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Falsche Entscheidung

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01.06.2012
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Falsche Entscheidung

Falsche Entscheidung

Dunkle Wolkenberge türmten sich vor die blasse Mondsichel am Abendhimmel. Der Wind wirbelte das braune Herbstlaub um meine Füße, die ich schützend unter die graue Bank gezogen hatte. Zusammengekauert wartete ich schon eine gefühlte Ewigkeit in der unerbittlichen Kälte. Nach Hause- ich wollte nur noch nach Hause, raus aus dieser grauen Stadt, die alles verschluckte wie ein riesiges, hungriges Monster. Ja, ich würde zurückgehen, würde sagen, dass es mir leid tut, der Streit, meine Lügen, die aufgeflogen sind und das ich einfach abgehauen bin. Ich hatte es doch nicht so gemeint. Ich wollte doch nur, dass alles wieder so wurde, wie früher. Den ganzen Tag hatte ich mir Worte zurechtgelegt, mit denen sie mich verstehen würden. Und das würden sie, schließlich waren sie meine Familie und sie wussten doch, dass ich sie brauchte, sie brauchten mich schließlich auch, oder doch nicht? Brachten sie mich jetzt noch, jetzt, wo Alles aufgeflogen war? Aber einfach wegzufahren, in eine fremde Stadt, zu glauben, es würde Alles besser werden. All den Versprechen zu trauen, Versprechen von einem Mädchen, das ich für eine Freundin gehalten hatte, es war so dumm von mir gewesen. Ich hatte dieses Mädchen nicht wirklich gekannt. Sie war 19, genau drei Jahre älter als ich. Gechattet hatte ich mit ihr, mehr nicht. Natürlich hatte ich gewusst, dass es gefährlich gewesen war einfach zu ihr zu fahren aber in dem Moment war die Angst vor meiner eigenen Familie größer gewesen. Und dennoch: Den feindseligen Blicken zuhause hätte ich eher standgehalten als dem Labyrinth aus grauen Straßen, dem ich jetzt entkommen wollte. Es würde dauern, bis sie mir verziehen hätten, zu groß war der Vertrauensbruch, aber wenn ich sagen würde, dass es mir wirklich leid tut und das ich nicht hier bleiben konnte, vielleicht würde dann alles wieder gut werden. Diese Stadt war ein Ungeheuer, mit Straßen, die alle gleich aussahen, inmitten Millionen fremder Gesichter, die wie Schatten an mir vorbeihuschten, immer in Eile, starr geradeaus starrend mit matten, müden Augen, als hätte die Stadt alles Leben aus ihnen gesogen. So wollte ich nicht werden, versuchte mich, dagegen zu wehren, aber die Stadt mit ihren Hochhäusern, deren Fenster wie tausend Augen auf mich herabsahen, nahm mir meine Kraft und fraß mich mit jeder Minute ein Stück mehr. Ich musste zurück, so dringend musste ich zurück um alles wieder gut zu machen. Die Last, die ich auf den Schultern trug wurde mit jedem Tag schwerer. Durch meinen Kopf spukte diese Stimme, die immer lauter wurde: „Lügnerin, Betrügerin“. Und ich hatte geglaubt, es wäre eine Lösung, wegzulaufen, einfach alles hinter mir zu lassen aber es ging nicht. Mein Wunsch, endlich im warmen Zug zu sitzen, mit der Gewissheit, die Menschen wiederzusehen, die ich in den letzten Tagen so sehr vermisst hatte, wuchs mit jeder Sekunde, die ich in der klirrenden Kälte wartete. Ich musste endlich diesen tonnenschweren Ballast loswerden, musste dahin zurück, wo ich hingehörte. Es erschein mir fast lächerlich, dass ich immer davon geträumt hatte, in einer Großstadt zu wohnen, ein neues, selbständiges Leben anzufangen. Jetzt wusste ich, wie sehr ich Menschen brauchte, denen ich vertraute und auf die ich mich verlassen konnte. Ich wollte doch wieder über die schlechten Witze meines Bruders lachen, das Geräusch hören, wenn mein Vater abends in die Garage fuhr, nach einem langen Arbeitstag die Treppen hochstieg und seinen Aktenkoffer neben der Garderobe abstellet. Ich vermisste sogar den genervten Gesichtsausdruck meiner Mutter, wenn sie sich darüber aufregte, dass der Staub auf meinen Möbeln flockte und ich mein Zimmer endlich putzen sollte. Von Weitem sah ich die hellen Scheinwerfer des Zuges auf mich zukommen. Mein Herz begann schneller zu schlagen. Ich versuchte mir einzureden, dass es keinen Grund gab, nervös zu werden, ich hatte mir sorgfältig überlegt, was ich sagen würde. Keinen Tag länger konnte ich diese Last mit mir herumschleppen, sie auf meinen Schultern tragen durch die Straßen der Stadt aus grauem Stein und Beton. Trotzdem konnte ich nicht verhindern, dass meine Beine zitterten, als ich aufstand und zu der Zugtür ging. Der Knopf leuchtete grün auf, ich hob den Arm, zögerte. Die Gedanken begannen sich plötzlich in meinem Kopf zu überschlagen. Ich brauchte meine Familie, immer hatte ich mich auf sie verlassen können, aber brauchten sie mich? Sie hatten mir vertraut und ich hatte ihr Vertrauen ausgenutzt. Es tat mir so unendlich leid, aber ich konnte es nicht mehr rückgängig machen. Waren es wirklich die richtigen Worte, mit denen ich mich entschuldigen wollte? Würden wir so zusammen weiterleben können, als sei nichts gewesen? Ich war weggelaufen, sie wussten nicht, wo ich mich aufhielt, wollten sie mich nach alldem überhaupt noch? Die Stimmen in meinem Kopf wurden lauter: „Betrügerin, du kannst nicht mehr zurück, du hast dir alles kaputt gemacht, jetzt musst du sehen, wie du allein klarkommst!“ Und dann sah ich Bilder von meinen Eltern, die mich enttäuscht anschauten, in deren Augen man sofort sah, dass sie mir nicht verzeihen konnten. „Dann geh doch, ich wird dich nicht vermissen!“, hatte mein Bruder geschrieen. Niemand brauchte eine Betrügerin, von der man nicht mehr wusste, ob das was sie sagte, Wahrheit oder Lüge war. Niemand brauchte jemanden wie mich. Ich zog meine Hand zurück, ich rannte, vorbei an all den bleichen, leblosen Gesichtern, vorbei an den steinernen Häusern, die mich mit ihren hell erleuchteten Fenster zu beobachten schienen. Graue Riesen, zwischen denen ich ein Nichts war, zwischen denen ich mich zu verstecken versuchte, während ich Worte zurückhielt, die mir auf der Zunge brannten und die ich doch nicht aussprechen konnte. Ich rannte zurück in das graue Labyrinth, mitten hinein in das hungrige Ungeheuer, dass mich aufzufressen drohte. Atemlos blieb ich stehen, wand noch einmal den Kopf und sah, wie der Zug davonfuhr.

