ausgeschaut als man sich das vorstellt. Man muß wissen: So ein Tiger kann mehrere hundert Kilo haben.“ Obermoser schoß den ersten Pfeil ab und traf die rechte Pranke des Tigers. Der Tiger brüllte und fuhr die Krallen der unverletzten Pranke aus, um Niedermeier zu fangen, der ihn interessiert betrachtete und darüber das Abschießen seiner Pfeile vergaß. Glücklicherweise wirkte das Gift sofort, der Tiger konnte seine Bewegung nicht zu Ende führen, und fiel wieder in einen Schlaf.
„Ich hab mich schon ein wenig erschreckt, das kann ich Ihnen sagen, aber wir hatten keine Zeit zu verlieren. Der Tiger mußte ja erst zerlegt werden. Der Bernhard hat gemeint, wir sollten ihn als Ganzes transportieren. Ich habe aber gesagt: Das hat keinen Sinn, den bekommen wir nicht über das Gitter."
Über eine halbe Stunde arbeiteten die beiden Männer, um den Tiger transportfähig in den mitgebrachten Plastiktaschen unterzubringen. Niedermeier bedauert, daß er das Fell nicht bergen konnte: „Es ist schon schwer gegangen mit dem Taschenmesser. Ich habe ihm halt die Ohren abgeschnitten, weil: Es war ja nichts zu machen mit dem Fell.“
Schwer bepackt, aber glücklich und im Bewußtsein des Erfolges kletterten die Männer schließlich wieder den Felsen hinauf. Den Weg über die Straße zu nehmen hätten sie nicht gewagt, wegen des großen Risikos entdeckt zu werden: „Wir haben ja eine regelrechte Blutspur hinter uns hergezogen. Das wäre sofort aufgefallen.“
Nach getaner Arbeit konnte der Kunde schon am nächsten Tag die bestellten Teile in Empfang nehmen: „Der war überglücklich, besonders über die Geschlechtsteile. Wir haben uns auch gefreut, und ich muß sagen, wir haben ja auch nicht schlecht dabei verdient.“

Menschen wie Gerfried Niedermeier zeigen, daß auch hierzulande Unternehmergeist und Erfindungsreichtum zu finden sind, denn ihr Motto lautet: Bei uns ist der Kunde König.
Viele ähnliche Beispiele ergeben ein Gesamtbild, aus dem sich eindeutig ergibt: Es gibt eigentlich keinen Grund für übertriebenen Pessimismus. Menschen wie Gerfried Niedermeier weisen uns den richtigen Weg!

 

Hallo Fritz, (darf ich dich so nennen?)

herzlich willkommen auf kurzgeschichten.de und zugleich allerherzlichst willkommen hier im Satireforum.
Dein Einstand ist genehmigt.:D
Feine herbe Satire von der zynischen Art wie ich sie hier sehr sehr selten erlebe. Daher sei mir höchst willkommen mit mehr von diesen Geschichten.
Sprachlich hab ich nichts zu meckern, war gut zu lesen und zügig geschrieben.
Was ich allerdings auf jeden Fall verändern würde, ist zunächst einmal dein Vorspann, der ja nicht zur Geschichte gehört, bitte poste den in ein Extraantwortfeld zu deiner Geschichte und was ich auch komplett weglassen würde ist der gesamte erste Absatz der Geschichte.
Die Geschichte sollte also, so fänd ich es besser, einfach nur mit:" Ein bisschen ratlos war ich schon..." anfangen.

Du musst dem Leser nicht erklären, was er gleich lesen wird, und schon gar nicht mag ich es als Leser, wenn man mir abspricht es zu verstehen. Also deine Erläuterungen sind überflüssig. Die Geschichte selbst steht für sich und ist eindeutig.
Die dazugehörige von dir gewollte Aussage gefällt mir.

Weiter so!

Lieben Gruß
lakita

 

Hallo Lakita!

Danke für Dein Willkommen und Deine freundliche Antwort! Ich war bisher noch zu faul, herauszufinden, wie man all diese tollen Smilies macht. ;-)
Bin in Eile, daher nur eine kurze Antwort auf die Antwort. Ich glaube, wir werden ohnehin noch einiges voneinander lesen - möglicherweise auch lernen.

Einstweilen herbe Grüße,

Der Gute Fritz

 

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