Familie Hops verändert sich
Die Hasenfamilie Hops hatte sich zwischen Wald und Feld eine geräumige Wohnung eingerichtet. Mutter, Vater und 10 Kinder hatten reichlich Platz. Zuerst spielten die Kinder nur in der Wohnung, aber als das Korn im benachbarten Roggenfeld zu sprießen begann und genau wie die Hasenkinder immer größer wurde, erlaubten die Eltern ihren Kindern auch im Feld zu spielen. Die Rasselbande hatte mächtig Spaß. Bald konnte man sich in dem immer größer und dichter werdenen Korn herrlich verstecken. Nur wenn die großen Landmaschinen zu hören waren, mussten die Kinder zu Hause bleiben. Es war zu gefährlich. Man erzählte von einem Onkel Fritz, der einer Landmaschine zum Opfer wurde. Doch gerade dieses Verbot reizte Ricky, den Ältesten besonders. Er wollte sich diese großen Ungeheuer doch einmal aus der Nähe anschauen und büxte aus. Die Eltern waren zuerst sehr ärgerlich und schimpften, aber dann machten sie sich auf die Suche. Am späten Abend kamen sie mit traurigen Gesichtern heim. Ricky hatte den Ausflug nicht überlebt Alle weinten bitterlich. Die Kinder spielten brav zu Hause und auch die Eltern verließen die Wohnung nur zur Futtersuche, selbst wenn nur aus weiter Entfernung eine Landmaschine zu hören war. Doch in letzter Zeit kamen sie immer häufiger. Bald hörte man auch noch andere Maschinengeräusche, unbekannte Geräusche. Vater und Mutter mussten nun wissen, was es mit diesen neuen Geräuschen auf sich hatte. Die Kinder warteten, einen Tag, zwei Tage, drei Tage. Es wurde immer stiller in der Hasenwohnung. Keiner traute sich es auszusprechen. Aber allen war klar, dass sie nun auf sich allein gestellt waren. Sie waren sehr verängstigt. Einige weinten, andre brüllten rum, andere schwiegen nur noch. Sie trauten sich nicht aus der Wohnung, aber sie hatten Hunger. Es waren keine Eltern mehr da, die das Futter holten. Die Vorräte waren schnell aufgebraucht. Da entschloss sich Pit, der zweifellos der Klügste war, sich auf Futtersuche zu begeben. Begleitet wurde er von Lea, die das Mutigste der Kinder war. Früh am Morgen verließen sie die Wohnung und spät am Abend kamen sie heim. Sie hatten nicht nur Futter mitgebracht, sondern auch eine schlechte Nachricht:
„Wir können hier nicht mehr lange bleiben. Das Feld ist abgeerntet und nun rücken die Baufahrzeuge langsam immer näher. Hier wird eine Schnellstraße gebaut. Wir müssen uns eine neue Wohnung suchen.“, berichtete Pit.
Die Kinder riefen aufgeregt durcheinander:
„Nein, wir gehen hier nicht weg. Mama und Papa haben es verboten. Wir dürfen nicht raus!“
„Ich habe Angst, ich bleibe hier.“
„Ricky, Mama und Papa sind tot, weil sie die Wohnung verlassen haben. Nein, wir bleiben hier.“
„Aber wenn wir bleiben, ist das der sichere Tod.“, rief Lea. „Die Baufahrzeuge werden unsere Wohnung platt machen und uns gleich mit.“
Einige Kinder weinten, andere starrten stumm vor sich hin.
„Lea und ich werden uns gleich morgen auf den Weg machen, um einen Platz für eine neue Wohnung zu suchen.“
„Nein, ihr dürft nicht fort gehen. Die Maschinen werden euch töten. Wir werden immer weniger.“, rief Pauline, das kleinste und zarteste Hasenkind.
Lea nahm es in den Arm: „Hab keine Angst Kleines. Wir gehen in die andere Richtung. Dort sind keine Maschinen.“
Lea und Pit fanden am nächsten Tag eine wunderbare neue Wohnung, am Rand einer Lichtung mitten im Wald. Eine andere Hasenfamilie hatte die Wohnung verlassen, weil es woanders süßeren Klee geben sollte. Jetzt mussten nur noch die Geschwister überzeugt werden.
Als sie nach Hause kamen, waren die Baumaschinen schon sehr nahe gekommen. Der Umzug musste heute Abend stattfinden. Lea packte alle Sachen zusammen und Pit redete mit den Geschwistern. Besonders die kleine Pauline weigerte sich strickt die Wohnung zu verlassen. Sie war vor lauter Furcht gelähmt und unfähig auch nur einen Schritt zu gehen. Pit und Lea waren ratlos. Pit wollte sie fassen und auf seinen Schultern aus der Wohnung tragen, aber Pauline schrie so erbärmlich, dass er sie wieder los lies.
„Schau, wir gehen alle gemeinsam. Wenn wir zusammenhalten, kann uns nichts passieren. Wir passen alle aufeinander auf. Wir brauchen dich, du musst uns unterstützen. Wenn du vor lauter Angst nicht laufen kannst, dann trage ich dich auf meinen Schultern. Du aber hast ja dann einen viel größeren Überblick und kannst uns vor Gefahren früher warnen. Also Pauline, wir müssen jetzt los, sonst ist es dunkel und wir finden den Weg nicht mehr. Morgen wird hier eine Straße gebaut und wir wohnen in unserer neuen Wohnung im Wald, alle zusammen. Als Mama und Papa diese Wohnung aussuchten, war sie sicher. Aber alles hat sich verändert. Vielleicht ist auch die Wohnung im Wald irgendwann nicht mehr sicher, aber wenn wir zusammenhalten, werden wir immer eine Lösung finden.“
Pauline war ganz still und ließ sich willig auf Pits Schultern heben. Als die Geschwister die neue Wohnung erreichten, waren sie alle begeistert. Es gab keine drohenden Maschinen, nur Bäume, die Schutz boten und zum Versteckspiel einluden. Auch Pauline hatte ihre Furcht verloren und freute sich an dem saftigen Klee, der direkt hintern Haus wuchs.