 

Hallo Windrose,

Deine Geschichte ist leider doch recht zäh und es fiel mir schwer, sie bis zum Ende zu lesen. Die Zähigkeit kommt vielleicht daher, dass fast nur die Gedanken der Hauptperson beschrieben werden, wenig Handlung also. Ich empfehle auch die Elimination der Rechtschreib- und Tempusfehler.

Jannes

 

Hallo Windrose

Herzlich willkommen bei KGde.

Jannes hat es bereits erwähnt.

Es ist nicht immer einfach, eine Idee so umzusetzen, dass daraus eine für den Leser erlebbare Geschichte wird. Du setzt hier viel Kraft auf die Vermittlung der Gefühlswelt deiner Protagonistin. Dabei bleibt aber leider die Rahmenhandlung auf der Strecke. Der Leser erfährt nichts über die Hinergründe, weshalb dein Mädchen (- nehme ich mal an, so aus den ganzen Gedankengängen -) sich für die Flucht in die anonyme Grosstadt entschied, was genau ihr Vertrauensbruch war, weshalb sie ihre Familie verliess. Ich kann nur ahnen, dass es in ihren Augen etwas sehr schlimmes sein musste. Und dann noch die Versprechungen, welche? Erzähls mir, ich möchte es verstehen. Doch so ist das ganze austauschbar, gibt mir als Leser keinen Anreiz, darüber nachzudenken.

Auch verwendest du oft die gleichen Bilder, wie hier

inmitten Millionen fremder Gesichter, die wie Schatten an mir vorbeihuschten,
aber die Stadt mit ihren Hochhäusern, deren Fenster wie tausend Augen auf mich herabsahen,
und etwas später dann
vorbei an all den bleichen, fremden Gesichtern, vorbei an den Hochhäusern, die mich mit ihren hell erleuchteten Fenster zu beobachten schienen. Graue Riesen, zwischen denen ich ein Nichts war, zwischen denen ich mich zu verstecken versuchte,

Das lässt beim Leser schnell mal Langeweile aufkommen. Am Ende bleibt mir nur ein Achselzucken, deine Geschichte beginnt bereits zu verblassen, ehe die Lichter des Zuges am Horizont verschwinden.

Erzähle mir mehr von deinem Mädchen, ihrer BFF. Du musst ja nicht bereits am Anfang mit der Tür ins Haus fallen, aber irgendwann sollten die Fakten auf den Tisch. Dann kann man auch Emphatie entwickeln.

Würde mich freuen, wenn du um die intensiven Gefühle deiner Protagonistin auch noch eine erkennbare Rahmenhandlung entwickeln würdest.

Und hier hast du einen Satz angefangen, aber dich vor lauter Einschüben verlaufen. ;)

Es würde dauern, bis sie mir verziehen hätten, zu groß war der Vertrauensbruch, aber wenn ich sagen würde, dass es mir wirklich leid tut und das ich nicht hier bleiben konnte, in diesem Ungeheuer, in diesen Straßen, die alle so gleich aussahen, inmitten Millionen fremder Gesichter, die wie Schatten an mir vorbeihuschten, immer in Eile, starr geradeaus starrend mit matten, müden Augen, als hätte die Stadt alles Leben aus ihnen gesogen.
Wenn man die Verschachtelungstiefe aufzeigt, wird's augenfällig:
Es würde dauern,
... bis sie mir verziehen hätten,
zu groß war der Vertrauensbruch,
aber wenn ich sagen würde,
... dass es mir wirklich leid tut
... und das ich nicht hier bleiben konnte,
... ... in diesem Ungeheuer,
... ... in diesen Straßen,
... ... ... die alle so gleich aussahen,
... ... inmitten Millionen fremder Gesichter,
... ... ... die wie Schatten an mir vorbeihuschten,
... ... ... ... immer in Eile,
... ... ... ... starr geradeaus starrend mit matten, müden Augen,
... ... ... ... ... als hätte die Stadt alles Leben aus ihnen gesogen.
dann was?

Tipp: Weniger Einschübe und mehr Sätze daraus machen, dann wird es auch für den Leser einfacher, zu folgen.

Gruss
dot

 
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Hallo Jannes,
vielen Dank für dein Kommentar. Auch mir ist aufgefallen, dass die Geschichte leider sehr zäh ist und ich habe versucht sie komplett umzuschreiben. Das ist mir aber leider noch nicht gelungen, weil ich Probleme mit dem Tempus hatte. Ich musste ständig zwischen Vergangenheit und Gegenwart wechseln, um zu verdeutlichen, warum die Hauptperson in die Großstadt geflohen ist. Aber sobald ich eine Lösung gefunden habe, werde ich den Text natürlich verbessern.
Viele Grüße
Windrose

***

Hallo dotslash,

Danke für deinen Kommentar. Ich habe selbst bemerkt, dass die Geschichte sehr zäh ist und ich fast ausschließlich die Gefühle der Hauptperson beschrieben habe. Ich habe versucht, den Text komplett neu zu schreiben, leider wurde er dadurch sehr verwirrend, weil ich ständig das Tempus wechseln musste, um zu verdeutlichen, warum das Mädchen entschieden hat, in die Großstadt zu flüchten. Ich werde aber dennoch versuchen, eine Lösung zu finden. Vielleicht werde ich die Geschichte aber auch löschen, wenn es mir nicht gelingt. Sie gefällt mir selbst nicht sonderlich, da sie sehr unlebendig ist.
Viele Grüße
Windrose

 

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